European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00049.850.1024.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
Am 30. 1. 1981 ereignete sich kurz nach 11 Uhr in B***** im Bereich der Verbindung der Raiffeisenstraße mit der Bahnhofstraße ein Verkehrsunfall, bei dem der Kläger auf schneebedeckter Straße zu Sturz kam und von einem LKW mit dem Kennzeichen S ***** überfahren und schwer verletzt wurde. Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde unter anderem gegen den Zweitbeklagten zu 4 U 600/81 des BG Zell am See ein Strafverfahren eingeleitet; er wurde rechtskräftig freigesprochen.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Unfall die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 421.500, ‑ ‑ s.A. (Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, Kleiderschaden und sonstige Auslagen); überdies stellte er ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für alle künftigen Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren. Dem Grunde nach stützte der Kläger sein Begehren im wesentlichen auf die Behauptung, die Erstbeklagte sei nicht nur Halterin der Straße in jenem Bereich, in dem er vom LKW überfahren worden sei, gewesen, sondern auch Eigentümerin des Grundstückes, das an den von ihm benützten Gehsteig angrenze, auf welchem er ausgerutscht und von dem er auf die Fahrbahn gestürzt sei. Die Erstbeklagte und der von ihr mit der Durchführung des Winterdienstes beauftragte Zweitbeklagte seien grob fahrlässig ihrer Verpflichtung zur Räumung und Streuung des zum Unfallszeitpunkt schneeglatten und zur Fahrbahn hin abschüssigen Gehsteiges nicht nachgekommen. Dies sei für den Sturz und die schwere Verletzung des Klägers ursächlich gewesen.
Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, sie hätten zur Unfallszeit alle Maßnahmen ergriffen gehabt, die ihnen in dem sehr schneereichen Winter 1980/81 in Bezug auf Schneeräumung und Streuung der Fahrbahn bzw. der Gehsteige möglich und zumutbar gewesen seien. Die Schneeräumung und die Streuung der Straße werde durch die Erstbeklagte, und zwar durch die Belegschaft des Gemeindebauhofes, bestehend aus 5 bis 6 Arbeitern, besorgt, wobei bei besonders starkem Schneefall auch andere Personen mit entsprechenden Schneeräumgeräten beigezogen würden. Der Zweitbeklagte habe bis zum Unfallszeitpunkt durch eine Zeitspanne von etwa 15 Jahren die Stellung eines Vorarbeiters innegehabt und habe die entsprechenden Arbeiten selbst koordiniert und eingeteilt. Im Bereich der Unfallstelle seien zur Unfallszeit noch Schneeräumungsarbeiten im Gange gewesen, zumal die von den Schneepflügen im Bereich der Fahrbahnränder bzw. der Gehsteigränder aufgehäuften zeilenförmigen Schneewälle nicht sofort abtransportiert hätten werden können. Der Landwirt Ludwig O*****, der bereits die ganze Woche vorher mit Schneeräumungsarbeiten für die Gemeinde befaßt gewesen sei, sei vom Zweitbeklagten am Unfallstag im Unfallsbereich eingesetzt worden, um die hier befindlichen Schneeriedel zu beseitigen. Dabei habe er laufend die Fahrbahn und den angrenzenden Gehsteig mit dem Räumgerät befahren müssen, dessen Räder mit Eisketten ausgestattet gewesen seien. Wegen dieser Räumarbeiten wäre zur Unfallszeit eine Streuung der Fahrbahn und des Gehsteiges nutzlos gewesen. Die Beklagten hätten weder nach § 1319a ABGB noch nach § 93 StVO für die Unfallsfolgen zu haften. Der Unfall sei ausschließlich auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen. Der 2,5 bis 2,7 m breite Gehsteig, den er benützt habe, sei im Unfallsbereich bereits zur Gänze geräumt gewesen. Der Kläger habe plötzlich zu laufen begonnen, offenbar in der Absicht, das Buffet im Bahnhofsgebäude zu erreichen, um dort etwas zu kaufen. Er habe gerade zu einem Zeitpunkt den Gehsteig in Richtung Fahrbahn verlassen, als Rudolf K***** mit dem LKW die Unfallstelle passiert habe. Obwohl ein den Kläger begleitender Mitschüler diesen noch durch Zuruf gewarnt habe, habe dieser den Gehsteig verlassen und sei offenbar durch das verspätete Erkennen der Gefahr zu Sturz gekommen, sodaß er von den rechten Hinterrädern des LKW überrollt worden sei. Das Schadensereignis sei unabhängig vom Zustand des Gehsteiges und der Fahrbahn erfolgt.
Das Erstgericht entschied mit Teilzwischenurteil, daß das Leistungsbegehren des Klägers gegenüber der Erstbeklagten dem Grunde nach zu zwei Dritteln zu Recht und zu einem Drittel nicht zu Recht besteht (Punkt 1 des Urteilsspruches) und daß der Anspruch des Klägers gegenüber dem Zweitbeklagten dem Grunde nach nicht zu Recht besteht (Punkt 2 des Urteilsspruches).
Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der Zweitbeklagte steht als Gemeindearbeiter seit mehr als 20 Jahren in den Diensten der Erstbeklagten. Seit mehr als 15 Jahren ist er in der Funktion eines Vorarbeiters beschäftigt und seit dieser Zeit für die im Winter anfallenden Schneeräumungen und Streuungen der gemeindeeigenen Wege und Straßen verantwortlich. Ein Plan, nach welchen Prioritäten Schneeräumungen im Ortsgebiet von B***** durchgeführt werden sollen und bei welchen Straßenverhältnissen eine Streuung durchgeführt werden soll, wurde seitens der Erstbeklagten bis zum Unfallstag nicht erstellt. Der Bürgermeister der Erstbeklagten Ing. Georg G***** hat dem Zweitbeklagten in den Belangen der Schneeräumung und Straßenstreuung im Gemeindegebiet bis zum Unfall des Klägers keine Weisungen erteilt, insbesondere auch nicht über die Art und Weise der Räumung von Gehsteigen. Der Vizebürgermeister der Erstbeklagten Hans H*****, dem der Zweitbeklagte als Leiter des Bauhofes direkt unterstellt ist, hat diesem bis zum Unfall lediglich bei außerordentlichen Streuungen an bestimmten Stellen des Gemeindegebietes entsprechende Weisungen zur Streuung erteilt.
Am 30. 1. 1981 gegen 5 Uhr überzeugte sich der Zweitbeklagte von den gegebenen Straßen- und Fahrbahnverhältnissen. In der Nacht auf den Unfallstag hatte es nicht geschneit. Von den drei bis vier Tage zurückliegenden starken Schneefallen rührten noch große Mengen Schnee im Ortsgebiet von B***** her. Im Bereich Raiffeisenstraße ‑ Bahnhofstraße waren am Morgen des Unfallstages sowohl der Gehsteig als auch die Fahrbahn von Schnee geräumt; allerdings waren zwischen Fahrbahn und Gehsteig ca. 70 bis 80 cm hohe Schneeriedel verblieben.
Üblicherweise erfolgt die Räumung der Straßen und Gehsteige im Ortsgebiet von B***** nach Schneefällen etappenweise. In einer ersten Etappe werden die Fahrbahnen geräumt; üblicherweise werden von den Passanten während dieser Zeit auf den Gehsteigen Trampelpfade gebildet. In einer zweiten Phase werden dann auch die Gehsteige geräumt. Bis zum Unfallstag waren die Fahrbahnen speziell im Bereich der Unfallstelle schon vollständig geräumt. Am Morgen des Unfallstages gab der Zweitbeklagte dem Landwirt Ludwig O*****, der im Auftrag der Erstbeklagten für Schneeräumungsarbeiten mit seinem eigenen Schneeräumgerät herangezogen wurde, den Auftrag, auch die Gehsteige im Bahnhofsbereich von den erwähnten Schneeriedeln zu säubern. Bis zum Unfall arbeitete O***** mit diesem Schneeräumgerät allein im Bereich der Unfallstelle und zwar derart, daß er längs der Achse des Gehsteiges jeweils ein Stück nach vorne fuhr, eine Fuhre Schnee aufnahm und diese auf einen wartenden LKW lud. Im Anschluß daran fuhr er an diese Stelle zurück und säuberte das nächste Stück des Gehsteiges.
Etwa eine Viertelstunde bis höchstens eine halbe Stunde vor dem Unfall hatte O***** die Räumung des zwischen der Raiffeisenstraße und der Bahnhofstraße gelegenen Gehsteiges beendet und war nunmehr damit beschäftigt, auf der gegenüberliegenden Seite dieses Verbindungsstückes Schneeriedel auf die dort gelegene Verkehrsinsel zu laden.
Infolge dieser von O***** vorgenommenen Art der Säuberung des Gehsteiges war dieser von einer glatten und rutschigen Schneefläche bedeckt, die überdies zur Fahrbahn derart abschüssig verlief, daß die Gehsteigkante selbst nicht mehr erkennbar war. Sowohl der Gehsteig als auch die Fahrbahn waren im Unfallsbereich nicht gestreut. Bis zur Unfallszeit hatte der Zweitbeklagte O***** keinen Auftrag zur Streuung des Gehsteiges und der Fahrbahn im Bereich der Unfallstelle gegeben. Bei der Gehsteigräumung wurde O***** kein weiterer Bediensteter der Erstbeklagten zum Zweck der weiteren händischen Säuberung des Gehsteiges und insbesondere zur Entfernung der abschüssigen Neigung des Schneebelages zur Fahrbahn hin beigestellt.
Gegen 11,05 Uhr gingen der 8-jährige Kläger und sein Schulkollege Manfred G***** auf diesem Gehsteig im Bereich der Raiffeisenstraße ‑ Bahnhofstraße. Der Kläger ging auf der an die Fahrbahn angrenzenden Seite. Vorerst hielten die beiden Schüler ein normales Schrittempo ein. Plötzlich jedoch begann der Kläger zu laufen, weil er die Absicht hatte, sich in dem auf der anderen Straßenseite im Bahnhofsgebäude gelegenen Buffets etwas zu kaufen. In dem Augenblick, als der Kläger den Gehsteig laufend zur Fahrbahn hin verließ, bog der von Rudolf K***** gelenkte LKW mit dem Kennzeichen S ***** in die Bahnhofstraße ein. K***** lenkte dabei seinen LKW im Schrittempo. Trotz des Zurufes und der Warnung durch G*****, daß sich ein LKW nähere, lief der Kläger vom Gehsteig weg zur Fahrbahn, ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten. Er rutschte auf dem abschüssigen Schneebelag im Übergang vom Gehsteig zur Fahrbahn aus, stürzte und wurde vom rechten hinteren Zwillingsräderpaar des LKW auf der Fahrbahn überfahren. Dabei erlitt der Kläger schwerste Verletzungen.
Der Gehsteig, von dem aus der Kläger auf die Fahrbahn stürzte, liegt entlang einer im Eigentum der Erstbeklagten befindlichen Liegenschaft, auf der sich das von einer gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft errichtete sogenannte „Lehrerhaus“ befindet, welches zur Gänze an die Erstbeklagte vermietet ist.
Der Gehsteig im Bereich der Raiffeisenstraße und der Bahnhofstraße wird von zahlreichen Schülern der in der Nähe befindlichen Volksschule der Erstbeklagten benützt. Von dem mit den Räumungsarbeiten beschäftigten Landwirt O***** wurden im Bereich der Unfallstelle keine Abschrankungen errichtet.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Erstbeklagte vom Kläger nicht nur als Wegehalterin, sondern auch als Eigentümerin der an den Gehsteig, von dem der Kläger abrutschte, angrenzenden Liegenschaft in Anspruch genommen werde. Habe die Erstbeklagte durch Vernachlässigung ihrer Sorgfaltspflicht im Sinne des § 93 Abs. 1 StVO den Schaden des Klägers verursacht, so hafte sie nach den §§ 1295, 1311 ABGB auch für leichte Fahrlässigkeit und nicht nur für grobes Verschulden wie im Fall des § 1319a ABGB. Die Erstbeklagte habe ihre Verpflichtung nach § 93 Abs. 1 StVO nicht im Sinne des § 93 Abs. 5 StVO durch ein Rechtsgeschäft an den Zweitbeklagten übertragen.
Der Umfang der Räum- und Streuungspflicht werde einerseits durch das Verkehrsbedürfnis und andererseits durch die Zumutbarkeit begrenzt. Eine Verletzung der Streupflicht liege nicht vor, weil es nicht zumutbar sei, daß unmittelbar nach der Entfernung der Schneeriedel auf einem kurzen Gehsteigabschnitt sofort gestreut werde und die Streuung während der Schneeräumarbeiten auch gar nicht sinnvoll gewesen wäre, weil der gestreute Kies durch das Räumgerät sofort wieder weggeschoben worden wäre.
Die Erstbeklagte habe aber ihre Verpflichtung, den Gehsteig von Schnee zu säubern, verletzt. Sie habe es zugelassen, daß im Unfallsbereich die Gehsteigräumung allein und ausschließlich mit dem von O***** beigestellten Räumgerät durchgeführt worden sei. Durch diese ausschließlich maschinelle Art der Räumung sei nicht nur der den Gehsteig bedeckende Schneebelag glatt und rutschig geworden, sondern er sei auch abgeschrägt zur Fahrbahn hin verlaufen. Durch diese Art der Räumung sei eine Gefahrenquelle für Fußgänger nicht nur nicht ausgeräumt, sondern geradezu geschaffen worden. Es sei im Verantwortungsbereich der Erstbeklagten gelegen, alle organisatorischen Maßnahmen für den Einsatz von soviel Personal und Arbeitsgerät zu treffen, daß die wirklich gefahrenbeseitigende Räumung des Gehsteiges im Unfallsbereich gewährleistet gewesen wäre. Dazu wäre es erforderlich gewesen, O***** einen Gemeindearbeiter beizustellen, der die Gehsteigoberfläche so weit wiederherstellen hätte müssen, daß Fahrbahn und Gehsteig klar getrennt gewesen wären und die gefährliche Abschrägung beseitigt worden wäre. Ein derartiges Hilfsorgan hätte bloß mit einer Schaufel ausgerüstet werden müssen. Es wäre Aufgabe der Erstbeklagten gewesen, sich nicht bloß auf die Erfahrung des Zweitbeklagten zu verlassen, sondern diesem die entsprechenden Weisungen zu erteilen und das erforderliche Personal zur Verfügung zu stellen. Da sie diese Maßnahmen verabsäumt habe, habe sie die unzureichende Säuberung des Gehsteiges zu verantworten. Da der Kläger (auch) durch den Zustand des Gehsteiges zu Sturz und in der Folge unter die Räder des LKW gekommen sei, treffe die Erstbeklagten ein Verschulden am Zustandekommen dieses Unfalles.
Der Zweitbeklagte hafte weder nach § 93 Abs. 5 StVO noch nach § 1319a Abs. 3 ABGB für die Unfallsfolgen.
Der Unfall sei aber auch darauf zurückzuführen, daß sich der Kläger als Fußgänger nicht verkehrsgerecht verhalten habe. Er habe plötzlich ohne Beachtung der Zurufe seines Begleiters zu laufen begonnen, weil er beabsichtigt habe, die Bahnhofstraße laufend zu überqueren, ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten. Dadurch, daß der Kläger auf der der Fahrbahn zugekehrten Gehsteigseite, also dort, wo der Gehsteig zur Fahrbahn hin abgefallen sei, zu laufen begonnen habe, sei die Sturzgefahr entscheidend erhöht worden. Erst dadurch habe es geschehen können, daß der Kläger abgerutscht und unter die Räder des LKW geraten sei. Der zur Unfallszeit 8jährige Kläger hätte durchaus erkennen können, wie gefährlich es sei, auf dem erkennbar schneeglatten, nicht gestreuten und schräg zur Fahrbahn hin abfallenden Gehsteig zur Fahrbahn hin zu laufen. Den Kläger treffe ein Mitverschulden am Zustandekommen dieses Unfalles, das unter Berücksichtigung seines Alters mit einem Drittel auszumessen sei.
Dieses Urteil wurde im Umfang der in Ansehung des Zweitbeklagten getroffenen Entscheidung nicht bekämpft. Den Berufungen des Klägers und der Erstbeklagten, mit denen nur die in Ansehung der Erstbeklagten getroffene Entscheidung bekämpft wurde, gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge, nachdem in der mündlichen Berufungsverhandlung außer Streit gestellt worden war, „daß dem Kläger jede einzelne der geltend gemachten Forderungen der Höhe nach mit S 1,00 erwuchs“.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, daß die von der Erstbeklagten zu vertretenden Ursachen für die Verletzung des Klägers dem Gehsteigbereich zuzuordnen seien und demnach eine Haftung nach § 1319a ABGB nicht ausschlaggebend sei. Haftungsbegründend sei nicht eine grobe Fahrlässigkeit der Erstbeklagten im Sinne des § 1319a ABGB, sondern eine Übertretung der Schutznormen des § 93 Abs. 1 und Abs. 3 StVO, die auch bei leichter Fahrlässigkeit haftungsbegründend wirke. Eine ausdehnende Auslegung der Bestimmung des § 1319a ABGB auf Personen, die nicht Halter im Sinne dieser Gesetzesstelle seien, werde in der Rechtsprechung mit der Begründung abgelehnt, daß für eine solche ausdehnende Auslegung der vielfach ohnehin als problematisch empfundenen Haftungseinschränkung durch § 1319a ABGB kein Anlaß bestehe. Denn die im § 93 Abs. 1 und Abs. 3 StVO genannten Maßnahmen ‑ und nur auf diese komme es hier an ‑ könne der Liegenschaftseigentümer schon auf Grund des Umstandes, daß er in der Regel nur einen kleinen und überschaubaren Bereich zu betreuen habe, zu dem auch ein besonderes Naheverhältnis bestehe, viel eher treffen als der Wegehalter, der vielfach sehr ausgedehnte Wegflächen zu betreuen habe.
Ausgehend von der Feststellung des Erstgerichtes, daß das Ausgleiten des Klägers auf dem Übergang vom Gehsteig zur Fahrbahn erfolgte, ergebe sich die Zuordnung dieses Ortes zum Gehsteigbereich schon daraus, daß die im Auftrag der Erstbeklagten durchgeführten Räumungsarbeiten ein Ergebnis geliefert hätten, nach dem die Abgrenzung zwischen Gehsteig und Fahrbahn unkenntlich geworden und eine zur Fahrbahn hin leicht abschüssige glatte Fläche entstanden sei, die weder im Gehsteig‑ noch im Fahrbahnbereich gestreut oder abgeschrankt gewesen sei. Dieser Zustand lasse die Frage, ob das Ausgleiten des Klägers deutlich im Gehsteigbereich oder schon im Übergang zur Fahrbahn erfolgt sei, in Bezug auf einen Verstoß gegen § 93 StVO in den Hintergrund treten. Der Kläger habe eben im Bereich der Unfallstelle keine Möglichkeit vorgefunden, einen Weg zu wählen, der eine größere Sicherheit geboten hätte, zumal der Gehsteigbereich und die angrenzende Fahrbahn eine gleich beschaffene Glätte und ein gleichgelagertes Quergefälle aufgewiesen hätten. Im übrigen habe das Erstgericht in der Begründung seines Urteiles hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es ein Beginnen des Ausrutschens des Kläger in dem unmittelbar an die Fahrbahn angrenzenden Bereich des Gehsteiges angenommen habe, wenn es etwa festgestellt habe, daß der Kläger vom Gehsteig aus auf die Fahrbahn gestürzt sei und wenn es etwa im Rahmen der rechtlichen Beurteilung dargelegt habe, daß der Kläger (auch) durch den Zustand des Gehsteiges zu Sturz und in der Folge unter die Räder des LKW gekommen sei.
Der Liegenschaftseigentümer sei nicht nur zu den erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zur Schneeräumung und Streuung auf den an sein Grundstück angrenzenden Gehsteigen und Gehwegen im Ortsgebiet, sondern auch zur Überwachung des Erfolges dieser Maßnahmen verpflichtet. Auch eine Gemeinde als Liegenschaftseigentümer unterliege den Verpflichtungen nach § 93 StVO. In diesem Fall seien die grundsätzlichen organisatorischen Maßnahmen für den Einsatz von Personal und Maschinen sowie die Überwachung des eingesetzten Personals wegen ihrer Bedeutung und der möglichen Haftungsfolgen durch einen Repräsentanten der Gemeinde von solcher Entscheidungsmacht und Selbständigkeit zu treffen, daß dieser nicht mehr als bloßer Besorgungsgehilfe nach § 1315 ABGB angesehen werden könne. Die Gemeinde hafte für das Verschulden eines solchen Repräsentanten. Der Grad der gemäß § 93 Abs. 1 und Abs. 3 StVO anzuwendenden Sorgfalt sowie die Art und der Umfang der Sicherungspflicht bestimmten sich nach den im Einzelfall gegebenen Verhältnissen.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sei der Erstbeklagten jedenfalls eine leicht fahrlässige Übertretung der Bestimmungen des § 93 Abs. 1 und Abs. 3 StVO anzulasten, weil der letzte Schneefall schon drei Tage zurückgelegen sei und es ihr daher zumutbar gewesen wäre, als Eigentümer des an den Gehsteig angrenzenden Grundstückes der Räum‑ und Streupflicht so nachzukommen, daß jedenfalls schon am Morgen des Unfallstages ein dem Gesetz entsprechend geräumter bzw. gestreuter Gehsteig vorhanden gewesen wäre. Für den Fall, daß die ergänzenden Schneeräumungsarbeiten durch Ludwig O***** im Bereich der Unfallstelle eine Verschärfung der Situation in Bezug auf eine Rutschgefahr hervorgerufen hätten, wäre dieser Bereich in geeigneter Weise zu kennzeichnen gewesen (§ 93 Abs. 3 StVO). Es treffe nicht zu, daß die Erstbeklagte ihre Verpflichtungen nach § 93 Abs. 1 und Abs. 3 StVO dem Zweitbeklagten durch Rechtsgeschäft übertragen habe, da diesem Gemeindebediensteten die Durchführung des Winterdienstes nur der Ausübung nach oblegen sei, während die Verantwortlichkeit beim Bürgermeister bzw. beim Vizebürgermeister im Hinblick auf dessen Eigenschaft als Organwalter der Erstbeklagten verblieben sei. O***** sei offenbar als ein Nebenerwerbslandwirt tätig gewesen, der einzelne bestimmte Leistungen zu erbringen gehabt habe, sodaß auch insoweit nicht von einer umfassenden eigenen Verantwortung und von einer Weisungsfreiheit zu sprechen sei.
Als privatrechtlichem Anrainer wäre es der Erstbeklagten zumutbar gewesen, schon längere Zeit vor dem Unfall ordnungsgemäß zu räumen und den Gehsteig zu bestreuen. Auch wäre bei Durchführung der Räumungsarbeiten am Vormittag des Unfallstages eine Kennzeichnung im Sinne des § 93 Abs. 3 StVO zumutbar gewesen.
Da neben der eigenen Sorglosigkeit des Klägers der Zustand des Gehsteiges für das Schadensereignis mitursächlich gewesen sei, sei der Erstbeklagten der ihr im Sinne des § 1311 ABGB obliegende Entlastungsbeweis in der Richtung, daß die Verletzungen des Klägers in der geschehenen Art und in diesem Ausmaß auch bei entsprechender Beachtung des § 93 StVO erfolgt wären, misslungen.
Ein Mitverschulden sei einem Unmündigen in Anlehnung an § 1310 ABGB dann anzulasten, wenn er im Einzelfall ein Fehlverhalten in eigenen Angelegenheiten einsehen und auch danach handeln könne. Ein solches Mitverschulden sei milder zu beurteilen als das eines voll Deliktsfähigen. Das Erreichen des schulpflichtigen Alters bilde zwar keine starre Grenze, doch sei es für die Urteilsfähigkeit bedeutsam. Einfachste Vorsichtsmaßnahmen etwa beim Überqueren einer Straße könnten Kinder im schulpflichtigen Alter gewöhnlich aufwenden. Es wäre unter diesen Gesichtspunkten dem Kläger durchaus zumutbar gewesen, sich vor dem Beginn der Fahrbahnüberquerung ein Bild über den Verkehr auf der Fahrbahn zu verschaffen und bei der gegebenen Situation das Vorhaben, die Straße in Richtung Bahnhofkiosk zu überqueren, auf einen Zeitpunkt nach dem Passieren des LKW zurückzustellen. Auch sei ihm bereits zuzumuten gewesen, auf die Gefahr eines Sturzes beim Laufen auf glatter Oberfläche Bedacht zu nehmen. In einer Bemessung des Mitverschuldens des Klägers mit einem Drittel sei kein Rechtsirrtum zu erblicken.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Erstbeklagten. Sie bekämpft es ‑ erkennbar ‑ aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil „seinem gesamten Inhalt nach abzuändern und auszusprechen, daß das Leistungsbegehren des Klägers gegenüber der Erstbeklagten nicht zu Recht bestehe“; hilfsweise stellt sie den Antrag, „in Änderung des Urteiles des Berufungsgerichtes auszusprechen, daß das Leistungsbegehren des Klägers lediglich zu einem Drittel gegenüber der Erstbeklagten zu Recht besteht“.
Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen (in Zusammenhalt mit den übrigen Urteilsausführungen) eindeutig zu entnehmen ist, daß das Erstgericht davon ausging, daß das Ausrutschen des Klägers in dem unmittelbar an die Fahrbahn angrenzenden Bereich des Gehsteiges begonnen hat und in diesem Sinn die Feststellungen des Erstgerichtes übernommen. In der Revision wird dazu nichts ausgeführt. Es ist daher in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, daß das Ausrutschen des Klägers auf dem Gehsteig begann.
Der OGH hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß zur Betreuung eines Weges im Sinne des § 1319a ABGB auch die Säuberung und Bestreuung des Weges gehört (SZ 54/21; SZ 54/92 ua.). Die Ersatzpflicht für Schäden infolge Vernachlässigung dieser Pflichten durch den Halter des Weges (siehe dazu SZ 51/129; SZ 52/27 ua.) richtet sich nach § 1319a ABGB. Zum Verhältnis dieser Gesetzesstelle zu § 93 StVO hat der OGH den Standpunkt vertreten, daß die Pflichten des Liegenschaftseigentümers nach § 93 StVO nicht unter die Haftungseinschränkungen des § 1319a ABGB fallen (SZ 54/21; SZ 54/92; ZVR 1982/261; siehe dazu auch Posch in ZVR 1984, 257 f, insbesondere 262). Dem Geschädigten kann demnach sowohl ein unter das Haftungsprivileg des § 1319a ABGB fallender Ersatzanspruch gegen den Halter des Weges als auch ein nicht auf die Schuldform des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit eingeschränkter Ersatzanspruch gegen den Anrainer zustehen. Ist der Anrainer zugleich Wegehalter, steht es dem Geschädigten frei, auf welche dieser Bestimmungen er seinen Anspruch stützen will ( Koziol Haftpflichtrecht 2 II 68 Anm. 66; 7 Ob 701/84). In einem solchen Fall haftet also der Anrainer bei Verletzung seiner im § 93 StVO normierten Verpflichtungen für die Folgen eines dadurch verursachten Unfalles auch bei leichter Fahrlässigkeit.
Die im § 93 Abs. 1 StVO normierten Verpflichtungen gelten für alle Eigentümer von Liegenschaften im Ortsgebiet, gleichgültig, ob es sich bei ihnen um natürliche oder juristische Personen handelt. Sie sind auch inhaltlich von den allgemeinen Pflichten des Wegehalters im Rahmen seiner aus § 1319a ABGB abzuleitenden Instandhaltungspflicht insoweit verschieden, als diese Pflichten im Gesetz nicht näher ausgeführt sind und ihr Umfang nur nach dem Verkehrsbedürfnis und der Zumutbarkeit entsprechender Maßnahmen beurteilt werden kann (ZVR 1979/316; ZVR 1982/261 ua.), während § 93 Abs. 1 StVO die Pflichten des Anrainers sehr genau umschreibt: Er hat nach dem ausdrücklichen Gesetzesbefehl dafür zu sorgen, daß die dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 6 bis 22 Uhr von Schnee und Verunreinigungen gesäubert und bei Schnee und Glatteis bestreut sind; ist ein Gehsteig (Gehweg) nicht vorhanden, so ist der Straßenrand in einer Breite von 1 m zu säubern und zu bestreuen. Gewiß spielt auch bei diesen umfänglich genau bestimmten Verpflichtungen des Anrainers die Zumutbarkeit eine gewisse Rolle; so wird etwa bei andauerndem Schneefall oder sich ständig erneuerndem Glatteis eine Säuberungs- und Bestreuungspflicht des Anrainers zu verneinen sein, weil sie mangels praktisch ins Gewicht fallender Wirkung für die Verkehrssicherheit nutzlos bleiben müßte (ZVR 1970/28 ua.). Unbedingt zu verlangen ist aber vom Anrainer, daß er entweder seine Verpflichtung nach § 93 Abs. 1 StVO im Sinne des Abs. 5 dieser Gesetzesstelle durch Rechtsgeschäft einem geeigneten Dritten überträgt oder aber sich selbst in die Lage versetzt, diese Verpflichtungen gehörig wahrzunehmen, zumal der Liegenschaftseigentümer schon auf Grund des Umstandes, daß er nur einen kleinen überschaubaren Bereich zu betreuen hat, zu dem er in der Regel in einem räumlichen Naheverhältnis steht, viel eher die im § 93 Abs. 1 StVO genannten Maßnahmen treffen kann als der Wegehalter, der in der Regel sehr ausgedehnte Wegflächen in verkehrssicherem Zustand zu erhalten hat (ZVR 1984/226).
Bei den Vorschriften des § 93 StVO handelt es sich um eine Schutznorm im Sinne des § 1311 ABGB, deren Zweck im Schutz der die dort genannten Verkehrsflächen bestimmungsgemäß benützenden Fußgänger liegt. Nach ständiger Rechtsprechung hat bei Übertretung einer Schutznorm der Schädiger zu beweisen, daß das Schutzgesetz unverschuldet übertreten worden ist (ZVR 1975/111; ZVR 1980/33; SZ 54/92 uva.).
Gleichfalls nach ständiger Rechtsprechung haftet die Gemeinde, da es sich bei ihr um eine juristische Person handelt, für eigenes Verschulden ihrer leitenden Funktionäre, wenn ihre Organisation unzureichend war, um einen entsprechenden Schneeräum‑ und Streudienst sicherzustellen (EvBl. 1977/99; SZ 44/187; SZ 51/80; 8 Ob 581/85 ua.).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, daß die Vorinstanzen die Haftung der Erstbeklagten für die Unfallsfolgen mit Recht bejaht haben.
Es steht fest, daß der Gehsteig zur Unfallszeit (kurz nach 11 Uhr vormittags) im Unfallsbereich weder geräumt noch gestreut war und daß dieser Zustand des Gehsteiges zum Ausrutschen des Klägers und in weiterer Folge zu seiner Verletzung führte.
Eine Übertragung ihrer Verpflichtungen als Anrainerin nach § 93 Abs. 1 bis Abs. 3 StVO durch Rechtsgeschäft an Dritte im Sinne des Abs. 5 dieser Gesetzesstelle hat die Erstbeklagte im Verfahren erster Instanz nicht behauptet und beide Vorinstanzen sind davon ausgegangen, daß eine solche Übertragung nicht vorliegt. Im Rechtsmittel der Erstbeklagten wird dazu nichts mehr ausgeführt.
Es ist daher der Erstbeklagten die Übertretung eines Schutzgesetzes zur Last zur legen und es obliegt im Sinne obiger Rechtsausführungen ihr, nachzuweisen, daß sie an dieser Übertretung kein Verschulden trifft.
Dieser Nachweis ist der Erstbeklagten nicht gelungen.
Dem in der Revision enthaltenen Hinweis auf die in SZ 44/188 veröffentlichte Entscheidung des OGH (2 Ob 227/71) ist lediglich zu entgegnen, daß im vorliegenden Fall der Kläger den Gehsteig durchaus bestimmungsgemäß und nicht als Rutschbahn benützt hat; es liegt somit ein völlig anders gelagerter Sachverhalt vor.
Soweit die Erstbeklagte darauf verweist, daß sie nur über beschränkte Möglichkeiten zur Schneeräumung verfüge, ist ihr zu entgegnen, daß es sich hier um die Wahrnehmung ihrer Verpflichtungen nach § 93 Abs. 1 StVO handelt, die sie in gleicher Weise treffen wie jeden anderen Anrainer.
Es oblag ihr, in geeigneter Weise für die Erfüllung dieser ihrer Verpflichtungen Sorge zu tragen. Gerade dies hat die Erstbeklagte aber nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht getan. Es ist in keiner Weise hervorgekommen, daß die Erstbeklagte in irgend einer Form, sei es durch Anweisung an eine bestimmte geeignete Person oder durch geeignete Organisation ihres Winterdienstes, überhaupt darauf Bedacht genommen hätte, daß sie die im § 93 Abs. 1 StVO normierten Anrainerpflichten zu erfüllen hatte; ihre Maßnahmen im Sinne ihrer allgemeinen Verpflichtungen als Wegehalter sind dafür so lange ohne Belang, als durch derartige Maßnahmen nicht die Erfüllung der im § 93 Abs. 1 StVO normierten Anrainerpflichten sichergestellt wurde.
Auch dann, wenn der schlechte Zustand des Gehsteiges erst durch die vorher von Ludwig O***** durchgeführten Räumungsmaßnahmen herbeigeführt wurde, ergibt sich daraus kein besseres Ergebnis für die Erstbeklagte. Denn selbst dann, wenn der zwischen Beendigung dieser Räumungsarbeiten und dem Unfall des Klägers vergangene Zeitraum nicht ausgereicht haben sollte, um den im § 93 Abs. 1 StVO normierten Pflichten nachzukommen, wäre die Erstbeklagte im Sinne des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle verpflichtet gewesen, die gefährdete Straßenstelle abzuschranken oder sonst in gehöriger Weise zu kennzeichnen. Daß aber die Erstbeklagte irgendwelche organisatorische Maßnahmen getroffen hätte, um sich in die Lage zu versetzen, diesen ihren Verpflichtungen nachzukommen, ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen nicht.
Unter diesen Umständen ist aber der Erstbeklagten der ihr obliegende Entlastungsbeweis keinesfalls gelungen, sodaß die Vorinstanzen mit Recht ihre Haftung für die Unfallsfolgen dem Grunde nach bejaht haben.
Es ist dem Rechtsmittel der Erstbeklagten aber auch insoweit nicht zu folgen, als sie darzutun versucht, daß das dem Kläger anzulastende Mitverschulden mit zwei Dritteln zu bewerten sei.
Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß bei der Beurteilung eines Mitverschuldens die Verantwortlichkeit des zur Unfallszeit im 8. Lebensjahr stehenden Klägers unter Berücksichtigung des Maßes an Einsicht, das bei ihm nach seinem Alter und seiner geistigen Entwicklung vorhanden war, und der Art seines unfallsursächlichen Verhaltens zu prüfen ist (SZ 25/318; SZ 52/57; ZVR 1981/195 ua.). Nun kann gewiß von einem im 8. Lebensjahr stehenden Schulkind die Einsicht in die grundlegende Verkehrsregel des § 76 Abs. 1 StVO erwartet werden, daß es die Fahrbahn nicht überraschend betreten darf, wenn schon ein Fahrzeug herannaht (ZVR 1981/168 ua.); ebenso muß wohl von ihm die Einsicht vorausgesetzt werden, daß es in akute Sturzgefahr gerät, wenn es auf einem Gehsteig, der von einer glatten und rutschigen Schneefläche bedeckt ist, die noch dazu zur Fahrbahn hin abschüssig verläuft, plötzlich zu laufen beginnt. Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung, daß das Verschulden unmündiger Minderjähriger in der Regel milder zu beurteilen ist als sonst unter gleichen Umständen das Verschulden Erwachsener (ZVR 1982/104; ZVR 1983/215; ZVR 1984/203 uva.). Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes und unter Bedachtnahme darauf, daß das Organisationsverschulden der Erstbeklagten, die nach den Verfahrensergebnissen keinerlei wirksame Vorsorge dafür traf, ihren im § 93 Abs. 1 StVO normierten Anrainerpflichten nachkommen zu können, keinesfalls als gering anzusehen ist, erscheint dem Gewicht des Mitverschuldens des Klägers durch die von den Vorinstanzen vorgenommene Verschuldensteilung hinreichend Rechnung getragen.
Der Revision der Erstbeklagten mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.
Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den § 393 Abs. 4, 52 Abs. 2 ZPO (SZ 23/243).
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