OGH 1Ob671/81

OGH1Ob671/817.10.1981

SZ 54/138

Normen

ZPO §502 Abs2 Z1
ZPO §502 Abs2 Z1

 

Spruch:

Die Revisionsbeschränkung des § 502 Abs. 2 Z. 1 ZPO gilt auch für Streitigkeiten, in denen der Unterhaltspflichtige mit der Behauptung, er habe über den gesetzlichen Unterhalt hinaus Leistungen erbracht, deren Rückersatz vom Unterhaltsberechtigten begehrt

OGH 7. Oktober 1981, 1 Ob 671/81 (KG Leoben R 177/81; BG Liezen 2 C 61/80)

Text

Die Streitteile sind verheiratet. Der Kläger zog Anfang September 1979 aus der Ehewohnung aus. Seither leben die Streitteile getrennt. Am 19. September 1979 brachte die Beklagte zu 2 C 9/80 des Bezirksgerichtes Liezen eine auf 4000 S monatlich gerichtete Unterhaltsklage gegen den Kläger ein. In diesem Verfahren wendete der Kläger ein, er bezahle der Beklagten ohnedies einen Geldunterhalt von monatlich 2500 S und trage zuzüglich die Kosten für Miete, Strom und Beheizung; Die Aufwendungen des Klägers für den Unterhalt der Beklagten überstiegen den geltend gemachten Betrag von monatlich 4000 S, sodaß zur Einbringung der Klage keine Notwendigkeit bestanden habe. Die Beklagte replizierte, daß die Kosten der Ehewohnung auf den begehrten Geldunterhalt keinesfalls anzurechnen seien. Dem Begehren der Beklagten wurde mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Liezen vom 19. November 1979, 2 C 9/80-9, bestätigt mit Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 13. März 1980, R 158/80-14, stattgegeben. Zur Frage, ob der Kläger neben der Leistung eines Geldunterhaltes zur Tragung der Wohnungskosten verpflichtet sei oder ob die Beklagte sich diese Naturalleistungen vom Geldunterhalt in Abzug bringen lassen müßte, führte das Berufungsgericht aus, daß gegen den Willen des Unterhaltsberechtigten, der infolge Auszuges seines Gatten aus der Ehewohnung einen Anspruch auf Geldunterhalt habe, erbrachte Naturalleistungen nicht in Abzug gebracht werden könnten. Die Beklagte, die einen Geldunterhalt von 4000 S begehre, habe auf Grund der Einkommensverhältnisse des Klägers darauf auf jeden Fall Anspruch. Einen solchen Unterhalt habe sie beantragt und zugesprochen erhalten. Die gegenteilige Meinung des Bezirksgerichtes Liezen, der Kläger sei verpflichtet, zusätzlich zu diesem Betrag noch die Wohnungskosten zu tragen, wurde vom Berufungsgericht nicht geteilt. Wohl sei aus einer Reihe von Entscheidungen ableitbar, daß der Umfang der Unterhaltspflicht unter Ehegatten größer geworden sei; darauf brauche aber nicht eingegangen zu werden, da die Klägerin ohnedies nur einen Geldunterhalt von 4000 S begehrt habe. Der Kläger brachte am 25. August 1980 zu 8 Cg 272/80 des Kreisgerichtes Leoben eine auf § 49 EheG gestützte Scheidungsklage ein. Am 5. Dezember 1980 vereinbarten die Parteien Ruhen des Verfahrens.

Der Kläger bezahlte in der Zeit von September 1979 bis August 1980 den Mietzins der von der Beklagten allein benützten Ehewohnung in der Höhe von insgesamt 8416 S und in der Zeit von September 1979 bis Mai 1980 Stromkosten von 2731.32 S; weiters kam er für die Kosten des Brennmaterials für den Winter 1979/80 in der Höhe von 1500 S und für Radio- und Fernsehgebühren die Monate September 1979 bis Dezember 1979 im Betrag von 375 S auf.

Der Kläger begehrt den Ersatz dieser Auslagen in der Höhe von insgesamt 13 022.32 S samt Anhang. Der Beklagten sei der volle Geldunterhalt in der Höhe von monatlich 4000 S zugesprochen worden. Höhere Unterhaltsleistungen könnten dem Kläger auch gar nicht zugemutet werden. Die vom Kläger geleisteten Beträge für Wohnung, Brennmaterial, Strom, Fernseh- Rundfunkgebühren gingen über den Unterhaltsanspruch der Beklagten hinaus, zumal diese dem Kläger den Zutritt zur Ehewohnung untersage und die Schlösser der Ehewohnung geändert habe.

Die Beklagte wendete ein, es fehlten die gesetzlichen Voraussetzungen für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest: Die Beklagte sei nicht berufstätig, sie verrichte wohl diverse Aushilfsarbeiten, der dafür bezogene Lohn liege aber unter 200 S monatlich. Während des Unterhaltsprozesses 2 C 9/80 des Erstgerichtes habe der Kläger nicht mehr beabsichtigt, in die Ehewohnung zurückzukehren. Der Kläger habe in der Zeit von Juni 1980 bis Dezember 1980 monatlich 12 725.29 S (netto) verdient.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß der Kläger schon gemäß § 97 ABGB verpflichtet sei, die Kosten der Ehewohnung zu tragen. Der Beklagten stehe das Recht zu, diese Ehewohnung mitzubenützen. Im übrigen sei das Einkommen das Klägers so hoch, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten über die bereits zugebilligten 4000 S monatlich hinaus auch die Wohnungskosten umfasse.

Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht teilweise Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Kläger den Betrag von 1875 S (Brennmaterial, Rundfunk- und Fernsehgebühren) zusprach, im übrigen (Wohnungsmiete und Stromkosten) gab es der Berufung keine Folge. Es übernahm unter Richtigstellung des Jahres, in dem der Kläger die Beklagte mißhandelt habe, die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich. Der Kläger habe in der Zeit von Juni 1980 bis Dezember 1980 monatlich 12 725.29 S netto verdient. Er habe nach den Feststellungen im Vorprozeß auch schon im Jahre 1979 ein Einkommen von mindestens 12 000 S monatlich netto erzielt. Da der Kläger außer für die Beklagte für niemanden zu sorgen habe, könne bei einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von rund 12 000 S netto monatlich durchaus davon ausgegangen werden, daß ein Geldunterhaltsanspruch von rund 5000 S im Monat, das seien etwas mehr als 40% der Bemessungsgrundlage, den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessen sei, zumal dem Kläger nach Abzug der Unterhaltsrate immerhin noch 7000 S im Monat verblieben. Wenn die Beklagte von dem ihr zustehenden Unterhaltsanspruch im Vorverfahren 2 C 9/80 des Bezirksgerichtes Liezen nur einen Betrag von 4000 S monatlich in Geld geltend gemacht habe und nun zusätzlich noch vom Kläger die Tragung der Wohnungskosten verlange, so mache sie nur von ihrem Anrechnungsrecht der Naturalleistungen Gebrauch. Da der Mietzins der Ehewohnung in dem maßgeblichen Zeitraum 679 S monatlich ausmachte und die Stromkosten in der Zeit vom September 1979 bis Mai 1980 303.48 S monatlich betragen haben, insgesamt sohin Wohnungskosten von monatlich 982.48 S aufgelaufen seien, fänden diese im Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten von 5000 S monatlich noch Platz, der Kläger könne sie daher von der Beklagten nicht ersetzt verlangen.

Der Oberste Gerichtshof wies die Revision des Klägers als unzulässig zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wohl hat der OGH im Jud. 60 neu unter Punkt V ausgesprochen, daß die Rechtsmittelbeschränkungen des § 14 Abs. 2 AußStrG und § 502 Abs. 2

ZPO

nunmehr § 502 Abs. 2 Z. 1 ZPO) neben Oppositionsprozessen auch für andere Prozesse, in denen die Bemessungsfrage eine materiellrechtliche Vorfrage bildet, nicht gilt. Dies wurde damit begrundet, daß diese Rechtsmittelbeschränkung nur für reine Unterhaltsrechtsstreitigkeiten vorgesehen sei und auf andere nicht ausgedehnt werden könne. Als Beispiele wurden Klagen nach § 1042 ABGB (SZ 19/9), nach § 2 USchG (SZ 7/248) sowie Klagen gegen den Erfüllungsübernehmer (3 Ob 514/53) und die Bestimmung der Kosten nach § 5 JGG 1949, BGBl. 247 (SZ 15/241; gleichlautend mit § 5 JGG 1929, BGBl. 234) angeführt. In der von einem verstärkten Senat ergangenen Entscheidung SZ 48/68 wurde abweichend vom Punkt V des Jud. 60 neu ausgesprochen, daß die Vorschrift des § 502 Abs. 2 Z. 1 ZPO auch für Oppositionsklagen gilt. Dies wurde zwar im wesentlichen damit begrundet, daß die Oppositionsklage nicht bloß ein Rechtsbehelf sei, um ein bestimmtes Exekutionsverfahren, gestützt auf die Behauptung, der Anspruch sei aufgehoben oder gehemmt, zu bekämpfen; sie richte sich vielmehr gegen den Anspruch selbst. Das stattgebende Urteil spreche über den Anspruch unmittelbar ab und wirke über die Anlaßexekution hinaus, sodaß es sich nicht um eine bloße Vorfrage handle. Der OGH gab aber auch seiner Meinung Ausdruck, daß eine Entscheidung über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes dann vorliege, wenn Rechtsschutzziel und Gegenstand der Entscheidung mit einem reinen Unterhaltsprozeß identisch seien. Diese Voraussetzungen sind auch in einem Fall gegeben, in dem der Unterhaltspflichtige mit der Behauptung, er habe über eine gesetzliche Unterhaltspflicht hinaus Leistungen erbracht, deren Rückersatz begehrt und Gegenstand dieses Prozesses die Beurteilung der Frage ist, ob er mit seinen Leistungen nur den gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Unterhaltsberechtigten erfülle; sowohl im Prozeß, in dem der Unterhaltsberechtigte den Zuspruch seines Unterhaltes begehrt, als auch im Rückforderungsprozeß ist Inhalt der Entscheidung die Bestimmung dessen, was als gesetzlicher Unterhalt im Einzelfall zu leisten ist. In den im Jud. 60 neu angeführten Fällen war hingegen immer ein Dritter, der weder gesetzlich Unterhaltspflichtiger noch -berechtigter war, am Prozeß beteiligt; der Anspruch nach der seinerzeit in Geltung gestandenden Vorschrift des § 5 JGG 1929 war, wie schon in der Entscheidung SZ 15/241 ausgeführt wurde, überhaupt kein Unterhaltsanspruch. Beim Anspruch auf Rückersatz zu viel geleisteten gesetzlichen Unterhaltes wird der Streit aber, wenn auch mit umgekehrten Parteirollen, zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten selbst ausgetragen. In beiden Fällen erfolgt nur die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes. Der zweite Halbsatz des Punktes V des Jud. 60 neu ist daher einschränkend dahin zu verstehen, daß die Revisionsbeschränkung des § 502 Abs. 2 Z. 1 ZPO auch für Prozesse gilt, in denen der Unterhaltspflichtige mit der Behauptung, er habe zu viel gesetzlichen Unterhalt geleistet, die Rückforderung des Geleisteten begehrt und Gegenstand des Revisionsverfahrens die Bestimmung der Höhe des geschuldeten gesetzlichen Unterhaltes ist.

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