OGH 3Ob136/79

OGH3Ob136/7912.12.1979

SZ 52/181

Normen

EO §78
EO §222
EO §239 Abs3
ZPO §496 Abs3
ZPO §528
EO §78
EO §222
EO §239 Abs3
ZPO §496 Abs3
ZPO §528

 

Spruch:

An den Antrag eines Nachhypothekars auf Einverleibung eines, Ersatzpfandrechtes nach § 222 Abs. 4 EO sind keine besonders strengen Inhaltserfordernisse zu stellen; im Zweifel ist der Ersatzanspruch auf mehrere nicht versteigerte Liegenschaften im Verhältnis des § 222 EO aufzuteilen. Über den Ersatzanspruch muß in der Verteilungstagsatzung verhandelt werden

Übergeht das Erstgericht im Meistbotsverteilungsbeschluß den Antrag auf Einräumung einer Ersatzhypothek, so ist gegen die Sachentscheidung des Rekursgerichtes der Revisionsrekurs zulässig

OGH 12. Dezember 1979, 3 Ob 136/79 (LG Klagenfurt, 3 R 236/79; BG Spittal an der Drau, E 6007/77)

Text

Im Zwangsversteigerungsverfahren der der Verpflichteten gehörigen Liegenschaften EZ 15 KG M und EZ 180 KG P wurde bei der Versteigerungstagsatzung am 3. April 1978 für die letztere Liegenschaft ein Meistbot von 2 300 000 S erzielt, die zur EZ 15 KG M gehörigen Grundstücke wurden parzellenweise versteigert. Dabei erbrachte das Grundstück Nr. 720/2 Wald ein Meistbot von 19 000 S, das Grundstück Nr. 468 Acker ein solches von 805 000 S. In Ansehung des Grundstückes Nr. 166 Wald wurde das Versteigerungsverfahren mangels Anbotes gemäß § 151 EO eingestellt.

Die beiden versteigerten Liegenschaften haften simultan als Nebeneinlagen für die in der EZ 16 KG T als Haupteinlage (Eigentümer Hermine W) einverleibte Kredithöchstbetragshypothek der K von 3 000 000 S sowie die Forderung der Firma H von 1 129 138.54 S samt Anhang. Im Range nach diesen beiden Pfandrechten folgt die nur auf den beiden versteigerten Liegenschaften einverleibte Höchstbetragshypothek des Detlef W von 960 000 S.

Das Erstgericht hat aus dem mit insgesamt 3 142 937.26 S angegebenen Meistbot der beiden versteigerten Liegenschaften - nach einer als Vorzugspost zu berücksichtigenden Forderung der Gemeinde L - in der bücherlichen Rangordnung der K antragsgemäß die ganze pfandrechtlich sichergestellte Forderung von 3 000 000 S und der Firma H auf Abschlag ihrer insgesamt (detailliert) mit 2 099 292.63 S angemeldeten Forderung den Restbetrag von 125 298 S zugewiesen. Über den in der Forderungsanmeldung des nicht mehr zum Zuge gekommenen Pfandgläubigers Detlef W gestellten Antrag, für den Fall der unverhältnismäßigen Befriedigung der vorrangigen Pfandrechte gemäß § 222 Abs. 4 EO "auf den nicht versteigerten mitverhafteten Liegenschaften eine Ersatzhypothek" festzusetzen und einzuverleiben, wurde weder in der Verteilungstagsatzung verhandelt noch im Verteilungsbeschluß entschieden.

Detlef W bekämpfte deshalb den Meistbotsverteilungsbeschluß unter Hinweis auf § 229 Abs. 2 EO mit Rekurs.

Das Rekursgericht hielt den Rekurs zwar für zulässig, nicht aber für begrundet. Ein Ersatzanspruch im Sinne des § 222 Abs. 3 und 4 EO komme nur in Frage, wenn infolge der unverhältnismäßigen Befriedigung vorangehender Simultanpfandgläubiger auf den Nachhypothekar weniger als bei verhältnismäßiger Befriedigung der Vorpfandgläubiger entfalle. Wenn mehrere noch nicht versteigerte Liegenschaften für die Simultanpfandforderung hafteten, stehe den Nachhypothekaren die Wahl frei, auf welcher von ihnen sie Ersatz begehren wollen. Diese Wahl müsse längstens bei der Meistbotsverteilungstagsatzung getroffen werden. Der Ersatzberechtigte könne nicht ein Simultanpfandrecht auf zwei oder mehreren Liegenschaften beanspruchen, sondern nur Einzelpfandrechte, die mangels rechtzeitigen bestimmten Begehrens auf die entlasteten nicht versteigerten Liegenschaften im Verhältnis der Steuerschätzwerte aufzuteilen seien. Der Rekurswerber habe in seiner Forderungsanmeldung die Festsetzung und Einverleibung einer Ersatzhypothek auf den nicht versteigerten mitverhafteten Liegenschaften (gemeint EZ 16 KG T und EZ 15 KG M in der Rangordnung der ganz oder teilweise getilgten und gleichzeitig zu löschenden Forderungen der befriedigten Simultanpfandgläubiger beantragt. Mit diesem Antrag auf Festsetzung und Einverleibung "einer Ersatzhypothek" habe aber der Rekurswerber zu erkennen gegeben, daß er ein Simultanpfandrecht auf den beiden nicht versteigerten Liegenschaften beanspruche. Detlef W habe daher durch die unzulässige Geltendmachung eines Simultanpfandrechtes seinen Anspruch auf Ersatz nach § 222 Abs. 4 EO verwirkt, zumal er bei der Verteilungstagsatzung am 26. April 1979 auch nicht erschienen sei. Bei dieser Verteilungstagsatzung hätte der Rekurswerber noch von seinem Wahlrecht Gebrauch machen und seinen Antrag berichtigen können.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Pfandgläubigers Detlef W Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und verwies die Exekutionssache zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 222 Abs. 4 EO nach ergänzender Verteilungstagsatzung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Rekursgericht wurde wegen Nichterledigung eines Sachantrages angerufen, über welchen gemäß § 229 Abs. 2 EO im Meistbotsverteilungsbeschluß zu entscheiden gewesen wäre (vgl. Heller - Berger - Stix, 1578/79, ferner zur Zulässigkeit des Rekurses statt eines Ergänzungsantrages: EvBl. 1975/296; SZ 28/4 u. a.). Es hat die fehlende Entscheidung des Erstgerichtes auf Grund der auch im Rekursverfahren analog anzuwendenden Bestimmung des § 496 Abs. 1 und 3 ZPO (ebenso bereits 5 Ob 684/77) faktisch durch eine abweisende Sachentscheidung ersetzt. Trotz der auf eine Bestätigung hinweisenden Fassung des Spruches liegt in Wahrheit eine von der erstgerichtlichen Entscheidung abweichende, nämlich erstmalige Sachentscheidung vor, die in bezug auf ihre Anfechtbarkeit einer Abänderung gleichzuhalten ist (vgl. Fasching IV, 453). Es handelt sich also hier nicht um einen Bestätigungsbeschluß im Sinne des § 239 Abs. 3 EO, so daß auch nicht geprüft werden muß, ob im übrigen die Voraussetzungen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach dieser Gesetzesstelle gegeben wären.

Nach § 222 Abs. 4 EO steht dem Nachhypothekar, der infolge unverhältnismäßiger Befriedigung eines bevorrechteten Simultanpfandgläubigers bei der Meistbotsverteilung nicht oder nicht mehr ganz zum Zuge kommt, das Recht zu, Ersatz durch Einverleibung des Pfandrechtes auf den mitverhafteten Liegenschaften in der Rangordnung der gleichzeitig zu löschenden Forderung des befriedigten Simultanpfandgläubigers insoweit zu verlangen, als er bei verhältnismäßiger Heranziehung aller simultan haftenden Liegenschaften aus dem Versteigerungserlös noch Befriedigung erlangt hätte (Heller - Berger - Stix, 1515 ff., insbesondere 1516, 1519, 1521 ff.; Hoyer, Die Simultanhypothek 63 ff.; SZ 49/32 = EvBl. 1976/232; EvBl. 1971/26 und 1962/98; SZ 11/163 u. a.). Der Antrag auf Festsetzung des Ersatzanspruches nach § 222 Abs. 4 EO muß vor Beendigung der Verteilungstagsatzung gestellt werden; über ihn ist bei der Tagsatzung zu verhandeln (Heller - Berger - Stix, 1521, 1524, 1528; Hoyer a. a. O., 66; Rspr. 1934/398; EvBl. 1962/98 u. a.). An den Antrag sind keine besonders strengen Inhaltserfordernisse zu stellen. Es genügt, wenn der Ersatzberechtigte ohne Nennung bestimmter Ziffern die Einräumung von Ersatzhypotheken für seinen Ersatzanspruch nach § 222 Abs. 4 EO begehrt. Ist die Behebung allfälliger Zweifel der Erklärung bei der Verteilungstagsatzung nicht möglich, wird bei mehreren für die Einverleibung eines Ersatzpfandrechtes in Betracht kommenden nicht versteigerten Liegenschaften der Ersatzanspruch auf diese im Verhältnis des § 222 EO aufzuteilen sein (Heller - Berger - Stix, 1524 Heller - Trenkwalder, 777, 779, 818; ähnlich Hoyer a. a. O., 68; SZ 15/195; EvBl. 1962/98; EvBl. 1971/26).

Diesen Inhaltserfordernissen entsprach der vom Rekurswerber in der Forderungsanmeldung für den Fall der unverhältnismäßigen Befriedigung vorrangiger Gläubiger gemäß § 222 Abs. 4 EO gestellte Antrag auf Festsetzung und Einverleibung einer Ersatzhypothek auf den nicht versteigerten, mitverhafteten Liegenschaften in der Rangordnung der ganz oder teilweise getilgten Forderungen der befriedigten Simultanpfandgläubiger. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes kann daraus, daß im Antrag nur von "einer" Ersatzhypothek die Rede ist, nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß das Begehren auf die - unzulässige (vgl. Heller - Berger - Stix, 1530; SZ 15/195; EvBl. 1962/98 und 1971/26 u. a.) - Einverleibung einer Simultanhypothek gerichtet ist. Es ist eher anzunehmen, daß es sich bei der Verwendung der Einzahl nur um eine ungenaue Ausdrucksweise handelt (dafür spricht die Formulierung des Ergänzungsantrages im Rekurs ON 86, wo von "Ersatzpfandrechten" die Rede ist) oder daß der Rekurswerber seinen Ersatzanspruch lediglich auf der ihm als Sicherheit ausreichend (s. Steuereinheitswerte und Schätzungsgutachten ON 9 und 13 sowie ON 24 im angeschlossenen Akt E 9062/78 des Erstgerichtes) erscheinenden mitverhafteten Liegenschaft EZ 16 KG T einverleibt haben will, zumal eine Ersatzhypothek auf der geringwertigen (s. AS 89 und 157) nicht versteigerten Restgrundstück Nr. 166 Wald der EZ 15 KG M nach der Aktenlage faktisch ohnehin nicht in Betracht kommt (s. auch ON 45). Eine etwaige Unklarheit in der einen oder anderen Richtung - die beiden im Verteilungsverfahren berücksichtigten bevorrechteten Simultanpfandrechte haften außer auf der Haupteinlage EZ 16 KG T und den beiden hier versteigerten Liegenschaften (bzw. Liegenschaftsteilen) auch noch, was auch vom Rekursgericht übersehen wurde, auf der EZ 233 KG RÜ - könnte bei mangelnder Aufklärung wohl zu Lasten des Rekurswerbers gehen, aber nicht zur gänzlichen Antragsabweisung und damit zum vollständigen Verlust eines Ersatzanspruches nach § 222 Abs. 4 EO führen (vgl. SZ 15/195).

Da, wie bereits erwähnt, über den Ersatzanspruch des Rekurswerbers in der Verteilungstagsatzung nicht verhandelt und die Grundlagen für eine Sachentscheidung bisher nicht klargestellt wurden, war der angefochtene Beschluß aufzuheben (vgl. QuHGZ 1975, H 1/N 126 und H 2/128) und dem Erstgericht die - von ihm ohnehin beabsichtigte (s. ON 84 a und 85) - Sachentscheidung nach vorangegangener Verhandlung über den vorliegenden Antrag im Rahmen einer ergänzenden Verteilungstagsatzung aufzutragen.

Da es sich um einen im Verteilungsverfahren zu verfolgenden Anspruch handelt, in welchem ein Kostenersatz nicht stattfindet (Jud. 201), war der Antrag des Rekurswerbers auf Zuspruch von Rekurs bzw. Revisionsrekurskosten abzuweisen.

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