OGH 1Ob21/84

OGH1Ob21/8419.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dr. Otto T*****, vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die Antragsgegnerin Marianne T*****, vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Festsetzung eines Benützungsentgelts infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 8. Juni 1984, GZ 1 R 209/84-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 8. Februar 1984, GZ 16 Nc 1/84-3, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Antrag auf Festsetzung eines von der Antragsgegnerin jährlich zu entrichtenden Benützungsentgelts von 15.000 S abgewiesen wird.

Text

Begründung

Der Antragsteller begehrt die Festsetzung eines von der Antragsgegnerin jährlich zu entrichtenden Benützungsentgelts von 15.000 S. Beide seien je zur Hälfte „Eigentümer" von Fischereirechten an den Grundstücken ***** und ***** je KG M*****, die im Fischereikataster der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt unter der Nummer ***** eingetragen seien. Der Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin habe mit Ingrid S***** im Jahre 1964 eine Vereinbarung getroffen, mit welcher er ihr die alleinige Benützung von etwa 1.000 m2 Seefläche der beiden Grundstücke für einen Badesteg mit Bootshaus, einen Seepavillon und eine Ladungsbrücke angrenzend an die Liegenschaften EZ ***** je KG M***** und für das Fischen durch die Gäste ihres Hotels gegen Überlassung der ausschließlichen Benützung eines Seeufergrundstreifens der Ingrid S***** nordöstlich seines Hotels eingeräumt habe. Diese „bis auf Widerruf" getroffene Vereinbarung sei bisher nicht widerrufen worden. Zwischen den Parteien gebe es keine Vereinbarung über die „Nutzung der Aufteilung der Erträge" der von Ingrid S***** in Anspruch genommenen Seefläche. Der Nutzungswert einer 1.000 m2 großen Seefläche bzw eines Seeufergrundstreifens sei mit jährlich 30.000 S anzusetzen, so dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein Benützungsentgelt von jährlich 15.000 S zu entrichten habe.

Die Antragsgegnerin beantragte die Zurückweisung des Antrags, weil die Rechtsvorgängerin des Antragstellers die Vereinbarung mit Ingrid S***** gemeinsam mit dem Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin getroffen habe und der Antragsteller an diese daher gebunden sei. Überdies sei die Benützungsregelung gemäß § 69 Kärntner FischereiG 1951 den Verwaltungsbehörden vorbehalten.

Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Gemäß § 69 Kärntner FischereiG 1951 falle die beantragte Benützungsregelung in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden. Da der Antragsteller an die Vereinbarung des Rechtsvorgängers der Antragsgegnerin mit Ingrid S***** gebunden sei, stehe diese Abmachung einer gerichtlichen Benützungsregelung entgegen.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Gemäß § 2 Abs 3 Kärntner FischereiG 1951 seien zur Entscheidung über den Erwerb und Besitz von Fischereirechten die ordentlichen Gerichte zuständig. Dass den Parteien das Fischereirecht an beiden Grundstücken zustehe, sei nicht strittig. Ob der Rechtsweg zulässig sei, bestimme die Natur des geltend gemachten Anspruchs. Da der Anspruch auf einen Privatrechtstitel gestützt werde, sei die Zuständigkeit der Gerichte zu bejahen. Es sei zwar übereinstimmend vorgebracht worden, dass der Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin eine Benützungsvereinbarung mit Ingrid S***** getroffen habe, doch sei dem Vorbringen nicht zu entnehmen, ob die Antragsgegnerin Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolgerin sei. Dass die Rechtsvorgängerin des Antragstellers an diese Vereinbarung gebunden sei, habe nur die Antragsgegnerin behauptet; selbst aus ihrem Vorbringen sei aber nicht erkennbar, ob der Antragsteller Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger sei. Eine Benützungsvereinbarung zwischen Miteigentümern sei ein Dauerschuldverhältnis, an welches der Einzelrechtsnachfolger eines Vertragsteils nur bei ausdrücklicher oder stillschweigender Unterwerfung oder Überbindung gebunden sei. Eine Benützungsregelung sei nur zulässig, wenn keine beide Teile bindende Vereinbarung entgegenstehe. Auch die Festsetzung eines Benützungsentgelts sei eine solche Benützungsregelung, für die der Außerstreitrichter nur zuständig sei, wenn keine bindende Vereinbarung vorliege. Ob das zutreffe, werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu klären haben.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Antragsgegnerin erhobene Revisionsrekurs ist zulässig (JB 203 ua) und im Ergebnis auch berechtigt. Für die Frage der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte sind ausschließlich die Behauptungen im Antrag (bzw in der Klage) von Bedeutung. Entscheidend ist die Natur des geltend gemachten Anspruchs, wie sie sich aus dem Antrag und dem vom Antragsteller vorgebrachten Sachverhalt ergibt. Auf die Einwendungen des Antragsgegners und die sachliche Berechtigung des behaupteten Anspruchs ist nicht Bedacht zu nehmen; hierüber ist erst in der Sachentscheidung abzusprechen. Ob die Gerichte zuständig sind, hängt somit davon ab, ob der Antragsteller seine Ansprüche auf einen Privatrechtstitel stützt (SZ 51/183; SZ 46/82; SZ 45/139; SZ 44/40 und 165 uva). Der Antragsteller stützt sein Begehren ausdrücklich auf die gemeinschaftlichen Fischereirechte. Soweit es sich nicht um Privatgewässer des Fischereiberechtigten handelt, ist das Fischereirecht gemäß § 2 Abs 1 Kärntner FischereiG 1951 als Grunddienstbarkeit zu behandeln, wenn es mit dem Eigentum einer Liegenschaft verbunden ist, sonst als im Zweifel veräußerliche und unbeschränkt vererbliche unregelmäßige Dienstbarkeit gemäß § 479 AGBG; es ist in beiden Fällen demnach Privatrecht, über dessen Erwerb und Besitz die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (§ 2 Abs 3 Kärntner FischereiG 1951). Zu den Streitigkeiten über den Besitz gemeinschaftlicher Fischereirechte (§ 11 Kärntner FischereiG 1951) gehört auch das Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Benützungsregelung, weil damit die Ausübung des gemeinschaftlichen Besitzes der Mitberechtigten gestaltet wird. Die Berufung der Antragsgegnerin auf § 69 Abs 1 Kärntner FischereiG 1951 ist schon deshalb verfehlt, weil diese Bestimmung die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden anordnet, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich eine andere Zuständigkeit festsetzt; als eine solche besondere Zuständigkeitsbestimmung ist jedoch § 2 Abs 3 Kärntner FischereiG 1951 anzusehen.

Ebenso wie die Abgrenzung der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte von jener der Verwaltungsbehörden richtet sich auch die Beantwortung der Frage, ob eine Rechtssache im streitigen oder außerstreitigen Verfahren zu behandeln und zu erledigen ist, nach dem Inhalt des Begehrens und des Vorbringens der Partei (§ 40a JN, RV 669 BlgNr 15. GP 30 f; AB 1337 BlgNR 15. GP 3); auch bei Beurteilung dieser Frage sind die Einwendungen des Antragsgegners oder Feststellungen, die das Gericht aufgrund bereits durchgeführter Beweise getroffen hat, ohne Belang (JBl 1973, 583 uva). An sich ist auch die vom Antragsteller angestrebte Festsetzung eines Benützungsentgelts als eine im Verfahren außer Streitsachen durchzusetzende Benützungsregelung anzusehen (MietSlg 33.077 ua). Eine solche Verfügung setzte jedoch im vorliegenden Fall voraus, dass der Antragsteller nach seinem Vorbringen an die nur zwischen dem Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin und Ingrid S***** getroffene Abmachung über den Nutzungstausch gebunden ist oder diese wenigstens als für sich bindend hinnimmt; dann könnte ihm ein entsprechender Anteil an der Nutzung des der Antragsgegnerin überlassenen Seeufergrundstreifens, der auch in Form eines Benützungsentgelts für die Hinnahme der Einschränkung der Ausführung der Fischereirechte festgesetzt werden könnte, zustehen. Dass der Antragsteller an die Vereinbarung gebunden ist oder sie wenigstens hinnimmt, hat er in seinem Antrag jedoch nicht vorgebracht; im Rekurs hat er eine solche Bindung sogar ausdrücklich bestritten (AS 13).

Der unschlüssige Sachantrag ist daher in Stattgebung des Rekurses der Antragsgegnerin abzuweisen.

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