OGH 3Ob140/84

OGH3Ob140/8416.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred S*****, vertreten durch Dr. Helmut Cronenberg, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Berta S*****, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (Streitwert 19.800 S sA), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 12. Oktober 1984, GZ 4 R 398, 406/84-9, womit die Rekurse gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Feldbach vom 13. Juni 1984, GZ 4 C 3/84-2, und vom 31. August 1984, GZ 4 C 3/84-6, zurückgewiesen wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

In Punkt 4) des am 21. 4. 1983 vor dem Bezirksgericht Feldbach abgeschlossenen Vergleichs, F 5/82-12, verpflichtete sich der Kläger (in jenem Verfahren Antragsgegner), der Beklagten (die in jenem Verfahren Antragstellerin war) ab 1. 7. 1983 anstelle einer bis dahin bezahlten Benützungsentschädigung (die Parteien sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft, auf der der Kläger einen Kfz-Betrieb betreibt) von 5.000 S zuzüglich Mehrwertsteuer eine Benützungsentschädigung von 9.000 S zuzüglich der jeweils gesetzlichen Mehrwertsteuer zu bezahlen, fällig jeweils am Ersten eines jeden Monats bei fünftägigem Respiro.

Mit Beschluss vom 10. 5. 1984, E 112/84, bewilligte das Erstgericht der Beklagten aufgrund dieses Vergleichs zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 19.800 S sA (rückständiges Benützungsentgelt) die Fahrnisexekution gegen den Kläger.

Mit der am 12. 6. 1984 eingelangte Klage gemäß § 35 EO stellte der Kläger das Begehren, diese Exekution sei unzulässig. Er beantragte die Aufschiebung der Exekution bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits und weiters, nach Rechtskraft des über sein Begehren ergehenden Urteils das Exekutionsverfahren einzustellen und der betreibenden Partei gemäß § 75 EO den Anspruch auf Ersatz der im Exekutionsverfahren zugesprochenen Kosten abzuerkennen. Der Kläger machte geltend, es bestünden Forderungen seiner Eltern gegen die Beklagte, die ihm im März 1984 abgetreten worden seien. Die Beklagte sei von der Abtretung verständigt worden. Im Hinblick auf diese Zession habe der Kläger die Kompensation seines Anspruchs mit der vollstreckbaren Forderung der Beklagten erklärt. Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der in den Monaten April und Mai 1984 fällig gewordenen Benützungsentgelte (des betriebenen Anspruchs) sei damit erloschen.

Nach Anschluss der Akten F 5/82 und E 112/84 wies das Erstgericht mit Beschluss vom 13. 6. 1984, ON 2, sowohl die Klage als auch die genannten Anträge ab, weil der Kläger Tatsachen geltend mache, die schon im Verfahren F 5/82 Berücksichtigung hätten finden können.

Der Kläger erhob gegen diesen Beschluss Rekurs (ON 3) und beantragte, ihm aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit Beschluss vom 31. 8. 1984 wies das Erstgericht auch diesen Antrag ab. Das Verfahren E 112/84 sei mit Beschluss vom 31. 8. 1984 wegen geleisteter Zahlung gemäß den §§ 39 Abs 1 Z 6, 40 EO eingestellt worden. Ein Antrag, dem Rekurs ON 3 aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, sei daher „nicht erforderlich“ (ON 6).

Der Kläger erhob auch gegen den Beschluss ON 6 Rekurs (ON 7).

Das Rekursgericht wies beide Rechtsmittel zurück und sprach aus, dass ihre Kosten der Rechtsmittelwerber selbst zu tragen habe. Der Kläger habe bereits am 7. 8. 1984 die gesamte betriebene Forderung samt Anhang bezahlt, sodass die Exekution gemäß den §§ 39 Abs 1 Z 6 und 40 EO eingestellt worden sei. Durch die Exekutionseinstellung sei jede Beschwer des Rechtsmittelwerbers weggefallen. die Frage, ob der Beschluss des Erstgerichts ON 2 zumindest teilweise inhaltlich ein Urteil darstelle und daher mit Berufung anzufechten gewesen wäre, könne daher dahingestellt bleiben.

Der Kläger bekämpft den Beschluss der zweiten Instanz mit Rekurs. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels sei „in erster Linie“ gemäß § 519 ZPO gegeben. Die Entscheidung des Erstgerichts hätte in Urteilsform ergehen müssen; das gegen sei gerichtete Rechtsmittel stelle in Wahrheit eine Berufung dar, sodass die zweite Instanz als Berufungsgericht tätig geworden sei. Die Rechtsmittelbeschwer sei entgegen der Ansicht der zweiten Instanz durch die Einstellung des Exekutionsverfahrens nicht weggefallen, weil die Oppositionsklage vor der Einstellung des Exekutionsverfahrens eingebracht worden sei. Darüber hinaus sei der Klageanspruch durch die Einstellung des Exekutionsverfahrens nicht gänzlich erledigt worden, weil der Anspruch des Klägers auf Kostenersatz „vorbehalten“ geblieben sei. Der Kläger habe nach Einstellung der Exekution das Recht, den Klageanspruch auf Kostenersatz einzuschränken. Im Falle eines Ausspruchs, dass der Klageanspruch berechtigt gewesen sei, hätte der Kläger darüber hinaus Anspruch auf Entscheidung nach § 75 EO gehabt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht zulässig.

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist das Vorhandensein eines Rechtschutzinteresses, der sogenannten Beschwer, die auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein muss (MietSlg 35.860 uva, Heller-Berger-Stix 648 f). Im vorliegenden Fall wurde die Anlassexekution nach der Entscheidung des Erstgerichts ON 2, aber noch vor jener des Rekursgerichts gemäß § 39 Abs 1 Z 6, § 40 EO eingestellt, weil die Beklagte (als die betreibende Gläubigerin) befriedigt wurde. Bei Beendigung der Exekution durch exekutive Befriedigung des Gläubigers aber fällt das Rechtschutzinteresse des Oppositionsklägers in der Regel weg (Heller-Berger-Stix 412, SZ 48/99; RZ 1974/19). Eine Ausnahme von dieser Regel, wie etwa im Sonderfall einer unter Anwendung des § 6 Abs 3 LohnpfG bewilligten Exekution zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands und künftiger Unterhaltsbeträge (RZ 1974/19) oder im Fall der Behauptung, der Unterhaltsanspruch sei wegen generellen Wegfalls der Unterhaltspflicht als solcher (und nicht etwa bloß einzelner Fälligkeiten aus dem einen oder anderen Erlöschensgrund wie Bezahlung usw) erloschen (SZ 48/99), liegt hier nicht vor; der Kläger behauptet nicht den generellen Wegfall seiner Zahlungsverpflichtung, sondern nur das Erlöschen einzelner Fälligkeiten durch die Vornahme einer Aufrechnung mit Gegenforderungen.

Das Interesse an der Abänderung der Kostenentscheidung der zweiten Instanz reicht nach ständiger Rechtsprechung zur Annahme der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht aus, zumal eine derartige Kostenentscheidung für sich allein gemäß § 529 Abs 1 Z 2 ZPO, § 78 EO gar nicht angefochten werden kann (Heller-Berger-Stix 648, SZ 51/153 ua).

Teilweise widersprechende Ansichten gibt es zur Frage, ob wegen einer Belastung durch den Kostenausspruch der ersten Instanz ein rechtliches Interesse für ein Rechtsmittel an die zweite Instanz besteht, sodass diese das Rechtsmittel ungeachtet des Wegfalls der Beschwer in der Hauptsache sachlich zu erledigen hätte (vgl JBl 1977, 650 und 3 Ob 114/84), da eine Rekursbeschränkung wie jene nach § 528 Abs 1 Z 2 ZPO für die zweite Instanz nicht besteht.

Eine Kostenentscheidung des Erstgerichts aber ist gar nicht vorhanden. Wollte man jedoch den Standpunkt vertreten, der die Klage aus sachlichen Gründen abweisende Beschluss des Erstgerichts enthalte auch eine formelle Entscheidung über den Kostenpunkt (vgl SZ 6/132), ist nicht zu übersehen, dass die - gar nicht verzeichneten - Kosten der Klage, die allein Gegenstand der Kostenentscheidung hätten sein können, den Betrag von 15.000 S keinesfalls übersteigen, sodass der Rekursausschluss nach § 528 Abs 1 Z 5 ZPO - er gilt auch für Formalentscheidungen der zweiten Instanz (SZ 20/95 ua) - gegeben wäre.

Die Zulässigkeit des gegenständlichen Rechtsmittels kann daher auch nicht aus einem Interesse des Klägers an der Beseitigung einer Kostenentscheidung der Vorinstanzen abgeleitet werden.

Der Rekurs war daher zurückzuweisen.

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