European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0030OB00133.840.1212.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Im Lastenblatt der zwangsversteigerten Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde ***** ist unter OZ 1 aufgrund der Schuld‑ und Pfandbestellungsurkunde vom 20. August 1970 ... das Pfandrecht für die Darlehensforderung der zweitbetreibenden Partei von 7 Mio S samt 8 ½ % Zinsen, 12 % Verzugs‑ und Zinseszinsen und eine Nebengebührenkaution von 1.400.000 S einverleibt.
Im selben Lastenblatt ist unter OZ 2 aufgrund des Kreditvertrags und der Pfandbestellungsurkunde vom 28. 1./1. 2. 1972 ... das Pfandrecht für einen Höchstbetrag von 4.200.000 S zur Sicherstellung aller aus gewährtem Kredit herrührenden Forderungen und Ansprüche zugunsten derselben Pfandgläubigerin einverleibt, zu deren Gunsten unter COZ 3 beim Pfandrecht COZ 1 die Löschungsverpflichtung nach § 469a ABGB angemerkt ist.
Mit erstgerichtlichem Beschluss vom 6. August 1982, ON 8, wurde der zweitbetreibenden Partei aufgrund des vollstreckbaren Notariatsaktes des öffentlichen Notars Peter Peyrer‑Heimstätt in Radstadt vom 9. 7. 1982, GZ 1499, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 364.564,74 S und 3.747.536,93 S je samt 8,5 % Zinsen sowie 12 % Verzugszinsen seit 1. 7. 1982 und der Kosten unter anderem die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde ***** bewilligt.
In diesem Notariatsakt heißt es unter anderem:
„Gleichzeitig bezeugt Herr Georg ***** S***** namens der H***** AG, ... dass aus den genannten Verträgen nachstehende Salden zu Lasten der Schuldnerin zum ... 30. Juni 1982 offen sind, und zwar aus Schuld‑ und Pfandbestellungsurkunde vom ... 20. August 1970 ... 364.564,74 S ... und erteilt namens der H***** AG ... seine ausdrückliche Zustimmung, dass die oben genannten Privaturkunden in Ansehung der oben festgestellten Salden zum ... 30. Juni 1982 einschließlich der ab diesem Zeitpunkt fällig werdenden Zinsen sowie der sonstigen in diesen Urkunden festgestellten Nebengebühren im Sinn der ... §§ 3 und 3a der Notariatsordnung sofort vollstreckbar sein sollen, sodass die Gläubigerin zur sofortigen Exekutionsführung berechtigt ist. Gleichzeitig bewilligt Herr Georg ***** S***** namens der H***** AG, dass bei der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** bei den Pfandrechten für die Darlehensforderung des R***** ... von ... 7 Millionen Schilling ... samt Anhang, COZ 1, ... die Vollstreckbarkeit angemerkt werde.“
Die zwangsversteigerten Liegenschaften EZ ***** und ***** je Katastralgemeinde ***** wurden der B***** Gesellschaft mbH am 13. 4. 1984 um das gemeinsame Meistbot von 23.200.000 S zugeschlagen (ON 58, 59).
Die zweitbetreibende Partei hatte vor dem Versteigerungstermin mitgeteilt, dass sie auf Barzahlung ihrer bücherlich sichergestellten Forderungen bestehe und diese zur Verteilungstagsatzung der Höhe nach bekanntgeben werde (ON 57).
Vor der für 10. 7. 1984 anberaumten Verteilungstagsatzung meldete die zweitbetreibende Partei
1. aufgrund des Pfandrechts COZ 1 an
restlichem Kapital samt Nebengebühren und
Kosten per 30. 6. 1984 laut Konto 379305 993.059,18 S
und die Kosten der Veteilungstagsatzung
2. aufgrund des Pfandrechts COZ 2 die per
30. 6. 1984 mit 4.860.272,93 S aushaftende
Forderung laut Konto 461335 an.
Zum Beweis berief sie sich auf das Grundbuch und die Ablichtungen ihrer zitierten Kontoauszüge vom 30. 6.1984. Nach dem Kontoauszug 379305 erfolgten zum „alten“ Kontostand von 965.674,18 S. Lastschriften von insgesamt 27.385 S, und zwar 10,75 % Zinsen von 19.234 S, Verzugszinsen von 8.042 S und Spesen von 109 S (ON 67).
In der Verteilungstagsatzung am 10. 7. 1984 meldete die zweitbetreibende Partei zur Masse I (EZ ***** Katastralgemeinde *****) in der bücherlichen Randordnung wie in der schriftlichen Anmeldung an und verwies auf die schon mit ON 67 vorgelegten Kontoauszüge.
Die erstbetreibende Partei erhob gegen die aufgrund des Pfandrechts COZ 1 angemeldete Forderung Widerspruch. Nach einem Schreiben des Vertreters der zweitbetreibenden Partei an den Würzburger Rechtsanwalt Franz P***** vom 20. 7. 1981 habe die Forderung der zweitbetreibenden Partei auf dem Konto 379305 per 30. 6. 1981 restliche 12.219,74 S betragen und könne sich seither nicht auf den angemeldeten Betrag von 993.059,18 S erhöht haben. Die Anmeldung entspreche auch nicht § 210 EO. Aufgrund des zitierten Notariatsakts sei die Darlehensforderung aus der Schuld‑ und Pfandbestellungsurkunde erloschen, da die nachträgliche Vollstreckbarkeitserklärung eines Darlehens bzw des dafür einverleibten Pfandrechts mit Schuldanerkenntnis nach den Bestimmungen der Notariatsordnung wie ein gerichtlicher Vergleich zu werten sei. Weiters verwies die Widerspruchswerberin auf die zugunsten ihres Pfandrechts eingetragene Löschungsverpflichtung (ON 71).
Das Erstgericht wies I. aus dem auf die Masse I entfallenden Teil des Meistbotskapitals von 23.354.446 S B in der bücherlichen Rangordnung
1. der zweitbetreibenden Partei
im Rang COZ 2 4.200.000 S,
2. der erstbetreibenden Partei im Rang COZ 5 den Rest von 18.823.912,12 S
zu; II. aus dem Zinsenzuwachs wies es von den Meistbotszinsen 2. der zweitbetreibenden Partei 20.968,76 S,
3. der erstbetreibenden Partei 93.397,43 S zu.
In Stattgebung des Widerspruchs der erstbetreibenden Partei gegen die Berücksichtigung der von der zweitbetreibenden Partei angemeldeten Forderung von 993.059,18 S wies es diese Forderung aus der Verteilungsmasse nicht zu und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die zweitbetreibende Partei die angemeldete Forderung hätte aufgliedern müssen. Die nicht wirksam angemeldete Forderung sei nicht zuzuweisen gewesen (ON 72).
Am Tag nach der Verteilungstagsatzung (11. 7. 1984) gab die zweitbetreibende Partei den als „dringende Mitteilung und Antrag“ bezeichneten Schriftsatz ON 73 zur Post, der am 12. 7. 1984 beim Erstgericht einlangte. Darin führte sie unter anderem aus, dass sich die angemeldete Forderung von 993.059,18 S zum 10. 7. 1984 wie folgt zusammengesetzt habe:
a) restliche Hauptsache aus dem Darlehen per 30. Juni 1980 11.188,74 S
b) Zinsen, Verzugs‑ und Zinseszinsen,
Spesen per 30. 6. 1984 145.533,99 S
c) Kosten Dr. Z*****s laut
Note vom 30. Juni 1984 443,158,56 S
d) Kosten Dr. Z*****s laut Note
vom 3. Mai 1984 341.377,89 S
e) Kosten Dr. P*****s 37.800 S
f) Gebühr „für Eintragung W***** S*****“
14.000 S.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Gericht zweiter Instanz dem auf Zuweisung von 993.059,18 S zuzüglich der Kosten der Beteiligung der zweitbetreibenden Partei an der Verteilungstagsatzung unmittelbar vor der ihr zugewiesenen Forderung von 4.200.000 S, allenfalls auf Aufhebung zwecks neuerlicher Beschlussfassung gerichteten Rekurs der zweitbetreibenden Partei nicht Folge. Die im Rang COZ 1 vorgenommene Forderungsanmeldung habe nicht alle zur Überprüfung des Anspruchs erforderlichen Angaben enthalten und sei daher nicht zu berücksichtigen gewesen. Auf die erst nach der Verteilungstagsatzung versuchte Beseitigung der Mängel der Anmeldung sei nicht mehr Bedacht zu nehmen. Auch eine amtswegige Zuweisung sei nicht vorzunehmen gewesen. Da aus der mangelhaften Forderungsanmeldung keine konkreten strittigen Tatumstände hervorgekommen seien, sei die Widerspruchswerberin auch nicht auf den Rechtsweg zu verweisen gewesen.
Gegen den Beschluss der zweiten Instanz richte sich der Revisionsrekurs der zweitbetreibenden Partei mit den Anträgen, die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinn einer Zuweisung des angemeldeten Betrags abzuändern, allenfalls den angefochtenen Beschluss zwecks neuerlicher Entscheidung durch eine der Vorinstanzen aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist nicht zulässig.
§ 239 Abs 3 EO, der auch gegen bestätigende Entscheidungen über Rekurse, die wider den Verteilungsbeschluss erhoben werden, einen weiteren Rekurs zulässt, macht nach § 78 EO nur den in der allgemeinen Bestimmung des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO enthaltenen Rechtsmittelausschluss unanwendbar. Die Z 2 bis 5 der letztgenannten Gesetzesstelle und deren Abs 2 sind daher nach § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwenden (Heller‑Berger‑Stix I 666, 669; II 1606: Fasching IV 456; SZ 16/34; SZ 24/30; SZ 53/90 und 118; JBl 1984, 94 ua).
Daher sind Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz über einen 15.000 S an Geld oder Geldeswert nicht übersteigenden Beschwerdegegenstand oder Teil des Beschwerdegegenstands auch dann nach § 78 EO und § 528 Abs 1 Z 5 ZPO unzulässig, wenn über einen Rekurs gegen einen Verteilungsbeschluss entschieden wurde.
Bei der Wertberechnung des Beschwerdegegenstands im Sinn der zuletzt zitierten Gesetzesstelle bleiben in Berücksichtigung der Grundsätze des § 54 Abs 2 JN die Nebengebühren unberücksichtigt (Heller‑Berger‑Stix I 668; Fasching IV 467; SZ 20/202; EvBl 1970/24; RpflSlgE 1973/157; JBl 1984, 94 ua), wobei die Höhe derartiger Nebengebühren im Einzelfall ohne Belang ist (3 Ob 80/82; 3 Ob 188/83; einschließlich der Kosten, die hier betragsmäßig den Hauptanteil ausmachen, vgl auch SZ 53/90 und 53/118).
Zu der im Anschluss an die Veröffentlichung der Entscheidung JBl 1984, 94 geübten Kritik Hoyers an der Heranziehung der Grundsätze des § 54 Abs 2 JN sei bemerkt, dass der erkennende Senat in der Berücksichtigung der Grundsätze der zitierten Gesetzesstelle bei der Prüfung der Frage, wie hoch der Beschwerdegegenstand im Sinne des nach § 78 EU anzuwendenden § 528 Abs 1 Z 5 ZPO ist, keinen Wertungswiderspruch zu erblicken vermag. Dass der Streitwert und der Wert des Beschwerdegegenstands durch Zinsen und sonstige Nebengebühren nicht „erhöht“ wird, lässt sich sowohl im Rechtsstreit als auch für das Verteilungsverfahren rechtfertigen. Einen Hinweis darauf, dass die Grundsätze der zitierten Gesetzesstelle auch im Exekutionsverfahren gelten, bietet § 54 Abs 1 Z 2 EO, wonach es zur bestimmten Angabe des betriebenen Anspruchs im Exekutionsantrag bei Geldforderungen – vorbehaltlich des § 10a EO – erforderlich ist, den Betrag, der im Exekutionswege eingebracht werden soll, sowie die beanspruchten Nebengebühren anzugeben. Nach § 528 Abs 1 Z 5 ZPO ist nicht der in erster Instanz zur Entscheidung gelangende Streitgegenstand, sondern der an die dritte Instanz herangetragene Beschwerdegegenstand maßgebend. Wenn daher in einem Rechtsstreit oder Exekutionsverfahren Hauptsache und Nebengebühren den Streitgegenstand oder betriebenen Anspruch bilden – anders ist es nur, wenn von vornherein nur Zinsen oder Kosten eingeklagt oder betrieben und daher zu einem selbständigen Hauptanspruch wurden (vgl SZ 47/150 ua) –, dann wird auch in dem Fall, als nur mehr die Entscheidung über Nebengebühren an die dritte Instanz herangetragen wird, die Wertgrenze des § 528 Abs 1 Z 5 ZPO nicht erreicht. Es ist nämlich nicht einzusehen, weshalb das Rechtsmittel bei Herantragen eines die Wertgrenze nicht erreichenden Kapitalbetrags zuzüglich Nebenforderungen (in beliebiger Höhe) unzulässig, bei Herantragen bloßer Nebenforderungen aber zulässig sein sollte, auch wenn diese für sich allein die Wertgrenze übersteigen. Es besteht daher kein Anlass, von der bisher herrschenden Auffassung abzugehen, dass auch bei der Beurteilung, ob der Beschwerdegegenstand die im § 528 Abs 1 Z 5 ZPO genannte Wertgrenze übersteigt, Nebengebühren nicht zu berücksichtigen sind (vgl 3 Ob 189/83).
Wie sich auch aus den Darlegungen der zweitbetreibenden Partei im Schriftsatz ON 73 ergibt, ist in der aufgrund des Pfandrechts COZ 1 angemeldeten Forderung nur ein Kapitalrest von 11.188,74 S enthalten, während es sich bei den übrigen Bestandteilen der angemeldeten Forderungen ausschließlich um Nebengebühren handelt, die bei der Wertberechnung des Beschwerdegegenstands – wie oben ausgeführt – unberücksichtigt bleiben.
Demnach richtet sich der Revisionsrekurs gegen eine Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz über einen 15.000 S an Geld nicht übersteigenden Beschwerdegegenstand bzw Teil des Beschwerdegegenstands.
Der nach § 78 EO und § 528 Abs 1 Z 5 ZPO unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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