Spruch:
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Gisela B wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß die Angeklagten Stefanie A, Gisela B und Alois A die ihnen laut Punkt I/ des Schuldspruchs, die Angeklagten Stefanie A und Gisela B überdies auch die ihnen laut Punkt II/ des Schuldspruchs angelasteten Betrugshandlungen unter Benützung einer falschen Urkunde begangen haben, ferner in der Unterstellung dieser Tathandlungen (auch) unter die Bestimmung des § 147 Abs 1 Z 1 StGB sowie demgemäß in den die genannten Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Die Angeklagten Stefanie A, Gisela B und Alois A werden für das ihnen nach dem aufrecht bleibenden Teil des Urteils weiterhin zur Last fallende Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB gemäß der letztgenannten Gesetzesstelle wie folgt verurteilt:
Stefanie A unter Anwendung des § 37 Abs 1
StGB zu einer Geldstrafe von 240 (zweihundertvierzig) Tagessätzen, wobei die Höhe des Tagessatzes mit 40
(vierzig) Schilling bestimmt und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 (einhunderzwanzig) Tagen festgesetzt wird;
Gisela B gleichfalls unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB und weiters unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das (mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 28. Oktober 1977, GZ 9 Os 178/76-13, im Strafausspruch abgeänderte) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. Februar 1976, GZ 11 Vr 483/78-108, zu einer Zusatz-Geldstrafe von 360 (dreihundertsechzig) Tagessätzen, wobei der Tagessatz mit 250 (zweihundertfünfzig) Schilling bestimmt und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 180 (einhundertachtzig) Tagen festgesetzt wird;
beim Angeklagten Alois A wird unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. Februar 1976, GZ 11 Vr 483/75-108, von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen.
Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die über die Angeklagte Stefanie A verhängte (Geld-)Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagte Gisela B und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten Gisela B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 19. Dezember 1914 geborene Hausbesorgerin Stefanie A, die am 11. Jänner 1929 geborene Drogistin Gisela B und der am 26. Mai 1950 geborene kaufmännische Angestellte Alois A des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte Gisela B die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung ergriffen, während es die Staatsanwaltschaft in Ansehung der genannten Angeklagten mit Berufung bekämpft. Hinsichtlich der Angeklagten Stefanie A und Alois A ist das Urteil unangefochten geblieben.
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Gisela B wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Beratung gefaßten Beschluß vom 20. September 1979, GZ 12 Os 65/79-5, zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde hat sich jedoch der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das eingangs bezeichnete Urteil in Ansehung aller drei genannten Angeklagten insoweit mit einer von keinem der Angeklagten geltendgemachten und mithin gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 10 StPO behaftet ist, als ihnen auch angelastet wurde, die in den Punkten I/ und II/ des Urteilssatzes näher bezeichneten Betrugshandlungen unter Benützung einer falschen Urkunde (§ 147 Abs 1 Z 1 StGB) begangen zu haben.
Die Täuschungshandlungen in den Punkten I/ und II/
des Schuldspruchs bestanden nach dem Urteilsinhalt in der Vorgabe, Stefanie A sei eine rückzahlungswillige und rückzahlungsfähige Kreditnehmerin und in der Drogerie der Gisela B mit einem monatlichen Bruttogehalt von 6.000 S beschäftigt, worüber jeweils Gisela B (welche damals tatsächlich eine Drogerie betrieb) eine (inhaltlich) falsche (Gehalts- und Arbeits-)Bestätigung ausstellte, die dann dem jeweiligen Kreditgeber vorgelegt wurde. Unter einer falschen Urkunde im Sinne des § 147 Abs 1 Z 1 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung indes nur eine solche zu verstehen, die nicht von demjenigen ausgestellt wurde, der als ihr Aussteller angegeben ist, mithin eine unechte Urkunde darstellt. Verfälscht ist eine Urkunde, wenn ihr Inhalt nachträglich verändert wurde. Hingegen fällt die Herstellung einer echten Urkunde mit unwahrem Inhalt, wie sie die vorliegend erfolgte Ausstellung einer inhaltlich unrichtigen Arbeitsund Gehaltsbestätigung ist (vgl ÖJZ-LSK 1978/347 = EvBl 1979/57), nicht unter die Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 StGB (Leukauf-Steininger2 RN 8 zu § 147 StGB und RN 26 zu § 223 StGB sowie die dort jeweils zit Jud. und Literatur). Die in Rede stehende Qualifikation wurde demnach vorliegend in Ansehung aller drei Angeklagter rechtsirrig angenommen, wodurch das Urteil mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO behaftet ist.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend bei Stefanie A die Wiederholung der strafbaren Handlung, bei Gisela B die einschlägige Vorstrafe, die mehrfache Wiederholung der strafbaren Handlung sowie die Verleitung der Mitangeklagten Stefanie A, und bei Alois A die einschlägigen Vorstrafen sowie gleichfalls die mehrfache Wiederholung der strafbaren Handlung und die Verleitung der Mitangeklagten Stefanie A, als mildernd hingegen bei Stefanie A den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, das volle Geständnis, die Verleitung durch die beiden Mitangeklagten und die (nach den vom Obersten Gerichtshof veranlaßten ergänzenden Erhebungen inzwischen auch von dieser Angeklagten erfolgte) jedenfalls teilweise Schadensgutmachung, bei Gisela B das teilweise Geständnis und die zum Teil schon vor dem Urteil erster Instanz, im übrigen aber nach den im Gerichtstag vorgelegten Urkunden inzwischen weiterhin geleistete Schadensgutmachung, und bei Alois A das volle Geständnis und ebenfalls eine zumindest teilweise Schadensgutmachung. Ausgehend von diesen - gegenüber dem Ersturteil entsprechend korrigierten - Strafzumessungsgründen, vor allem im Hinblick auf die nicht unbeträchtliche Schadensgutmachung und letztlich auch dem Wegfall einer Betrugsqualifikation, sowie unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung erachtete der Oberste Gerichtshof bei den Angeklagten Stefanie A und Gisela B jeweils eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten als schuldangemessen und tätergerecht.
Dabei war bei beiden genannten Angeklagten zu prüfen, ob gegebenenfalls an Stelle einer solchen Freiheitsstrafe gemäß § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe zu verhängen ist.
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes liegen bei beiden genannten Angeklagten, sohin auch bei der Angeklagten Gisela B die Voraussetzungen der zitierten Gesetzesstelle vor, weil es nach Lage des Falles weder bei Stefanie A noch auch bei Gisela B der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Daß Gisela B einschlägig vorbestraft ist, steht - wie schon der im Vorverfahren ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 28. Oktober 1977, GZ 9 Os 178/76-13, zu entnehmen ist - der Anwendung des § 37 StGB nicht generell entgegen (vgl auch SSt 46/71 = ÖJZ-LSK 1976/19), zumal vor allem bei bisher nur bedingt ausgesprochenen Vorstrafen eine Resozialisierung des Rechtsbrechers mittels einer (unbedingten) Geldstrafe durchaus möglich ist (vgl Leukauf-Steininger, Kommentar2 § 37 RN 13). Im übrigen hat B die vorliegend abgeurteilten Straftaten - die nach der Zeit ihrer Begehung bereits Gegenstand des Vorverfahrens AZ 11 Vr 483/75 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz sein hätten können - im wesentlichen im Zusammenhang mit ihrer seinerzeitigen Tätigkeit als Kreditvermittlerin begangen, wobei ihr inzwischen die Ausübung dieses Gewerbes untersagt worden ist, sodaß ein Rückfall in dieser Richtung nicht zu befürchten ist. Für die im Gange befindliche Resozialisierung dieser Angeklagten spricht letztlich auch die weiterhin geleistete Schadensgutmachung. Daher war sowohl bei Stefanie A als auch bei Gisela B - bei letzterer in Form einer Zusatzstrafe - jeweils an Stelle einer Freiheitsstrafe eine Geldstrafe zu verhängen, wobei bei Stefanie A eine solche von 240 Tagessätzen und bei Gisela B eine solche von 360 Tagessätzen schuldangemessen ist.
Dem steht bei Cotic nicht entgegen, daß die Genannte in dem gemäß §§ 31, 40 StGB zu berücksichtigenden Vor-Urteil bereits zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen verurteilt worden ist, weil in jedem der gefällten, gemäß § 31 StGB zusammenhängenden Urteile eine an sich selbständige Strafe zu verhängen, mithin jeder Strafausspruch gesondert zu behandeln ist und sich die Prüfung, ob die Grenzen des § 31 StGB eingehalten wurden, diesfalls nach dem Ausmaß der jeweiligen Ersatzfreiheitsstrafe bestimmt; die Summe der Ersatzfreiheitsstrafen liegt aber vorliegend unter der maßgebenden Strafobergrenze des § 147 Abs 2 StGB (in Verbindung mit § 147 Abs 1 StGB). Für die Bemessung des Tagessatzes waren infolge der Strafneubemessung die Verhältnisse im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung maßgebend (vgl ÖJZ-LSK 1975/82), wie sie sich aus den vom Obersten Gerichtshof veranlaßten Erhebungen über die derzeitige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten Stefanie A und Gisela B ergeben.
Die Angeklagte B hat im Gerichtstag das ihr zur Verfügung stehende Nettoeinkommen mit 15.000 S angegeben; nach den Polizeierhebungen verfügt sie über ein monatliches Einkommen von jedenfalls 10.000 bis 12.000 S (einschließlich den Mieterträgnissen aus der Vermietung des ihr gehörenden Einfamilienhauses). Die Kosten für den Unterhalt ihrer studierenden Tochter werden zur Gänze vom Kindesvater getragen, belasten sohin die Angeklagte - ihren eigenen Angaben zufolge - nicht; der vom Kindesvater geleistete Unterhaltsbeitrag ist daher auch nicht in den angeführten Einkommensbeträgen enthalten. Der Tagessatz war somit bei den Angeklagten Stefanie A und Gisela B in der aus dem Spruch ersichtlichen Höhe zu bemessen (§ 19 Abs 2 StGB).
Eine Bedachtnahme auf die zwischenzeitig bekannt gewordene Verurteilung der Angeklagten B vom 19. Jänner 1979 (rechtskräftig mit 15. Mai 1979) wegen § 114 ASVG (AZ 8 E Vr 3573/78 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) hatte nicht zu erfolgen, weil die dieser Verurteilung zugrunde liegende Tat jedenfalls zum Teil nach Fällung des vorliegenden Urteils erster Instanz (28. September 1978) begangen wurde.
In Ansehung des Angeklagten Alois A war - so wie dies bereits das Erstgericht getan hat - von der Verhängung einer Zusatzstrafe abzusehen.
Die über die Angeklagte Stefanie A verhängte (Geld-)Strafe war gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachzusehen, weil vorliegend der Strafzweck unter den gegebenen Umständen bei dieser Angeklagten auch durch die bloße Androhung der Strafe erreicht werden kann, es sohin nicht des sofortigen Vollzugs der Strafe bedarf.
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagte Gisela B sowie die Staatsanwaltschaft auf die getroffene Entscheidung zu verweisen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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