Spruch:
Ein verbüchertes Veräußerungsverbot hindert jede Übertragung von Grundstücken oder Trennstücken an andere und damit auch die lastenfreie Abschreibung von Trennstücken in Durchführung einer bescheidgemäß der Flurbereinigung dienenden Maßnahme der Bodenreform
OGH 2. November 1976, 5 Ob 22/76 (KG Ried im Innkreis R 107/76; BG Schärding 1 Nc 214/76)
Text
Die Antragsteller sind Eigentümer der Liegenschaft EZ 44 KG Z, zu welcher die Grundstücke 949 Wiese, 1024 Wiese, 1035 Acker, 1011 Wiese, 1040/1 Acker und 1046 Wiese mit einem Gesamtausmaß von 23 641 m2 gehören. Auf Grund des Übergabsvertrages vom 22. September 1972 und der Übergabsvertragsänderung vom 15. Mai 1973 wurden auf den vorgenannten Grundstücken zugunsten der Übergeber Georg und Maria P die Dienstbarkeit der Wohnung, die Reallast des Ausgedinges und das Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt. Am 18. Oktober 1973 wurde zwischen Johann und Franziska K einerseits und den Antragstellern Heinrich und Anna Maria P andererseits ein "Arrondierungstauschvertrag" abgeschlossen, mit welchem die vorgenannten Grundstücke gegen Grundstücke aus dem Grundbesitz der Ehegatten K mit einem Gesamtausmaß von 20 253 m2 getauscht wurden.
In dem vom Erstgericht über Antrag der Antragsteller gemäß § 4 LTG eingeleiteten Aufforderungsverfahren erhob Georg P als Buchberechtigter fristgerecht Einspruch. Die Antragsteller beantragten, den Einspruch für unwirksam zu erklären, weil der Tausch zur Durchführung der Flurbereinigung im Sinne des § 1 des Oberösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes erforderlich und die Forderung des Georg P nicht gefährdet sei.
Das Erstgericht erklärte den von Georg P gegen die beabsichtigte lastenfreie Abtrennung der Grundstücke 949 Wiese mit 504 m2, 1024 Wiese mit 125 m2, 1035 Acker mit 15 152 m2, 1011 Wiese mit 205 m2, 1040/1 Acker mit 6954 m2 und 1046 Wiese mit 701 m2 von der den Ehegatten Heinrich und Anna Maria P je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ 44 KG Z erhobenen Einspruch für unwirksam. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Mit dem von Johann und Franziska K mit Heinrich und Anna Maria P am 18. Oktober 1973 abgeschlossenen Arrondierungstauschvertrag wurden die den ersteren gehörigen Grundstücke 906/2 Wiese, 929 Acker, 930 Wiese, 942 Wald, 943 Acker und 944 Wald der KG Z mit einem Gesamtausmaß von 20 253 m2 gegen die den Antragstellern gehörigen Grundstücke 949 Wiese, 1024 Wiese, 1035 Acker, 1011 Wiese, 1040/1 Acker und 1046 Wiese der KG Z mit einem Gesamtausmaß von 23 641 m2 getauscht und festgehalten, daß die getauschten Grundstücke gleichwertig seien und daher von keiner Seite eine Aufzahlung geleistet werde. Die Agrarbezirksbehörde Linz stellte mit Bescheid vom 10. Dezember 1973, Zl. 2120/228/1973, gemäß § 30 Abs. 1 des oberösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes vom 30. Juni 1972, LGBl 33, fest, daß der zwischen Johann und Franziska K einerseits und Heinrich und Anna Maria P andererseits abgeschlossene Tauschvertrag vom 18. Oktober 1973 für die Durchführung der Flurbereinigung im Sinne des § 1 des oberösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes erforderlich ist und das gegenständliche Flurbereinigungsverfahren unmittelbar zur Durchführung einer Maßnahme der Bodenreform dient.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß alle Voraussetzungen des § 11 LTG vorlägen.
Der Rekurs des Buchberechtigten Georg P blieb erfolglos. Das Rekursgericht führte aus, ein vom Buchberechtigten in dem nach § 4 LTG eingeleiteten Aufforderungsverfahren erhobener Einspruch gegen die beabsichtigte lastenfreie Abschreibung von Grundstücken vom Grundbuchskörper könne gemäß § 11 LTG für unwirksam erklärt werden, wenn er gegen die Vornahme eines Tausches von der Landwirtschaft gewidmeten Grundstücken gerichtet und der Tausch geeignet sei, entweder eine Arrondierung oder eine bessere Bewirtschaftung der Besitztümer der Tauschenden zu bewirken, und wenn in beiden Fällen die Sicherheit der Rechte, gegen welche Einspruch erhoben worden sei, nach den Bestimmungen des § 1374 ABGB nicht gefährdet erscheine. Dem offensichtlich unter Mitwirkung der Agrarbehörde zustandegekommenen Arrondierungstauschvertrag vom 18. Oktober 1973 sei zu entnehmen, daß die getauschten Grundstücke als gleichwertig anzusehen seien, auch wenn die Antragsteller um 3388 m2 weniger Grund erhielten als sie hätten hergeben müssen. Der Einwand des Georg P, die Antragsteller hätten einen schlechteren Grund eingetauscht, sei nicht stichhältig, weil die Antragsteller selbst ein Interesse daran hätten, beim Tausch nicht schlecht wegzukommen. Im übrigen sei durch die Mitwirkung der Agrarbehörde hinreichend sichergestellt, daß bei solchen Arrondierungstauschverträgen keine Partei benachteiligt werde. Aus dem Bescheid der Agrarbezirksbehörde Linz gehe hervor, daß der Tauschvertrag im Flurbereinigungsverfahren abgeschlossen worden sei und einer Maßnahme der Bodenreform diene. Dadurch sei zweifelsfrei dargetan, daß der Tausch zur besseren Bewirtschaftung der Besitztümer der Vertragspartner geeignet sei. Eine Gefährdung der Rechte des Georg P sei nicht gegeben. Die vom Übergabsvertrag betroffenen Grundstücke hätten ein Gesamtausmaß von zirka 30 ha, so daß die Verringerung des Grundausmaßes um 3388 m2 nicht ins Gewicht falle. Es müsse dabei auch bedacht werden, daß die Antragsteller durch den Tausch offensichtlich einen höherwertigen Grund erhalten hätten. Die Voraussetzungen des § 11 LTG seien daher gegeben.
Über den Revisionsrekurs des Georg P änderte der Oberste Gerichtshof die untergerichtlichen Beschlüsse dahin ab, daß der Antrag der Antragsteller, den von Georg P gegen die beabsichtigte lastenfreie Abtrennung von Grundstücken von der den Antragstellern gehörenden Liegenschaft erhobenen Einspruch für unwirksam zu erklären, abgewiesen wird.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Für die Anfechtung des Beschlusses, mit welchem gemäß § 11 LTG ein Einspruch für unwirksam erklärt wird, finden nicht die Bestimmungen der §§ 122 ff. GBG, sondern gemäß § 32 zweiter Satz LTG die Bestimmungen über Rechtsmittel im Verfahren außer Streitsachen Anwendung (vgl. Sattler, Rechtsmittel im Grundbuchsverfahren, NotZ 1949, 18 f. sowie GMA des GBG[2], 319 Anm. 1, zu § 12 LTG).
Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigt hat, ist der Revisionsrekurswerber auf die Anfechtungsgrunde des § 16 AußStrG beschränkt, von denen er die der Aktenwidrigkeit und offenbaren Gesetzwidrigkeit geltend macht.
Mit Recht wendet er sich gegen die Nichtbeachtung des zu seinen Gunsten auf der Liegenschaft der Antragsteller einverleibten Veräußerungsverbotes. Durch § 11 LTG, welcher hinsichtlich der Voraussetzungen für die Unwirksamerklärung eines Einspruches u. a. darauf abstellt, daß "die Sicherheit der Forderung, wegen welcher Einspruch erhoben wurde" (und nicht, wie das Rekursgericht annimmt, der Rechte, gegen welche Einspruch erhoben wurde), "nach den Bestimmungen des § 1374 ABGB nicht gefährdet erscheint", wurde die dem materiellen Recht angehörige Bestimmung des § 364c ABGB nicht berührt. Das gemäß § 364c ABGB eingeräumte und im Grundbuch eingetragene Veräußerungsverbot hindert jede Übertragung der Sache an andere, also auch eine Übertragung im Tauschwege (vgl. RZ 1960, 12 sowie SZ 15/17, in welchem Gutachten ausgesprochen wurde, daß die durch die Einräumung des Veräußerungsverbotes bewirkte Verkehrsbeschränkung einer der Gründe ist, warum die Gesetzgebung solche Verbote an strenge Voraussetzungen knüpft und ihre Wirksamkeit einschränkt).
Es hätte daher das Erstgericht das Verfahren nach § 4 LTG wegen der Beschränkung der Antragsteller in der Verfügung über die Substanz der Liegenschaft gar nicht einleiten dürfen (vgl. Bartsch, GBG[7], 590; Feil, Österreichisches Grundbuchsrecht, 87; die dort zitierte gegenteilige Ansicht von Gregorcic in NotZ 1954, 97 ff. vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil sie von der Außerachtlassung einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes ausgeht, die Gerichte aber die geltenden Gesetze zu beachten haben. Ihr kann daher nicht beigetreten werden.
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