OGH 6Ob9/85

OGH6Ob9/8525.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Handelsregistersache der prot. Firma 'AVANTI' Mineralölhandels-Gesellschaft m.b.H., Wien, infolge Rekurses des Ing. Hannes A, Geschäftsführer, Wien 1., Schwedenplatz 2, vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 24. September 1984, GZ 5 R 27,49/84- 77, womit der Rekurs des Rekurswerbers gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9. Jänner 1984, GZ 7 HRB 29.157-69, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der im übrigen als unangefochten unberührt bleibt, wird insoweit, als der Rekurs des Rechtsmittelwerbers gegen Punkt 4.) des Beschlusses des Erstgerichtes vom 9. Jänner 1984, ON 69, zurückgewiesen wurde, aufgehoben. In diesem Umfang wird die Registersache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverwiesen.

Text

Begründung

Im Handelsregister des Erstgerichtes ist die 'AVANTI' Mineralölhandels-Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Wien eingetragen. Als je selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer sind im Handelsregister Ing. Hannes A und Hans B eingetragen. Letzterer ist am 4. November 1980 verstorben.

Mit Schriftsatz vom 8. September 1983, ON 63, legte Ing. Hannes A als Geschäftsführer der C eine 'die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse ausweisende Gesellschafterliste' der Gesellschaft vom 8. September 1983 vor, in der er als alleiniger Gesellschafter der Gesellschaft angeführt wird. Er brachte dazu vor, er habe mit notariellem Abtretungsvertrag vom 19. November 1976 einen Teil seines Geschäftsanteiles an Hans B abgetreten, der aber den vereinbarten Abtretungspreis nicht bezahlt habe. Er habe daher der Verlassenschaft zum Zwecke der Zahlung eine Nachfrist bis 20. März 1983

gesetzt und gleichzeitig für den Fall der Nichtbezahlung den Rücktritt vom genannten Abtretungsvertrag erklärt. Mangels Zahlung sei der Abtretungsvertrag infolge dieser Rücktrittserklärung unwirksam, weshalb Ing. Hannes A alleiniger Gesellschafter der Gesellschaft sei.

Das Erstgericht sprach im Punkt 4) seines Beschlusses vom 9. Jänner 1984, ON 69, dessen Punkte 1) bis 3) für die vorliegende Entscheidung nicht von Bedeutung sind, aus, daß die vom Geschäftsführer Ing. Hannes A am 9. September 1983 vorgelegte Gesellschafterliste nicht zur Kenntnis genommen wird. Zur Begründung führte es aus, daß Ing. Hannes A die Gesellschafterliste, die im übrigen im Gegensatz zu der letzten vorgelegten Gesellschafterliste beziehungsweise Meldung gemäß § 26 GmbHG stehe, allein gezeichnet habe, obwohl er nach dem derzeitgen Stande nur kollektiv vertretungsbefugt sei.

Den (auch) gegen diesen Beschlußpunkt erhobenen Rekurs des Ing. Hannes A wies das Rekursgericht mit dem nun angefochtenen Beschluß mit der Begründung zurück, dem Geschäftsführer einer Gesellschaft m. b.H. stehe nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 3. November 1983, 6 Ob 15/83, in Handelsregistersachen grundsätzlich keine Parteistellung und dem Geschäftsführer Ing. Hannes A im konkreten Fall (auch) gegen die am 4. Jänner 1983 ausgestellte Amtsbestätigung kein Rekursrecht zu. Schon mangels Rekursrechtes des Geschäftsführers Ing. Hannes A sei daher sein Rekurs als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Beschluß, soweit damit der Rekurs gegen Punkt 4) des erstgerichtlichen Beschlusses vom 9. Jänner 1984, ON 69, zurückgewiesen wurde, richtet sich der Rekurs des Ing. Hannes A.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.

Gemäß Art. 9 Abs 1 der 4. Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften in Österreich, DRGBl. I, S. 1999 sind im Handelsregisterverfahren die Bestimmungen der §§ 9 ff. AußStrG anzuwenden. Die im Sinne des § 9

AußStrG geforderte Beschwer ist im Falle der Zurückweisung eines Rechtsmittels durch die zweite Instanz wegen fehlender Rechtsmittellegitimation für den dagegen erhobenen Rekurs schon dann gegeben, wenn der Rechtsmittelwerber eine solche Rechtsmittellegitimation behauptet, weil in einem solchen Fall die für das Beschwerderecht und die sachliche überprüfung der zweitinstanzlichen Entscheidung maßgeblichen Tatsachen dieselben sind. Das Rechtsmittelgericht hat in einem solchen Fall, wenn nicht ein vom gebrauchten Zurückweisungsgrund der zweiten Instanz verschiedener Grund zur Zurückweisung des nunmehrigen Rechtsmittels vorliegt, was hier nicht gegeben ist, in die Prüfung der Frage einzugehen und zu entscheiden, ob das nunmehrige Rechtsmittel berechtigt ist oder nicht (vgl. EvBl 1974/300, S. 663; GesRZ 1984, 219; 6 Ob 629/84 u.a.).

Der Rechtsmittelwerber führt in dem somit zulässigen Rechtsmittel zu Recht aus, der Oberste Gerichtshof habe in der in dieser Registersache ergangenen und vom Rekursgericht zitierten Entscheidung 6 Ob 15/83 (= GesRZ 1984, 219) die Rechtsmittellegitimation des Geschäftsführers einer Gesellschaft m. b.H.

nicht generell verneint. Bei dem der genannten Entscheidung zugrundegelegenen Sachverhalt genügte es auszusprechen, daß grundsätzlich, also in der Regel, der Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. bei Handelsregistersachen in Angelegenheiten der außerstreitigen Handelsgerichtsbarkeit keine Parteistellung hat, und konnte offengelassen werden, wie die Frage der Rechtsmittellegitimation in jenen Fällen zu beurteilen ist, in welchen den Geschäftsführer persönlich bestimmte Verpflichtungen treffen oder ihm persönliche Rechte eingeräumt sind. Auch im vorliegenden Fall ist nicht im allgemeinen darüber abzusprechen, in welchen Fällen dem Geschäftsführer eine Rechtsmittellegitimation zukommt oder nicht, sondern nur darüber, ob dem Rechtsmittelwerber in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer gegen die Entscheidung des Erstgerichtes, mit welchem die von ihm vorgelegte Gesellschafterliste 'nicht zur Kenntnis genommen wurde', ein Rechtsmittelrecht zusteht.

Die Entscheidung dieser Frage hängt davon ab, ob der Rechtsmittelwerber durch die von ihm angefochtene Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne des § 9 AußStrG beschwert ist, was dann der Fall ist, wenn in seine rechtlich geschützte Rechtssphäre eingegriffen wurde (SZ 49/90; SZ 50/41 u.a.). Eine solche Beeinträchtigung ist hier aufgrund folgender Erwägungen zu bejahen:

Gemäß § 26 Abs 1 GmbHG sind die Geschäftsführer verpflichtet, ein Verzeichnis der Gesellschaft zu führen. Nach Abs 3 dieser Bestimmung ist auf Grund des Anteilbuches alljährlich im Monat Jänner eine von den Geschäftsführern unterzeichnete Liste der Gesellschafter mit Angabe der Stammeinlagen eines jeden Gesellschafters und der hierauf geleisteten Einzahlung sowie allfälliger Zurückzahlungen dem Handelsgerichte einzureichen. Für die Richtigkeit der Angaben im Anteilbuch, der Liste und der Erklärung haften gemäß Abs 4 der genannten Bestimmung die Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft nach Maßgabe der Abs 4 bis 6 des § 10 GmbHG. Gemäß § 122 Z 2 GmbHG begeht unter anderem der Geschäftsführer eine gerichtlich strafbare Handlung, wenn er in dem gemäß § 26 zu führenden Anteilbuch oder in der auf Grund des Anteilbuches dem Handelsgericht vorzulegenden Liste vorsätzlich eine zur Täuschung über den Vermögensstand einer Gesellschaft m.b.H. geeignete falsche Anzeige macht. Die Einreichung dieser Listen kann das Registergericht durch Strafen im Sinne des § 14 HGB gegenüber den Geschäftsführern und nicht gegenüber der Gesellschaft erzwingen (vgl. Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbHG-Recht, 785; Scholz, GmbHG 6 , Rdn 9 zu § 40). Auf Grund dieser Rechtslage erscheint es richtig, die Vorlage der Gesellschafterliste im Sinne des § 26 Abs 3 GmbHG als eine Pflicht der Geschäftsführer anzusehen. Wenn aber eine die Geschäftsführer persönlich treffende Pflicht hiezu besteht, dann ist ein Geschäftsführer, der eine Gesellschafterliste vorlegt, durch die Entscheidung des Registergerichtes, diese nicht zur Kenntnis zu nehmen, in seiner Rechtssphäre betroffen, zumal sich aus dieser Entscheidung ebenso wie aus einer Zurückweisung einer von ihm vorgelegten Liste die Notwendigkeit einer weiteren Einreichung einer Liste ergibt, um der Vorschrift des § 26 Abs 3 HGB zu entsprechen und die Anwendung von Zwangsmitteln zu vermeiden.

Damit ist aber klargestellt, daß in einem solchen Fall der Geschäftsführer im Sinne des § 9 AußStrG beschwert ist und ihm daher eine Rechtsmittellegitimation zusteht. Ohne daß auf die weiteren Ausführungen des Rechtsmittelwerbers einzugehen war, war der angefochtene Zurückweisungsbeschluß daher aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

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