Normen
ABGB §881
ABGB §881 Abs2
ABGB §1404 Abs2
ABGB §1406 Abs2
KO §1 Abs1
KO §44
KO §44 Abs1
ABGB §881
ABGB §881 Abs2
ABGB §1404 Abs2
ABGB §1406 Abs2
KO §1 Abs1
KO §44
KO §44 Abs1
Spruch:
Die zum Zweck der Sicherung der Forderung eines Dritten (Lieferanten) nur zwischen Unternehmer und Besteller getroffene Vereinbarung, daß die in der Rechnung des Unternehmers gesondert auszuweisenden Materialkosten vom Besteller unmittelbar an den Dritten zu bezahlen sind, der die Abklärung (nur) zwischen Besteller und Dritten, daß dieser Rechnungsteilbetrag demnach mit schuldbefreiender Wirkung nur an diesen gezahlt werden kann, nachfolgt, ist als echter Vertrag zugunsten Dritter ohne dessen Zustimmung unwiderruflich und wird vom Konkurs des Unternehmers nicht berührt
OGH 14. Feber 1980, 7 Ob 689/79 (OLG Innsbruck 2 R 89/79; LG Innsbruck 6 Cg 288/78)
Text
Die Klägerin lieferte im April 1977 an die nun vom beklagten Masseverwalter repräsentierte W. GesmbH & Co (im folgenden kurz: Gemeinschuldnerin) Baustahl im Wert des Klagsbetrages der über Auftrag der T Gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH (im folgenden kurz: Wohnungsbaugesellschaft) für Bauarbeiten am Skigymnasium St verwendet wurde. Zur Sicherung ihrer Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin diente der Klägerin ein Schreiben der Wohnungsbaugesellschaft vom 16. März 1977 mit folgendem Wortlaut:
"Mit der Firma W Ges m b H & Co in I haben wir folgendes vereinbart:
Die genannte Firma wird die Stahllieferungen monatlich in Rechnung stellen und die Gesellschaft wird diese Zahlungen unmittelbar an Ihre Firma vornehmen."
Diese Erklärung verstand die Klägerin mit dem sodann von der Wohnungsbaugesellschaft gegengezeichneten Schreiben vom 28. März 1977 dahin, "daß die Bezahlung der von der Firma W Ges m b H & Co in Innsbruck monatlich an Sie in Rechnung zu stellenden Stahllieferungen mit schuldbefreiender Wirkung nur an uns erfolgen können (richtig: kann); und Sie diesbezüglich auf jegliche Kompensation mit allfälligen künftigen Gegenforderungen, die Ihnen gegen die Firma W Ges m b H & Co erwachsen, verzichten."
Am 20. Mai 1977 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin der Konkurs eröffnet. Am 31. August 1977 erlegte die Wohnungsbaugesellschaft den Klagsbetrag bei Gericht.
Der Erstrichter gab der Klage auf Ausfolgung dieses Gerichtserlages statt. Nach seinen Feststellungen hatte die Klägerin vor einer ersten Warenlieferung im Wert von etwa 20 000 S am 10. August 1976 eine Auskunft eingeholt, nach der es sich bei der Gemeinschuldnerin wohl um einen säumigen Zahler handle, aber sonst über sie nichts Nachteiliges bekannt sei. Tatsächlich wurde die erste Lieferung nicht bezahlt, sodaß ein Folgeauftrag nur unter der Bedingung akzeptiert wurde, daß Vorauszahlung geleistet oder Sicherheit durch die Wohnungsbaugesellschaft geboten werde. Darauf leistete die Gemeinschuldnerin zunächst für eine zweite, im März 1977 erfolgte Warenlieferung eine volle Vorauszahlung von 154 698 S. Über die bevorstehenden April-Lieferungen trafen sodann die Gemeinschuldnerin und die Wohnungsbaugesellschaft am 16. März 1977 die dem eingangs dargestellten Schriftwechsel zugrundeliegende Vereinbarung, daß die Gemeinschuldnerin die Stahllieferungen der Klägerin monatlich an die Wohnungsbaugesellschaft in Rechnung stellen und letztere diese Zahlungen dann unmittelbar an die Klägerin vornehmen werde.
Die Klägerin verrechnete die April-Lieferungen an die Gemeinschuldnerin am 30. April 1977, diese Rechnung langte am 9. Mai 1977 bei der Gemeinschuldnerin ein. Inzwischen hatte die Wohnungsbaugesellschaft mit Schreiben vom 4. Mai 1977 der Klägerin mitgeteilt, daß sie sich an die Vereinbarung mit ihr nicht mehr gebunden halte, weil die Gemeinschuldnerin bei den Teilrechnungen keine Stahllieferungen in Rechnung gestellt und dies damit begrundet habe, die Klägerin habe trotz wiederholter Aufforderung keine Rechnungen gelegt. Die Klägerin brachte hierauf ihre Monatsrechnung für April 1977 sofort auch der Wohnungsbaugesellschaft zur Kenntnis und widersprach einem einseitigen Widerruf der Vertragsregelung. Bis zur Konkurseröffnung war ihr eine Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin nicht bekannt.
Der Erstrichter bejahte die Gültigkeit der getroffenen Vereinbarungen, nach welchen die Wohnungsbaugesellschaft mit schuldbefreiender Wirkung nur an die Klägerin zahlen konnte. Der "Absonderungsanspruch" unterliege auch keiner konkursrechtlichen Anfechtung, weil der Klägerin die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin bis zur Konkurseröffnung weder bekannt war noch bekannt sein mußte.
Das Berufungsgericht gab der vom Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge. Es beurteilte die zwischen der Klägerin und der Wohnungsbaugesellschaft getroffene Vereinbarung als Beitritt der Wohnungsbaugesellschaft zur Schuld der Gemeinschuldnerin im Sinn des § 1406 ABGB, dem sich die Wohnungsbaugesellschaft nicht einseitig habe entziehen können und der sie zur Zahlung des Fakturenbetrages an die Klägerin verpflichtete. Die konkursrechtliche Anfechtung gehe ins Leere, weil die selbständige Zahlungspflicht der Wohnungsbaugesellschaft von der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin nicht berührt werde.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Revisionswerber ist beizupflichten, daß die zwischen der Wohnungsbaugesellschaft und der Gemeinschuldnerin geschlossene Vereinbarung entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes keine kumulative Schuldübernahme im Sinne des § 1406 Abs. 2 ABGB darstellt, weil es die Wohnungsbaugesellschaft nur übernahm, im Rahmen der von der Gemeinschuldnerin zu legenden Rechnung den auf die Stahllieferungen der Klägerin entfallenden Teilbetrag unmittelbar an die Revisionsgegnerin zu zahlen. So hat auch die Klägerin die Mitteilung der Wohnungsbaugesellschaft verstanden. Nichts spricht jedoch dafür, daß die Wohnungsbaugesellschaft der Schuldverpflichtung der Gemeinschuldnerin beitreten und damit eine in ihrem Fortbestand und Umfang einerseits gegenüber der Verpflichtung der Gemeinschuldnerin selbständige Verpflichtung eingehen wollte, die sie andererseits unabhängig von der eigenen Schuld an die Gemeinschuldnerin und den etwa in diesem Schuldverhältnis bestehenden Einwendungen hätte erfüllen müssen. Entgegen der Meinung des Revisionswerbers geht die getroffene Vereinbarung aber auch über eine bloße Erfüllungsübernahme im Sinne des § 1404 ABGB hinaus, womit die Wohnungsbaugesellschaft der Gemeinschuldnerin nur versprochen hätte, eine dieser obliegenden Leistung an deren Gläubiger (die Klägerin) zu bewirken, ohne daß dem Gläubiger daraus ein unmittelbares Recht erwachsen wäre (§ 1404 Satz 2 ABGB). Denn der Sinn der Vereinbarung lag, wie die Wohnungsbaugesellschaft der Klägerin ausdrücklich bestätigte, darin, daß die Zahlung der eigenen Schuld an die Gemeinschuldnerin, soweit darin die Stahllieferungen der Klägerin enthalten waren, mit schuldbefreiender Wirkung ausschließlich an die Klägerin erbracht werden können. Die Revisionswerberin hat nie bestritten, daß diese Vertragsauslegung auch ihrem, auf die Sicherung der Klägerin als Voraussetzung für den Erhalt weiterer Lieferungen abzielenden Willen entsprach. Damit hat allerdings die Wohnungsbaugesellschaft zunächst im Innenverhältnis die Erfüllung der ihrem eigenen Gläubiger (der Gemeinschuldnerin) gegenüber dessen Gläubiger (der Klägerin) obliegenden Leistung versprochen (§ 1404 ABGB), und zugleich hat die Gemeinschuldnerin in dem bezeichneten Teilumfang die Wohnungsbaugesellschaft zur Zahlung der künftig entstehenden Schuld unmittelbar an die Klägerin beauftragt und ermächtigt. Die Vereinbarung beschränkte sich aber nicht auf das Innenverhältnis zwischen der Gemeinschuldnerin und der Wohnungsbaugesellschaft. Vielmehr erzeugte sie, zumal die von der Wohnungsbaugesellschaft vorgenommene Verständigung der Klägerin dazu diente, die weiteren Stahllieferungen an die Gemeinschuldnerin sicherzustellen, Wirkungen auch im Außenverhältnis. Selbst wenn die Vereinbarung zwischen der Gemeinschuldnerin und der Wohnungsbaugesellschaft mangels eines unmittelbaren Austausches von Willenserklärungen zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin nicht als dreiseitiger Vertrag angesehen werden sollte, war sie nach ihrem Zweck ein echter Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne des § 881 Abs. 2 ABGB, zumal die von der Beklagten versprochene Leistung hauptsächlich dem Dritten (der Klägerin) zum Vorteil gereichen sollte (vgl. EvBl. 1974/220). Auf diese Weise ist nach der im Ergebnis zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen der Revisionsgegnerin sowohl von der Gemeinschuldnerin als auch von der Wohnungsbaugesellschaft das Recht eingeräumt worden, die unmittelbare Bezahlung der von der Gemeinschuldnerin auszustellenden Rechnungen von der Wohnungsbaugesellschaft in jenem Maß zu fordern, in dem diese Rechnungen sozusagen als Durchgangsposten die Stahllieferungen der Klägerin enthielten. Ob die Abklärung dieses Vertragsinhaltes im Schriftwechsel überdies einen Vertrag zwischen der Klägerin und der Wohnungsbaugesellschaft oder bloß ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben darstellt, kann mangels Rechtserheblichkeit offen bleiben.
Von der zugunsten der Klägerin getroffenen Vereinbarung konnte keiner der übrigen Vertragspartner ohne ihre Zustimmung abgehen (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 227; EvBl. 1971/35 u. a.). Vielmehr war die Gemeinschuldnerin verpflichtet, die erhaltenen Stahllieferungen auf die vereinbarte Weise an die Wohnungsbaugesellschaft weiterzuverrechnen, und die letztere konnte nicht mehr schuldbefreiend an die Gemeinschuldnerin leisten. Die Verzögerung der Zusendung der ohnehin noch am 30. April 1977 ausgestellten Monatsabrechnung der Klägerin um nur wenige Tage fällt dabei nicht ins Gewicht. Bei dieser Rechtslage steht der von der Wohnungsbaugesellschaft erlegte Klagsbetrag der Klägerin zu, weil die Rechte des aus dem Vertrag zu Gunsten Dritter unmittelbar Berechtigten durch den Konkurs nicht berührt werden (Bartsch - Pollak I, 17, II, 116; SZ 27/260). Entgegen der Meinung der Parteien und der Vorinstanzen handelt es sich dabei allerdings nicht um einen Absonderungsanspruch (weil es nicht um eine vorzugsweise Befriedigung aus einer zur Masse gehörigen Sache geht), sondern um einen Aussonderungsanspruch im Sinne des § 44 Abs. 1 KO, soferne der strittige Anspruch überhaupt nach § 1 Abs. 1 KO zur Konkursmasse (lst- Masse) gezählt werden kann.
Infolge der in der Begründung abweichenden Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes kommt den vom Berufungsgericht beiseite geschobenen Anfechtungstatbeständen nach den §§ 29 ff. KO, die der Erstrichter mit eingehender Begründung verneint hat, wieder rechtliche Bedeutung zu. Da das Berufungsgericht als letzte Tatsacheninstanz zur Prüfung der Tatfragen berufen bleibt, sind auch hier nur die Rechtsfragen zu beurteilen.
Auf die Anfechtungstatbestände der §§ 28, 30 und 31 Abs. 1 Z. 2 erster Fall KO kommt der Revisionswerber im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zurück. Es genügt deshalb, insoweit auf die zutreffende Ansicht des Erstrichters zu verweisen. Somit kommt nur noch der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs. 1 Z. 2 zweiter Fall KO wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit in Betracht. Insoweit widerspricht allerdings die Meinung des Erstrichters, daß das angefochtene Rechtsgeschäft für die Konkursgläubiger nachteilig sein und demnach die Anfechtung zur Befriedigung gerade dieser Gläubigergruppe tauglich sein müsse, der neueren Rechtsprechung des OGH. Danach genügt es, wenn die an die allgemeine Konkursmasse zurückzuzahlenden Beträge auch nur zur Befriedigung der Massegläubiger beitragen (SZ 45/57 u. a.). Das Erstgericht hat aber unbekämpft festgestellt, daß der Klägerin eine allfällige Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin vor der Konkurseröffnung überhaupt nicht bekannt war; und es hat auch die Rechtsfrage (SZ 40/146 u. v. a.), ob ihr die Zahlungsunfähigkeit bekannt sein mußte, zutreffend verneint. Den von der Mängelrüge aufgezeigten Umständen kommt nämlich keine Bedeutung zu. Der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit ist irrelevant, wenn feststeht, daß sie nicht bekannt war; frühere Erklärungen der Wohnungsbaugesellschaft, daß eine Forderungsabtretung (?) nicht möglich sei, ändern nichts an der später getroffenen Vereinbarung; und der Zeitpunkt der Rechnungslegung für eine vorangegangene, ohnehin schon vorausbezahlte Lieferung der Klägerin ist ohne rechtliche Bedeutung. Die festgestellten Tatsachen aber lassen nach der zutreffenden rechtlichen Würdigung des Erstrichters den Schluß auf eine Kenntnis der Klägerin von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin nicht zu, zumal eine bloße Zahlungsstockung hinsichtlich der unbedeutenden ersten Lieferung nicht mit Zahlungsunfähigkeit gleichzusetzen ist (Bartsch - Pollak[8] I, 199, 211 f. II 59 ff.) und die Gemeinschuldnerin die zweite Lieferung sogar voll vorauszahlte.
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