OGH 10Os104/85

OGH10Os104/8510.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.September 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hannelore A wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 18.April 1985, GZ 28 Vr 1001/84-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, und des Verteidigers DDr.Peter Stern, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über die Angeklagte verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hannelore (Hildegard) A (A) des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB sowie (B) des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und nach § 153 Abs. 2 StGB, zweiter Strafsatz unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt. Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat sie

(zu A) in der Zeit vom 1.Jänner 1979 bis zum 14.Oktober 1983 in Landeck und Telfs die ihr durch behördlichen Auftrag eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder (richtig: und) einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch ihrem Mündel Walter Johann A einen Vermögensnachteil zugefügt, indem sie von den Spar- und Girokonten des Genannten bei der B und C D insgesamt 694.905,81 S Bargeld

behob, dabei dessen Girokonto überzog und die Gelder für sich oder andere, aber jedenfalls nicht für ihn verwendete, wobei der Schaden samt Zinsen und Spesen ca 700.000 S betrug; sowie

(zu B) zwischen dem 25.November und dem 22.Dezember 1983 in Imst in 11 Fällen teils falsche Urkunden hergestellt und teils echte Urkunden verfälscht, und zwar jeweils mit dem Vorsatz, daß sie zum Nachweis einer Verwendung der darin aufscheinenden Geldbeträge für Walter Johann A dem vom Bezirksgericht Telfs mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragten Sachverständigen vorgelegt, also im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht werden. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Wiederholung sowohl der Untreuehandlungen während eines als überaus lang angesehenen Zeitraumes als auch der Urkundenfälschung sowie die Fortsetzung des deliktischen Verhaltens auch noch nach Befassung eines vom Gericht zur Aufklärung des Falles zugezogenen Sachverständigen, die Ausnützung eines besonderen Vertrauensverhältnisses und den überaus hohen Schadensbetrag, als mildernd hingegen ein teilweises, wenn auch als nicht reumütig beurteiltes Geständnis der Angeklagten, ihre bisherige Unbescholtenheit und eine weitgehende Schadensgutmachung. Die gegen dieses Urteil von der Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde bereits mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 27.August 1985, GZ 10 Os 104/85-7, in nichtöffentlicher Beratung zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Dem von der Angeklagten außerdem ergriffenen, in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu erledigenden Rechtsmittel der Berufung, mit der sie die Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, kommt teilweise Berechtigung zu.

Unbegründet ist die Berufung, sofern sie eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrt, weil das Erstgericht die besonderen Strafbemessungsgründe nicht nur im wesentlichen vollständig angeführt, sondern diese auch einer zutreffenden Würdigung unterzogen hat und hiebei zu einem keineswegs als überhöht anzusehenden Strafmaß gelangt ist.

Dem vom Schöffengericht angenommenen mildernden Umstand des 'teilweisen, wenn auch nicht reumütigen Geständnisses' (§ 34 Z 17, erster Fall StGB) entspricht vorliegend allerdings in Wahrheit der Milderungsgrund des zweiten Falles dieser Gesetzesstelle, weil nämlich die Verantwortung der Angeklagten tatsächlich wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat.

Zu Recht hat das Erstgericht aber auch die Wiederholung beider strafbarer Handlungen der Angeklagten im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Bestimmung des § 33 Z 1 StGB als Erschwerungsumstand angelastet (vgl auch Leukauf-Steininger, Komm 2 , RN 2 zu § 33 StGB).

Von Unbesonnenheit kann angesichts des wiederholten und geplanten Vorgehens der Angeklagten keine Rede sein, ebensowenig von einer besonders verlockenden Gelegenheit im Sinne der Z 9 des § 34 StGB, die nur dann gegeben wäre, wenn ihr auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch erläge (siehe Leukauf-Steininger, aaO, RN 15 zu § 34 StGB). Solches kann aber im Hinblick auf die durch längere Zeit fortgesetzten Untreuehandlungen und die zu deren Verschleierung wiederholt verübten Urkundenfälschungen mit Fug nicht angenommen werden.

Unter Bedachtnahme, daß die Wertgrenze des § 153 Abs. 2 zweiter Fall StGB vorliegend um das Siebenfache überschritten wurde, erweist sich - ausgehend von der hier aktuellen Strafdrohung (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) - die vom Schöffengericht ausgemessene Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten demnach keineswegs als überhöht.

Berechtigt ist hingegen das Berufungsbegehren auf Gewährung bedingter Strafnachsicht. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes schließt mangelnde Schuldeinsicht die Anwendbarkeit des § 43 Abs. 2 StGB nicht aus. Es kommt vielmehr darauf an, ob - neben den allgemeinen Voraussetzungen des ersten Absatzes dieser Gesetzesstelle - aus besonderen Gründen Gewähr für künftiges Wohlverhalten des Täters gegeben ist. Angesichts des tadelfreien Vorlebens der nach der Aktenlage ersichtlich in sozial angepaßten Verhältnissen lebenden Angeklagten und des Umstandes, daß das gegenständliche Verfahren zweifelsfrei bei ihr bereits eine ausreichende spezialpräventive Wirkung erzeugt hat, erachtet hier der Oberste Gerichtshof die Gewährung bedingter Strafnachsicht für gerechtfertigt, zumal angesichts der nunmehr erfolgten, durch pflegschaftsgerichtlch genehmigten Vergleich vom 3.Juli 1985 (somit nach Fällung des Ersturteils) sichergestellten, über den dort festgestellten Schadensbetrag hinausgehenden Schadensgutmachung auch generalpräventive Bedenken der Anwemdung des § 43 Abs. 2 StGB nicht entgegenstehen.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

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