Normen
ABGB §1443 Abs1
Grundbuchsgesetz §20b
ABGB §1443 Abs1
Grundbuchsgesetz §20b
Spruch:
Anmerkung der Kompensation (§ 1443 ABGB)
OGH 24. Oktober 1978, 5 Ob 13/78 (LG für ZRS Graz, 1 R 38/78, BG f. ZRS Graz, TZ 19054/77)
Text
Der Antragsteller ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 440 des Grundbuches über die Katastralgemeinde X. Er beantragte Eintragungen:
1. Auf Grund der Urkunde vom 5. Dezember 1977 wird das Pfandrecht der Gegenforderung des A aus dem Titel des Schadenersatzes und der Drittgläubigeransprüche aus dem Gesellschafts- und Rechtsverhältnis der B von 4 398 017.24 S gegenüber C und D als Schuldnern zur ungeteilten Hand einverleibt und diese Einverleibung bei C-OZ 145 a, b und C-OZ 146 ersichtlich gemacht;
2. auf Grund der Urkunde vom 5. Dezember 1977 wird das Pfandrecht der Gegenforderung des A aus dem Titel des Schadenersatzes und der Drittgläubigeransprüche aus dem Gesellschafts- und Rechtsverhältnis der B von 11 000 000 S samt 7.5% Zinsen, 9% Verzugs- und Zinseszinsen Nebengebührensicherstellung bis zum Höchstbetrag von
2.2 Millionen S gegenüber C-G als Schuldnern zur ungeteilten Hand einverleibt und diese Einverleibung bei C-OZ 138, 140 und 159 ersichtlich gemacht.
Bei den beiden genannten Urkunden vom 5. Dezember 1977 handelt es sich um allein von A gefertigte Erklärungen mit der bloßen Behauptung des Bestehens der obgenannten Forderungen, wobei eine nähere Konkretisierung fehlt.
Das Erstgericht hat antragsgemäß bewilligt.
Gegen diesen Beschluß richtete sich der Rekurs von D-G. Beantragt wurde unter Hinweis darauf, daß die Begründung einer unzulässigen Eigentümerhypothek, allenfalls die Erwirkung einer nach dem geltenden Grundbuchsrecht ebenfalls unzulässigen Anmerkung der Gegenforderung gemäß § 1443 ABGB begehrt werde, wofür zudem keine Beweis machenden Urkunden vorlägen, aus denen sich die behaupteten Gegenforderungen gegenüber den Hypothekargläubigern zweifelsfrei ergäben, die Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Das Rekursgericht wies den Rekurs der G als unzulässig zurück, weil sie durch die bekämpften Eintragungen in keinem bücherlichen Recht beschwert werde und ihr daher die Stellung einer Beteiligten im Sinne des § 9 AußStrG fehle.
Hingegen gab das Rekursgericht den Rekursen der D-F Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß die angeführten Anträge des A abgewiesen werden. Die Zulässigkeit der Rekurse wurde angenommen, weil die Einverleibung des Pfandrechtes für die Gegenforderungen des Antragstellers bei den diesen Hypothekargläubigern zustehenden Pfandrechten ersichtlich gemacht worden sei, und dies, obwohl es keine Rechtswirkung erzeuge, geeignet sei, den wahren Grundbuchsstand zu verschleiern. Dem Rekurse wurde Berechtigung zuerkannt, weil es im vorliegenden Fall zur Begründung der grundsätzlich möglichen Eigentümerhypothek an einem Titel fehle. Zudem könnte eine Gegenforderung im Sinne des § 1443 ABGB nur bei der hypothekarisch sichergestellten Forderung eingetragen werden, wenn die Gegenforderung durch entsprechende Urkunden nachgewiesen werde, wozu aber die allein vorliegende Bestätigung der Gegenforderungen durch den Antragsteller selbst nicht ausreiche.
Gegen den abändernden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses richtet sich der Revisionsrekurs des A.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Revisionsrekurswerber wendet sich zunächst dagegen, daß das Rekursgericht in Überschreitung des allein vorliegenden Aufhebungsantrages im Rekurse der Hypothekargläubiger zu einer Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses gelangt sei, weil nur ein Abänderungsantrag im Rechtsmittel auch ein Aufhebungsbegehren enthalte, was umgekehrt nicht gegeben sei.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die Rechtsmittelanträge im Gesetz (ZPO) ausdrücklich nur bei den Rechtsmitteln gegen eine Sachentscheidung im Rechtsstreit (Revision und Berufung) geregelt und institutionell auch auf die Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung zugeschnitten sind. Für den Rekurs fehlen derartige ausdrückliche Vorschriften. Demnach ist nach nunmehr ständiger Rechtsprechung sowohl ein im streitigen wie auch im außerstreitigen Verfahren erhobener Rekurs schon dann als hinlänglich ausgeführt anzusehen, wenn die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung begehrt und angegeben wird, inwieweit sich der Rekurswerber durch den bekämpften Beschluß für beschwert erachtet (vgl. SZ 22/101; SZ 22/186; Fasching IV, 384 f.). Dem Rekurse der Hypothekargläubiger ist aber ohnehin zu entnehmen, daß sie die Abweisung des Grundbuchsgesuches begehren. Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers war auch das Rechtsschutzinteresse der Rekurswerber gegeben, weil es inhaltlich um eine Beeinträchtigung ihrer bücherlichen Rechte, nämlich ihrer Hypothekarforderungen durch vorliegende Gegenforderungen des Revisionsrekurswerbers geht.
Das Grundbuchsgesuch des Revisionswerbers ist auf die Bestimmung des § 1443 ABGB gestützt, nach der gegen eine den öffentlichen Büchern einverleibte Forderung die Einwendung der Kompensation einem Zessionar nur dann entgegengesetzt werden kann, wenn die Gegenforderung ebenfalls und zwar bei der Forderung selbst eingetragen, oder dem Zessionar bei Übernehmung der letzteren bekanntgemacht worden ist.
In welcher Form diese bücherliche Eintragung stattzufinden hat, ist dem Gesetze nicht zu entnehmen. Der OGH hat dazu, soweit überschaubar, in jüngerer Zeit noch nicht Stellung genommen. Gschnitzer vertrat hiezu in Klang[2] VI, 524 die folgende Auffassung: Nach § 469 dritter Satz ABGB sei zur Aufhebung einer Hypothek die Tilgung der Schuld allein nicht hinreichend. Die vollzogene Aufrechnung könne dem gutgläubigen, bücherlichen Übernehmer und allen seinen Rechtsnachfolgern, ob gut- oder schlechtgläubig, nicht eingewendet werden. Für die aufrechenbare, aber noch nicht aufgerechnete Gegenforderung treffe § 1443 ABGB eine dem § 449 ABGB entsprechende Regelung. Sie könne dem Erwerber einer einverleibten Forderung nur dann compensando entgegengehalten werden, wenn dem Übernehmer das Vertrauen auf das öffentliche Buch nicht zugutekomme. Das Gesetz eröffne, abgesehen von der im vorliegenden Fall außer Betracht bleibenden Bekanntgabe der Gegenforderung bei der bücherlichen Übernahme zwei Möglichkeiten, um den guten Glauben zu zerstören. Eine Möglichkeit bestehe nach älterer Lehre durch Anmerkung der Gegenforderung, wogegen aber die Fassung der §§ 20, 73 GBG spreche. Daher verdiene die jüngere Lehre den Vorzug, nach der bei Fälligkeit der Gegenforderung der Hypothekarschuldner die Wahl habe, ob er auf Eintragung seiner Gegenforderung oder gleich auf Löschung der Hypothekarforderung durch Aufrechnung im Wege der Löschungsklage dringen wolle. Auch Klang in Klang[2] II, 340, vertrat die Auffassung, daß nach dem gegenwärtig geltenden Grundbuchsrechte die im § 1443 ABGB erwähnte bücherliche Eintragung unzulässig sei. Dies traf wohl für die damalige Rechtslage zu, ist aber durch das Grundbuchsgesetz 1955, RGBl. 39/1955, i. d. F. BGBl. 91/1976 überholt. Anmerkungen gemäß § 20b GBG sind demnach zur Begründung bestimmter, nach den Vorschriften des Grundbuchsgesetzes oder eines anderen Gesetzes damit verbundener Rechtswirkungen zulässig. Durch die Neufassung dieser Bestimmung ist klargestellt, daß Anmerkungen nicht nur zur Begründung bestimmter nach den Vorschriften des Grundbuchsgesetzes oder der EO, sondern auch nach den Vorschriften anderer Gesetze damit verbundener Rechtswirkungen erfolgen können (s. 382 der BlgNR, VII. GP, 19; vgl. auch NotZtg. 1965, 11).
§ 1443 ABGB schließt die beiden Fälle in sich, daß die Kompensation bereits stattgefunden hat und es sich sohin um eine bereits erfolgte Tilgung der Schuldforderung (§ 469 ABGB) handelt, bei der die Hypothek aber bestehen bleibt und die Kompensation nur einen Anspruch auf bücherliche Löschung schafft. Zu berücksichtigen ist aber vor allem der Fall, daß durch die Einwendung der Kompensation diese erst zur Wirkung gebracht werden soll (vgl. Adler, Das Publizitätsprinzip im österreichischen Tabularrecht, 135). Der Sinn des § 1443 ABGB geht jedenfalls dahin, daß der Einwand der Kompensation jedem Zessionar entgegengesetzt werden kann, der die Hypothek in Kenntnis der kompensablen Gegenforderung erworben hat.
Aus den dargelegten Erwägungen kann die Einverleibung oder Vormerkung eines Pfandrechtes für die Gegenforderung des Gesuchstellers sohin nicht in Betracht kommen, zumal das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden nicht begrundet erscheint. Der Bestand der kompensablen Gegenforderung und die Aufrechnungserklärung wurde durch Urkunden auch nicht derart bescheinigt, daß die Einverleibung oder Vormerkung der Löschung der Pfandschuld selbst erwirkt werden könnte (Feil, Österreichisches Hypothekenrecht, 335).
Es ist daher weiter zu prüfen, ob die begehrte Eintragung in Gestalt der nunmehr allein zulässigen Anmerkung der Kompensation erfolgen kann (vgl. Ehrenzweig[2] II/1, 338). Der Bewilligung einer solchen Anmerkung würde nicht entscheidend das Grundbuchsgesuch des Revisionsrekurswerbers entgegenstehen und einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 GBG bedeuten, sofern nur von einem Vergreifen in der Form der begehrten Eintragung ausgegangen werden kann, wofür das nunmehrige Vorbringen des Revisionsrekurswerbers mit seinen Rechtsmitteleventualanträgen spricht. Auch diese Anmerkung setzt aber voraus, daß der Schuldner sie gegen seinen im bücherlichen Besitz der Hypothekarforderung stehenden Gläubiger begehrt und die Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit und Richtigkeit beider Forderungen bescheinigt. Damit bliebe dem Schuldner das Kompensationsrecht auch dann gewahrt, wenn infolge vorhergegangener oder nachfolgender Zessionen derjenige, gegen welchen sie eingetragen wurde, sich späterhin als ein Zwischeninhaber der Forderung darstellt (vgl. Exner, Das Österreichische Hypothekenrecht, 433; Feil, Österreichisches Hypothekenrecht, 239). Es liegt aber auch diesbezüglich kein hinlänglicher Urkundennachweis vor. Als geeignete Urkunden für eine derartige Anmerkung könnten nach der Eigenart des Grundbuchsverfahrens nur gerichtliche bzw. gleichgestellte Titel oder Vertragsurkunden in Betracht kommen.
Damit fehlt es an den Voraussetzungen für die Eintragung der Gegenforderung im Sinne des § 1443 ABGB in jeder der dargelegten Eintragungsformen.
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