OGH 7Ob554/84

OGH7Ob554/8419.4.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, reg.Gen.mbH in *****, vertreten durch Dr. Karl Endl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei KR A***** Gesellschaft mbH in *****, vertreten durch Dr. Kurt Abt, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 7.982,70 S samt Nebengebühren, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 15. April 1981, GZ 32 R 110/81‑12, womit das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 28. November 1980, GZ 11 C 2092/80‑7, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00554.840.0419.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Berufungsgericht das klagsabweisende Urteil des Erstrichters unter Rechtskraftvorbehalt mit der Begründung auf, dass die streitentscheidende Frage, ob eine Werbeanzeige auf einem Stadtplan durch dessen Verdrehung um 90 Grad in ihrer Werbewirksamkeit als unbrauchbar oder der Mangel als nicht unerheblich anzusehen ist, mit den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens nicht sicher beantwortet werden könne, sodass es der amtswegigen Beiziehung eines Sachverständigen für das Werbewesen bedürfe.

Der gegen den Aufhebungsbeschluss erhobene Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, der Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Sachverhalt in einer bestimmten Richtung noch nicht genügend geklärt sei, grundsätzlich nicht entgegentreten (RZ 1965, 45 uva). Allerdings kann die Wirkung einer Reklame auf die breite Masse als Rechtsfrage beurteilt werden, wenn dazu die Erfahrungssätze des täglichen Lebens ausreichen (EvBl 1970/131 uva). Liegt aber diese Voraussetzung nicht vor, dann muss die Frage auf der Grundlage der festzustellenden Tatumstände beantwortet werden. Der Beweis der Unrichtigkeit von Erfahrungssätzen ist grundsätzlich zulässig, und es gehört in das Gebiet der vom Obersten Gerichtshof unüberprüfbaren Beweiswürdigung, ob dieser Beweis gelungen ist (4 Ob 348/81). Im vorliegenden Fall geht es nicht bloß um den Eindruck, der sich bei auch nur flüchtigem Lesen für einen Durchschnittsinteressenten ergibt (vgl hiezu SZ 47/31), sondern um die Frage, ob und in welchem Maße die Verdrehung eines Stadtplans um 90 Grad in der Mitte der sie umgebenden Anzeigen deren Wert deshalb mindert, weil der Plan als solcher beim Publikum nur noch geringes Interesse erweckt. Wenn das Berufungsgericht diese Frage nicht aufgrund eigener Lebenserfahrung beantworten konnte, handelt es sich im Sinn des eingangs Gesagten um die für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare Wahrnehmung eines Verfahrensmangels. Die im Rekurs angeführten Beispiele passen auf den vorliegenden Fall nicht.

Der Ausspruch über die Kosten des somit unbegründeten Rekurses beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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