OGH 4Ob308/74

OGH4Ob308/7419.3.1974

SZ 47/31

Normen

Zugabengesetz §1
Zugabengesetz §1

 

Spruch:

Die kostenlose Beförderung von Kaufinteressenten ist keine Zugabe, wenn sie unverbindlich und unabhängig von einem Kauf erfolgt ,wohl aber dann, wenn sie nur für den Fall eines Kaufes gewährt wird

OGH 19. März 1974, 4 Ob 308/74 (OLG Wien 1 R 216/73; HG Wien 39 Cg 648/73)

Text

Die Beklagte betreibt in mehreren Filialen den Einzelhandel mit Elektrowaren und Möbeln. Seit Mitte September 1973 kundigte die Beklagte mehrfach in österreichischen Tageszeitungen, wie, Kurier" und Neue Kronenzeitung, in Großinseraten eine Kreditaktion für Farbfernsehgeräte an, wobei u. a folgender Text verwendet wurde:

"Alle Farbfernsehgeräte sind besonders preisreduziert.

Sie zahlen in den ersten 18 Monaten der Kreditlaufzeit nur 3.20/D Jahreszinsen Für Ihr Alt-Gerät geben wir Ihnen bis S 3.000,-.

Sie können Ihr Altgerät gratis mit dem Taxi zu uns bringen. Taxirechnung bezahlt der Filialleiter."

Unter Berufung auf diesen Sachverhalt begehrt die klagende Partei, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Möbeln, Elektrogeraten, Radios und Fernsehgeräten neben Waren insbesondere Farbfernsehgeraten unentgeltliche Zugaben, insbesondere den Ersatz von Taxispesen für den Transport von Altgeräten, die ankündigungsgemäß von der beklagten Partei zu Preisen bis zu 3000 S zurückgenommen werden, vom Wohnort des Kunden zur beklagten Partei anzubieten, anzukundigen oder einen größeren Kreis von Personen zu gewahren. Zur Sicherung dieses Unterlassungsanspruches begehrt die klagende Partei eine einstweilige Verfügung gleichen Inhaltes. Sie begrundet ihre Begehren damit, daß die Ankündigung des Ersatzes von Taxispesen eine gesetzwidrige Zugabe darstelle.

Die beklagte Partei behauptet dagegen, daß es sich dabei um Leistungen im Rahmen des zulässigen Kundendienstes handle, kein Kaufzwang ausgeübt werde und der Spesenersatz nur geringfügig sei. Die angekundigte Leistung sei daher nicht wettbewerbswidrig.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es vertrat die Ansicht, daß weder ein Verstoß gegen das Zugabengesetz noch gegen das UWG vorliege und auch ein Tatbestand des Rabattgesetzes nicht in Frage komme. Die Beklagte erspare sich durch die Vergütung der Taxispesen ihrerseits die Kosten für die Abholung der Eintauschfernsehgeräte. Sie ersetze dem Käufer daher nur Spesen, die ihm im Zusammenhang mit einer für den Händler erbrachten Leistung, nämlich dem Zutransport des Altgerätes, aufgelaufen sind. Auch von einem psychologischen Kaufzwang könne nicht gesprochen werden, da mit Rücksicht auf die geringe Höhe der Taxispesen sich kein Käufer dadurch veranlaßt fühlen werde, bei der Beklagten zu kaufen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge und erließt die beantragte einstweilige Verfügung. Es ging davon aus, daß die beklagte Partei Interessenten "Kauferleichterungen" angekundigt habe. Aus der Verwendung des Wortes "Kauferleichterungen" ergebe sich, daß Taxispesen nur dann vergütet werden, wenn es zum Abschluß eines Kaufvertrages über ein Fernsehgerät komme. Eine solche Ankündigung verstoße gegen das Zugabengesetz, weil die freie Beförderung des Kunden zum Geschäftslokal vom Abschluß eines Kaufvertrages über Waren abhängig gemacht werde und damit eine nicht handelsübliche Nebenleistung geboten werde. Eine Ausnahme nach § 3 Abs. 1 lit. c Zugabengesetz liege nicht vor, weil sich diese Bestimmung nur auf die Gewährung, nicht aber auch auf die Ankündigung oder das Anbieten von Zugaben beziehe und es sich beim Ersatz der Taxispesen, für den kein Höchstbetrag angegeben sei, weder um geringwertige Kleinigkeiten noch um handelsübliche Nebenleistungen handle. Die Ankündigung verstoße aber auch gegen § 1 UWG, weil damit ein moralischer Kaufzwang auf Kunden ausgeübt werde. Wollte man annehmen, daß die Kosten für den Transport das Altgerätes zum Geschäftslokal der beklagten Partei auch ohne Kauf eines neuen Gerätes ersetzt würden, fielen jedenfalls die Kosten des Rücktransportes in die Wohnung dem Interessenten zur Last. Dieser werde daher, um einen Schaden zu vermeiden, unter Umständen auch ein ungünstigeres Angebot der beklagten Partei annehmen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionskurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das ZugG verbietet grundsätzlich die Ankündigung, das Anbieten und die Gewährung von unentgeltlichen Zugaben an einen größeren Kreis von Personen im geschäftlichen Verkehr. Es definiert aber den Begriff "Zugabe" nicht. Nach Lehre und Rechtsprechung ist eine Zugabe im Sinn des Zugabengesetzes eine Ware oder Leistung, die neben der Hauptware oder Hauptleistung ohne besondere Berechnung angeboten, angekundigt oder gewährt wird, um den Absatz der Hauptleistung zu fördern. Sie muß mit der Hauptsache in einem solchen Zusammenhang stehen, daß sie objektiv geeignet und bestimmt ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware (Hauptleistung) zu beeinflussen, somit die Eigenschaft eines Werbe- oder Lockmittels haben (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 121; Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht[10] I, 1168; Godin - Hoth, Wettbewerbsrecht, 282; ÖBl. 1973, 64, 1972, 128, 1966, 10 u. a.). Wesentlich ist, daß ein Zusammenhang zwischen dem gewährten Vorteil und der Hauptware oder Hauptleistung in der Weise besteht, daß der Erwerb der Hauptware oder die Inanspruchnahme der Hauptleistung Voraussetzung dafür ist, in den Genuß des angekundigten, angebotenen oder zu gewährenden zusätzlichen Vorteiles zu gelangen. Ein Zusammenhang zwischen der Zuwendung und der im geschäftlichen Verkehr nur allgemein entfalteten Erwerbstätigkeit des Werbenden genügt nicht. Dadurch unterscheidet sich die Zugabe, die gegeben wird, weil man kauft, von der Werbegabe, die gegeben wird, damit man kauft. Belanglos ist es aber, ob die Zugabe im vorhinein, gleichzeitig mit der Hauptware oder Hauptleistung oder erst später gewährt werden soll (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 122; Schönherr, Zugaben und Rabatte nach österreichischem Recht, 10, Hoth - Gloy, Zugabe und Rabatt, 101, 106; ÖBl. 1970, 51, 1969, 138, 139, 1966, 10, 1959, 75 u. a.). Demnach ist die kostenlose Beförderung von Kaufinteressenten keine Zugabe, wenn sie unverbindlich und unabhängig von einem Kauf erfolgt, wohl aber dann, wenn sie nur für den Fall eines Kaufes gewährt wird. Der kostenlosen Kundenbeförderung ist die Erstattung des Fahrgeldes gleichzustellen; auch in diesem Fall wird eine Leistung, und nicht eine Geldzugabe, gewährt (Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1226, Hoth - Gloy, Zugabe, 151, 163, 246; SZ 16/116; ÖBl. 1959, 117 1956, 85 u. a.).

Demnach hat das Rekursgericht mit Recht angenommen, daß die Ankündigung, womit als "Kauferleichterung" der Ersatz der Taxispesen für den Fall, daß der Kunde sein Altgerät mitbringt, zugesagt wird, die Ankündigung einer Zugabe bedeutet. Die Frage, welchen Eindruck diese Ankündigung auf den Durchschnittsleser vermittelt, ist eine Rechtsfrage, die nach objektiven Maßstäben zu lösen ist. Maßgeblich ist die Verkaufsauffassung, nämlich der Eindruck, der sich bei auch nur flüchtigem Lesen für den Durchschnittsinteressenten ergibt, wobei der Ankundigende bei Mehrdeutigkeit der Ankündigung auch die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muß (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 23; Hoth - Gloy, Zugabe 108; ÖBl. 1972, 65, 150, 1970, 51, 143, 19G5, 99 u. a.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Auffassung des Rekursgerichtes zu billigen, daß die Ankündigung den Eindruck vermittelt, der Ersatz der Taxispesen werde davon abhängig gemacht, daß der Interessent tatsächlich ein neues Farbfernsehgerät kauft. Das bedeutet aber, daß die kostenlose Beförderung des Kunden mit dem Altgerät als Zugabe zur Hauptware, nämlich dem gekauften Farbfernsehgerät, angekundigt wird.

Es ist aber auch richtig, daß es sich hiebei nicht um eine handelsübliche Nebenleistung handelt, die nach § 2 Abs. 1 lit. d des ZugG angekundigt, angeboten oder gewährt werden darf. Als handelsüblich ist eine im Zweckzusammenhang mit der Hauptware oder Hauptleistung stehende Nebenleistung anzusehen, wenn sie sich nach der Verkehrsauffassung im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten hält. Wesentlich ist, daß die Nebenleistung nach der Auffassung des Verkehrs nicht mehr als Bestandteil des Hauptgeschäftes, sondern als zusätzliche Leistung anzusehen ist, weil sonst der Zugabencharakter fehlte (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 131; Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1225; Hoth - Gloy, Zugabe, 242). Ob und unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall die kostenlose Beförderung von Kunden zu verkehrsmäßig ungünstig gelegenen Verkaufsstätten deswegen als eine Nebenleistung angesehen werden kann, die sich im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten hält, weil damit nur der sich aus der Lage der Verkaufsstätte ergebende Wettbewerbsnachteil ausgeglichen wird (vgl. dazu Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1226), kann für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Hier wird nämlich der Ersatz der Taxispesen ohne jede Beschränkung der Höhe nach - etwa auf die Kosten vom nächstgelegenen Parkplatz zum Geschäft - zugesagt, wofür eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Erstattung des Fahrpreises oder eines Teiles davon für den Fall eines Wareneinkaufes nicht als handelsübliche, den kaufmännischen Gepflogenheiten entsprechende Nebenleistung angesehen werden kann, nicht gerechtfertigt ist. Zu dem Einwand der beklagten Partei, daß dem Kunden nur eine dem Verkäufer obliegende, aber vom Kunden abgenommene Leistung, nämlich der Transport des Altgerätes vom Kunden zum Geschäft des Verkäufers, vergütet werde, ist darauf zu verweisen, daß ein solches Vorgehen ebenfalls nicht kaufmännischen Gepflogenheiten entspricht. Üblich ist vielmehr, daß das Altgerät nach Abschluß des Kaufvertrages über ein neues Gerät - meist anläßlich der Lieferung des neuen Gerätes - vom Händler beim Kunden abgeholt wird. Überdies wird im vorliegenden Fall dem Kunden nicht nur der Transport des Altgerätes, sondern auch die Beförderung seiner Person vergütet. Damit entspricht der in Aussicht gestellte Vorteil der Zusage einer attraktiven Beförderungsleistung, die nur für den Fall gewährt wird daß die angebotene Ware gekauft wird, und dazu dient, den Kunden anzulocken. Daher kann der angekundigte Vorteil nicht als handelsübliche Nebenleistung beurteilt werden (vgl. Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1226).

Da auch ein anderer Ausnahmetatbestand nach § 2 oder 3 ZugG nicht vorliegt und § 3 ZugG überdies nur die Gewahrung, nicht aber die Ankündigung oder das Anbieten der dort genannten Zugaben gestattet, verstößt die beanstandete Ankündigung gegen § 1 ZugG. Damit ist der von der klagenden Partei geltend gemachte Unterlassungsanspruch bescheinigt, ohne daß die Frage noch zu prüfen war, ob die Vorgangsweise der beklagten Partei wegen der Schaffung eines moralischen Kaufzwanges für die Kunden, die mit ihrem Altgerät in einem Taxi zur Verkaufsstätte der beklagten Partei kommen, auch gegen § 1 UWG verstieß.

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