OGH 7Ob821/82

OGH7Ob821/8215.12.1983

SZ 56/194

Normen

ABGB §897
ABGB §1062
ABGB §897
ABGB §1062

 

Spruch:

Bei einem bis zur behördlichen Genehmigung aufschiebend bedingten Kaufvertrag kann unter besonderen Umständen die Sicherstellung der Kaufpreiszahlung noch vor der Genehmigung verlangt werden

OGH 15. 12. 1983, 7 Ob 821/82 (OLG Graz 6 R 120/82; LG Klagenfurt 22 Cg 417/82)

Text

Mit "Vorvertrag" vom 9. 8. 1981 verkauften die Kläger ihre Liegenschaft EZ 47 KG S, bestehend aus einem Waldgrundstück in der Größe von rund 6000 m2, dem Beklagten um den Betrag von 230 000 S, "in Barauszahlung beim Notar zu hinterlegen". Am 11. 8. 1981 verfaßte der Notar Dr. K eine Kaufvertragsurkunde, wonach der Kaufpreis 150 000 S beträgt und sich die Käufer verpflichten, diesen Kaufpreis zur ungeteilten Hand unverzüglich nach Vertragsunterfertigung auf das Konto der Verkäuferin zu überweisen. Nach einem anderen Punkt der Vertragsurkunde sind zur Rechtswirksamkeit des Vertrages die Genehmigungen nach dem Grundverkehrsgesetz und nach dem Wohnsiedlungsgesetz erforderlich. Diese Urkunde wurde nur von den Beklagten unterfertigt. Während sie behaupten, der Kaufpreis sei einverständlich auf 150 000 S vermindert worden, bringen die Kläger vor, der Betrag von 150 000 S sei nur auf Wunsch der Beklagten in die Vertragsurkunde aufgenommen worden. Diese hätten den Restbetrag von 80 000 S sofort ohne Quittung in bar zahlen sollen; da die Beklagten den Betrag beim Notar nicht bei sich hatten, hätten sich die Kläger geweigert, die Vertragsurkunde zu unterfertigen. Sie hätten Anspruch auf Auszahlung des vollen Kaufpreises. Die Beklagten verwiesen auf das Ausstehen der behördlichen Genehmigungen.

Der Erstrichter wies das auf Zahlung von 230 000 S sA gerichtete Klagebegehren ohne weitere Feststellungen mit der Begründung ab, daß die Kläger vor den Genehmigungen nach den genannten Gesetzen die Erfüllung des Vertrages durch Zahlung des Kaufpreises noch nicht fordern könnten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger Folge und verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zurück. Es teilte zwar die Rechtsansicht des Erstrichters, daß grundsätzlich aus einem aufschiebend bedingten Vertrag wie dem vorliegenden vor dem Eintritt der Bedingung jene Erfüllungshandlungen nicht verlangt werden können, die zur Beendigung des Schwebezustandes nicht erforderlich seien. Nach den Behauptungen der Kläger hätten aber die Parteien im vorliegenden Fall eine besondere Vereinbarung getroffen, nach der die Käufer den Kaufpreis vor der Genehmigung des Vertrages durch die Grundverkehrsbehörde und die Wohnsiedlungsbehörde und auch noch vor der Unterfertigung des grundbuchsfähigen Vertrages zu bezahlen haben. Auf Grund einer solchen Vereinbarung wären die Käufer verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis vorauszuzahlen. Diese Vereinbarung widerspreche auch keinem gesetzlichen Verbot oder den guten Sitten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Berufungsgericht ist iS der neueren Lehre und Rechtsprechung zutreffend davon ausgegangen, daß ein Kaufvertrag, dessen Wirksamkeit von behördlichen Genehmigungen abhängig ist, als aufschiebend bedingt anzusehen ist und die Parteien verpflichtet, alles zur Erwirkung der erforderlichen Genehmigungen Erforderliche zu tun, daß aber solche Erfüllungshandlungen nicht verlangt werden können, die zur Beendigung des Schwebezustandes nicht erforderlich sind, sodaß vor dem Eintritt der Bedingung die Zahlung des Kaufpreises regelmäßig nicht begehrt werden kann. Der Schwebezustand beruht nicht auf dem Parteiwillen, sondern auf dem Gesetz (Gschnitzer in Klang[2], III 659 f.); das zugedachte Recht gelangt iS des § 696 Satz 3 ABGB erst nach Erfüllung der aufschiebenden Bedingung zu seiner Kraft (Steiner, Grundverkehrsbehördliche Genehmigung und Bedingungslehre, JBl. 1974, 506; Bydlinski zu JBl. 1975, 652; SZ 52/1 ua.). Dem Berufungsgericht ist aber auch dahin zu folgen, daß diese Rechtslage eine Vereinbarung nicht ausschließt, derzufolge ausnahmsweise die Käufer der Liegenschaft eine Vorleistung zu erbringen haben, etwa um aus dem hier vorgebrachten Gründe einen in der Vertragsurkunde nicht aufscheinenden Teil des Kaufpreises sicherzustellen. Wenngleich der Kaufvertrag unter der Rechtsbedingung der erforderlichen behördlichen Genehmigung geschlossen wird, ist nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit eine solche, von der Wirksamkeit dieses Vertrages unabhängige Zusatzvereinbarung durch keine Rechtsnorm verboten, zumal der Schutzzweck der Grundverkehrsgesetze Sicherungen des Verkäufers bis zur Wirksamkeit des Vertrages nicht ausschließt. Im Zweifel ist allerdings anzunehmen, daß eine Vereinbarung im Rahmen des Kaufvertrages nicht unabhängig von diesem gelten soll.

In diesem Sinn ist die Rechtssache nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes noch nicht spruchreif. Entgegen der Meinung der Rekurswerber steht bisher keineswegs fest, welche Vereinbarungen die Streitteile ursprünglich oder zuletzt getroffen haben. Im Falle der beabsichtigten Verschweigung eines Teiles des Kaufpreises in der Vertragsurkunde wäre eine von der Genehmigung des Vertrages unabhängige Sicherstellung nicht ungewöhnlich. Die Beklagten könnten sich dann - unabhängig von der Verpflichtung, den Behörden den wahren Kaufvertragsinhalt bekanntzugeben - nicht darauf berufen, daß die Kläger die bloß über die verminderte Summe errichtete Kaufurkunde noch nicht unterschrieben haben. Sie müßten vielmehr im Falle der Richtigkeit der Klagsbehauptungen wenigstens den über den Kaufpreis laut Vertragsurkunde hinaus zugesagten Betrag unabhängig von der ausstehenden behördlichen Genehmigung vorläufig bezahlen. Dabei wäre ein Erlag beim Notar, falls insoweit nach der Parteienabsicht die alte Vereinbarung aufrechtbleiben sollte, als Minus gegenüber der unmittelbaren Leistung an die Kläger anzusehen und demnach eine solche Verurteilung ohne Verstoß gegen § 405 ZPO möglich (vgl. JBl. 1971, 572 ua.). Der im notariellen Vertragsentwurf angeführte (verminderte) Kaufpreis von 150 000 S stellt hingegen die Gegenleistung der Käufer laut dem erst zu genehmigenden Vertrag dar. Sie ist im Zweifel erst nach der behördlichen Genehmigung zu erbringen, weil die Rechtsbedingung auch die Leistungsfrist im allgemeinen hinausschiebt (SZ 52/1). Nur wenn auch diese Leistung nach dem Vertragswillen außerhalb des genehmigungsbedürftigen Vertrages erbracht werden sollte, wäre das Klagebegehren auch in diesem Umfang berechtigt. Von der Unterfertigung des Kaufvertrages durch die Kläger hängt die Leistungspflicht der Beklagten hingegen nicht ab, wenn die Behauptung der Kläger zutrifft, daß der schriftliche Vertrag einen voraus zu bezahlenden Teilbetrag nicht enthält.

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