OGH 7Ob591/85

OGH7Ob591/8511.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Fr. Hofmann und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B AG, Linz, Böhmerwaldstraße 3, vertreten durch Dr. Roland Hubinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die bekagten Parteien 1.) C OHG, Schärding, Unterer Stadtplatz 13, 2.) C Bau- und Beteiligungsgesellschaft m.b.H., ebendort, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann, Rechtsanwalt in Linz, und des Nebenintervienten auf Seiten der beklagten Parteien Karl D, Transportunternehmer, Behamberg, Kleinramingstraße 77, vertreten durch Dr. Josef Lechner, Rechtsanwalt in Steyr, wegen S 62.367,-- s.A., infolge Rekurses der zweitbeklagten Partei, des Nebenintervenienten und der Firma E C KG, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 23.Jänner 1985, GZ. 2 R 267/84-17, womit das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 23.Juli 1984, GZ. 2 Cg 296/83- 10, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Bauunternehmung C KG wird Folge gegeben. Der angefochtenen Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

'Der Antrag der klagenden Partei auf Richtigstellung der Bezeichnung der erstbeklagten Partei auf Firma Bauunternehmung C KG wird abgewiesen.

Das Ersturteil und der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes werden in Ansehung der Bauunternehmung C KG als nichtig aufgehoben. Die klagende Partei ist schuldig, der Firma C KG die mit S 5.501,70 bestimmten Verfahrenskosten (darin enthalten S 1.050,- Barauslagen und S 292,87 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.' Die Rekurse der zweitbeklagten Partei und des Nebenintervenienten werden zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Text

Begründung

Mit Vertrag vom 20.November 1979 gründeten die Firma Bauunternehmung C KG, die Firma F Baugesellschaft m.b.H., Filiale Steyr (im folgenden nur Firma F) und die Firma Bau-Aktiengesellschaft G eine Arbeitsgemeinschaft, mit deren Geschäftsführung die beiden erstgenannten Firmen betraut wurden. Zum Bauleiter wurde Ing.Josef H, ein Angestellter der Firma F, bestellt. Die Arbeitsgemeinschaft übernahm die Bauarbeiten auf dem Werksgelände der Firma BMW I Ges.m.b.H. (im folgenden nur Firma BMW Steyr).

Zur Aushebung einer Künette bediente sich die Arbeitsgemeinschaft des Nebenintervenienten. Hiebei wurden durch den Baggerführer Friedrich J auf dem Werksgelände der Firma BMW Steyr verlegte Steuer-, Meß- und Meldekabel der klagenden Partei beschädigt. Die klagende Partei begehrte den Ersatz des ihr hiedurch entstandenen Schadens. Das Verschulden an dem schädigenden Ereignis treffe den Bauleiter der Arbeitsgemeinschaft, der dem Baggerführer die unrichtige Auskunft erteilt habe, im Grabungsbereich befänden sich keine Leitungen.

Die beklagten Parteien bestreiten unter anderem ihre Passivlegitimation, weil sie nicht Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft seien.

Die zweitbeklagte Partei ist persönlich haftender Gesellschafter der Firma Bauunternehmung C KG und der erstbeklagten Partei. Bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 2.Mai 1984 beantragte die klagende Partei die Richtigstellung der Parteibezeichnung der erstbeklagten Partei auf C KG mit der Begründun, daß sich aus dem Klagsvorbringen eindeutig ergebe, daß als erstbeklagte Partei die an der Arbeitsgemeinschaft beteiligte Firma in Anspruch genommen werden sollte.

Das Erstgericht schloß sich dem Standpunkt der klagenden Partei an, stellte die Parzeibezeichnung der erstbeklagten Partei auf Firma Bauunternehmung C KG im Urteilskopf richtig und wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, daß die Arbeitsgemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes anzusehen sei, der keine Parteifähigkeit zukomme, sodaß sämtliche Gesellschafter belangt hätten werden müssen.

Das Ersturteil wurde dem Beklagtenvertreter, der im bisherigen Verfahren als Prozeßbevollmächtigter der in der Klage bezeichneten beklagten Parteien unter Berufung auf eine Vollmachtserteilung nach § 30 Abs.2 ZPO eingeschritten war, am 1.August 1984 zugestellt. Gegen das Urteil erhob die klagende Partei Berufung, die dem Beklagtenvertreter am 25.September 1984 zugestellt wurde. Am 10. Oktober 1984 gab er namens der Bauunternehmung C KG und der zweitbeklagten Partei eine Berufungsbeantwortung zur Post, wobei er sich wieder nach § 30 Abs.2 ZPO auf die ihm erteilte Bevollmächtigung berief. In der Berufungsbeantwortung bekämpften die Rechtsmittelgegner unter anderem die Richtigstellung der Parteibezeichnung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge und hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Berufungsgericht teilte zwar die Auffassung der Rechtsmittelgegner, daß es sich bei der vom Erstgericht vorgenommenen Richtigstellung der Parteibezeichnung in Wahrheit um eine Parteiänderung handle. Auch hätte das Erstgericht über den Antrag der klagenden Partei auf Richtigstellung der Parteibezeichnung der erstbeklagten Partei durch Beschluß entscheiden müssen. Das den beklagten Parteien gegen diesen in das Urteil aufgenommenen Ausspruch über die Richtigstellung der Parteibezeichnung zur Verfügung stehende Rechtsmittel sei der Rekurs. Die Berufungsbeantwortung könnte zwar durchaus als Rekurs aufgefaßt werden, sie sei jedoch als solcher wegen Ablaufes der 14- tägigen Rekursfrist verspätet, sodaß die Bekämpfung des erstgerichtlichen Ausspruches über die Richtigstellung der Parteibezeichnung unbeachtlich sei. Eine von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit liege nicht vor, weil nach der zutreffenden Auffassung des Erstgerichtes die Klage einem Organ der Bauunternehmung C KG zugestellt und der Beklagtenvertreter auch Prozeßbevollmächtigter dieser Firma sei.

In der Hauptsache vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zur ungeteilten Hand hafteten, wenn bei der Verfolgung des gemeinsamen Zweckes eine deliktische Schädigung der Gesellschaft zuzurechnen sei. Zum Rechtskraftvorbehalt führte die zweite Instanz aus, daß die Rechtsprechung zur Frage der Solidarhaftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes noch nicht gefestigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Rekurs der Bauunternehmung C KG ist zulässig, weil der hier maßgeblichen verfahrensrechtlichen Frage der Wahrung der Rechtsmittelfrist erhebliche Bedeutung iS des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zukommt. Dagegen sind die Rekurse der zweitbeklagten Partei und des Nebenintervenienten unzulässig. Im Mittelbereich bis zu einem Streitwert von S 300.000,-- ist der Oberste Gerichtshof an die Zulässigerklärung des Berufungsgerichtes nicht gebunden, sondern kann den ordentlichen Rekurs mangels der gesetzlichen Voraussetzungen so wie eine Grundsatzrevision zurückweisen (Petrasch, Das neue Revisions(Rekurs)recht in ÖJZ 1983, 203). Die Voraussetzungen für einen Rechtskraftvorbehalt nach § 519 Abs.1 Z.3 und Abs.2 i.V.m.§ 502 Abs.4 Z.1 ZPO sind jedoch, wie noch darzulegen sein wird, nicht gegeben.

Wer als beklagte Partei anzusehen ist, ist an Hand der vom Gesetz geforderten Angaben in der Klage unter Berücksichtigung des gesamten Inhaltes der Klageschrift objektiv zu bestimmen. Dem durch diese Angaben nicht gedeckten Willen der klagenden Partei kommt keine Bedeutung zu. Fehler in der Parteibezeichnung können zwar berichtigt werden. Eine solche Berichtigung darf jedoch nach ständiger Rechtsprechung und Lehre nicht so weit gehen, daß anstelle der bisherigen Partei ein anderes Rechtssubjekt in den Rechtsstreit einbezogen wird (SZ 53/65; GesRZ 1981, 178 u.a.; Fasching LB, Rdz 322). Ein Mangel der Passivlegitimation darf nicht zur Umstellung des Beklagten auf die sachlegitimierte Person führen (Fasching a. a.O. Rdz 323). Daran hat auch die durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 neu geschaffene Bestimmung des § 235 Abs.5 ZPO nichts geändert, weil sie nur die bisherige Lehre und Rechtsprechung festschreibt (Fasching a.a.O. Rdz 322).

Zutreffend hat daher das Gericht zweiter Instanz die vom Erstgericht auf Antrag der klagenden Partei vorgenommene Berichtigung der Parteibezeichnung der erstbeklagten Partei als unzulässige Parteiänderung qualifiziert. Die nach den Angaben im Klagskopf als beklagte Partei bezeichnete C OHG (nunmehr KG) und die Bauunternehmung C KG sind verschiedene Rechtssubjekte. Nach der Klagserzählung sei die im Klagskopf als Beklagte angeführte Firma Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes. Angaben, die zur Bestimmung der beklagten Partei dienlich sein könnten, enthält die Klagserzählung nicht. Es kann daher keine Rede davon sein, daß sich aus dem gesamten Inhalt der Klage eindeutig und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ergebe, daß die nur auf Grund der Angaben im Klagskopf als Beklagte behandelte Partei nicht die nach dem gesamten Klagsinhalt als Beklagte bezeichnete Person gewesen sei (vgl.Fasching a.a.O. Rdz 323). Die vom Erstgericht bewilligte Richtigstellung der Bezeichnung der erstbeklagten Partei führte hier zu einer unzulässigen Einführung eines anderen Rechtssubjektes in den Rechtsstreit mangels Sachlegitimation der von der klagenden Partei in Anspruch genommenen Beklagten und war daher unzulässig. Der zweiten Instanz ist auch darin beizupflichten, daß der Ausspruch über die von der klagenden Partei beantragte Richtigstellung der Parteibezeichnung durch Beschluß zu erfolgen hatte (Fasching a.a.O. Rdz 328). Ein beschlußmäßiger Ausspruch des Erstgerichtes fehlt zwar, doch hat dies auf die Anfechtbarkeit der Entscheidung keinen Einfluß, weil der Fehler des Gerichtes nicht zu Lasten der Parteien gehen darf (vgl.Fasching a.a.O. 1686). Entgegen der Meinung der zweiten Instanz erfolgte jedoch die Anfechtung des im Ersturteil enthaltenen Ausspruches über die Richtigstellung der Parteibezeichnung durch die Bauunternehmung C KG rechtzeitig. Die Entscheidung des Erstgerichtes wäre auch der im Ersturteil erstmals als Partei behandelten Bauunternehmung C KG zuzustellen gewesen. Die Zustellung des Ersturteils an den Beklagtenvertreter konnte nicht auch mit Rechtswirksamkeit für die Firma Bauunternehmung C KG erfolgen. Zwar hat nach § 93 ZPO die Zustellung an den namhaft gemachten Bevollmächtigten zu geschehen. Der Beklagtenvertreter ist jedoch bis zur Einbringung der Berufungsbeantwortung weder als Prozeßbevollmächtigter der Bauunternehmung C KG eingeschritten noch hat er sich auf eine ihm von dieser Firma erteilte Prozeßvollmacht nach § 30 Abs.2 ZPO berufen. Bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Anfechtung des im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes enthaltenen Ausspruches über die Richtigstellung der Parteibezeichnung ist davon auszugehen, daß für die Anfechtung dieses Ausspruches die längere, für den Aufhebungsbeschluß nach § 519 Abs.1 Z 3 ZPO geltende Rechtsmittelfrist wirkt (vgl.JBl.1962, 452; RZ 1982/40; Fasching IV,25). Da auch die unrichtige Benennung des Rechtsmittels nicht schadete (vgl.Fasching LB Rdz 1685), hätte die zweite Instanz die Bekämpfung der erstgerichtlichen Entscheidung über die Richtigstellung der Parteibezeichnung durch die Firma Bauunternehmung C KG in der Berufungsbeantwortung, die insoweit als Rekurs anzusehen ist, nicht als verspätet behandeln dürfen, jedenfalls aber auch formell darüber absprechen müssen. Da das Gericht zweiter Instanz die Frage der Zulässigkeit der Richtigstellung der Parteibezeichnung aber bereits meritorisch behandelte, wäre eine Rückverweisung der Sache an die zweite Instanz eine überflüssige Formalität, sodaß der Oberste Gerichtshof selbst die richtige Entscheidung treffen kann (vgl.JBl. 1975, 549). Demgemäß ist der Antrag der klagenden Partei auf Richtigstellung der Bezeichnung der erstbeklagten Partei auf Bauunternehmung C KG abzuweisen. Das Ersturteil und der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes sind, soweit sie die Bauunternehmung C KG betreffen, als nichtig aufzuheben.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht der klagenden Partei an die Firma Bauunternehmung C KG gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Da die Bauunternehmung C KG und die zweitbeklagte Partei - ab der Einbringung der Berufungsbeantwortung - durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten vertreten waren, waren der Bauunternehmung C KG nur die halben Kosten des Rechtsmittelverfahrens zuzusprechen. Die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes über die Solidarhaftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes im Deliktsbereich entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 54/119; SZ 52/109; 8 Ob 565,566/84). Eine Solidarhaftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes besteht jedoch nach Lehre und ständiger Rechtsprechung auch im vertraglichen Bereich gemäß § 1203 letzter Satz ABGB bei Handelsleuten. Unter Handelsleuten sind Kaufleute und Handelsgesellschaften zu verstehen (EvBl.1972, 143; JBl.1969,556; Strasser in Rummel ABGB Rdz 5 zu § 1203; Welser, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes als Gläubiger und Schuldner in GesRZ 1978, 143 m. w.N.). Bei den Gesellschaftern der vorliegenden Arbeitsgemeinschaft handelt es sich durchwegs um Handelsgesellschaften. Auch die zweitbeklagte Partei, deren Haftung sich aus ihrer Stellung als persönlich haftender Gesellschafter der Bauunternehmung C KG ergibt, ist eine Handelsgesellschaft. Demgemäß ist der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zurückzuweisen.

Da die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der Rekurse nicht hingewiesen hat, konnte ihre Rekursbeantwortung einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht dienlich sein. Sie hat daher keinen Anspruch auf Kostenersatz (§§ 40, 41 und 50 ZPO).

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