OGH 8Ob569/83 (8Ob570/83)

OGH8Ob569/83 (8Ob570/83)10.5.1984

SZ 57/91

Normen

ABGB §956
ABGB §956

 

Spruch:

Ein Schenkungsvertrag, dessen Erfüllung erst nach dem Tod des Schenkenden erfolgen soll, ist auch dann ein Schenkungsvertrag auf den Todesfall, wenn er die Überlebensbedingung enthält

OGH 10. 5. 1984, 8 Ob 569, 570/83 (OLG Wien 13 R 93/83; LG Eisenstadt 3 Cg 531/82)

Text

Anton S verstarb am 24. 12. 1975 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung. Seine gesetzlichen Erben sind die Klägerin als seine Witwe und die Beklagte als seine Tochter aus erster Ehe.Mit Notariatsakt vom 6. 6. 1969, GZ 98/1969, errichtet vor dem Notar Dr. Harald M mit dem Amtssitz in A, hatte Anton S der Klägerin "für sein Vorableben" eine Hälfte der ihm gehörigen Grundstücke 1396/8 Baufläche, Haus Nr. 437 in Z und 1396/5 Garten in Z damals zur Liegenschaft EZ 1048 KG A gehörig, geschenkt. Die Klägerin hatte in diesem Notariatsakt die Schenkung auf den Todesfall angenommen. Anton S hatte auf das Recht verzichtet, diese Schenkung anzufechten oder zu widerrufen und gleichzeitig seine Einwilligung erteilt, daß nach seinem Ableben unter Vorlage der Sterbeurkunde das Eigentumsrecht für die Klägerin an den ihr geschenkten Liegenschaftsanteilen einverleibt werden könne.Mit einem weiteren Notariatsakt vom 6. 6. 1969, GZ 97/1969, gleichfalls errichtet vor dem Notar Dr. Harald M, hatte Anton S seinem außerehelichen Sohn Ren129e P "für den Fall, daß er vor diesem versterben sollte" die andere Hälfte dieser damals zur EZ 1048 KG A gehörenden Grundstücke geschenkt. Ren129e P hatte diese Schenkung auf den Todesfall angenommen. Anton S hatte auf das Recht, die Schenkung anzufechten oder zu widerrufen, verzichtet und seine Einwilligung erteilt, daß nach seinem Ableben nach Vorlage der Sterbeurkunde das Eigentumsrecht an den geschenkten Liegenschaftsanteilen für Ren129e P einverleibt werden könne.Die Grundstücke 1396/8 und 1396/5 bildeten im Zeitpunkt des Todes des Anton S den Gutsbestand der Liegenschaft EZ 1357 KG A. Im Lastenblatt dieser Liegenschaft ist auf Grund des Dienstbarkeitsvertrages vom 15. 10. 1975 die Dienstbarkeit des lebenslänglichen Fruchtgenußrechtes für die Klägerin einverleibt.Im Verlassenschaftsverfahren nach Anton S zu A 45/76 des Bezirksgerichtes Oberpullendorf haben die Klägerin zu einem Viertel und die Beklagte zu drei Vierteln des Nachlasses auf Grund des Gesetzes bedingte Erbserklärungen abgegeben. In seinem Beschluß vom 14. 6. 1977 über das Hauptinventar, der rechtskräftig wurde, ging das Abhandlungsgericht davon aus, daß die beiden Schenkungen auf den Todesfall wirksam seien. Schließlich wurde mit Einantwortungsurkunde vom 4. 12. 1980 der Nachlaß nach Anton S der Klägerin zu einem Viertel und der Beklagten zu drei Vierteln eingeantwortet, eine dementsprechende Verbücherungsanordnung hinsichtlich der in den Nachlaß fallenden Liegenschaft EZ 1048 KG A und der in den Nachlaß fallenden Hälfte der Liegenschaft EZ 1459 KG A getroffen und ausgesprochen, daß die Verbücherung hinsichtlich der Liegenschaft EZ 1357 KG A auf Grund der vorliegenden Schenkungsverträge erfolge.

Die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Ren129e P ob der Hälfte der Liegenschaft EZ 1357 KG A war bereits mit Beschluß des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 27. 2. 1980, TZ 708/80, auf Grund des eingangs erwähnten Notariatsaktes vom 6. 6. 1969 und der Sterbeurkunde bewilligt worden. Ungeachtet des oben wiedergegebenen Beisatzes in der Einantwortungsurkunde beantragte die Beklagte auf Grund dieser Einantwortungsurkunde ob dem Hälfteanteil des Anton S an der Liegenschaft EZ 1357 KG A die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes hinsichtlich drei Achteln der ganzen Liegenschaft, welche bücherliche Eintragung das Abhandlungsgericht mit Beschluß vom 26. 4. 1982 bewilligte. Der dagegen von der Klägerin erhobene Rekurs wurde vom Rekursgericht zurückgewiesen, weil sie nicht in ihrem bücherlichen Recht verletzt worden sei und daher keine Rechtsmittellegitimation gegen diesen Verbücherungsbeschluß habe.

Zu 3 Cg 376/77 (später 3 Cg 210/78) des Landesgerichtes Eisenstadt klagte die Beklagte die Klägerin auf Zahlung von 28 856.09 S sA bei Exekution in den Hälfteanteil der Klägerin an der Liegenschaft EZ 1357 KG A im wesentlichen mit der Begründung, daß der auf Grund der vorgenommenen Schenkungen auf den Todesfall zu erhöhende Pflichtteil im Nachlaß keine Deckung finde, sodaß die Klägerin als Beschenkte den Fehlbetrag gemäß § 951 Abs. 1 ABGB zu zahlen habe. Diese Klage wurde mit Urteil vom 24. 7. 1979 abgewiesen; diese Entscheidung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. 11. 1979, 11 R 177/79, bestätigt. In diesem Urteil wurde vom Oberlandesgericht Wien die Meinung vertreten, daß eine durch das Überleben des Beschenkten bedingte und nicht bloß durch das Ableben des Schenkers befristete Schenkung keine Schenkung auf den Todesfall iS des § 956 zweiter Satz ABGB sei. Aber auch unabhängig von dieser Rechtsmeinung wurde ein Anspruch der Beklagten nach § 951 ABGB verneint.

Zu 3 Cg 351/78 des Landesgerichtes Eisenstadt klagte die Beklagte die Verlassenschaft nach Anton S auf Zahlung von 34 023.73 S sA im wesentlichen mit der Begründung, daß ihr unter Berücksichtigung der beiden Schenkungen auf den Todesfall zu berechnender Pflichtteil durch ihren Erbteil nicht gedeckt sei, sodaß ihr der verlangte Betrag noch als Pflichtteil aus der Verlassenschaft zustehe. In diesem Rechtsstreit gab das Erstgericht mit Urteil vom 24. 7. 1979 dem Klagebegehren mit 15 006.41 S sA statt und wies das Mehrbegehren von 19 017.32 S sA ab, weil bei der Pflichtteilsberechnung wohl die Schenkung auf den Todesfall an die Klägerin, nicht aber die an Ren129e P zu berücksichtigen sei. Das Oberlandesgericht Wien änderte mit Urteil vom 21. 2. 1980, 15 R 188, 189, 221/79, diese Entscheidung iS der vollinhaltlichen Klagsstattgebung ab. Es bejahte in dieser Entscheidung das Vorliegen von Schenkungen auf den Todesfall. Dem Umstand, daß diese Schenkungen für den Fall des Vorablebens des Erblassers gemacht worden seien, komme keine entscheidende Bedeutung zu, weil der Erblasser tatsächlich vor den Beschenkten verstorben sei und die Vorschrift des § 956 zweiter Satz ABGB auf diesen Umstand selbst nicht abstelle. Dieses Urteil des Berufungsgerichtes wurde mit Urteil des OGH vom 26. 6. 1980, 7 Ob 615/80, bestätigt. In den Entscheidungsgründen ging der OGH ohne weitere Erörterungen davon aus, daß es sich bei den in Frage stehenden Zuwendungen des Anton S an die Klägerin und an Ren129e P um Schenkungen auf den Todesfall handle.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin ob den 3/8-Anteilen der Beklagten an der Liegenschaft EZ 1357 KG A einzuwilligen. Die Klägerin sei auf Grund des in Notariatsaktsform errichteten Schenkungsvertrages auf den Todesfall vom 6. 6. 1969 außerbücherliche Eigentümerin des Hälfteanteiles an der Liegenschaft EZ 1357 KG A und besitze daher den besseren Titel iS des § 372 ABGB. Die Beklagte hingegen habe keinen Titel zum Erwerb des Eigentums an 3/8-Anteilen dieser Liegenschaft, weil diese Liegenschaft nach der im Verlassenschaftsverfahren ergangenen Einantwortungsurkunde gar nicht in die Verlassenschaft falle, sodaß die mit dem Beschluß des Abhandlungsgerichtes vom 26. 4. 1982 angeordnete Verbücherung des Eigentumsrechtes der Beklagten an 3/8- Anteilen dieser Liegenschaft unrichtig sei.

Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, daß es sich bei der im Notariatsakt vom 6. 6. 1969 dokumentierten Zuwendung des Anton S an die Klägerin infolge ihrer Bedingung durch das Vorableben des Anton S um keine wirksame Schenkung auf den Todesfall iS des § 956 zweiter Satz ABGB handle, sondern daß diese Schenkung iS des § 956 erster Satz ABGB als Vermächtnis zu behandeln, als solches aber mangels entsprechender Form nicht gültig sei. Die Klägerin habe daher keinen Titel zum Erwerb der von ihr begehrten Liegenschaftsanteile. Die Beklagte habe diese Liegenschaftsanteile durch Einantwortung des Nachlasses nach Anton S zu drei Vierteln erworben, sodaß die Einverleibung ihres Eigentums an diesen Liegenschaftsanteilen richtig und überdies auch in Rechtskraft erwachsen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Verbücherungsbeschluß des Abhandlungsgerichtes vom 26. 4. 1982 sei nichtig und begrunde für die Beklagte keinen Titel zum Erwerb der 3/8-An- teile der Liegenschaft, weil im Verlassenschaftsverfahren rechtskräftig festgelegt worden sei, daß die Liegenschaft EZ 1357 KG A nicht zur Verlassenschaft gehöre und somit das Abhandlungsgericht zur Fassung dieses Verbücherungsbeschlusses absolut unzuständig gewesen sei. Es sei aber auch der Notariatsakt vom 6. 6. 1969 kein gültiger Titel für den Eigentumserwerb der Klägerin. Für die vertragliche Schenkung auf den Todesfall sei wesentlich, daß der Tod des Beschenkten auf die Verbindlichkeit des Schenkers grundsätzlich ohne Einfluß sei. Der Anspruch auf Erfüllung gehe auf die Erben des Beschenkten über. Die Schenkung auf den Todesfall bewirke, daß die Schenkung mit dem Tod des Schenkers fällig werde, daß also der Beschenkte durch den Vertrag den Anspruch erlange und nur die Erfüllung bis zum Tod des Schenkers aufgeschoben sei. Die im § 956 ABGB geregelte Schenkung sei daher nicht die donatio mortis causa des gemeinen römischen Rechtes, sondern die donatio post obitum des deutschen Rechtes. Es handle sich um eine betagte, nicht um eine bedingte Schenkung. Im vorliegenden Fall habe die Beschenkte kein unbedingtes betagtes Recht erworben, sondern ein Recht, das aufschiebend dadurch bedingt gewesen sei, daß sie den Geschenkgeber überlebe. Diese Rechtsfigur werde im österreichischen Recht keiner besonderen Regelung unterzogen. Allerdings unterscheide sich die vorliegende aufschiebend bedingte Schenkung von den Verfügungen von Todes wegen eindeutig durch die Unwiderruflichkeit, sodaß sie nicht ohne weiteres im Wege der Analogie als bloße Verfügung von Todes wegen angesehen werden könne. Die Behandlung dieses aufschiebend bedingten Schenkungsversprechens als Schenkung auf den Todesfall iS des § 956 zweiter Satz ABGB würde aber die gesetzlichen Beschränkungen über die Zulässigkeit von Erbverträgen hinfällig machen, weil dadurch auch zwischen anderen Personen als zwischen Ehegatten die Wirkungen des Erbvertrages (§ 1252 ABGB) herbeigeführt werden könnten. Da dies aber nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein könne, sei der aufschiebend bedingte Schenkungsvertrag trotz Verzichtes auf den Widerruf und der Annahme durch den Beschenkten iS des § 956 erster Satz ABGB als Vermächtnis zu behandeln. Als solches sei die vorliegende Verfügung aber mangels Einhaltung einer der Formen letztwilliger Verfügungen ungültig. Die Klägerin habe daher auf Grund des vorliegenden Schenkungsvertrages keinen Titel zum Eigentumserwerb. Wenngleich somit weder die Einantwortungsurkunde noch der Schenkungsvertrag vom 6. 6. 1969 geeignete Titel zum Eigentumserwerb der Klägerin darstellten, sei das Klagebegehren im Ergebnis doch berechtigt. Auch bei Wegfall des Schenkungsvertrages als Titel zum Eigentumserwerb wäre die Klägerin im Zuge einer Nachtragsabhandlung zum Eigentumserwerb bezüglich der klagsgegenständlichen 3/8-Anteile an der Liegenschaft EZ 1357 KG A legitimiert (§ 372 ABGB).

Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S, nicht aber 300 000 S übersteigt und daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig ist. Über das Zurechtbestehen eines Anspruches auf Grund einer behaupteten Schenkung auf den Todesfall sei letztlich nicht im Abhandlungsverfahren, sondern im Prozeß zu entscheiden. Ob die zugunsten der Klägerin errichtete Schenkung auf den Todesfall der Hälfte der Liegenschaft EZ 1357 KG A wirksam und gültig sei, müsse daher in diesem Rechtsstreit entschieden werden, ohne daß eine Bindung daran bestehe, wie diese Schenkung im Verlassenschaftsverfahren behandelt worden sei. Der Schenkungsvertrag auf den Todesfall setze zu seiner Gültigkeit die Annahme des Geschenkes durch den Beschenkten, die ausdrückliche Erklärung des Geschenkgebers, auf den (freien) Widerruf der Schenkung zu verzichten und die Errichtung eines Notariatsaktes voraus, der das ganze Geschäft, also sowohl den Widerrufsverzicht als auch die Annahme der Schenkung, umfassen müsse. Alle diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Ob auch eine Schenkung, die nicht nur durch das Ableben des Schenkenden befristet, sondern zusätzlich durch das Überleben des Beschenkten bedingt sei, eine Schenkung auf den Todesfall iS des § 956 zweiter Satz ABGB sein könne, werde in der vom Berufungsgericht ausführlich im einzelnen dargestellten Literatur zum Teil nicht ausdrücklich behandelt und zum Teil unterschiedlich beantwortet. Das Berufungsgericht vertrete die Rechtsansicht, daß die Bedingung des Vorablebens des Geschenkgebers eine wirksame Schenkung auf den Todesfall nach § 956 zweiter Satz ABGB nicht ausschließe, weil § 956 ABGB bei der Unterscheidung zwischen Vermächtnis und Schenkung auf den Todesfall hierauf nicht abstelle und danach nicht unterscheide. Auch die durch das Überleben des Beschenkten bedingte Schenkung sei eine solche, deren Erfüllung erst nach dem Tod des Schenkenden erfolgen solle, wie dies § 956 ABGB umschreibe. Die Bedingung des Vorablebens des Schenkenden gebe diesem keine Widerrufsmöglichkeit und beeinträchtige somit den notwendigen Verzicht auf die Widerruflichkeit nicht. Alle Argumente gegen eine Schenkung auf den Todesfall mit der Bedingung des Vorablebens des Schenkenden wegen der hiedurch zu umgehenden bloß eingeschränkten Möglichkeit des Abschlusses eines Erbvertrages gemäß den §§ 1249 ff. ABGB sprächen in praktisch gleicher Weise auch gegen eine bloß befristete Schenkung auf den Todesfall. Durch die Bedingung des Vorablebens des Schenkenden werde weder die Stellung des Schenkenden noch jene des späteren Erben des Schenkenden beeinträchtigt, weil bei Nichteintritt dieser Bedingung die geschenkte Sache im Vermögen des Schenkenden bleibe. Aus den Bestimmungen über den Erbvertrag, dessen Wirkungen sich überdies auch von einer durch das Überleben des Beschenkten bedingten Schenkung auf den Todesfall unterschieden, ergebe sich daher kein überzeugendes Argument gegen eine durch das Überleben des Beschenkten bedingte Schenkung auf den Todesfall nach § 956 ABGB.

Da die Bedingung des Überlebens der Klägerin eingetreten sei und auch sonst die Voraussetzungen nach § 956 zweiter Satz ABGB gegeben seien, liege zu ihren Gunsten eine wirksame Schenkung auf den Todesfall der Hälfte der Liegenschaft EZ 1357 KG A durch Anton S vor. Die Klägerin sei daher berechtigt, von der Beklagten als Erbin nach Anton S die Übertragung des Eigentums hinsichtlich der dieser auch bücherlich übertragenen 3/8-Anteile an dieser Liegenschaft zu verlangen, weil sie damit den ihr auf Grund der Schenkung auf den Todesfall zustehenden Anspruch geltend mache.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Frage, ob ein Schenkungsvertrag, dessen Erfüllung erst nach dem Tod des Schenkenden erfolgen soll, dann als Schenkungsvertrag auf den Todesfall iS des § 956 zweiter Satz ABGB angesehen werden kann, wenn er die Überlebensbedingung enthält, wenn also seine Erfüllung nicht nur mit dem Tod des Schenkenden betagt, sondern auch dadurch bedingt ist, daß der Beschenkte den Schenker überlebt, wurde bisher, soweit überschaubar, in der Rechtsprechung des OGH nicht behandelt. Es handelt sich um eine Rechtsfrage des materiellen Rechtes der im § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO bezeichneten Art.

Der Stand der Lehre wurde vom Berufungsgericht zutreffend dargestellt und läßt sich im wesentlichen dahin zusammenfassen, daß, soweit diese Frage im einzelnen überhaupt behandelt wird, die Überlebensbedingung zum Teil als ohneweiters zulässig angesehen wird (Ehrenzweig in FS ABGB II 633, 663; Lanz in NZ 1951, 115; Eccher, Antizipierte Erbfolge 125 FN 154, 127), daß zT zwar die Überlebensbedingung als unzulässig, die ihr in der Wirkung gleichkommende Vereinbarung der Unvererblichkeit des Anspruches des Beschenkten aber als zulässig angesehen wird (Trenker in NZ 1969, 100 f.), daß zT - ohne nähere Stellungnahme zur Überlebensbedingung - die Vereinbarung der Unvererblichkeit des Anspruches des Beschenkten als zulässig angesehen wird (Stanzl in Klang[2] IV/1, 630) und daß zT die Überlebensbedingung als schlechthin unzulässig angesehen wird (Kralik in Ehrenzweig, System[3] Erbrecht 168).

Nach § 956 ABGB ist eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tod des Schenkenden erfolgen soll, bei Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten als Vermächtnis gültig. Nur dann ist sie als ein Vertrag anzusehen, wenn der Beschenkte sie angenommen, der Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat und eine schriftliche Urkunde darüber (Notariatsakt nach § 1 Abs. 1 lit. d NotZwG) dem Beschenkten eingehändigt worden ist.

Der Zweck dieser Vorschrift liegt darin, das notwendige Abgrenzungskriterium zwischen Rechtsgeschäften unter Lebenden und von Todes wegen zu schaffen (s. dazu Kralik aaO 165 f.). Diese Gesetzesstelle enthält im ersten Satz die Regel, daß ein Vertrag, durch den eine Sache jemandem unentgeltlich überlassen wird, schon dadurch ungültig wird, daß die Erfüllung erst nach dem Tod des Schenkenden erfolgen soll. Ein derart ungültiger Vertrag kann nur dann, wenn die vorgeschriebenen Förmlichkeiten eines Rechtsgeschäftes von Todes wegen beachtet wurden, im Wege der Konversion als Vermächtnis Wirksamkeit erlangen. Die im zweiten Satz dieser Gesetzesstelle normierte Ausnahme von dieser Regel besteht darin, daß eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tod des Schenkenden erfolgen soll, doch als Rechtsgeschäft unter Lebenden gültig ist, wenn die dort normierten Voraussetzungen gegeben sind (Kralik aaO 166).

Der im § 956 zweiter Satz ABGB geregelte Schenkungsvertrag auf den Todesfall ist somit ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, das zu seiner Gültigkeit die Annahme des Geschenkes durch den Beschenkten, die ausdrückliche Erklärung des Geschenkgebers, auf den (freien) Widerruf zu verzichten, und die Errichtung eines Notariatsaktes voraussetzt, wobei der Notariatsakt das ganze Geschäft umfassen und sowohl die Annahme der Schenkung als auch den Widerrufsverzicht enthalten muß (RZ 1978/4 ua.). Daß aber einem derartigen Schenkungsvertrag auf den Todesfall nicht die Bedingung des Überlebens des Beschenkten beigesetzt werden dürfte bzw. daß die Beisetzung dieser Bedingung diesen Vertrag ungültig machte, ist weder dem Wortlaut des § 956 ABGB zu entnehmen noch ergibt sich dies aus dem Gesetzeszweck. Die Vorschrift des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle sagt nur, welche Voraussetzungen eingehalten werden müssen, um den in Frage stehenden Schenkungsvertrag als Rechtsgeschäft unter Lebenden wirksam werden zu lassen. Werden diese Voraussetzungen eingehalten, dann besteht nach dem Gesetzeswortlaut kein Anlaß, diesem Rechtsgeschäft die Wirksamkeit unter Lebenden abzusprechen und es auf die im ersten Satz dieser Gesetzesstelle angeordnete Konversionsmöglichkeit zu verweisen. Der Zweck der im § 956 zweiter Satz ABGB angeordneten Vorschriften liegt sicher darin, eindeutig klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsgeschäft unter Lebenden vorliegt, sodaß damit kein Anlaß besteht, auf die im § 956 erster Satz ABGB aufgestellte allgemeine Regel auszuweichen. Daraus ist sicher abzuleiten, daß die in einem derartigen Schenkungsvertrag enthaltenen Bestimmungen nicht dazu führen dürfen, die im § 956 zweiter Satz ABGB angeordneten Bestimmungen zu umgehen, wie dies etwa durch Aufnahme einer Potestativbedingung, deren Erfüllung oder Nichterfüllung im Belieben des Geschenkgebers steht, geschehen könnte, weil diese Vorgangsweise geeignet wäre, den im § 956 zweiter Satz ABGB angeordneten Widerrufsverzicht zu umgehen (so auch Kralik aaO 168). Aus der Ausnahmenatur des zweiten Satzes des § 956 ABGB gegenüber dem ersten Satz dieser Gesetzesstelle aber abzuleiten, die Aufschiebung der Erfüllung auf die Zeit nach dem Tod des Schenkers sei die einzige Annäherung des Schenkungsvertrages an das Rechtsgeschäft von Todes wegen, die er enthalten dürfe, wenn er als Rechtsgeschäft unter Lebenden gültig sein wolle, er sei daher trotz Einhaltung aller im zweiten Satz des § 956 ABGB aufgezählten Erfordernissen ungültig, wenn er andere Bestimmungen enthalte, die ihn über die betagte Erfüllung hinaus den Wirkungen eines Rechtsgeschäftes von Todes wegen annäherten, sodaß etwa die beigesetzte Überlebensbedingung oder die Vereinbarung der Unvererblichkeit der Forderung des Beschenkten die Gültigkeit eines derartigen Vertrages als Rechtsgeschäft unter Lebenden verhinderten (so Kralik aaO 168), geht aber zu weit und läßt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des Gesetzes begrunden.

Daß Schenkungsverträge auf den Todesfall in der Regel unter der Annahme abgeschlossen werden, daß der Beschenkte den Schenker überlebt, entspricht der Natur dieses Geschäftes. Wird diese Annahme ausdrücklich zur Bedingung erhoben, dann handelt es sich in Wahrheit nur um eine auflösende Bedingung, die dann eintritt, wenn der Beschenkte vor dem Schenker stirbt. Der gleiche Zweck wird erreicht, wenn die Unvererblichkeit des Anspruches des Beschenkten vereinbart wird. In beiden Fällen wird keine Möglichkeit geschaffen, eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tod des Schenkenden erfolgen soll, in einer Weise als Rechtsgeschäft unter Lebenden zu qualifizieren, die den Vorschriften des § 956 zweiter Satz ABGB widerspricht. Es wird vielmehr in beiden Fällen nur ermöglicht, daß ein derartiges Rechtsgeschäft noch zu Lebzeiten des Schenkenden - und zwar ohne dessen Zutun - seine Wirksamkeit verliert, sodaß der Schenkende über das den Gegenstand dieses Rechtsgeschäftes bildende Vermögen wieder frei (sei es vertraglich unter Lebenden, sei es von Todes wegen) verfügen kann. Dies widerspricht aber weder dem Schutzzweck der im § 956 zweiter Satz ABGB normierten Bestimmungen noch wird dadurch eine Möglichkeit geschaffen oder erweitert, die Bestimmungen der §§ 1249 ff. ABGB über Erbverträge zu umgehen.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß im vorliegenden Fall die im Notariatsakt enthaltene Überlebensbedingung kein Hindernis bildet, diesen Vertrag iS des § 956 zweiter Satz ABGB als Schenkung auf den Todesfall zu qualifizieren, ist daher zutreffend. Da die Klägerin den Geschenkgeber überlebt hat und auch sonst die im § 956 zweiter Satz ABGB normierten Voraussetzungen gegeben sind, liegt, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, zugunsten der Klägerin eine wirksame Schenkung auf den Todesfall der Hälfte der Liegenschaft EZ 1357 KG A durch Anton S vor.

Die Wirkung dieser vertraglichen Vereinbarung ist die, daß nach dem Tod des Schenkers in Erfüllung des Vertrages die geschenkte Sache dem Beschenkten ins Eigentum zu übergeben ist. Der Beschenkte ist Nachlaßgläubiger; sein Anspruch richtet sich gegen den Nachlaß und nach der Einantwortung gegen den oder die Erben (EvBl. 1962/285). Wenn zugunsten der Beklagten als Erbin auf Grund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens nach Anton S - ob zu Recht oder zu Unrecht, ist hier nicht zu untersuchen - das Eigentumsrecht an Liegenschaftsanteilen, die der Klägerin vom Erblasser auf den Todesfall geschenkt wurden, bücherlich einverleibt wurde, ist sie verpflichtet, diese Liegenschaftsanteile in Erfüllung des vorliegenden Schenkungsvertrages auf den Todesfall der Klägerin zu übertragen.

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