OGH 6Ob33/85

OGH6Ob33/8514.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 10.September 1983 verstorbenen Johann A, zuletzt Bauernpensionist in Langenrohr, Langenschänbichl, Hauptstraße 67, wegen Feststellung der Erbhofeigenschaft nach dem Anerbengesetz, infolge Revisionsrekurses des pflichtteilsansprechenden unehelichen Sohnes Josef B, Postbeamter, Tulln, Karlsgasse 16, vertreten durch Dr. Günther Pointner, Rechtsanwalt in Tulln, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes St.Pälten als Rekursgerichtes vom 11.September 1985, GZ R 342/85-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Tulln vom 24.April 1985, GZ A 582/83-26, bestätigt wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird z u r ü c k g e w i e s e n.

Text

Begründung

Der am 10.September 1983 im 76. Lebensjahr gestorbene Erblasser war Eigentümer mehrerer niederösterreichischer Liegenschaften mit durchwegs land- und forstwirtschaftlich nutzbarem Gutsbesnand samt Anteilsrechten an agrargemeinschaftlichen Liegenschaften und mit einer aus altem und neuem Wohntrakt, Ställen und Scheune bestehenden Baulichkeit. Mit dem Pachtvertrag vom 11.September 1980 hatte der Erblasser einen Großteil seiner Ackerflächen einem Landwirt auf unbestimmte Zeit verpachtet. Der Erblasser lebte weiter auf seinem Hof, wo er nach der Aufgabe der Rinder- und Schweinehaltung nur noch Hühner, Kaninchen und eine Ziege hielt und landwirtschaftlich nutzbare Grundflächen von etwas mehr als 1 ha mit eigenen Maschinen unter der Mithilfe seines Neffen Friedrich in Selbstbewirtschaftung nutzte.

Diesen Neffen setzte der Erblasser in seinem Testament vom 10.Januar 1983 zum Alleinerben ein. Die bedingte Erbserklärung dieses Neffen nahm das Abhandlungsgericht an.

Der Erblasser hatte zu dem im Jahre 1946 geborenen nunmehrigen Rechtsmittelwerber vor dem Bezirksjugendamt die Vaterschaft anerkannt. Als unehelicher Sohn meldete der nunmehrige Rechtsmittelwerber die Geltendmachung seiner Pflichtteilsansprüche an; er beantragte die Schätzung und Inventarisierung des Nachlasses. Er beantragte ausdrücklich die feststellende Entscheidung des Abhandlungsgerichtes, daß den in den Nachlaß gefallenen Liegenschaften die Erbhofeigenschaft nach dem Anerbengesetz mangle. Zur Begründung dieses Antrages wies er auf die Einstellung der Viehwirtschaft, die Verpachtung eines Großteiles der landwirtschaftlich nutzbaren Grundflächen auf unbestimmte Zeit und den nach seiner Ansicht desolaten Zustand des Hofes hin. Nach der gutächtlichen Stellungnahme der niederösterreichischen Landes-Landwirtschaftskammer wirft der landwirtschaftliche Betrieb den im § 1 Abs.1 Z 2 AnerbenG umschriebenen Mindestertrag ab (für die Überschreitung des dort genannten Höchstmaßes bestehen keine Anhaltspunkte).

Das Abhandlungsgericht wiederholte im zweiten Rechtsgang die bereits im ersten Rechtsgang beschlußmäßig getroffene Fesrstellung, daß es sich bei dem landwirtschaftlichen Betrieb des Erblassers um einen Erbhof handle.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Es wertete die Verpachtung als eine im wirtschaftlichen Ermessen des Eigentümers gelegene Bewirtschaftungsmaßnahme, die - selbst unter Berücksichtigung der Verlängerbarkeit des Pachtvertrages nach dem Landpachtgesetz im Falle der Aufkündigung - an der nach objektiven Kriterien zu beurteilenden Einheit des landwirtschaftlichen Betriebes nichts ändere.

Der uneheliche Sohn ficht die bestätigende Rekursentscheidung unter Bezeichnung des Anfechtungsgrundes der offenbaren Gesetzwidrigkeit mit einem Abänderungsantrag im Sinne seines erstinstanzlichen negativen Feststellungsbegehrens und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Mangels schlüssiger Darlegung eines nach § 16 Abs.1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes ist das Rechtsmittel unzulässig. Als offenbar gesetzwidrig erachtet der Rechtsmittelwerber die der Entscheidung über die Erbhofeigenschaft (ebenso wie seiner eigenen diesbezüglichen Antragstellung) zugrundegelegte Auffassung, daß bei Abgang einer Erbenmehrheit und dem bloßen Aufeinandertreffen der erbrechtlichen Ansprüche eines Alleinerben mit denen einer oder mehrerer (volljähriger) pflichtteilsberechtigten Personen die Frage nach dem Vorliegen (und dem Umfang) eines Erbhofes im Sinne des Anerbengesetzes im Zuge der Abhandlung rechtliche Bedeutung zukäme. Die im Revisionsrekurs vertretene Auffassung, Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmungen des Anerbengesetzes sei nach dessen § 8 das Vorliegen einer Erbenmehrheit, ist mit dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs.1 Z 1 AnerbenG unvereinbar. In die sondergesetzliche Erbteilung nach dem III.Abschnitt des Anerbengesetzes sind auch die im § 17 genannten Pflichtteilsberechtigten einzubeziehen. Gerade aus dieser Bestimmung ist einerseits die Beteiligtenstellung samt Rechtsmittelbefugnis des Pflichtteilsberechtigten, andererseits aber im Zusammenhalt mit den Bestimmungen der §§ 10 und 11 AnerbenG die ausschließliche Zuständigkeit des Abhandlungsgerichtes zur Bestimmung des Übernahmspreises und die bindende Wirkung einer solchen Entscheidung für alle am Verfahren Beteiligten abzuleiten (vgl.EvBl.1970/281; SZ 40/98, SZ 52/194, SZ 55/150 u.a.).

Die Ausführungen zu Punkt 3 des Revisionsrekurses vermögen daher weder schlüssig eine offenbare gesetzwidrige Annahme der Voraussetzungen für die Anwendung des Anerbengesetzes noch damit implizit eine Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges für die nach der Aktenlage im vorliegenden Fall bloß für die auf den streitigen Rechtsweg gewiesene Auseinandersetzung über die Pflichtteilsansprüche des Rechtsmittelwerbers bedeutsame Feststellung aufzuzeigen.

Die Ausführungen zu Punkt 2 des Revisionsrekurses versuchen eine offenbare Gesetzwidrigkeit in der Wertung des in den Nachlaß gefallenen unbeweglichen Vermögens als einer zu einem behausten landwirtschaftlichen Betrieb zusammengefaßten Unternehmenseinheit darzulegen, weil durch die Art und Weise der vom Erblasser vorgenommenen Verpachtung die Nutzung des Großteiles der Landflächen von der der Hofstelle getrennt und damit die betriebliche Einheit aufgehoben worden sei.

Das Rekursgericht hat der Verpachtung im Sinne der in der Entscheidung EvBl.1978/86 dargelegten Erwägungen keinen Einfluß auf die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende wirtschaftliche Einsatzfähigkeit der der Landwirtschaft gewidmeten Nachlaßbestandteile im Rahmen einer zumindest latent vorhanden gebliebenen betrieblichen Einheit beigelegt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 6 Ob 7/83 ausgeführt hat, enthält das Anerbengesetz keine ausdrückliche Regelung darüber, welchen Einfluß die Verpachtung überhaupt und die näheren Umstände einer solchen sowie das (praktische) Unterbleiben einer Wirtschaftstätigkeit auf dem Hof selbst auf die Erbhofeigenschaft nehmen. Der bekämpften rekursgerichtlichen Beurteilung kann daher nicht vorgeworfen werden, daß sie einer klar und eindeutig formulierten gesetzlichen Anordnung oder doch einer unmißverständlich zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Regelungstendenz augenscheinlich zuwiderliefe.

Der Rechtsmittelwerber zitiert in Punkt 1 seiner Rekursausführungen zur Darlegung der Rechtsmittelzulässigkeit unter Hinweis auf einen 300.000 S übersteigenden Wert des von der Feststellungsentscheidung betroffenen unbeweglichen Nachlaßvermögens § 528 Abs.2 ZPO. Sollte dem die Ansicht zugrundegelegt worden sein, bei einem über der genannten Grenze liegenden Wert des Beschwerdegegenstandes, über den das Gericht zweiter Instanz entschieden hat, sei die Rüge jeder unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache über die Fälle einer offenbaren Gesetzwidrigkeit hinaus beachtlich, wäre ihr zu entgegnen, daß die Regelungen nach § 528 ZPO in einem den § 9 ff AußStrG unterliegenden Rechtsmittelverfahren unanwendbar sind, eine Lückenschließung durch Analogie mangels systemwidriger Unvollständigkeit des § 16 AußStrG nicht zulässig wäre und im übrigen § 528 Abs.2 ZPO in seinem Anwendungsgebiet voraussetzt, daß k e i n e bestätigende Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz (§ 528 Abs.1 Z 1 ZPO) vorliege, was aber gerade die Regelungsgrundlage des § 16 Abs.1 AußStrG darstellt. Mangels schlüssiger Ausführung eines nach § 16 Abs.1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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