OGH 1Ob504/81

OGH1Ob504/8129.4.1981

SZ 54/66

Normen

EO §390
EO §394
EO §396
EO §390
EO §394
EO §396

 

Spruch:

Wenn sich das Gericht mit der erbrachten Sicherheitsleistung begnügte und die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Gegner der gefährdeten Partei verfügte, wird das in der einstweiligen Verfügung ausgesprochene Verbot mit der Zustellung wirksam; dem Gegner der gefährdeten Partei steht vor Befolgung der einstweiligen Verfügung nicht das Recht zur Prüfung zu, ob die vom Gericht angenommene Sicherheitsleistung als hinreichend zu erachten ist. Wird die einstweilige Verfügung im Rechtsmittelwege aufgehoben, steht fest, daß sich der Antrag der gefährdeten Partei als ungerechtfertigt erwiesen hat, sodaß diese für Vermögensnachteile Ersatz zu leisten hat (§ 394 zweiter Fall EO)

OGH 29. April 1981, 1 Ob 504/81 (LG Feldkirch R 575/80; BG Bregenz C 2792/78)

Text

Mit einstweiliger Verfügung des Erstgerichtes vom 3. November 1978 wurde dem Gegner der gefährdeten Parteien verboten, die Bauarbeiten zur Errichtung eines Wohnhauses am Grundstück Nr. 578/7 der EZ 1269 KG B fortzusetzen (Punkt 1) oder sonstige Maßnahmen oder Handlungen vorzunehmen, die geeignet sind, weitere geologisch nachteilige Veränderungen dieser Liegenschaft herbeizuführen oder eine spätere Verringerung der ohne Bewilligung durchgeführten Schüttung unmöglich zu machen (Punkt 2). Den gefährdeten Parteien wurde aufgetragen, für alle dem Gefährdungsgegner durch die einstweilige Verfügung verursachten Nachteile eine Sicherheit von 200 000 S zu leisten. Zugleich wurde ausgesprochen, daß die einstweilige Verfügung dem Gegner erst nach Erlag der Sicherheit zugestellt und das Verbot erst mit diesem Zeitpunkt wirksam werde. Die einstweilige Verfügung wurde für die Zeit, bis die gefährdeten Parteien ihren Anspruch durch Exekution geltend machen können, längstens jedoch bis 31. Dezember 1979, bewilligt. Die gefährdeten Parteien wurden angewiesen, bei sonstiger Aufhebung der einstweiligen Verfügung bis zum 30. November 1978 die gerichtliche Einbringung der Klage zur Geltendmachung des behaupteten Anspruches nachzuweisen. Am 7. November 1978 wurde dem Erstgericht eine "Garantieerklärung" der Sparkasse B vorgelegt, worin sich die Sparkasse B verpflichtete, den ihr namhaft gemachten Betrag, höchstens jedoch 200 000 S binnen drei Tagen nach Erhalt der Zahlungsaufforderung ohne Prüfung des Rechtsgrundes an das Gericht zu bezahlen. Die Garantieerklärung war mit 6. November 1980 befristet. Das Erstgericht verfügte hierauf die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Vertreter des Gegners der gefährdeten Parteien; die Zustellung wurde am 9. November 1978 bewirkt.

Das Rekursgericht gab dem gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Rekurs des Gegners der gefährdeten Parteien Folge und wies den Antrag ab. Das Rekursgericht führte aus, es könne nicht als bescheinigt erachtet werden, daß durch das Bauvorhaben des Gegners der gefährdeten Parteien die nach den geologischen Verhältnissen zulässige Bodenpressung des Felsgrundes überschritten werde. Nicht als bescheinigt erachtet wurde auch, daß durch die geplanten Baumaßnahmen die Gefahr eines Grundbruchs bewirkt werde. Der OGH gab dem dagegen erhobenen Rekurs der gefährdeten Parteien mit Beschluß vom 31. Jänner 1979, 1 Ob 518/79, nicht Folge.

Mit dem am 3. April 1979 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte der Gegner der gefährdeten Parteien, diesen gemäß § 394 Abs. 2 EO die Zahlung des Betrages von 256 445.04 S zuzüglich Kosten aufzuerlegen und die von den gefährdeten Parteien erlegte Sicherheitsleistung von 200 000 S an ihn zur Auszahlung zu bringen. Der Antragsgegner führte aus, er habe auf Grund der ihm am 9. November 1978 zugestellten einstweiligen Verfügung die Fortführung der Bauarbeiten bis zum 27. November 1978 (Zustellung des Beschlusses des Landesgerichtes Feldkirch über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung) einstellen müssen. Die Fortsetzung der Arbeiten sei erst wieder am 29. Jänner 1979 möglich gewesen. Für den erforderlich gewordenen Abtransport von Teilen der Baustelleneinrichtung und für Liegekosten der an der Baustelle verbliebenen Geräte habe er einen Betrag von 38 058.54 S zahlen müssen. Die Firma M habe den mit ihr unter der Bedingung der Fertigstellung des Rohbaus bis 31. Dezember 1978 vereinbarten Fixpreis nicht aufrecht erhalten. Der ursprünglich kalkulierte Preis von 1 871 865 S erhöhe sich auf 2 090 251.50 S, woraus sich ein Schadensbetrag von 218 386.50 S ergebe. Der Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden bleibt vorbehalten.

Die gefährdeten Parteien brachten vor, daß ihr Gegner keinen Schaden erlitten habe. Die Verzögerungen in der Fortsetzung des Baues seien auf sein eigenes Verschulden zurückzuführen. Kälte und Schneeinbruch hätten jedenfalls eine Einstellung des Baus zur Folge gehabt.

Der Erstrichter trug den gefährdeten Parteien auf, dem Gegner für alle ihm durch die einstweilige Verfügung vom 3. November 1978 verursachten Vermögensnachteile Ersatz zu leisten, bestimmte die Höhe des Ersatzbetrages mit 243 594.60 S, wies das Mehrbegehren von 12 850.44 S rechtskräftig ab und erklärte die gefährdeten Parteien weiters schuldig, dem Gegner die mit 2 798.85 S bestimmten Kosten zu ersetzen.

Der Erstrichter stellte fest: Die Firma M habe sich am 15. Juni 1977 verpflichtet, dem Gegner der gefährdeten Parteien ein Typenhaus "Thurgau" schlüsselfertig zum Preise von 1 871 865 S zu errichten. Der vereinbarte Preis sollte dann keine Erhöhung erfahren, falls der Rohbau (Baumeisterarbeiten ohne Dachstuhl) bis Ende des Jahres 1978 fertiggestellt werde. Am 23. Oktober 1978 habe der für die Firma M eingesetzte Subunternehmer Adolf J mit den Bauarbeiten begonnen. Die Fertigstellung des Rohbaus wäre bis Ende 1978 möglich gewesen. Nach Zustellung der einstweiligen Verfügung am 9. November 1978 habe der Antragsgegner die Bauarbeiten unterbrechen lassen. Bis dahin seien die Fundamente ausgehoben und das untere Fundament betoniert gewesen. Man habe zunächst vermutet, daß es sich nur um eine kurze Bauunterbrechung handeln werde, weshalb die Firma Adolf J in der Umgebung andere Arbeiten durchführte. Als dann die Unterbrechung längere Zeit dauerte, habe die Firma Adolf J von der Firma M den Auftrag erhalten, in F mit dem Bau eines anderen Typenhauses zu beginnen. Dorthin sei auch das auf der Baustelle des Gegners der gefährdeten Parteien gelagerte Schalholz transportiert worden. Auf der Baustelle seien an Baugeräten ein Laufkran, ein Mischer und ein Baustellenverteilerschrank verblieben. Nach der Aufhebung der einstweiligen Verfügung wäre es wohl bautechnisch möglich gewesen, die Bauarbeiten am Rohbau in F zu unterbrechen und die Baustelle entsprechend vor Frostschäden zu schützen. Zu einer derartigen Maßnahme habe sich die Firma M jedoch nicht veranlaßt gesehen, weil sie vereinbarungsgemäß den Bau in F bis Weihnachten 1978 unter Dach zu bringen hatte. Im Falle einer Unterbrechung hätte auch der Rohbau des Gegners der gefährdeten Parteien bis Ende 1978 nicht fertiggestellt werden können, es hätten somit zwei Rohbauten abgedeckt werden müssen, um sie vor ungewissen Frostschäden zu schützen. Die Firma M habe den Rohbau bis Ende 1978 nicht selbst fertigstellen können, weil sie mit anderen Bauten ausgelastet gewesen sei. Sie habe für diesen Zeitraum auch keine andere Baufirma finden können. Auf Grund der Wetterlage hätten in der Zeit zwischen dem 9. November 1978 bis Ende 1978 33 Tage auf der Baustelle gearbeitet werden können. Die Stehkosten der stillgelegten Baugeräte sowie die Unkosten im Zusammenhang mit dem Abtransport des Schalholzes belaufen sich auf 25 208.10 S; die Firma A habe an Unkosten der Baueinstellung einen Betrag von 38 058.54 S verrechnet, den der Gegner der gefährdeten Parteien bezahlt habe. Die Firma M habe den mit ihr vereinbarten Fixpreis wegen Überschreitung des Fertigstellungstermins nicht mehr aufrecht erhalten können und einen Mehrpreis von 218 386.50 S begehrt. Der Gegner der gefährdeten Parteien habe sich zur Bezahlung dieses Mehrbetrages nicht in der Lage gesehen, weshalb er sich entschlossen habe das Vertragsverhältnis mit der Firma M zu beenden, sodaß die Firma M nur den Rohbau ohne Dachstuhl erstellt habe. Für diese Arbeiten sei ein Mehrpreis von 37 110 S verrechnet und bezahlt worden. Der Preis vorgesehener Zusatzarbeiten im Betrag von 285 000 S sei von der Firma A um 10% erhöht worden; auch diesen Mehrbetrag habe der Gefährdungsgegner bezahlt. Die weiteren Arbeiten habe der Gegner der gefährdeten Parteien selbst an entsprechende Unternehmen vergeben. Gegenwärtig befinde sich das Haus im Endausbaustadium. Der Mehrpreis von 218 386.50 S werde mit Sicherheit erreicht werden; dazu kämen noch die Unkosten der Bauunterbrechung von 25 208.10 S. Der dem Gegner der gefährdeten Parteien zu ersetzende Schaden belaufe sich daher insgesamt auf 243 594.60 S. Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der gefährdeten Parteien Folge und wies die Anträge des Gegners der gefährdeten Parteien ab.

Der Entscheidung über den vom Antragsgegner gestellten Antrag stehe zwar nicht entgegen, daß der Titelprozeß noch nicht rechtskräftig beendet sei, weil die Entscheidung über eine Ersatzleistung nach § 394 Abs. 1 EO hievon nicht abhängig sei. Den Rekurswerbern sei aber darin beizupflichten, daß die Verfahrensergebnisse, insbesondere die vom Erstrichter getroffenen Feststellungen, nicht ausreichen würden, um über den Ersatzanspruch endgültig abzusprechen. Mit Recht erachteten sich die Rekurswerber dadurch beschwert, daß die Tatsachengrundlage der erstinstanzlichen Entscheidung eine andere sei als jene, welche vom Gegner der gefährdeten Parteien geltend gemacht worden sei. Der Betrag von 218 386.50 S sei mit der Begründung verlangt worden, daß die Firma M wegen der Verzögerung der Bauarbeiten den ursprünglich zugesagten Fixpreis von 1 871 865 S nicht mehr aufrecht erhalten und statt dessen eine Rechnung über 2 090 251.50 S erstellt habe. Mit dieser Frage habe sich auch hauptsächlich das Gutachten des Sachverständigen befaßt. Erst anläßlich seiner Einvernahme am 1. Oktober 1980 habe der Gegner der gefährdeten Parteien erklärt, daß die Firma M letztlich nur den Rohbau ohne Dachstuhl fertiggestellt habe und daß der Vertrag im übrigen aufgelöst worden sei. Das Erstgericht wäre verhalten gewesen, zu dieser grundlegenden Änderung der Behauptungen eine Stellungnahme der gefährdeten Parteien einzuholen. Auch die Aufnahme entsprechender Beweise wäre unumgänglich gewesen. Die Vernehmung des Gegners der gefährdeten Parteien allein könne keine tragfähige Grundlage für die erstinstanzlichen Feststellungen bilden, daß, bedingt durch die einstweilige Verfügung, gegenüber dem ursprünglichen Fixpreisanbot der Firma M bei Bauausführung durch andere Firmen Mehrkosten von mindestens 218 356.50 S entstanden seien. Es wäre durchaus möglich, daß allfällige Mehrkosten vor allem darauf zurückzuführen seien, daß sich die Baufertigstellung gegenüber dem von der Firma M geplanten Termin beträchtlich verzögert habe. Es bestunden auch Zweifel an der Berechtigung der Höhe des geltend gemachten Ersatzanspruchs. So sei nicht recht verständlich, daß der Gegner der gefährdeten Parteien nach Zustellung der einstweiligen Verfügung vermutet habe, daß es sich nur um eine kurze Bauunterbrechung handeln werde, was letztlich die Ursache dafür gewesen sei, daß die Firma J erst mit einwöchiger Verspätung auf der "Ersatzbaustelle" in F zu arbeiten begonnen habe. Wenn die Firma M wie festgestellt, ursprünglich selbst die Absicht gehabt habe, den Bau in F zu errichten, hätte sie nach Betrauung der Firma J mit diesen Arbeiten selbst über freie Kapazitäten verfügen müssen und die Arbeiten am Haus des Gegners der gefährdeten Parteien allenfalls fortsetzen können. Zwischen der Zustellung der einstweiligen Verfügung und der diese aufhebenden Rekursentscheidung seien nur zwölf Werktage gelegen. Eine Aufklärung dieser und anderer im Rekurs angeführter Fragen sei aber entbehrlich, weil die einstweilige Verfügung vom 3. November 1978 mangels gehörigen Erlages der darin den gefährdeten Parteien aufgetragenen Sicherheitsleistung gar nicht Rechtswirksamkeit erlangt habe. Den gefährdeten Parteien sei der gerichtliche Erlag von 200 000 S Sicherheit aufgetragen worden. Die erstgefährdete Partei habe eine Garantieerklärung der Sparkasse B vorgelegt. Grundsätzlich könne zwar eine Sicherheitsleistung nach § 390 Abs. 2 EO durch Vorlage der Haftungserklärung einer Sparkasse erbracht werden, dies aber nur bei unbedingter und unbefristeter Realisierbarkeit dieser Haftungserklärung. Die Garantieerklärung der Sparkasse B entspreche diesen Erfordernissen nicht. Nach dem letzten Absatz dieser Haftungserklärung sollte die Haftung erlöschen, wenn sie nicht mittels eingeschriebenen Briefes, der spätestens bis zum 6. November 1980 bei der Bank einlangen müsse, in Anspruch genommen werde. Nun sei zwar die einstweilige Verfügung vom 3. November 1978 nur bis längstens 31. Dezember 1979 bewilligt worden; die Geltungsdauer der einstweiligen Verfügung hätte aber verlängert werden können. Dieser Möglichkeit der Verlängerung der Frist habe die von den Antragstellern vorgelegte Bankhaftung nicht entsprochen. Dies habe auch dazu geführt, daß die Bankgarantie im Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichtes erloschen sei. Die Sicherheitsleistung hätte nur durch tatsächlichen Erlag des Geldbetrages von 200 000 S bei Gericht und nicht durch Vorlage einer Haftungserklärung einer Sparkasse erbracht werden können. Daraus sei aber zu folgern, daß die einstweilige Verfügung zu keinem Zeitpunkt rechtswirksam geworden sei und auch nicht in Vollzug gesetzt hätte werden dürfen. Die vom Erstgericht entgegen diese Rechtslage verfügte Zustellung der einstweiligen Verfügung habe den Mangel des nicht gehörigen Erlages der Sicherheit nicht sanieren können. Der Gegner der gefährdeten Partei hätte sich sohin an die einstweilige Verfügung nicht halten müssen. Damit fehle aber einem Schadenersatzbegehren nach § 394 EO die Grundlage.

Über den Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Parteien hob der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Rekursgerichtes insoweit, als der Antrag des Gegners der gefährdeten Parteien, diese zur Bezahlung von 243 594.60 S zu verpflichten, abgewiesen wurde, auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuen Entscheidung an das Rekursgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 394 EO hat die Partei, auf deren Antrag die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, ihrem Gegner für alle ihm durch die einstweilige Verfügung verursachten Vermögensnachteile Ersatz zu leisten, wenn der gefährdeten Partei der behauptete Anspruch, für welchen die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, rechtskräftig aberkannt wird, wenn ihr Ansuchen sich sonst als ungerechtfertigt erweist oder wenn sie die zur Erhebung der Klage oder Einleitung der Exekution bestimmte Frist versäumt. Die Höhe des Ersatzes hat das Gericht auf Antrag nach freier Überzeugung (§ 273 ZPO) durch Beschluß festzusetzen. Die Bestimmung des § 394 EO statuiert demnach die Haftung des Antragstellers für die Folgen einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung. Eine mangelnde Berechtigung der gefährdeten Partei zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen ist anzunehmen, wenn sich herausstellt, daß der zu sichernde Anspruch nicht zu Recht besteht oder wenn eine Gefährdung der Durchsetzung des an sich berechtigten Anspruch nicht gegeben war. Diese Voraussetzungen müssen nicht kumulativ gegeben sein; es genügt vielmehr das Vorliegen einer der angeführten Gründe. Voraussetzung für einen Ersatzanspruch des Gegners der gefährdeten Partei ist nur noch die rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügung (Heller - Berger - Stix, Komm. zur EO, 2859 f.). Im vorliegenden Fall wurde die vom Erstrichter getroffene einstweilige Verfügung im Rechtsmittelwege aufgehoben. Damit steht aber auch fest, daß sich der Antrag der gefährdeten Parteien als ungerechtfertigt erwiesen hat (Heller - Berger - Stix a.a.O., 2861). Es bedarf daher im vorliegenden Fall nicht der Prüfung der Frage, ob die gefährdeten Parteien das Hauptverfahren gehörig betrieben haben bzw. ob die vom Erstgericht gesetzte Rechtfertigungsfrist gewahrt wurde, da jedenfalls der zweite Haftungsfall des § 394 EO vorliegt.

Das Rekursgericht erachtete den Antrag des Gegners der gefährdeten Parteien schon deshalb als nicht gerechtfertigt, weil die einstweilige Verfügung mangels Erlages der vom Erstrichter aufgetragenen Sicherheit nicht wirksam geworden sei. Dieser Rechtsmeinung kann nicht gefolgt werden. Die beigebrachte Garantieerklärung der Sparkasse B war freilich befristet, da die Haftung des Institutes nur bis 6. November 1980 in Anspruch genommen werden konnte. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Erstrichter berechtigt gewesen wäre, diese angebotene Sicherheit zurückzuweisen und den Erlag von Bargeld zu fordern bzw. davon auszugehen, daß die geforderte Sicherheit in der einmonatigen Frist des § 396 EO nicht erbracht war. Wenn sich der Erstrichter mit der erbrachten Sicherheitsleistung begnügte und daraufhin die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Gegner der gefährdeten Parteien (§ 390 Abs. 3 EO) verfügte, ist das in der einstweiligen Verfügung ausgesprochene Verbot mit der Zustellung wirksam geworden. Auch der Vollzug einer infolge Ablaufs der Frist des § 396 EO nicht wirksam gewordenen einstweiligen Verfügung ist nämlich nicht von selbst rechtsunwirksam. Keinesfalls darf daher der Gegner der gefährdeten Parteien vor Befolgung der einstweiligen Verfügung noch selbständig prüfen, ob die vom Gericht angenommene Sicherheitsleistung als hinreichend zu erachten und die zugestellte einstweilige Verfügung als wirksam geworden anzusehen ist. Er kann nur die Aufhebung der unzulässigerweise vollzogenen Sicherungsmaßnahmen begehren (vgl. Heller - Berger - Stix, 2871). In der Zwischenzeit kann aber ein Schaden entstanden sein, so daß ein Ersatzanspruch nach § 394 EO nicht ausgeschlossen ist.

Was die vom Antragsgegner zur Begründung des Ersatzanspruches geltend gemachte Tatsachengrundlage betrifft, so ist darauf zu verweisen, daß der Antragsgegner nur ausgeführt hat, daß sich der ursprünglich kalkulierte Preis nicht mehr aufrecht erhalten habe lassen und sich nunmehr eine Preisdifferenz von 218 386.50 S ergebe. Der Umstand, daß der Gegner der gefährdeten Parteien den Vertrag mit der Firma M nicht aufrecht erhielt, sondern andere Unternehmer mit der Durchführung der weiteren Arbeiten betraute, steht daher grundsätzlich der sachlichen Erledigung seines Entschädigungsantrages nicht entgegen. Der Ansicht des Rekursgerichtes, daß die vom Erstrichter erhobene Sachverhaltsgrundlage nicht ausreiche, um über die Höhe des Schadens und die Kausalität der einstweiligen Verfügung hiefür zu entscheiden, kann der OGH, der auch im Verfahren nach § 394 EO nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten. Das Rekursgericht hat jedoch nach seinen Ausführungen zu einer Reihe anderer Fragen nicht Stellung bezogen, weil es davon ausging, daß dem Antrag des Gegners der gefährdeten Parteien jedenfalls der Erfolg zu versagen sei. Demnach ist die Entscheidung des Rekursgerichtes, soweit der Antrag des Gegners der gefährdeten Parteien, diesen die Zahlung des Betrages von 243 594.60 S samt Kosten aufzuerlegen, abgewiesen wurde aufzuheben und dem Rekursgericht Gelegenheit zu geben, seine Aufträge zur Verfahrensergänzung zu vervollständigen.

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