Spruch:
Im Verfahren zur gerichtlichen Bestellung von Revisoren nach § 45 GmbHG kommt nur der Gesellschaft und dem antragstellenden Gesellschafter Beteiligtenstellung und Rechtsmittelbefugnis zu, nicht aber den anderen Gesellschaftern und dem Geschäftsführer
Rechte der gerichtlich bestellten Revisoren (§ 46 Abs. 1 GmbHG) sind nach § 19 AußStrG durchsetzbar
OGH 3. 2. 1983, 6 Ob 10/82 (OLG Graz 3 R 101/82; LG Klagenfurt 5 HRB
71)
Text
Am 24. 2. 1981 hatte die GesmbH bei einem Stammkapital von 8 Mio. S folgende Gesellschafter: Die Antragstellerin mit einer Stammeinlage von 2 222 000 S (27.775%), den Geschäftsführer mit einer Stammeinlage von 500 000 S (6.25%) und eine schweizerische Holding-AG mit einer Stammeinlage von 5 278 000 S (65.975%). Am 24. 2. 1981 fand eine Generalversammlung statt, bei der die spätere Antragstellerin eine Bestellung von Revisoren beantragte. Nach den Behauptungen der Antragstellerin habe die Generalversammlung beschlossen, daß auf Kosten der Antragstellerin ein Buchprüfer bestellt werden könne, der, sofern er den Betrieb der Gesellschaft nicht störe, die Buchhaltung prüfen könne. Nach der vom Geschäftsführer vorgelegten Ablichtung einer Übersetzung des Protokolls über die Generalversammlung vom 24. 2. 1981 wurde zwar der Rechnungsabschluß für das Jahr 1979 bei Stimmenenthaltung der Minderheitsgesellschafterin genehmigt, nach den von der Minderheitsgesellschafterin zur Stützung ihres Prüfungsantrages vorgetragenen Bedenken gegen die Person des Geschäftsführers und dessen Stellungnahme aber über die Vornahme der Sonderprüfung kein formeller Generalversammlungsbeschluß gefaßt, sondern nur ein Einverständnis des Geschäftsführers zum Antrag auf Vornahme einer Revision erklärt, soweit der Revisor von der Minderheit beauftragt und bezahlt und der normale Geschäftsbetrieb der Gesellschaft nicht gestört werde; hierauf sei letztlich der "Wunsch" ausgesprochen worden, daß die Minderheit zu ihren Lasten einen Revisor bestelle.
Am 13. 5. 1982 stellte die Minderheitsgesellschafterin einen Antrag auf Bestellung von Revisoren zur Prüfung des letzten Jahresabschlusses, weil der Geschäftsführer die mit Gesellschaftsbeschluß zugelassene Prüfung behindere und verweigere.
Der gemäß § 45 Abs. 4 GmbHG zur Äußerung aufgeforderte Geschäftsführer wies darauf hin, daß in der Generalversammlung vom 24. 2. 1981 der Jahresabschluß 1979 genehmigt worden sei. In der inzwischen abgehaltenen außerordentlichen Generalversammlung vom 22. 10. 1981 sei aber - in Abwesenheit der Antragstellerin - bereits der Abschluß für das Jahr 1980 genehmigt worden, der in Ansehung des Antrages vom 13. 5. 1982 als "letzter" iS des § 45 Abs. 1 GmbHG anzusehen sei.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Sonderprüfung ab. Die Antragstellerin habe zwar eine teilweise Verhinderung oder einen Boykott der in der Generalversammlung vom 24. 2. 1981 angebotenen Buchprüfung, aber keine beschlußmäßige Ablehnung eines Prüfungsantrages behauptet; daher fehle es bereits an einer der gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung von Revisoren gemäß § 45 GmbHG.
Das Rekursgericht faßte einen Aufhebungsbeschluß. Im Falle einer bescheinigten Behinderung der Prüfungstätigkeit des von der Antragstellerin beauftragten Prüfers wären die Voraussetzungen für eine gerichtliche Bestellung von Revisoren gegeben.
Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs des Geschäftsführers zurück, gab jedoch den Revisionsrekurs der Gesellschaft Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Geschäftsführer ist im Verfahren zur gerichtlichen Bestellung von Revisoren nach § 45 GmbHG zwar gemäß Abs. 4 zu hören, diese Anhörung ist aber nicht in seinen persönlichen, sondern ausschließlich im Interesse der Gesellschaft normiert. Nur dieser und dem antragstellenden Gesellschafter, nicht aber etwa sonstigen Gesellschaftern (daher im vorliegenden Fall auch nicht dem Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Gesellschafter) kommen im Verfahren zur Bestellung von Revisoren nach § 45 GmbHG Beteiligtenstellung und Rechtsmittelbefugnis zu (HS VI/11). Die gegenteilige, in HS I/25 vertretene Ansicht verkennt, daß eine Sonderprüfung, mag sie auch in aller Regel mit Vorwürfen gegen die Gebarung der bestellten Geschäftsführer begrundet werden, zunächst nur einer Aufklärung des Jahresabschlusses und der ihr zugrundliegenden Geschäftsgebarung im Interesse der Gesellschaft dient, und durch die administrativen und möglicherweise finanziellen Belastungen, die mit einer Sonderprüfung verbunden sind, nur die gesellschaftsrechtlich geschützten Interessen der Gesellschaft als solcher, nicht aber auch die des Geschäftsführers unmittelbar berührt werden können. Der Revisionsrekurs des Geschäftsführers ist daher zurückzuweisen.
Das durch die §§ 45 bis 47 GmbHG geregelte Minderheitsrecht weist nach der systematischen Einordnung in den zweiten Abschnitt, der über die gesellschaftlichen Organe handelt, und nach den Intentionen der Herrenhauskommission (vgl. Ofner - Thorsch, GmbHG[2], Verlag Hölder 1911, 58 und Skerlj GmbHG, Manz 1906, 54 ff.) die Gesellschafter, deren Stammeinlagen den zehnten Teil des Stammkapitals erreichen, als ein Gesellschaftsorgan für den konkreten Anlaßfall aus, welches zwar formell im eigenen Namen, materiell aber Interessen der Gesellschaft als solcher zu wahren hat. Diese wird dabei von den ständigen satzungsmäßigen Organen vertreten. Im gesellschaftsinternen Interessenwiderstreit über eine weitergehende Aufklärung und Prüfung der Geschäftsgebarung, wie sie in dem zur Genehmigung vorgelegten Jahresabschluß niedergelegt wurde, hat vorweg die Generalversammlung zu erkennen. Erst wenn diese einen Sonderprüfungsantrag ablehnt, hat der in § 45 Abs. 1 GmbHG genannte Gerichtshof zu entscheiden. Dabei ist abzuklären, ob, durch wen und in der Folge auch auf wessen Kosten eine Sonderprüfung vorzunehmen sei. Nach dem Antragsvorbringen liegt zu diesen drei Fragen bereits ein bindender Beschluß der Generalversammlung vor, sodaß es diesbezüglich keiner gerichtlichen Beschlußfassung bedürfte. Erteilte aber der Geschäftsführer in der Generalversammlung während der Beratung über einen Sonderprüfungsantrag der Minderheitsgesellschafterin seine Zustimmung zur begehrten Prüfung, ohne daß die Antragstellerin weiterhin auf einer Beschlußfassung über ihren Sonderprüfungsantrag bestand und die Generalversammlung die Erklärung ihres Geschäftsführers, der sie im Falle eines gerichtlichen Verfahrens nach § 45 GmbHG zu vertreten gehabt hätte, in irgendeiner Weise abänderte oder berichtigte, dann liegt eine namens der Gesellschaft abgegebene und vom Minderheitsgesellschafter angenommene Erklärung des Geschäftsführers vor. Dies ist als außergerichtliche Bereinigung einer sonst im gerichtlichen Verfahren nach § 45 GmbHG zu erledigenden Auseinandersetzung anzusehen und materiell in derselben Weise wie ein entsprechender Gerichtsbeschluß verbindlich.
Die Antragstellerin begrundete ihren Antrag auch nur mit Meinungsverschiedenheiten über den Vollzug der ihr zugestandenen Sonderprüfung. Es liegt daher in Wahrheit ein Streit über den Vollzug einer Sonderprüfung vor, von der unbestritten ist, daß, von wem und auf wessen Kosten sie - im gesetzlichen Umfang - vorzunehmen ist.
§ 46 Abs. 1 GmbHG normiert Rechte der gerichtlich bestellten Revisoren. Diesen Rechten entsprechen Verpflichtungen der Organe und Angestellten der Gesellschaft. Ausdrücklich bestimmt das Gesetz nicht, ob und auf welche Weise diese Verpflichtungen durchsetzbar seien. Eine dem § 258 Abs. 1 (in bezug auf § 121 Abs. 1 und 2) AktG vergleichbare Regelung fehlt. Soll die Revision aber im Falle eines sich widersetzenden Geschäftsführers nicht auf eine Darstellung dieses Verhaltens im Revisionsbericht beschränkt bleiben, was dem Ziel und Zweck einer Sonderprüfung nicht gerecht würde, müssen die Verpflichtungen nach § 46 Abs. 1 GmbHG im Wege des § 19 AußStrG durchsetzbar sein.
Für diese grundsätzliche Konzeption mag es dahingestellt bleiben, ob im Behinderungsfall zunächst immer ein besonderer gerichtlicher Auftrag an das sich widersetzende Organ zu erlassen wäre oder ob die Anordnung der Sonderprüfung bereits eine unmittelbar durchsetzbare Verpflichtung der einzelnen Organe und Angestellten begrundete.
Für den zur Entscheidung vorliegenden Fall ist lediglich die Überlegung wesentlich, daß auch eine (außergerichtliche) bindende Regelung über die Durchführung einer Sonderprüfung im Interesse der Gesellschaft, deren interner Widerstreit zwischen ihren Organen (zur Minderheit als Ad-hoc-Organ s.o.) gelöst werden soll, wegen der größeren Anpassungsfähigkeit an die jeweilige Interessenlage (vgl. EvBl. 1982/78) nicht durch einen im Streitverfahren zu schaffenden und mit den Mitteln der Exekutionsordnung durchzusetzenden Titel, sondern im Wege des § 19 AußStrG durchzusetzen ist (vgl. hiezu die Überlegung zur Durchsetzung vertraglich eingeräumter Kontrollrechte eines Kommanditisten in SZ 50/90).
Aus diesen Erwägungen fehlte es dem Antrag auf Bestellung von Revisoren gemäß § 45 GmbHG jedenfalls an den gesetzlichen Voraussetzungen. In einen Antrag auf Durchsetzung der der Antragstellerin zugestandenen Sonderprüfung, etwa durch konkrete, dem Geschäftsführer zu erteilende Aufträge und durch unmittelbare Anwendung von angemessenen Zwangsmaßnahmen kann aber der gestellte Antrag auf Bestellung von Revisoren zur Überprüfung des letzten Jahresabschlusses nicht umgedeutet werden.
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