OGH 3Ob104/79

OGH3Ob104/7918.6.1980

SZ 53/94

Normen

EO §1 Abs7
KO §61
KO §108
ZPO §292
EO §1 Abs7
KO §61
KO §108
ZPO §292

 

Spruch:

Hat der Gemeinschuldner eine angemeldete Forderung bei der Prüfungstagsatzung ausdrücklich bestritten, bildet die Eintragung ins Anmeldungsverzeichnis, auch wenn die Bestreitung widerspruchslos nicht angemerkt wurde, keinen Exekutionstitel

OGH 18. Juni 1980, 3 Ob 104/79 (OLG Graz 5 R 67/79; KG Leoben S 10/64)

Text

Am 21. August 1963 wurde vom Landesgericht Klagenfurt zu Sa 23/63 über das Vermögen des Verpflichteten das Ausgleichsverfahren eröffnet. Der Ausgleichsschuldner erklärte am 27. September 1963 gemäß § 31a Abs. 2 AO schriftlich, sämtliche angemeldeten Forderungen zu bestreiten. Nach Einstellung dieses Ausgleichsverfahrens eröffnete das Erstgericht mit Beschluß vom 24. April 1964, S 10/64, über das Vermögen des Verpflichteten den Anschlußkonkurs. Nach dem Inhalt des Protokolls über die erste Prüfungstagsatzung am 8. Juli 1964, ON 69, bestritt der Gemeinschuldner sämtliche angemeldeten Forderungen, doch unterblieb die im § 109 Abs. 2 KO vorgeschriebene Anmerkung im Anmeldeverzeichnis. Der Konkurs wurde nach Verteilung des Massevermögens mit Beschluß vom 4. April 1979, ON 929, rechtskräftig aufgehoben.

Auf Grund der "rechtskräftig festgestellten und unbestrittenen Anmeldung im Konkurs des Kreisgerichtes Leoben" sowie der im Rechtsstreit GZ 3 Cg 46/68 ergangenen Urteile aller drei Instanzen bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 909 729.23 S und der Kosten des Exekutionsgesuches antragsgemäß die Pfändung der dem Verpflichteten gegen die Republik Österreich zustehenden Bezüge. Die Entscheidung über den Überweisungsantrag wurde dem Bezirksgericht Villach als Exekutionsgericht vorbehalten.

Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, daß die Bestreitung der im Anmeldungsverzeichnis unter Post Nr. 16 eingetragenen Forderung durch den Gemeinschuldner gemäß § 61 KO die Entstehung eines Exekutionstitels gegen den Gemeinschuldner auf konkursfreies oder nach der Aufhebung des Konkurses erworbenen Vermögens verhindert habe. Es könne dem Verpflichteten nicht zum Nachteil gereichen, daß der Konkurskommissär die Bestreitung im Anmeldungsverzeichnis nicht angemerkt habe. Die Antragsbehauptung, daß eine vom Gemeinschuldner nicht bestrittene Forderung vorliege, sei aktenwidrig. Die im Prüfungsprozeß ergangenen Urteile bildeten, da das Begehren nur auf Feststellung des Zurechtbestehens der angemeldeten Forderung gegangen sei, ebenfalls keinen Exekutionstitel.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die amtlichen Eintragungen in das im Konkursverfahren angelegte Anmeldungsverzeichnis sind Exekutionstitel, soweit sie nach § 61 KO vollstreckbar sind (§ 1 Z. 7 EO). Nach dieser Bestimmung ist Voraussetzung der Vollstreckbarkeit, daß die Forderung im Konkurs festgestellt und vom Gemeinschuldner nicht ausdrücklich bestritten worden ist. Nach den vom Rekursgericht auf Grund des Protokolls über die erste Prüfungstagsatzung getroffenen Feststellungen hat der Gemeinschuldner die von der betreibenden Partei angemeldete Forderung bei der ersten Prüfungstagsatzung ausdrücklich bestritten, doch ist diese Erklärung im Anmeldungsverzeichnis nicht angemerkt worden. Der im Revisionsrekurs unter Hinweis auf Petschek - Reimer - Schiemer, Das österr. Insolvenzrecht, 598, vertretenen Ansicht, daß dieser Fehler mangels eines sofortigen Widerspruches des Gemeinschuldners weder durch Gegenbeweis gegen das Anmeldungsverzeichnis noch durch Berichtigung gemäß § 419 ZPO gutgemacht werden könne, wird aus nachstehenden Gründen nicht beigetreten.

Die Eintragungen im Anmeldungsverzeichnis sind Beurkundungen von Parteierklärungen durch das Gericht (Bartsch - Pollak[3] I, 497 Anm. 2 zu § 108 KO). Das Verhandlungsprotokoll und das Anmeldungsverzeichnis sind öffentliche Urkunden (Bartsch - Pollak[3] II, 23 Anm. 39, Einleitung Allgemeine Grundsätze). Die Eintragungen im Anmeldungsverzeichnis machen daher vollen Beweis für die beurkundeten Tatsachen. Nach § 292 Abs. 2 ZPO ist aber der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des Protokolls und damit auch des Anmeldungsverzeichnisses, das gemäß § 108 Abs. 2 KO als Bestandteil des bei der Prüfungstagsatzung aufgenommenen Protokolls gilt, trotz Unterlassung des Widerspruches zulässig (Bartsch - Pollak a. a. O.; Fasching II, 1003 Anm. 1 zu § 215 ZPO; EvBl. 1956/315 u. a., zuletzt 6 Ob 610/79). Insbesondere ist der Beweis, daß eine im Anmeldungsverzeichnis nicht angemerkte Parteierklärung tatsächlich abgegeben worden ist, möglich (vgl. Fasching a. a. O. und Rsp. 1927/161). Der Beweis der Unvollständigkeit des Anmeldungsverzeichnisses konnte im Rekursverfahren ohne Verletzung des Neuerungsverbotes erbracht werden, da die Bestreitungserklärung des Gemeinschuldners aus den Akten des Erstgerichtes, nämlich aus dem Protokoll über die erste Prüfungstagsatzung, zu ersehen ist. Bei dieser Rechtslage ist es unerheblich, daß und aus welchen Gründen der Gemeinschuldner gegen den Inhalt des Anmeldungsverzeichnisses nicht sofort Widerspruch erhoben hat. Damit ist den vom Revisionsrekurs aus der Unterlassung des Widerspruches gezogenen Schlußfolgerungen die Grundlage entzogen. Hat der Gemeinschuldner, wie hier, aktenkundig die angemeldete Forderung bei der Prüfungstagsatzung (vgl. Bartsch - Pollak[3] I, 319) ausdrücklich bestritten, dann bildet die Eintragung im Anmeldungsverzeichnis keinen Exekutionstitel im Sinne des § 1 Z. 7 EO (Bartsch - Pollak[3] I, 319; SZ 44/160 u. a.). Angesichts der klaren Regelung dieser Vorschrift in Verbindung mit § 61 KO bleibt für die vom Revisionsrekurs angestellten Billigkeitserwägungen kein Raum.

Das im Prüfungsprozeß ergangene Urteil ist, wie auch der Revisionsrekurs einräumt, kein Exekutionstitel. Dieses Urteil hat nur die Wirkung, daß die angemeldete Forderung trotz Bestreitung durch den Masseverwalter im Konkurs "festgestellt" ist.

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