OGH 6Ob589/82

OGH6Ob589/8228.4.1982

SZ 55/60

Normen

ABGB §830
ABGB §830

 

Spruch:

Unzeit iS des § 830 ABGB kann vorliegen, wenn zwischen den Parteien des Teilungsprozesses schon vor dessen Einleitung ein Rechtsstreit über das alleinige Eigentumsrecht des Beklagten anhängig gemacht wurde

OGH 28. April 1982, 6 Ob 589/82 (OLG Wien 12 R 210/81; KG Wr. Neustadt 1 Cg 103/81)

Text

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil vom 12. 9. 1979 aus dem Alleinverschulden der nunmehrigen Klägerin geschieden. Dieses Urteil ist seit 29. 12. 1979 rechtskräftig.

Die Streitteile sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ 4 KG H, die real nicht teilbar ist.

Am 15. 4 1980 stellte der nunmehrige Beklagte beim Bezirksgericht Schwechat einen Antrag gemäß den §§ 81 ff. EheG, in welchem er vorbrachte, er sei vor der Eheschließung Alleineigentümer der Liegenschaft gewesen, nach der Eheschließung habe er die Hälfte davon der nunmehrigen Klägerin geschenkt. Nach der Eheschließung habe die nunmehrige Klägerin eine Erbteilabfertigung von ihrer Mutter zum Ankauf einer Eigentumswohnung in Schwechat verwendet, er selbst habe um 118 000 S Leistungen für diese Wohnung erbracht. Die Klägerin sei auf seinen Vermögensregelungsvorschlag, daß sie ihm ihre Hälfte an der Liegenschaft in H übertrage, er hingegen auf seine Ansprüche an der Eigentumswohnung verzichte, nicht eingegangen. Er beantragte daher, die Klägerin schuldig zu erkennen, ihm ihre Liegenschaftshälfte zu übertragen, wogegen er auf Ausgleichszahlung hinsichtlich der Eigentumswohnung verzichte. Dieser Antrag wurde gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Favoriten überwiesen. In der Folge zog der Beklagte seinen Antrag auf Überschreibung der Liegenschaftshälfte der Klägerin mit der Begründung zurück, daß diese Liegenschaft nicht in das Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff. EheG gehöre. Sodann brachten beide Parteien in diesem Verfahren vor, daß die Liegenschaft in H sowie die frühere Ehewohnung nicht in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen seien, auf der Liegenschaft sei während der Ehe der Streitteile ein Sommerhaus errichtet worden, das aus Zimmer und Küche bestehe und während der Ehe komplett eingerichtet worden sei.

Am 30. 12. 1980 brachte der nunmehrige Beklagte gegen die nunmehrige Klägerin die Klage auf Herausgabe der Hälfte der Liegenschaft in H ein. Darin brachte er ua. vor, daß die Liegenschaft aus Ersparnissen angeschafft worden sei, die er ausnahmslos vor der Eheschließung erzielt habe. Deshalb falle diese Liegenschaft auch nicht in das Aufteilungsverfahren. Die nunmehrige Klägerin bestritt das Vorbringen und beantragte die Klagsabweisung.

Ein das Klagebegehren abweisendes Urteil des Erstgerichtes wurde vom Berufungsgericht mit der Begründung aufgehoben, dem Vorbringen des nunmehrigen Beklagten könne allenfalls entnommen werden, daß er einen Kondiktionsanspruch geltend machen wolle, weil der Zweck der Zuwendung der Liegenschaftshälfte an die nunmehrige Klägerin mit der Scheidung der Ehe weggefallen sei. Der dortige Kläger sei daher zur Ergänzung seines Vorbringens in dieser Richtung anzuleiten. Das Verfahren ist noch anhängig.

Die Klägerin begehrte die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft der Streitteile an der Liegenschaft EZ 4, Grundbuch der KG H, durch gerichtliche Feilbietung. Sie brachte vor, nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe der Streitteile sei der Beklagte nicht bereit, eine für beide Miteigentümer tragbare Lösung zu finden. Eine Realteilung der Liegenschaft sei nicht möglich. Die Aufteilung dieses Liegenschaftsbesitzes unterliege nicht den Bestimmungen der §§ 81 ff. EheG; es sei im Hinblick darauf, daß die Scheidung mehr als ein Jahr zurückliege, auch ein allfälliger diesbezüglicher Anspruch des Beklagten erloschen. Das Grundstück sei kurze Zeit nach der Eheschließung im Jahre 1958 gekauft und darauf eine kleine Hühnerfarm errichtet worden. Die Farm sei gemeinsam geführt, gemeinsam abgerechnet worden und die Eintragung ins Grundbuch im Rahmen des gemeinsamen Betriebes erfolgt. Da die Farm unrentabel gewesen sei, seien die bisherigen Bauten zur Gänze abgerissen und das Haus neu aufgebaut worden, wobei die Kosten gemeinsam aus den Einkünften bestritten worden seien.

Der Beklagte erhob die Einrede der Streitanhängigkeit, weil er eine Klage auf Herausgabe der Liegenschaftshälfte der Klägerin erhoben habe; allenfalls beantragte er die Unterbrechung des Verfahrens im Hinblick auf die Präjudizialität der Herausgabeklage. In der Sache selbst beantragte der Beklagte, das Klagebegehren abzuweisen. Er behauptete, die Streitteile seien zwar je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft, diese sei jedoch aus vor der Eheschließung angesammelten Ersparnissen des Beklagten angeschafft worden; die Klägerin habe nichts dazu beigetragen, sie sei nur aus formellen Gründen im Grundbuch eingetragen worden. Der Beklagte habe die Absicht gehabt, auf der Liegenschaft eine Hühnerzuchtanstalt zu errichten, in der die Klägerin hätte mitarbeiten sollen. Dieses Projekt sei jedoch nicht realisiert worden. Der Beklagte sei auch im Falle seiner Pensionierung auf das Grundstück angewiesen. Ein Weiterbestehen der Miteigentumsgemeinschaft würde zu keinerlei Nachteil für die Klägerin führen, bei einer Teilung der Beklagte jedoch für den Fall seiner Pensionierung die Wohnmöglichkeit auf dem Grundstück verlieren.

Das Erstgericht wies den Antrag des Beklagten auf Unterbrechung des Verfahrens ab, verwarf - wenn auch nur in den Entscheidungsgründen des Urteils - die Einrede der Streitanhängigkeit und gab dem Klagebegehren statt.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Einwand des 52 jährigen Beklagten, er würde bei Verlust der Dienstwohnung infolge Pensionierung die Wohnmöglichkeit auf dem Grundstück verlieren, sei nicht zielführend, zumal auch drohende Obdachlosigkeit bei Beurteilung des Teilungsbegehrens außer Betracht zu bleiben habe. Die Klage auf Herausgabe der Liegenschaftshälfte begrunde für die gegenständliche Teilungsklage weder Streitanhängigkeit noch sei sie hiefür präjudiziell, da der Beklagte das Miteigentum der Klägerin an der Liegenschaft nie bestritten habe und der geltend gemachte Herausgabeanspruch auch dann nicht gerechtfertigt wäre, wenn man die Behauptungen des Beklagten zugrunde lege. Auch das anhängige Aufteilungsverfahren gemäß den §§ 81 ff. EheG sei kein Hindernis für die vorliegende Teilungsklage, weil es dem geschiedenen Ehegatten anheimgestellt sei, das gesamte Gebrauchsvermögen oder nur einzelne Gegenstände aus diesem Vermögen aufteilen zu lassen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteigt. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, auch bei Qualifikation der Liegenschaft als eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse liege kein Teilungshindernis vor, weil ein Anspruch gemäß den §§ 81 ff. EheG binnen Jahresfrist geltend zu machen gewesen wäre und nicht geltend gemacht worden sei. Da auch bei Zutreffen des vom Beklagten im Verfahren wegen Herausgabe der Liegenschaft erstatteten Vorbringens, die Liegenschaft sei aus seinen vor der Ehe getätigten Ersparnissen angeschafft worden, kein Teilungshindernis vorliege, habe das Erstgericht ohne Prüfung der Frage, ob das Vorbringen der Klägerin oder des Beklagten zutreffe, dem Teilungsbegehren mit Recht stattgegeben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es wurde bereits ausgesprochen, daß sowohl dann, wenn über das Eigentumsrecht des Klägers ein Rechtsstreit mit einem Dritten anhängig ist (1 Ob 365/58), als auch dann, wenn ein solcher Rechtsstreit das Eigentum des Beklagten betrifft (2 Ob 426/60: anhängiges Rückstellungsverfahren), das Teilungsbegehren zur Unzeit gestellt worden sei, wenn diese Verfahren nicht offenbar mutwillig oder aussichtslos seien (1 Ob 365/58). Dieser Grundsatz muß auch dann gelten, wenn ein diesbezüglicher Rechtsstreit zwischen den Parteien des Teilungsprozesses schon vor dessen Einleitung anhängig gemacht wurde, da im Falle des Obsiegens des Beklagten in jenem Verfahren die Grundlage für das hier vorliegende Begehren der Klägerin wegfallen würde.

Der Beklagte hat in seinen Einwendungen im vorliegenden Rechtsstreit auch behauptet, daß die Klägerin nur formell als Hälfteeigentümerin im Grundbuch einverleibt worden sei. Darin könnte die Behauptung enthalten sein, daß besondere vertragliche Beziehungen zwischen den Miteigentümern bestunden, welche die Klägerin zur Übertragung der Liegenschaftshälfte an den Beklagten verpflichteten oder es ihr zumindest verwehrten, den Teilungsanspruch geltend zu machen. Diesbezüglich wäre der Beklagte daher zu einer Klarstellung seines Vorbringens aufzufordern.

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