OGH 7Ob521/84

OGH7Ob521/848.3.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Erlagssache des Antragstellers Amt der Tiroler Landesregierung in Innsbruck wegen 627.882,98 ATS, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der O***** Gesellschaft mbH in ***** gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 28. Dezember 1983, GZ 2 R 261/83‑17, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 3. Oktober 1983, GZ 4 Nc 47/83‑10, abgeändert wurde folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00521.840.0308.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss änderte das Rekursgericht den Beschluss des Erstrichters, womit auf Antrag des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der O***** Gesellschaft mbH, Rechtsanwalt Dr. Walter Spiess, die Ausfolgung des am 30. 5. 1983 vom Amt der Tiroler Landesregierung erlegten Betrags von 627.882,98 ATS an den Masseverwalter angeordnet wurde, infolge Rekurses der Republik Österreich in eine Abweisung dieses Antrags ab. Nach der Rechtsansicht des Rekursgerichts sei nicht allein ausschlaggebend, ob der gerichtliche Erlag ursprünglich nur zugunsten der Gemeinschuldnerin erfolgt sei. Es müsse viel mehr mit berücksichtigt werden, dass die Erlegerin in ihrer Äußerung zum Ausfolgungsantrag des Masseverwalters mitgeteilt habe, dass der Erlag wegen der divergierenden Rechtsansichten des Masseverwalters einerseits und des Finanzamtes Innsbruck andererseits über die Zulässigkeit einer vom letzteren begehrten Aufrechnung mit Steuerschulden erfolgt sei und dass demnach der Erlagsgegner im Verwahrauftrag nicht vollständig bezeichnet worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Masseverwalters ist nicht berechtigt.

Der Schulderlag nach § 1425 ABGB setzte im vorliegenden Fall wegen des Fehlens anderer Erlagsgründe eine Mehrheit von Forderungsprätendenten voraus. Er wäre bei bloß einem Gläubiger, der bereit war, die Zahlung anzunehmen, gar nicht zulässig gewesen (SZ 30/79 ua) und hätte dann auch nicht schuldbefreiend gewirkt ( Gschnitzer in Klang² VI 412, GlU 4987). Im vorliegenden Fall hatte das Amt der Tiroler Landesregierung nach dem Erlagsbericht der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Innsbruck als Zahlungszweck bloß „Hinterlegung Amtsschlussrechnung der Firma O*****“ angeführt, in dem (irrtümlich?) an das Landesgericht Innsbruck als Konkursgericht gerichteten Antrag auf Annahme zur Hinterlegung gemäß § 1425 ABGB aber als die Hinterlegung rechtfertigende Tatsache die „divergierenden Rechtsansichten des Finanzamtes Innsbruck wegen Aufrechnung gemäß § 1438 ABGB und des Masseverwalters“ angegeben. Die dort weiters enthaltene „besondere Bedingung“ für die Hinterlegung: „Es wird beantragt, den Hinterlegungsbetrag auf ein zugunsten des Gemeinschuldners eröffnendes Sparbuch einzuzahlen“, war mit Rücksicht auf den vorher genannten Erlagsgrund entgegen der Meinung des Rekurswerbers nicht eindeutig dahin zu verstehen, dass der Erlag zur freien Verfügung an den Masseverwalter ausgefolgt werden solle. Das Rekursgericht hat überdies zutreffend den Umstand berücksichtigt, dass jedenfalls noch vor der Entscheidung über den Ausfolgungsantrag des Masseverwalters der zweite Erlagsgegner auch dem Erlagsgericht bekannt wurde. Ein solcher noch rechtzeitig vor der Ausfolgung bekannt gewordener Forderungsprätendent darf nach ständiger Rechtsprechung nicht unberücksichtigt bleiben, weil die Rechte Dritter, die sich in diesem Sinn rechtzeitig gemeldet haben, nicht übergangen werden dürfen (SZ 27/59, SZ 51/42 ua). Zum Schutz dieser rechtlichen Interessen genießen auch solche dritte Personen Parteistellung im Ausfolgungsverfahren (SZ 52/49).

Die Ausführungen des Revisionsrekurses können diese Rechtslage nicht in Zweifel stellen, Schon ein eindeutiger Erlag nur zugunsten eines Gegners lag in Wahrheit nicht vor, überdies wurde der weitere Erlagsgegner noch rechtzeitig bekannt gegeben. Eine schuldtilgende Wirkung kam dem Erlag nur nach Maßgabe der materiellen Rechtslage zu. Wäre daher die Forderung der Konkursmasse durch eine berechtigte Kompensation mit Abgabenschulden bereits erloschen (§ 1441 zweiter Satz ABGB, EvBl 1957/318 ua), so stünde sie nicht mehr der Konkursmasse zu und eine Tilgung könnte durch den Gerichtserlag ebensowenig wie durch Zahlung an sie eintreten. Deshalb ist es auch gleichgültig, dass im Hinterlegungsbeschluss die Konkursmasse (fälschlich) allein als Erlagsgegner bezeichnet wurde. Kein auch nachträglich auftretender Forderungsprätendent durfte zugunsten eines früher bekanntgegebenen Erlagsgegners, dessen Rechte dadurch in Frage gestellt wurden, übergangen werden. Der Hinweis des Rekurswerbers aber, dass über den Erlagsbetrag auch nach einer Ausfolgung an die Konkursmasse ohnehin nicht vor der Entscheidung über Ansprüche Dritter verfügt werden könne, bringt höchstens ein mangelndes Rechtsschutzinteresse des Rekurswerbers zum Ausdruck.

Dass bei mehreren Erlagsgegnern die Ausfolgung des Erlags die Übereinstimmung aller oder ein gegen die anderen erwirktes Urteil voraussetzt, stellt der Rekurswerber nicht in Zweifel. Der Gegner einer solchen Klage steht nach dem Gesagten hier mit der Republik Österreich fest.

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