OGH 3Ob526/79

OGH3Ob526/7912.12.1979

SZ 52/183

Normen

ABGB §881
ABGB §1002
ABGB §1392
ABGB §1400
ABGB §881
ABGB §1002
ABGB §1392
ABGB §1400

 

Spruch:

Der einem Kreditunternehmen erteilte Geldüberweisungsauftrag ist kein Vertrag zugunsten des darin genannten Empfängers; dieser erwirbt daher keinen unmittelbaren Anspruch gegen das Kreditunternehmen

OGH 12. Dezember 1979, 3 Ob 526/79 (OLG Graz 3 R 136/78; LGZ Graz 9 Cg 121/77)

Text

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei von der beklagten Genossenschaft (Raiffeisenkasse) die Zahlung von 94 387.88 S samt Anhang, im wesentlichen mit der Begründung, Franz S (bzw. die Franz S OHG) habe der beklagten Partei den Auftrag erteilt, den Betrag von 128 505.90 S aus einem künftigen Guthaben an die klagende Partei zu überweisen; durch ihr Verhalten habe die beklagte Partei diese Überweisung verhindert; unter Berücksichtigung einer Teilzahlung im Zuge des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Firma Franz S OHG habe die beklagte Partei der klagenden Partei daher den Restbetrag von 94 387.88 S samt Anhang zu ersetzen.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen. Es vertrat zusammenfassend die Ansicht, die beklagte Partei sei nicht in der Lage gewesen, die ihr aufgetragene Überweisung an die klagende Partei durchzuführen. Voraussetzung einer solchen Überweisung wäre gewesen, daß das Bausparkassendarlehen, von dem der Betrag hätte überwiesen werden sollen, überhaupt an die beklagte Partei vorher überwiesen worden wäre. Der Aufhebung der Vinkulierung der gesamten Darlehensvaluta zugunsten der beklagten Partei habe diese zustimmen müssen, weil es sonst zur Auszahlung des genannten Betrages überhaupt nicht gekommen wäre.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß dem Klagebegehren stattgegeben wurde. Es vertrat zusammenfassend die Rechtsansicht, wesentlich sei vor allem, daß die Beklagte die Anweisung zur Zahlung des Betrages von 128 505.90 S gegenüber der klagenden Partei angenommen habe. Damit habe die klagende Partei, da ihr die Erklärung über die Annahme zugegangen sei und die Anweisung eine abstrakte Schuld erzeugt habe, einen unmittelbaren Anspruch gegen die beklagte Partei nach § 1400 ABGB erworben. Die beklagte Partei sei daher dem Anweisungsempfänger gegenüber auf solche Einwendungen beschränkt, die die Gültigkeit der Annahme betreffend sich aus dem Inhalt der Anweisung oder aus der persönlichen Beziehung zum Empfänger der Anweisung ergeben. Solche Einwendungen seien aber nicht mit Erfolg geltend gemacht worden. Im übrigen habe sich die beklagte Partei durch die Aufhebung der Vinkulierung des von der Bausparkassa gewährten Darlehens außerstande gesetzt, den ihr aus der Annahme der Anweisung gegenüber der klagenden Partei entstandenen Verpflichtungen nachzukommen. Die beklagte Partei sei daher infolge schuldhafter Verletzung ihrer Vertragspflichten ersatzpflichtig geworden, sie habe daher der klagenden Partei den ihr hiedurch erlittenen Schaden zu ersetzen.

Über Revision der beklagten Partei änderte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die beklagte Partei wendet sich mit Recht gegen die rechtliche Qualifikation des Auftrages des Franz S an die beklagte Partei, der klagenden Partei 128 705.90 S zu überweisen. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes bestand dieser Auftrag darin, daß die beklagte Partei aus einem an Franz S künftig zur Zuteilung gelangenden Bausparkassendarlehen in der Höhe von 1 300 000 S nach Abdeckung seiner Verbindlichkeiten bei der beklagten Partei von dem verbleibenden Guthaben an die klagende Partei den Betrag von 128 505.90 S überweisen sollte. Hiezu hat die beklagte Partei am 25. November 1974 der klagenden Partei folgendes Schreiben gerichtet:

"Wir haben vom Schreiben des Herrn S an Ihre werte Firma vom 22. dieses Monats Kenntnis erhalten. Gerne bestätigen wir Ihnen, daß uns Herr S unwiderruflich beauftragt hat, aus einem an ihn zur Zuteilung gelangenden Bausparvertrag in der Höhe von 1 300 000 S nach Abdeckung seiner Verbindlichkeiten bei uns, 128 505.90 S an Sie zu überweisen." Demgemäß liegt im vorliegenden Fall keine Anweisung des Franz S im Sinne des § 1400 ABGB an die beklagte Partei auf Zahlung von 128 705.90 S an die klagende Partei vor. Das abstrakte Geschäft der Anweisung besteht nämlich in einer doppelten Ermächtigung: des Anweisungsempfängers zur Empfangnahme der Leistung und des Angewiesenen zur Erbringung einer Leistung im eigenen Namen aus eigenem Vermögen für Rechnung des Anweisenden. Von dem wirtschaftlich nahestehenden Geschäft des Auftrages bzw. der Bevollmächtigung unterscheidet sich die Anweisung dadurch, daß der Angewiesene im eigenen Namen leistet, der Beauftragte im Namen des Auftrags(Vollmachts)Gebers (Rsp. 1930/143 mit Hinweis auf das Schrifttum; vgl. auch SZ 8/208). Im vorliegenden Fall liegt nur ein - bedingter - bankgeschäftlicher Überweisungsauftrag vor. Dieser ist eine Weisung des Kunden des Geldinstitutes, die dieser auf Grund eines Vertrages mit dem Geldinstitut erteilt und der das Geldinstitut im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen nachzukommen hat. Aus dem Charakter eines derartigen Überweisungsauftrages folgt, daß es sich um keinen Vertrag zugunsten eines Dritten handelt. Der Überweisungsempfänger erwirbt somit auf Grund eines derartigen Überweisungsauftrages keinen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen das Geldinstitut, das die Überweisung durchzuführen hat (Schlegelberger, Komm. zum HGB[5], Anhang zu § 365 Anm. 17 und 51). Das erwähnte Schreiben der beklagten Partei vom 25. November 1974 an die klagende Partei stellt auch keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung dar, sondern bloß eine Mitteilung über den ergangenen bedingten Überweisungsauftrag. Zwischen der Vinkulierung der von der Bausparkassa an die Franz S OHG zu Handen der beklagten Partei auszuzahlenden Darlehensvaluta und dem Überweisungsauftrag bestand kein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang.

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