OGH 4Ob313/84

OGH4Ob313/8420.3.1984

SZ 57/56

Normen

EO §391 Abs1
EO §399 Abs1 Z3
PatG §147 Abs2
EO §391 Abs1
EO §399 Abs1 Z3
PatG §147 Abs2

 

Spruch:

Die Bestimmungen der EO über den Erlag eines Befreiungsbetrages durch den Gegner der gefährdeten Partei (§ 391 Abs. 1, § 399 Abs. 1 Z 3 EO) gelten auch für einstweilige Verfügungen nach § 147 Abs. 2 PatG

Auch nach der Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen Erlages einer ausreichenden Sicherheit durch den Antragsgegner bleibt es diesem unbenommen, gegen die Bewilligung der einstweiligen Verfügung - sofern die Frist dazu noch offen ist - Rekurs zu erheben

OGH 20. 3. 1984, 4 Ob 313/84 (OLG Wien 4 R 154/83; HG Wien 18 Cg 81/83)

Text

Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin auf Unterlassung von Patentverletzungen hat das Erstgericht den Beklagten mit einstweiliger Verfügung vom 15. 6. 1983 das Herstellen, Feilhalten oder Inverkehrbringen auf einem Lastfahrzeug anbringbarer Ladekräne verboten, die bestimmte, im Spruch des Beschlusses näher bezeichnete Merkmale aufweisen; zugleich sprach es (ua.) aus, daß die einstweilige Verfügung nicht vollzogen und die schon vollzogene Verfügung auf Antrag der Beklagten aufgehoben werde, wenn letztere eine Sicherheit von 1 Mio. S zu Gericht erlegten.

Der Beschluß des Erstgerichtes wurde von den Beklagten rechtzeitig mit Rekurs angefochten. In diesem Rechtsmittel - welchem keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde - beantragten die Beklagten, die angefochtene Entscheidung iS der Abweisung des Sicherungsantrages abzuändern.

Noch bevor der Rekurs dem OLG Wien vorgelegt wurde, legte der Beklagtenvertreter am 22. 7. 1983 eine Bankgarantie der A-Bank vom 7. 7. 1983 über 1 Mio. S vor und beantragte gleichzeitig, die einstweilige Verfügung gemäß § 147 Abs. 2 Satz 2 PatG aufzuheben.

Mit dem - unangefochten in Rechtskraft erwachsenen - Beschluß vom 2. 8. 1983 ließ das Erstgericht diese Bankgarantie als hinreichende Sicherheit iS der § 56 Abs. 2 ZPO, § 78 EO zu; gleichzeitig hob es die einstweilige Verfügung vom 15. 6. 1983 mit sofortiger Wirkung auf.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß vom 7. 9. 1983 wies das OLG Wien als Rekursgericht den Rekurs der Beklagten gegen die einstweilige Verfügung vom 15. 6. 1983 zurück und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300 000 S übersteige. Das Rechtsmittel der Beklagten habe durch die rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügung seine Grundlage verloren; es sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und trug diesem Gericht eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs der Beklagten auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Rekursgericht auf den bisher nicht veröffentlichten Beschluß des OGH vom 19. 5. 1981, 4 Ob 349, 350/81, verwiesen; die gegenteilige Lehre von Heller-Berger-Stix (Komm. z. EO[4] III 2846, 2888) betreffe die hier nicht anwendbare Regelung über den Erlag von Befreiungsbeträgen bei einstweiligen Verfügungen im allgemeinen nach § 391 Abs. 1, § 399 Abs. 1 Z 3 EO.

Richtig ist, daß der OGH in der erwähnten Vorentscheidung die sachliche Erledigung eines die einstweilige Verfügung selbst betreffenden Rechtsmittels mit der Begründung abgelehnt hat, dieses Rechtsmittel habe durch die rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügung - welche auch dort wegen Erlages der dem Gegner der gefährdeten Partei vorbehaltenen Sicherheit erfolgt war - seine Grundlage verloren. Diese Rechtsansicht kann aber nach nochmaliger Prüfung der Rechtslage nicht länger aufrechterhalten werden. Aus welchem Grund die allgemeine Regelung der Exekutionsordnung über den Erlag eines Befreiungsbetrages durch den Gegner der gefährdeten Partei (§ 391 Abs. 1, § 399 Abs. 1 Z 3 EO) auf einstweilige Verfügungen nach § 147 Abs. 2 PatG nicht anwendbar sein sollte, ist nicht zu erkennen. Der zweite Satz dieser Gesetzesstelle geht wohl insofern über § 399 Abs. 1 Z 3 EO hinaus, als er für den Fall des Erlages einer angemessenen Sicherheit durch den Gegner der gefährdeten Partei die Aufhebung der einstweiligen Verfügung zwingend anordnet (arg. "hat ... aufzuheben"; ebenso Friedl-Schönherr-Thaler, Patent- und Markenrecht 224, § 147 PatG Anm. 8); mangels einer abweichenden Regelung durch das Patentgesetz ist aber eine solche Aufhebung der einstweiligen Verfügung in allen übrigen Belangen - und damit insbesondere auch hinsichtlich der mit ihr verbundenen Rechtsfolgen - gleichfalls nach § 399 Abs. 1 Z 3 (in Verbindung mit § 391 Abs. 1) EO zu beurteilen.

Gemäß § 399 Abs. 1 Z 3 EO kann die Aufhebung der einstweiligen Verfügung beantragt werden, wenn der Gegner der gefährdeten Partei die ihm - iS des § 391 Abs. 1 Satz 2 EO - vorbehaltene oder eine anderweitige, dem Gericht genügend erscheinende Sicherheit geleistet hat und sich darüber ausweist. Durch den stattgebenden Beschluß des Gerichtes wird aber nicht die einstweilige Verfügung selbst aufgehoben, sondern nur ihr (weiterer) Vollzug abgewendet (Walker, Österr. Exekutionsrecht[4], 388); an die Stelle der ursprünglichen Sicherungsmaßnahme - hier: des vom Erstgericht ausgesprochenen Unterlassungsgebotes - tritt der vom Antragsgegner erlegte, dem Gericht zur Sicherung des gefährdeten Anspruches ausreichend erscheinende Geldbetrag (Heller-Berger-Stix aaO 2846 f., 2888; ähnlich bereits SZ 10/269, wo ausdrücklich von einem Surrogat des Vollzuges der einstweiligen Verfügung die Rede ist). Daraus folgt aber, daß der Gegner der gefährdeten Partei mit dem Erlag des Befreiungsbetrages keineswegs die Zulässigkeit und die Berechtigung der einstweiligen Verfügung an sich anerkennt; es bleibt ihm vielmehr auch nach einem iS des § 399 Abs. 1 Z 3 EO ergangenen "Aufhebungs"-Beschluß des Gerichtes unbenommen, gegen die Bewilligung der einstweiligen Verfügung - sofern die Frist dazu noch offen ist - Rekurs zu erheben (ebenso Heller-Berger-Stix aaO 2846, 2888). Das rechtliche Interesse an einer solchen Anfechtung des Bewilligungsbeschlusses - und damit auch, wie hier, an der sachlichen Erledigung eines bereits vor der Beschlußfassung nach § 399 Abs. 1 Z 3 EO gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Rechtsmittels - ist dabei schon deshalb zu bejahen, weil der Gegner der gefährdeten Partei nur bei einem Erfolg dieses Rechtsmittels die sofortige Ausfolgung der Sicherstellung erwirken kann; andernfalls würde der zur Hemmung des Vollzuges erlegte Geldbetrag so lange für den zu sichernden Anspruch haften, als die einstweilige Verfügung nicht aus einem der in § 391 Abs. 2, § 399 Abs. 1 Z 2 und 4 EO genannten Gründe rechtskräftig aufgehoben worden ist (Heller-Berger-Stix aaO 2888).

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