OGH 6Ob534/84

OGH6Ob534/8415.3.1984

SZ 57/54

Normen

EO §156 Abs2
JN §1
EO §156 Abs2
JN §1

 

Spruch:

Die Übergabe der Liegenschaft an den Ersteher gemäß § 156 Abs. 2 EO setzt voraus, daß Inhaber der zu räumenden Liegenschaft der Verpflichtete ist. Gegen Dritte, welche die Liegenschaft benützen, muß der Ersteher seine Ansprüche im Rechtsweg durchsetzen

OGH 15. 3. 1984, 6 Ob 534/84 (LGZ Wien 41 R 337/83; BG Innere Stadt Wien 47 C 275/81)

Text

Die Klägerin beantragte, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, ihr die Bestandobjekte Nr. 4/5 und 6 im Hause S-Gasse 10, 1090 Wien, geräumt zu übergeben. Sie brachte vor, daß sie die Liegenschaft EZ 1599 KG W VI, Haus in der S-Gasse 10, mit Kaufvertrag vom 29. 5. 1980 von der C-Anstalt erworben habe, welcher ihrerseits diese Liegenschaft mit Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 20. 3. 1980 zugeschlagen worden sei. Die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin sei mit Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 6. 2. 1981 bewilligt und deren Vollzug mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 23. 3. 1981 angeordnet worden. Die genannte Liegenschaft sei bis zur Zuschlagserteilung im Eigentum des Erstbeklagten gestanden, welcher auch die Bestandobjekte Nr. 4/5 und 6 als "Hausherrenwohnung" bzw. für eigene geschäftliche Zwecke benützt habe und diese bis heute - seit der Zuschlagserteilung allerdings titellos - innehabe. Aus der Klägerin nicht näher bekannten, jedoch unschwer erschließbaren Gründen habe der Erstbeklagte die gegenständlichen Bestandräumlichkeiten zum Schein an eine "Briefkastenfirma" mit Sitz in Schaan, die Zweitbeklagte, zu überaus günstigen Bedingungen vermietet. Dieser Trust, der wirtschaftlich zur Gänze vom Erstbeklagten beherrscht werde, habe die gegenständlichen Bestandräume zu keinem Zeitpunkt für eigene Zwecke verwendet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegen beide beklagten Parteien statt.

Aus Anlaß der Berufung der beklagten Parteien hob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil und das diesem vorausgegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es vertrat die Rechtsansicht, gegen den Erstbeklagten könne der Ersteher der Liegenschaft und dessen Rechtsnachfolger die Übergabe der Liegenschaft nur im Wege eines Antrages nach den §§ 156 Abs. 2, 349 EO erzwingen. Der Rechtsweg sei dagegen unzulässig. Die zwangsweise Räumung wirke in einem solchen Fall aber nicht nur gegen den Verpflichteten, sondern auch gegen Dritte, die nicht kraft eigenen Rechtes (etwa als Mieter) berechtigt seien, die Liegenschaft zu benützen. Da die Zweitbeklagte nach dem für die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsweges maßgebenden Vorbringen in der Klage über kein solches Recht verfüge, weil es sich bei der Vermietung der Bestandobjekte an sie nach den Klagsbehauptungen um ein nichtiges Scheingeschäft handeln solle, würde auch sie von der gegen den Erstbeklagten eingeleiteten zwangsweisen Räumung erfaßt werden. Es könne daher auch nicht gegen sie selbständig mit einer Räumungsklage vorgegangen werden.

Der Oberste Gerichtshof hob über Rekurs der Klägerin den Beschluß des Berufungsgerichtes, soweit er die Zweitbeklagte betraf, auf und trug dem Berufungsgericht die Entscheidung über deren Berufung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 156 Abs. 2 EO ist die Übergabe der Liegenschaft an den Ersteher nach den Bestimmungen des § 349 EO zu vollziehen. Antragsgegner des diesbezüglichen Verfahrens ist der Verpflichtete, dessen Eigentum durch die Zwangsversteigerung erloschen ist. Die Übergabe kann daher nur in dem Umfang durchgeführt werden, in dem der Verpflichtete die Liegenschaft besitzt. Es kommt immer nur auf den Besitz des Verpflichteten an. § 156 Abs. 2 EO setzt stets voraus, daß Inhaber der zu räumenden Liegenschaft der Verpflichtete ist. Wird die Liegenschaft ganz oder zum Teil von Dritten benützt, so hat sich das Exekutionsgericht in die Beurteilung des Umfanges des Rechtes des Dritten nicht einzulassen. Dem Ersteher bleibt es überlassen, seine Ansprüche im Rechtsweg durchzusetzen (Heller-Berger-Stix, Kommentar zu EO[4] 1255; SZ 15/236; SZ 11/20).

Die Klägerin hat daher im vorliegenden Fall keine Möglichkeit, die Räumung der Liegenschaft auch seitens der zweitbeklagten Partei im Wege eines Antrages nach den §§ 156 Abs. 2, 349 EO durchzusetzen, selbst wenn die Zweitbeklagte die Räumlichkeiten ohne Rechtstitel innehaben sollte. Gegen die Zweitbeklagte ist somit der Rechtsweg zulässig.

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