European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1983:0050OB00017.830.0419.000
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Dem Berufungsgericht wird die neue Entscheidung aufgetragen.
Die Rekurskosten sind weitere Prozesskosten.
Begründung
Sein mit Klage geltend gemachtes Begehren, die Beklagte sei schuldig, ihm eine detaillierte Abrechnung über sämtliche von der Beklagten getätigten Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung der Wohnhausanlage *****, auf der EZ 935 der Katastralgemeinde ***** für die Zeit vom 28. 7. 1980 bis 31. 12. 1981 zu legen, stütze der Kläger auf die Behauptung, er habe am 28. 7. 1980 von der Beklagten, die zum Verwalter der Eigentumswohnhausanlage bestellt wurde, die „Eigentumswohnung Top Nr 2 gekauft“ und sei mit vorläufig 84/1000 Miteigentümer dieser Liegenschaft EZ 935 der Katastralgemeinde *****. Die Beklagte sei ihrer Pflicht zur Legung der Rechnung nicht nachgekommen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens, weil die Miteigentümer mit der Bekanntgabe von Daten säumig waren und die Abrechnung durch die Beklagte daher nicht erstellt werden konnte.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, dass die Beklagte Verwalter des Hauses in *****, sei, in welchem der Kläger als Miteigentümer von 84/1000 Anteilen dieser Liegenschaft die von der Beklagten gekaufte Wohnung Top Nr 2 bewohne, und dass die Beklagte keine Abrechnung gelegt habe. Die erst am 9. 4. 1982 erfolgte Beschlussfassung von Eigentümern, den Wohnflächen 50 % der ausgebauten Kellerräume zuzuschlagen, könne die Verpflichtung des Verwalters, den Miteigentümern über die Verwaltung in den Jahren 1980 und 1981 Rechnung zu legen, nicht aufschieben.
Aus Anlass der von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung hob das Berufungsgericht das Urteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Streitigkeiten mit dem Verwalter über die Legung der Rechnung seien nach § 26 Abs 1 Z 4 WEG im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Da der Kläger vorgetragen habe, er habe mit der Beklagten einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung geschlossen und in diesem die Beklagte zum Verwalter bestellt, habe die Klage einen Streit zwischen einem Wohnungseigentümer und dem Verwalter über die Legung der Rechnung (§ 17 Abs 2 WEG) zum Gegenstand, Ein solches Begehren sei, auch wenn die Abrechnung gegenüber einem Wohnungseigentumsbewerber erfolgen solle, in das Außerstreitverfahren verwiesen. Verfahren und Entscheidung seien nach § 477 Abs 1 Z 6 ZPO nichtig.
Diesen Beschluss des Berufungsgerichts bekämpft der Kläger mit seinem nach § 519 Z 2 ZPO zulässigen Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist berechtigt.
Der Kläger bringt nun vor, es sei Wohnungseigentum an der Liegenschaft noch nicht erworben (§ 12 Abs 1 WEG). Auch die Beklagte hatte schon in ihrer Berufung behauptet, es sei Wohnungseigentum noch nicht begründet. Dass Wohnungseigentum bereits im Grundbuch eingetragen wurde, lässt sich auch der Klagserzählung nicht entnehmen, nach der zwar Miteigentum des Klägers an der Liegenschaft besteht, wie es auch das Erstgericht feststellte, aber von einer Einverleibung des Wohnungseigentums nicht gesprochen werden kann. Damit ist aber das Berufungsgericht ohne Grundlage im Vorbringen der Parteien oder den erstrichterlichen Feststellungen von der Anwendbarkeit des § 17 Abs 2 Z 1 und des § 26 Abs 1 Z 4 lit a WEG ausgegangen. Voraussetzung der Anwendbarkeit der §§ 13 bis 18 WEG über die Verwaltung der Wohnung und Liegenschaft ist, dass an ihr bereits (zumindest neben schlichtem Miteigentum) Wohnungseigentum begründet ist. Auf Wohnungseigentumsbewerber sind die Vorschriften der §§ 13 ‑ 18 WEG auch nicht analog anzuwenden, weil in dieser Beziehung eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, die durch Analogie geschlossen werden könnte, nicht vorliegt (MietSlg 30.571 Nr 29: MietSlg 29.528 Nr 26 2. 3. 1982 5 Ob 19/81). Der Streit über die Legung der Rechnung kann nicht im Verfahren nach § 26 WEG ausgetragen werden, bevor hinsichtlich eines Anteils Wohnungseigentum einverleibt wurde. Trifft es zu, dass die Wohnungseigentumsbewerber bisher schlichte Anteile an der Liegenschaft halten und noch mit keinem Anteil Wohnungseigentum untrennbar durch die bücherliche Einverleibung verbunden wurde, kommen zur Regelung der Rechtsbeziehung der Miteigentümer mit dem Verwalter der Liegenschaft nur die Bestimmungen der §§ 837 und 1012 ABGB oder eine vertragliche Gestaltung zum Tragen. Die Rechnungslegung ist im streitigen Verfahren zu fordern (SZ 2/97; Fasching II 91). Die Anwendung des Verfahrens nach § 26 WEG ist der Dispositionsfreiheit der Parteien entzogen (MietSlg 30.598). Die vom Berufungsgericht angenommene Verweisung des Rechnungslegungsbegehrens der Klägers in das Verfahren außer Streitsachen liegt dann nicht vor, wenn an der Liegenschaft Wohnungseigentum überhaupt noch nicht begründet wurde.
Selbst wenn sich aber ergeben sollte, dass zumindest mit einem Mindestanteil der Liegenschaft Wohnungseigentum verbunden oder der Kläger schon Wohnungseigentümer ist und daher der Rechtsweg nicht zugelassen ist, müsste dies nicht zur Klagszurückweisung führen. Der 5. Senat hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass seit der Neufassung des § 84 Abs 2 Satz 2 ZPO durch § 39 Z 3 KSchG BGBl 1979/140 die unrichtige Bezeichnung einer Klage als Antrag im Verfahren außer Streitsachen nicht schadet und daher nicht mit der Antragszurückweisung vorzugehen ist, wenn die Sache im streitigen Verfahren zu erledigen ist, es vielmehr ‑ nach allenfalls erforderlicher Beseitigung von Formgebrechen ‑ zur Einleitung des Rechtsstreits zu kommen hat (MietSlg 33.574 Nr 19). Gleiches hat hier zu gelten. Ist das Begehren deutlich zu erkennen, wäre unter der Voraussetzung der Zuständigkeit des Erstgerichts das außerstreitige Verfahren abzuwickeln, wenn die Vorschrift des § 17 Abs 2 Z 1 WEG anzuwenden und daher die Streitigkeit mit dem Verwalter über die Legung der Rechnung im Verfahren außer Streitsachen auszutragen sein sollte (vgl die am 1. 5. 1983 in Kraft tretende Regelung im § 40a JN, der durch Art II Z 11 der Zivilverfahrens‑Novelle BGBl 1983/135, eingefügt wurde).
Da die Zulässigkeit des Rechtswegs von Amts wegen zu prüfen ist ( Fasching I 267), ihr vom Berufungsgericht angenommenes Fehlen aber weder durch Klagssachverhalt und Urteilsantrag noch durch andere Verfahrensergebnisse begründet ist, ist der Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und die neue Entscheidung aufzutragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.
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