European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00613.840.0830.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.700,15 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 240 S Barauslagen und 223,65 S USt) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei ist dem Kläger zu 2/3 für dessen Schaden aus dem Unfall vom 8. Dezember 1981 ersatzpflichtig. Das Erstgericht gab dem auf Ersatz von 2/3 des Studienaufwands für ein Jahr von 60.000 S und eines Verdienstentgangs für den gleichen Zeitraum von 112.070 S sA gerichteten Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen war das Wintersemester 1981/82 das letzte Studiensemester des Klägers als Sportstudent. Der Kläger hatte folgende Praktika belegt, die er zum Studienabschluss unbedingt benötigte; Schwimann IV, Prüfungsschikurs für Studenten und kleine Spiele im Sportunterricht. In den beiden letztgenannten Fächern finden gegen Semesterende theoretische und praktische Prüfungen statt, die allenfalls am Beginn des nächsten Semesters nachgeholt werden können. Im Sommersemenster 1982 fand keine Ersatzveranstaltung für den Prüfungsschikurs statt. Der Kläger konnte daher dieses Praktikum erst im Wintersemester 1982/83 nachholen und sein Studium im März 1983 abschließen. Wäre ihm ein Studiumabschluss mit Ende des Wintersemesters 1981/82 möglich gewesen, hätte er mit 15. Februar 1982 als Probelehrer mit einem Monatsnettobezug von 7.200 S (14 x jährlich) beginnen können. Während des Studiums hatte der Kläger einen monatlichen Unterhaltsaufwand von 5.000 S. Nach dem Unfall hatte er einen Gipsverband erhalten, der ihm am 12. Jänner 1982 abgenommen wurde. Ein Versuch des Klägers, vom 17. Februar 1982, wieder Schi zu fahren, hatte einen Bruch des linken Beines zur Folge. In der Zeit vom 20. Dezember 1981 bis 8. Jänner 1982 und vom 4. Februar 1982 bis 5. März 1982 hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, in der Schischule Maria Alm als Hilfsschilehrer gegen ein Bruttoentgelt von täglich 320 S zu arbeiten. In der rechtlichen Beurteilung stellte das Erstgericht noch fest, dass die unfallsbedingten Verletzungsfolgen für den um ein Jahr verspäteten Studienabschluss des Klägers ursächlich waren.
Das Erstgericht vertrat den Standpunkt, dass die beklagte Partei dem Kläger sowohl den Studienaufwand als auch den Verdienstentgang zu ersetzen habe, weil ihre Ersatzpflicht alle Schäden umfasse, die dem Kläger aus der einjährigen Verzögerung des Studienabschlusses erwachsen seien.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es dem Kläger nur den Verdienstentgang von 73.860 S sA zuerkannte und das Mehrbegehren von 40.854 S sA abwies. Der dem Geschädigten nach § 1325 ABGB zu ersetzende Verdienstentgang könne auch in dem Lebensaufwand für ein unfallsbedingt verlängertes Studium bestehen. Der Geschädigte habe aber nur Anspruch auf Ersatz des effektiven Schadens. Habe er daher auch eine ihm bereits zugesagte Stellung nicht antreten können und dadurch einen Verdienstentgang erlitten, sei ihm nur der höhere Verdienstentgang, neben diesem aber nicht auch noch der Aufwand für das verlängerte Studium zu ersetzen. Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof zu der Frage fehle, ob neben dem Aufwand für ein verlängertes Studium auch der Einkommensverlust wegen versäumter Verdienst-möglichkeiten zu ersetzen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof in seiner bereits vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung ZVR 1970/150 ausgesprochen hat, stellt auch der Unterhaltsaufwand für ein unfallsbedingt verlängertes Studium einen ersatzfähigen Schaden im Sinne des § 1325 ABGB dar. Der durch die Folgen einer Verletzung im Studium behinderte Student hat auch Anspruch auf Ersatz des Verdienstentgangs, der ihm durch den verzögerten Eintritt ins Berufsleben entsteht. Zu der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage wurde in dieser Entscheidung, wohl wegen des ihr zugrundegelegenen, anders gelagerten Sachverhalts nicht Stellung genommen. Ob ein Geschädigter neben dem Verdienstentgang auch Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsaufwands für eine unfallsbedingt verlängerte Berufsausbildung hat, ist eine Frage der Schadensberechnung. Es kann im vorliegenden Fall unerörtert bleiben, ob der Aufwand für das verlängerte Studium der Kategorie des Verdienstentgangs unterstellt werden kann (so ZVR 1970/150), oder ob sich die Ersatzpflicht für einen derartigen Aufwand schon aus den allgemeinen Regeln ergibt ( Koziol , Haftpflichtrecht 2 II 131), weil der Kläger einen subjektiv‑konkret berechneten Verdienstentgang geltend macht, und auch Schäden, die in Aufwendungen bestehen, konkret zu berechnen sind (1 Ob 1, 2/78; Koziol aaO I 193). Bei dieser Berechnung wird mit Hilfe der Differenzmethode festgestellt, welche Vermögensminderung das schädigende Ereignis verursacht hat. Die Vermögensminderung ist die Differenz zwischen dem Betrag des Vermögens, wie es ohne das schädigende Ereignis bestünde und dem Vermögensstand, der tatsächlich gegeben ist, (SZ 48/89; Koziol aaO 203).
Der Revision ist darin beizupflichten, dass der Kläger ohne den Unfall den vermögensmindernden Aufwand für das verlängerte Studium nicht hätte machen müssen und er in der Lage gewesen wäre, einen seinen Vermögensstand mehrenden Verdienst zu erzielen. Daraus folgt aber noch nicht zwangsläufig eine Zusammenrechnung beider Vermögenswerte für die Ermittlung der Vermögensminderung. Das Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit dient regelmäßig primär der Bestreitung des Unterhalts. Der durch den Unfall verursachte erhöhte Studienaufwand bestand im vorliegenden Fall auch nur aus den Aufwendungen für den Unterhalt des Klägers. Ohne den Unfall hätte der Kläger zwar für den gleichen Zeitraum, in dem sein Unterhalt aus dem vorhandenen Vermögen bestritten werden musste, einen bestimmten Verdienst erzielt, daraus aber seinen Unterhalt decken müssen. Eine effektive Vermögensminderung ist daher nur in der Höhe der Differenz zwischen dem Verdienstentgang und dem Unterhaltsaufwand eingetreten. Dieses Ergebnis entspricht auch dem dem Schadenersatzrecht zugrundeliegenden Ausgleichsgedanken, aus dem sich ergibt, dass dem Geschädigten zwar der gesamte Schaden zu ersetzen ist, andererseits aber auch, dass nur der entstandene Schaden ausgeglichen werden soll ( Koziol aaO I 204). Der Geschädigte soll nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als er es ohne das schädigende Ereignis wäre (vgl SZ 50/26; ZVR 1969/210). Ausgehend von diesen Grundsätzen entspricht daher der dem Kläger vom Berufungsgericht zuerkannte Betrag im Ergebnis dem effektiven Schaden des Klägers.
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung basiert auf den §§ 41, 50 ZPO.
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