OGH 3Ob139/78

OGH3Ob139/7819.9.1978

SZ 51/127

Normen

EO §44 Abs1
EO §44
EO §44 Abs1
EO §44

 

Spruch:

Für die Aufschiebung des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens ist primär § 44 EO maßgebend. Die Aufschiebung der Abgabenexekution ist daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 EO von einer entsprechenden Sicherheitsleistung abhängig zu machen

OGH 19. September 1978, 3 Ob 139/78 (LGZ Wien 46 R 276/78; BG Liesing 3 C 55/78)

Text

Mit der am 16. März 1971 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Unzulässigerklärung der vom Finanzamt für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk gegen ihren Ehegatten Robert N, am 3. Feber 1978 zur Steuernummer 015/2922 bewilligten und am gleichen Tag durchgeführten Fahrnisexekution bezüglich aller im Pfändungsprotokoll dieses Finanzamtes beschriebenen Gegenstände. Gleichzeitig beantragte sie die Aufschiebung dieser Exekution. Sie brachte vor, daß sie am 8. März 1978 beim Finanzamt gegen die Pfändung Widerspruch erhoben habe, da die gepfändeten Gegenstände teils ihr Alleineigentum seien, teils in ihrem Mitteigentum stunden. Das Finanzamt habe eine Entscheidung über den Widerspruch bis spätestens 16. März 1978 zugesagt. Am 15. März 1978 sei sie durch die Vollzugstelle verständigt worden, daß die gepfändeten Gegenstände am 20. März 1978 abgeholt würden. Damit sei ihr Widerspruch abgelehnt worden.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Aufschiebung der Exekution unter der Bedingung, daß die Klägerin binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Beschlusses eine Sicherheitsleistung von 101 550 S erlege.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin teilweise dahin Folge, daß es die Sicherheitsleistung auf 50 000 S herabsetzte. In der Begründung führte das Rekursgericht aus, daß für die Aufschiebung der Exekution die Bestimmung des § 44 EO gelte. Der Erlag einer Sicherheitsleistung sei nach § 44 Abs. 2 Z. 2 und 3 zwingend vorgeschrieben. Mit Rücksicht auf die Höhe der Forderung und den im Pfändungsprotokoll angegebenen voraussichtlichen Erlös von 97 800 S erscheine jedoch eine Sicherheit von 50 000 S als ausreichend. Die Rekursbehauptung, daß unter den gepfändeten Gegenständen auch unpfändbare vorhanden seien, könne wegen des Neuerungsverbotes keine Beachtung finden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs teilweise Folge. Der angefochtene Beschluß wurde dahin abgeändert, daß die von der klagenden Partei zu erlegende Sicherheit mit 20 000 S statt 50 000 S festgesetzt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Aus der Verweisung des § 14 Abs. 5 AbgEO hat das Rekursgericht in Übereinstimmung mit der Lehre (Heller - Berger - Stix in Neumann - Lichtblau, EO[4], 19) zutreffend den Schluß gezogen, daß für die Aufschiebung des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nicht die Abgabenexekutionsordnung, sondern primär der § 44 EO maßgebend ist. Die Aufschiebung der Abgabenexekution ist daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 EO von einer entsprechenden Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Auf die Vorschrift des § 44 Abs. 2 Z. 1 EO kann sich die Aufschiebungswerberin nicht mit Erfolg berufen, da diese ausschließlich die Aufschiebung aus Anlaß von Einwendungen nach den §§ 35, 36 EO betrifft und im übrigen auch nicht bestimmt, daß im Falle der Bescheinigung der den Klagsanspruch begrundenden Tatsachen durch unbedenkliche Urkunden die Aufschiebung der Exekution nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden darf. Vielmehr ordnet diese Bestimmung an, daß bei Fehlen solcher Urkunden eine Sicherheitsleistung obligatorisch ist.

Aus der mangelnden Befristung des Widerspruches Dritter beim Finanzamt ist für den Standpunkt des Revisionsrekurses nichts zu gewinnen, da auch die Widerspruchsklage nach § 37 EO nicht befristet ist. Sinn und Zweck des § 44 Abs. 2 Z. 2 EO zwingen zur sinngemäßen Anwendung dieser Bestimmung auf den der Klage vorangehenden Widerspruch beim Finanzamt. Andernfalls hinge der Beginn der Frist des § 44 Abs. 2 Z. 2 EO von der Willkür des Widerspruchswerbers ab, was den Intentionen der erwähnten Bestimmung widerspräche. Erhebt ein naher Angehöriger später als 14 Tage nach dem Exekutionsvollzug Widerspruch, muß er zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 44 Abs. 2 Z. 2 EO bereits im Aufschiebungsantrag behaupten und bescheinigen, daß er vom Vollzug der Exekution erst kurz vor oder nach Ablauf dieses Zeitraumes Kenntnis erlangen konnte und daß er den Widerspruch ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht habe. Mangels eines entsprechenden Vorbringens der Aufschiebungswerberin in der Widerspruchsklage war nicht zu prüfen, ob die Klägerin vom Exekutionsvollzug rechtzeitig Kenntnis erlangt hat. Da die Rechtsmittelwerberin zum Personenkreis des § 44 Abs. 2 Z. 2 EO gehört und nach ihrem Vorbringen erst am 8. März 1978 beim Finanzamt Widerspruch erhoben hat, wurde die Aufschiebung der Exekution mit Recht vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht.

Es ist dem Rekursgericht auch aus dessen zutreffenden Gründen beizupflichten, daß die Aufschiebung der Exekution die Befrieder betriebenen Abgabenforderung zu gefährden geeignet ist (§ 44 Abs. 2 Z, 3 EO), weil infolge Verzögerung der Vollstreckung die Gefahr der Entwertung der gegenständlichen Pfandgegenstände durch fortdauernden Gebrauch oder Kaufkraftminderung sowie der Beschädigung und des Verlustes besteht.

Die Höhe der Sicherheitsleistung, für die der durch die Aufschiebung der Vollstreckung zu gewärtigende Schaden der betreibenden Gläubigerin maßgebend ist, richtet sich, da der Wert der Pfandgegenstände geringer ist als die beizutreibende Forderung, nach dem Wert der Pfandgegenstände (Heller - Berger - Stix a. a. O., 553 f.; SZ 32/20 u. a.). Da der Schätzwert der gepfändeten Fahrnisse nach der Aktenlage 101 550 S beträgt, ist unter Bedachtnahme auf die dargelegten Grundsätze ungeachtet der Höhe der betriebenen Abgabenforderung eine Sicherheitsleistung von 20 000 S als ausreichend und angemessen anzusehen. Auf die angebliche Unpfändbarkeit einzelner Pfandobjekte konnte schon deshalb nicht Bedacht genommen werden, da sie nach § 29 Z. 1 AbgabEO die Unentbehrlichkeit für den Abgabenschuldner und für dessen im gemeinsamen Haushalt lebende Familienmitglieder und Dienstleute voraussetzt, die jedoch nach der Aktenlage nicht feststeht.

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