OGH 7Ob702/78

OGH7Ob702/7819.10.1978

SZ 51/145

Normen

EO §381 Z2
HGB §15
HGB §16
HGB §128
HGB §140
HGB §142
HGB §143
Handelsregisterfügung §40 Abs2 litc
EO §381 Z2
HGB §15
HGB §16
HGB §128
HGB §140
HGB §142
HGB §143
Handelsregisterfügung §40 Abs2 litc

 

Spruch:

Die Klage auf Ausschluß eines Gesellschafters der OHG oder Übernahme des Geschäftes ist eine Rechtsgestaltungsklage. Bei bisheriger Gesamtvertretungsmacht ist die Gefährdung des verbleibenden Gesellschafters im Sinne des § 381 Z. 2 EO schon durch die Untätigkeit des anderen Gesellschafters dargetan. Der Grund des Ausscheidens eines Gesellschafters bildet keinen notwendigen Teil der Eintragung ins Handelsregister. Im Streit über diesen Grund kann deshalb die Gefährdung des verbleibenden Gesellschafters durch Fertigung einer Anmeldung des Ausscheidens zum Handelsregister beseitigt und so die einstweilige Verfügung überflüssig werden

OGH 19. Oktober 1978, 7 Ob 702/78 (OLG Wien 1 R 131/78; HG Wien 23 Cg 452/78)

Text

Der Kläger als gefährdete Partei (im folgenden kurz: Kläger) hat mit

seiner Klage auf Ausschluß des Beklagten aus der "... Gesellschaft

... Dr. St. und Dr. M" den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen

Verfügung verbunden, womit dem Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (im folgenden kurz: Beklagten) die Gesamtvertretungsmacht und Gesamtgeschäftsführungsbefugnis bei dieser Gesellschaft entzogen und dem Kläger die alleinige Vertretungsmacht und Geschäftsführungsbefugnis übertragen werden soll.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß es schon an der Gefahrenbescheinigung fehle. Diesen Beschluß hob das Rekursgericht unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es vertrat die Ansicht, daß die Gefährdung nach den Erfahrungen des täglichen Lebens zu bejahen sei, wenn der Beklagte sich nach der Behauptung des Klägers an der nur kollektiv zulässigen Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft nicht mehr beteilige. Zu prüfen sei jedoch die Behauptung des Beklagten, daß er bereits mit Zustimmung des Klägers aus der Gesellschaft ausgetreten sei. Sollte dies allerdings nicht der Fall gewesen sein, so sei der Kläger nicht gehalten, auf eine vergleichsweise Regelung, wie sie der Beklagte angeboten habe, einzugehen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß im vorliegenden Fall einer vereinbarten gemeinsamen Geschäftsführung und Vertretung der OHG die - vom Beklagten zugestandene - Untätigkeit schon für sich allein die Gefahr eines dem verbleibenden Gesellschafter drohenden unwiderbringlichen Schadens im Sinne des § 381 Z. 2 EO dartut. Nach der richtigen Ansicht der zweiten Instanz ist daher das Verfahren in der Richtung ergänzungsbedürftig, ob einerseits der behauptete Grund für die Ausschließung des Beklagten aus der Gesellschaft (richtig: für die Geschäftsübernahme im Sinne des § 142 HGB) vorliegt (vgl. EvBl. 1967/ 179 und SZ 34/120) und ob andererseits vom Kläger auf eine solche Ausschließung durch die Vereinbarung eines bloßen Austrittes des anderen Gesellschafters verzichtet wurde.

Teilweise mit Recht bekämpft der Rekurswerber allerdings die weitere Meinung des Rekursgerichtes, daß es beim Fehlen der vom Beklagten behaupteten Einigung auf das "Vergleichsanbot" des Beklagten keinesfalls ankomme. Richtig ist wohl, daß zwischen den Parteien Streit über den Rechtsgrund und den Zeitpunkt des Ausscheidens des Beklagten aus der Gesellschaft besteht. Ebenso trifft es zu, daß die Rechtswirkungen sowohl nach außen (§ 128 HGB) als auch im Innenverhältnis (vgl. § 140 Abs. 2 HGB und die besonderen Bestimmungen des § 22 des vorliegenden Gesellschaftsvertrages) von diesen Umständen abhängen. Daher muß der Kläger nach der soweit zutreffenden Ansicht des Rekursgerichtes Vergleichsanbote des Beklagten weder in bezug auf den Zeitpunkt noch auf die Art des Ausscheidens annehmen. Zur Eintragung in das Handelsregister ist aber nach § 143 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 40 Abs. 2 lit c HRV nur das Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft anzumelden. Der Grund dieses Ausscheidens bildet keinen notwendigen Teil der Eintragung (vgl. Schimkowsky, Vertragsmuster[6] Nr. 749 und 756, 821, 826). Ein Urteil im Ausschluß- oder Geschäftsübernahmeprozeß würde bloß die fehlende Zustimmung des Ausgeschiedenen ersetzen (§ 16 Abs. 1 HGB). Hingegen wäre die Zustimmung des Beklagten zu einer gemeinsamen Anmeldung seines Ausscheidens aus der Gesellschaft oder der Geschäftsübernahme durch den Kläger grundsätzlich geeignet, dessen Rechte voll zu sichern, zumal, wenn die gemeinsame Registereingabe wie hier durch anwaltliche Erklärung ausdrücklich unter Wahrung des Rechtsstandpunktes des Klägers angeboten wurde. Die Frage, welcher Tatbestand des Ausscheidens aus der Gesellschaft vorliegt, könnte dann unabhängig von der einverständlichen Antragstellung zum Handelsregister im Prozeß gelöst werden, ohne daß die Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung notwendig wäre.

Dennoch ist der Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes zu billigen. Die vorliegende Zustimmungserklärung des Beklagten beinhaltet nämlich die Erklärung seines Austrittes aus der Gesellschaft per 31. Dezember 1977, während der Kläger das Ausschlußbegehren mit der vorliegenden Klage erst am 19. April 1978 gestellt hat. Eine Unterfertigung der angebotenen Handelsregistereingabe durch den Kläger würde seine Rechtsstellung insofern verschlechtern, als die Haftung des Beklagten für die Gesellschaftsschulden schon mit dem früheren Zeitpunkt beendet wäre (§ 128 HGB, RZ 1959, 107 u. a.). Dieses Anbot des Beklagten reicht somit zur Sicherung der behaupteten Rechte des Klägers nicht aus. Allerdings hat sich der Beklagte mit seinem Schreiben vom 9. Mai 1978 (unmittelbar vor der Entscheidung des Erstrichters über den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung) überdies "selbstverständlich bereit erklärte, auch jede andere Art Austrittserklärung zu unterfertigen, die zu seiner Löschung im Handelsregister führt, soweit daraus nicht abgeleitet werden kann, daß er den Ausschluß aus der Gesellschaft als gerechtfertigt anerkennt". Aber in dieser Richtung liegt einerseits erst eine Absichtserklärung vor, deren Erfüllung bei nachträglicher Weigerung noch im Prozeßweg durchgesetzt werden müßte, und es ist andererseits offen, ob sich der Beklagte auch dem Wunsch des Klägers in Bezug auf den Zeitpunkt des Ausscheidens (s. o.) beugt. Seine bisherige Zusage reicht deshalb ebenfalls nicht aus, um die Gefährdung des Klägers verneinen zu können. Erst die Übergabe einer den Bedürfnissen des Klägers nicht widersprechenden Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister wird die Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung überflüssig machen und allenfalls auch der Rechtsgestaltungsklage (EvBl. 1977/172) den Boden entziehen.

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