OGH 8Ob590/78

OGH8Ob590/788.11.1978

SZ 51/153

Normen

EO §65 Abs1
EO §391 Abs1
EO §391 Abs2
ZPO §514
EO §65 Abs1
EO §391 Abs1
EO §391 Abs2
ZPO §514

 

Spruch:

Der gefährdeten Partei fehlt das Rechtsschutzinteresse an der Wiederherstellung einer einstweiligen Verfügung, die nach fruchtlosem Verstreichen der für die Rechtfertigungsklage gesetzten Frist aufzuheben ist

OGH 8. November 1978, 8 Ob 590/78 (LGfZRS Wien 46 R 511/78; BG Innere Stadt Wien 33 C 809/78)

Text

Mit der am 7. Juni 1978 beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage begehrt die dort klagende D W M Ges. m. b. H. und Co. KG - im folgenden kurz D KG genannt - von der dort beklagten H P-Z- und M-Warenfabrik AG - im folgenden kurz H AG genannt - die Bezahlung von 366 000 S samt Anhang. Die H AG sei auf Grund eines zu dg. 15 Cg 40/76 abgeschlossenen Vergleiches verpflichtet, ihr Patronen von näher definierter Beschaffenheit in vier Teillieferungen zum 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember 1978 zu liefern. Infolge unbehebbarer Mängel begehre die D KG die Wandlung der ersten Teillieferung und die Rückzahlung des dafür im Wege des Bankakkreditivs entrichteten Betrages von 366 000 S. Zugleich mit dieser Klage beantragte die D KG, mittels einstweiliger Verfügung, einerseits der H AG zu verbieten, die in der vorerwähnten Liefervereinbarung vorgesehenen weiteren Teillieferungen vorzunehmen, und andererseits der C-Bank zu verbieten, aus dem eröffneten Akkreditiv über den Betrag von maximal 1 361 664 S an die H AG Zahlung zu leisten. Nach Klagsausdehnung um 366 000 S samt Anhang hinsichtlich der zweiten Teillieferung modifizierte die D KG die in der einstweiligen Verfügung begehrten Verbote auf die beiden noch ausstehenden Teillieferungen.

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluß vom 24. Juli 1978 überwies das Handelsgericht Wien den Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien im wesentlichen mit folgender Begründung: Gegenstand der Klage sei bloß die Rückzahlung der bereits für die beiden ersten Lieferungen geleisteten Zahlungen, dies aus dem Rechtsgrund einer insoweit erfolgten Wandelung. Die beantragte einstweilige Verfügung beziehe sich hingegen auf die Vornahme der weiteren Lieferungen aus dem insofern aufrechten Vertrag und deren Bezahlung. Sie diene somit eindeutig nicht der Sicherung des klagsgegenständlichen Anspruches. Damit stehe aber fest, daß durch die beantragte einstweilige Verfügung auch nicht in Ansehung der Hauptsache im Sinne der Bestimmung des § 387 Absatz 1 EO eine Verfügung getroffen werden solle. Die Zuständigkeit für den Antrag auf Erlassung der gegenständlichen einstweiligen Verfügung richtet sich daher nach § 387 Abs. 2 EO.

Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien bewilligte hierauf die, beantragte einstweilige Verfügung unter Anordnung einer Frist für die Rechtfertigungsklage und setzte sie nach Erlag einer Sicherheitsleistung von 300 000 S sofort in Vollzug. Infolge Rekurses der H AG als Antragsgegner änderte das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des Sicherungsantrages ab.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der gefährdeten Partei zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwerde voraus. Nur wer in seinen Rechten verletzt ist, hat Anspruch auf die Tätigkeit der Rechtsmittelinstanz. Fehlt es am Rechtsschutzinteresse, so ist das Rechtsmittel unzulässig (ÖRZ 1974/21, S.47; 3 Ob 141/78 u. v. a.; Fasching IV, 13; Heller - Berger - Stix 648; Pollak, System[2], 576). Das Interesse an der Abänderung der Kostenentscheidung der zweiten Instanz, die für sich allein gemäß § 528 Abs. 1 Z. 2 ZPO (§ 78 EO) gar nicht angefochten werden kann, reicht zur Annahme der Zulässigkeit eines Rekurses nicht aus (SZ 37/84; 3 Ob 141/78 u. v. a.).

Die Anwendung der dargelegten Rechtssätze auf den vorliegenden Fall führt zur Zurückweisung des Revisionsrekurses mangels Rechtsschutzinteresses.

Der gegenständliche Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung, der vom Handelsgericht Wien rechtskräftig an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien überwiesen wurde, ist als ein vor Einleitung eines Prozesses zur Durchsetzung des zu sichernden Anspruches erhobener Sicherungsantrag anzusehen. Das Erstgericht mußte daher gemäß § 391 Abs. 2 EO für die Einbringung der Rechtfertigungsklage der gefährdeten Partei eine angemessene Frist bestimmen, welcher Verpflichtung das Erstgericht nachgekommen ist. Diese Frist zur Erhebung der Rechtfertigungsklage ist im vorliegenden Fall am 28. Feber 1978 fruchtlos abgelaufen (vgl. SZ 24/240 u. a.; Heller - Berger - Stix, 2849). Dies bildet einen Sachverhalt, der jedenfalls auf Antrag oder von Amts wegen zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung führen muß (EvBl. 1965/10; 4 Ob 303/78 u. a.; Heller - Berger - Stix, 2848). Damit aber kann der Rechtsmittelwerberin ein Rechtsschutzinteresse an der meritorischen Erledigung ihres Revisionsrekurses nicht mehr zugebilligt werden. In seiner Entscheidung 3 Ob 141/78 hat der OGH ein rechtliches Interesse an der Überprüfung der Frage, ob der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen ist, im Hinblick darauf verneint, daß der Vollzug der bewilligten Exekution zwischenzeitig unzulässig geworden war. In seinen Entscheidungen SZ 42/73, 6 Ob 539/77, 4 Ob 379/77, 4 Ob 306/78, 3 Ob 636/78 hat der OGH mangels Beschwerde die sachliche Überprüfung einer einstweiligen Verfügung aus der Erwägung abgelehnt, daß diese wegen Fristablaufes nicht mehr vollzogen werden dürfe. In seiner Entscheidung 4 Ob 365/75 hat der OGH der gefährdeten Partei das Rechtsschutzinteresse an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung aberkannt, weil sie ihre Klage betreffend den zu sichernden Anspruch zwischenzeitig zurückgezogen hatte. Gleiches hat zu gelten, wenn die gefährdete Partei die entsprechende Klage - wie vorliegend - nicht erhoben hat. Der gefährdeten Partei muß das Rechtsschutzinteresse an der Wiederherstellung einer einstweiligen Verfügung versagt werden, die nach fruchtlosem Verstreichen der für die Rechtfertigungsklage gesetzten Frist im Sinne der obigen Ausführungen jedenfalls aufzuheben ist.

Der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei war daher zurückzuweisen, in welchem Sinne der OGH auch in seiner, in einem ähnlich gelagerten Fall ergangenen Entscheidung 4 Ob 342/78 vorgegangen ist.

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