OGH 3Ob577/76

OGH3Ob577/7619.10.1976

SZ 49/121

Normen

ABGB §37
ABGB §1361
ABGB §37
ABGB §1361

 

Spruch:

Nach welchem Recht ein Rechtsverhältnis zu beurteilen ist, muß vorweg nach den österreichischen Vorschriften über die Rechtsanwendung geprüft werden

Daß die Heranziehung der in einem ausländischen Recht geltenden Rechtsanwendungsnormen zu einem anderen Ergebnis führen würde, kann nur insofern Bedeutung haben, als im Einzelfall der Nachweis einer (allenfalls auch gemäß § 863 ABGB vereinbarten) Rechtswahl im Sinne des § 36 letzter Halbsatz ABGB leichter als sonst zu erbringen wäre. Eine derartige Rechtswahl müßte jedoch behauptet und bewiesen werden

Der Hauptschuldner kann dem Bürgen keine Einwendungen aus dem zwischen ihm und dem Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnis entgegensetzen, wenn er sich mit der Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen einverstanden erklärt hat

Dies gilt auch, falls der Bürge den Hauptschuldner fruchtlos auffordert, ihm derartige Einwendungen bekanntzugeben und ihm entsprechende Informationen und Unterlagen zu liefern

OGH 19. Oktober 1976, 3 Ob 577/76 (LG f. ZRS Graz 4 R 418/75; BG f. ZRS Graz 1 C 387/75)

Text

Der in Italien wohnende Kläger begehrte die Verurteilung des in Österreich wohnhaften Beklagten zur Zahlung eines Betrages von (nach Ausdehnung) 504 115 Lire samt Anhang mit der Begründung, er habe gegenüber dem Obstexporteur Aristide C in Modena die Haftung als Bürge und Zahler für die Verbindlichkeiten des Beklagten gegenüber C übernommen; er sei auf Grund dieser Bürgschaft mit rechtskräftigem Urteil des Zivilgerichtes Modena vom 13. Juli 1973 (richtig: 15. Jänner 1973) zur Zahlung eines Betrages von 501 115 Lire (laut Klagsausdehnung 504 115 Lire) verpflichtet worden und habe daraufhin die Schuld bezahlt.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er brachte vor, der Kläger habe, gegenüber Aristide C keine Bürgschaft übernommen, der Beklagte habe von C bloß Obst in Kommission geliefert erhalten, dabei seien statt der vom Beklagten bestellten Weintrauben Pfirsiche geladen worden, für welche damals eine Importsperre bestanden habe; die Pfirsiche seien deshalb am 25. August 1968 vom Zollamt T beschlagnahmt und vernichtet worden. Die nicht beschlagnahmte Ware habe der Beklagte ohnehin bezahlt. Zur Bezahlung der nicht bestellten und vernichteten Pfirsiche sei er nicht verpflichtet. Dem Beklagten sei zwar vom Kläger im Rechtsstreit vor dem Zivilgericht in Modena der Streit verkundet und er auch zur Verhandlung für den 4. Feber 1972 vorgeladen worden. Er habe jedoch zu diesem Termin aus beruflichen Gründen nicht erscheinen können und sich deshalb mit eingeschriebenem Expreßbrief entschuldigt. Der Kläger könne ferner auch deshalb keinen Regreßanspruch gegen den Beklagten geltend machen, weil er das Verfahren in Modena mangelhaft geführt und kein Rechtsmittel gegen das Urteil ergriffen habe; er habe in diesem Verfahren selbst vorgebracht, daß die Ware aus der zweiten Lieferung an der Grenze beschlagnahmt worden sei. Schließlich wendete der Beklagte Verjährung ein.

Der Kläger wiederum bestritt eine mangelhafte Prozeßführung, insbesondere mit dem Hinweis, daß der Beklagte es unterlassen habe, nach erfolgter Streitverkundung im Verfahren in Modena als Nebenintervenient einzuschreiten und dem Kläger im Verfahren entsprechend beizustehen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes sind beide Parteien italienische Staatsbürger; sie lernten einander anläßlich eines Geschäftsaufenthaltes des Klägers in Graz kennen. Der Kläger empfahl dem Beklagten die Aufnahme von Geschäftsverbindungen mit dem ihm gut bekannten Obsthändler Aristide C aus Modena und brachte die beiden auch persönlich zusammen. Dieser Kontakt führte zunächst zu keinem Geschäftsabschluß, später bestellte der Beklagte jedoch von Graz aus telefonisch bei C Obst "auf Kommission", ohne daß hiebei über die Anwendung eines bestimmten Rechtes gesprochen worden wäre. In Anschluß an diese erste Bestellung fuhr der Beklagte mit seinem PKW selbst nach Modena, um die bestellte Ware abzuholen. Aristide C hatte inzwischen beim Kläger wegen der Bonität des Beklagten rückgefragt, worauf ihm der Kläger erklärte, C könne dem Beklagten liefern, da er für diesen einstehe. Die ersten Lieferungen vom 9. August 1968, die der Beklagte selbst abgeholt hatte, wurden auch bezahlt. Es erfolgte sodann eine weitere Bestellung von Weintrauben und Wassermelonen (nach den weiteren Ausführungen des Erstgerichtes gleichfalls fernmündlich von Graz aus). Diese Bestellung holte der Beklagte wegen geschäftlicher Verhinderung nicht selbst, sondern schickte hiezu seinen LKW nach Modena. Dieser LKW wurde auf der Rückfahrt am 25. August 1968 an der Grenze in T beschlagnahmt, weil statt der Weintrauben 40 Steigen Pfirsiche aufgeladen worden waren, für welche damals eine Importsperre bestand. Die Pfirsiche wurden daher an der Grenze vernichtet. Der Beklagte, der von diesem Sachverhalt erst nachträglich erfuhr, teilte ihn Aristide C mit und zahlte nur die gelieferten Wassermelonen. Anschließend brach er die Geschäftsbeziehungen zu C ab und reagierte auch nicht auf dessen Mahnung.

C, der somit vom Beklagten keine weitere Zahlung erhielt, brachte am 16. Juni 1970 gegen den nunmehrigen Kläger beim Zivilgericht in Modena eine Klage auf Zahlung von 292 042 Lire samt Anhang ein. Er brachte vor, daß der nunmehrige Kläger zur Zahlung als Bürge (solidarisch mit dem Beklagten) verpflichtet sei. Der nunmehrige Kläger wendete in diesem Verfahren außer dem Hinweis auf das Fehlen einer schriftlichen Bürgschaftserklärung ein, seine Bürgschaft habe sich nur auf die ersten, ohnehin bezahlten Warenlieferungen erstreckt, der Beklagte habe die Bezahlung des strittigen Restbetrages mit Recht abgelehnt, weil die Ware an der Grenze "blockiert und vernichtet" worden sei. Im Zuge dieses Verfahrens beantragte der nunmehrige Kläger, dem Beklagten gemäß Art. 108 CPC (Codice di procedura civile) den Streit zu verkunden. Diesem Antrag entsprach der Prätor in Modena am 3. Dezember 1971; dem Beklagten wurde daher mit einem ihm am 18. Dezember. 1971 zugestellten Schriftstück der Streit verkundet, er wurde gleichzeitig zur Verhandlung am 4. Feber 1972 vorgeladen und unter Darstellung des Sachverhaltes aufgefordert, sich zu verteidigen und den nunmehrigen Kläger von jeglicher Verantwortung zu entbinden; außerdem wurde der Beklagte in diesem Schriftstück darauf aufmerksam gemacht, daß im Falle seines ichterscheinens in seiner Abwesenheit verhandelt werde.

Der Beklagte, welcher am 4. Feber 1972 verhindert war, gab dies nach einem Telefongespräch dem Richter in Modena schriftlich bekannt. Da er keine weiteren Schritte unternahm, wurde in seiner Abwesenheit verhandelt und der Kläger schließlich mit Urteil vom 15. Jänner 1973 zur Zahlung von 292 040 Lire samt Zinsen seit 17. Juni 1970 und 119 995 Lire an Kosten verurteilt. In diesem Urteil wurden sämtliche Einwendungen des nunmehrigen Klägers (im Modena Beklagter) als nicht begrundet bezeichnet. Der Kläger ergriff gegen das Urteil kein Rechtsmittel, um weitere Kosten zu vermeiden. Auf Grund der Aufforderung des Aristide C an den Kläger, ihm insgesamt 504 115 Lire zu bezahlen (es wurden dabei die für Zustellung und Vollstreckbarkeit des Urteils entstandenen Spesen hinzugerechnet), suchte der Anwalt des Klägers den Beklagten auf; seine an den Beklagten gerichtete Zahlungsaufforderung blieb jedoch vergeblich. Der Kläger bezahlte daraufhin am 30. November 1973 560 000 Lire an den Anwalt des Aristide C.

Bei diesem Sachverhalt führte das Erstgericht aus, im gegenständlichen Fall gelte für die Bürgschaft italienisches Recht. Nach den Bestimmungen des Codice civile (in der Folge kurz CC) genüge für eine Bürgschaft die ausdrückliche - also nicht notwendigerweise schriftliche - Erklärung (Art. 1937 CC); sie könne auch wirksam eingegangen werden, wenn der Schuldner davon keine Kenntnis habe (Art. 1936 Abs. 2 CC); der Bürge habe auch in diesem Fall bei Zahlung ein

Rückgriffsrecht (Art. 1950 Abs. 1 CC), dieses Recht umfasse neben dem Kapital auch alle dem Bürgen erwachsenen Zinsen und Kosten, nachdem er gegen ihn eingeleitete gerichtliche Schritte dem Schuldner angezeigt habe (Art. 1950 Abs. 2 CC); falls der Bürge ohne Benachrichtigung des Hauptschuldners gezahlt habe, könne dieser dem Bürgen jene Einwendungen entgegenhalten, die er dem Gläubiger hätte entgegenhalten können (Art. 1952 Abs. 2 CC).

Da der Kläger im vorliegenden Fall der Verpflichtung gemäß Art. 1950 Abs. 2 CC durch die festgestellte Streitverkundung entsprochen habe, könne es ihm nicht zum Nachteil gereichen, daß er gegen das Urteil des Gerichtes in Modena kein Rechtsmittel ergriffen habe; für den Beklagten wäre auch nichts gewonnen, falls das Grundgeschäft, von welchem die Bürgschaft abhänge, nach österreichischem Recht zu beurteilen wäre, da dem Beklagten auch auf Grund des Umkehrschlusses aus § 1361 ABGB Einwendungen aus dem Grundgeschäft abgeschnitten seien. Schließlich könne auch von einer Verjährung keine Rede sein.

Das Berufungsgericht hob infolge Berufung des Beklagten das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Berufungsgericht bezeichnete die Beweiswürdigung des Erstgerichtes als unbedenklich, seine umfangreichen Rechtsausführungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Unbestritten sei, daß der Bürgschaftsvertrag zwischen dem Kläger und Aristide C nach italienischem Recht zu beurteilen sei. Die gegenständliche Regreßklage sei jedoch nach anderen Grundsätzen zu beurteilen, weil hiefür das zwischen dem Hauptschuldner und dem Bürgen (also hier den Parteien des nunmehrigen Rechtsstreites) bestehende Rechtsverhältnis maßgebend sei. In der Regel liege eine Vereinbarung zwischen Hauptschuldner und Bürgen vor, es könne sich jedoch bei der Bürgschaftsübernahme auch um eine Geschäftsführung ohne Auftrag oder eine Schenkung handeln; hier sei das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien als Geschäftsführung ohne Auftrag zu beurteilen. Mangels näherer Erörterung der hiefür in Betracht kommenden Anknüpfungspunkte könne noch nicht beurteilt werden, welches Recht hinsichtlich dieses Rechtsverhältnisses anzuwenden sei. Auch die Frage, ob das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und Aristide C nach österreichischem oder italienischem Recht zu beurteilen sei, könne noch nicht beurteilt werden, weil der gegenständlichen, am 24. August 1968 abgewickelten Bestellung ein Anbot des Aristide C aus Italien vorausgegangen sein könne. Dies sei ebenso zu klären wie die Frage, ob auch der letzte "Auftrag" (Bestellung) als Kommissionsauftrag erging, weil in diesem Fall der Wohnsitz des Beklagten für die Rechtsanwendung maßgebend (also österreichisches Recht anzuwenden) wäre. Außerdem bezeichnete das Berufungsgericht eine Reihe von Umständen hinsichtlich des Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und Aristide C als klärungsbedürftig; es vertrat nämlich bei einer Beurteilung der Regreßklage auf Grund der Bestimmung des § 1361 ABGB die Auffassung, daß die hier erfolgte Streitverkundung nicht ausreiche, um dem Beklagten gegenüber dem Kläger die ihm gegen Aristide C offengestandenen Einwendungen abzuschneiden; es führte hiezu aus, dies komme nur in Betracht, falls der Schuldner auf entsprechende Anfragen des Bürgen überhaupt nicht reagiere oder nicht die notwendigen Informationen und Unterlagen liefere. Schließlich sei zu untersuchen, ob der Kläger vom Beklagten auch den Ersatz der Kosten des Prozesses in Modena begehren könne.

Der Oberste Gerichtshof gab den von beiden Parteien erhobenen Rekursen nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Hinsichtlich des bei der rechtlichen Beurteilung der Sache im Vordergrund stehenden Problems, wie weit österreichisches oder italienisches Recht anzuwenden ist, vertraten die Vorinstanzen zutreffend die Auffassung, daß der zwischen dem Kläger und Aristide C abgeschlossene Bürgschaftsvertrag nach italienischem Recht zu beurteilen ist. Dieser als selbständiges Rechtsgeschäft anzusehende Bürgschaftsvertrag (vgl. hiezu Schnitzer, IPR[4], 745; Schwind, Handbuch des IPR, 314; SZ 46/83 u. a.) wurde von Ausländern (=Italienern) im Ausland (=Italien) abgeschlossen, für ihn ist daher auch vor dem österreichischen Gericht entsprechend den Vorschriften des österreichischen internationalen Privatrechtes (§ 37 ABGB) italienisches Recht maßgebend.

Nach welchem Recht das zwischen Aristide C (Gläubiger) und dem Beklagten (Hauptschuldner) bestandene Rechtsverhältnis zu beurteilen ist, muß vorweg gleichfalls nach den österreichischen Vorschriften über die Rechtsanwendung geprüft werden (ebenso Walker, IPR[5], 252; Köhler, IPR[3], 14/15; SZ 42/152; ÖBl. 1972, 113 u. a.). Nach der österreichischen Rechtsanwendungsvorschrift des § 36 ABGB ist bei Abschluß eines wechselseitig verbindlichen Geschäftes von Ausländern im Inland österreichisches Recht anzuwenden, falls nicht bewiesen wird, daß bei der Abschließung auf ein anderes Recht Bedacht genommen worden sei. Da bei sogenannten Distanzgeschäften - Vertragsabschluß unter Abwesenden - der Wohnsitz des Offerenten als Ort des Vertragsabschlusses anzusehen ist (ebenso SZ 42/103; JBl. 1971, 39; 1974, 369; 1975, 600 u. a.) und dieser Ort nach den hier getroffenen Feststellungen Graz war - es wurde nämlich nicht einmal behauptet, daß der gegenständlichen fernmündlichen Bestellung der am 24. August 1968 abgewickelten Lieferung durch den Beklagten ein Anbot des Aristide C vorausgegangen wäre , könnte für die zwischen dem Beklagten und Aristide C bestehenden Rechtsbeziehungen zufolge § 36 ABGB italienisches Recht nur im Fall eines Beweises im Sinn des zitierten letzten Halbsatzes dieser Gesetzesstelle anwendbar sein. Der Umstand, daß die Heranziehung der in einem ausländischen Recht geltenden Rechtsanwendungsnormen zu einem anderen Ergebnis führen würde - hier der vom Kläger zitierte Art. 25 CC -, vermag einen derartigen Beweis nicht vorweg zu ersetzen; er könnte nur insofern Bedeutung haben, als im Einzelfall der Nachweis einer (allenfalls auch gemäß § 863 ABGB vereinbarten) Rechtswahl im Sinne des § 36 letzter Halbsatz ABGB leichter als sonst zu erbringen wäre (zur konkludenten Rechtswahlmöglichkeit vergleiche SZ 42/102; JBl. 1971, 39 u. a.). Eine derartige Rechtswahl müßte jedoch behauptet und bewiesen werden (vgl. hiezu Heller, ZfRV 1969, 20 u. a.). Da im vorliegenden Fall in erster Instanz eine Rechtswahl im Sinne der vorstehenden Ausführungen nicht behauptet, geschweige denn festgestellt wurde, vermag der erstmals im Rekurs erfolgte Hinweis des Klägers auf Art. 25 CC, welcher übrigens gleichfalls nachgiebiges Recht darstellt, an der dargestellten Beurteilung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und Aristide C nach österreichischem Recht nichts zu ändern. Damit ist zufolge der bereits vom Berufungsgericht richtig betonten Akzessorietät der Bürgschaft österreichisches Recht auch dafür maßgebend, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen dem Bürgen ein vom Gläubiger abgeleiteter Regreßanspruch zusteht (ebenso vor allem Schnitzer, 746). Lediglich die Frage, ob dem Bürgen außerdem Ansprüche gegen den Hauptschuldner zustehen, richtet sich nach dem Recht des sogenannten "Kausalgeschäftes" (gerade dies ist den Ausführungen Schnitzers, 746 zu entnehmen), diese vom Berufungsgericht aufgeworfene und nunmehr von den Parteien in ihren Rechtsmitteln hauptsächlich erörterte Frage ist deshalb für den gegenständlichen Rechtsstreit erst in zweiter Linie bedeutsam.

Im Vordergrund steht nämlich hier die Frage, ob der Beklagte dem Kläger gegenüber noch wirksam jene Einwendungen entgegensetzen kann, die er gegen Aristide C hätte erheben können. Diese Frage ist nach den vorstehenden Ausführungen nach österreichischem Recht zu beurteilen. Nach § 1361 ABGB muß der Bürge derartige Einwendungen gegen sich gelten lassen, wenn er - als Bürge und Zahler in Anspruch genommen, wie dies hier festgestelltermaßen der Fall war - den Gläubiger befriedigt hat, "ohne sich mit dem Hauptschuldner einzuverstehen". Daraus ist zunächst durch Umkehrschluß abzuleiten, daß der Hauptschuldner, welcher sich mit der Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen einverstanden erklärt hat, dem Bürgen keine Einwendungen aus dem zwischen ihm (= dem Hauptschuldner) und dem Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnis entgegensetzen kann.

Der OGH pflichtet ferner der bereits vom Berufungsgericht zitierten Auffassung von Ohmeyer - Klang (in Klang[2] VI, 238) bei, daß dies auch gilt, falls der Bürge den Hauptschuldner fruchtlos auffordert, ihm derartige Einwendungen bekanntzugeben und ihm entsprechende Informationen und Unterlagen zu liefern. Stunde also etwa fest, daß der Kläger, nachdem er von Aristide C geklagt worden war, ein Schreiben des vorbezeichneten Inhaltes an den Beklagten gerichtet und dieser darauf nicht reagiert hätte, so hätte dies nach den vorstehenden Ausführungen den Ausschluß des Beklagten von der Geltendmachung der ihm gegenüber Aristide C möglichen Einwendungen zur Folge haben müssen.

Die festgestellte Verkundung des Streites, mit welcher der Beklagte außerdem unter Sachverhaltsdarstellung aufgefordert wurde, den Kläger aus seiner Verantwortung gegenüber Aristide C zu entbinden (dies entspricht inhaltlich der Aufforderung im Sinne des § 21 Abs. 2 ZPO), stellt nun nach der vom angefochtenen Beschluß abweichenden Ansicht des OGH eine derartige Aufforderung zur Bekanntgabe möglicher Einwendungen, und zwar sogar in besonders qualifizierter Form dar. Der Beklagte wäre daher auf Grund dieser Aufforderung verpflichtet gewesen, dem Kläger entsprechende Informationen zu geben, falls er sich schon nicht an dem in Modena anhängigen Prozeß beteiligen wollte. Hiebei ist festzuhalten, daß die Behauptung des Beklagten, aus dem Urteil des Zivilgerichtes von Modena ergebe sich, daß dem nunmehrigen Kläger die Ursache für die Vernichtung der Pfirsiche (Beschlagnahme wegen Importsperre) ohnedies bekannt gewesen sei - ansonsten hat er nichts vorgebracht, was als Information des Klägers angesehen werden könnte -, durch den Inhalt dieses Urteils widerlegt ist (darin ist als behaupteter Grund für die Vernichtung der Pfirsiche schlechte Konservierung angegeben, dies wurde nicht als bewiesen angesehen).

Die Untätigkeit des Beklagten trotz der an ihn im Zusammenhang mit der Streitverkundung ergangenen Aufforderung hat daher auch nach österreichischem Recht zur Folge, daß der Beklagte dem Kläger keine Einwendungen mehr entgegensetzen kann, die ihm gegen Aristide C zugestanden wären (zu diesen Einwendungen gehört neben der behaupteten Lieferung einer nicht bestellten Ware sowie der Bemängelung der Betragshöhe auch der zu diesem Rechtsverhältnis erhobene Verjährungseinwand).

Daß die Regreßforderung des Klägers, welche diesem ja erst auf Grund seiner Zahlung an den Hauptschuldner entstand, bei Klagseinbringung noch nicht verjährt war (es wurde sogar vorzeitig geklagt), bedarf keiner weiteren Erörterung. Demzufolge ist der Regreßanspruch des Klägers in Ansehung des Kapitals und der ab Fälligkeit an den Gläubiger bezahlten Zinsen bereits auf Grund der getroffenen, vom Berufungsgericht als unbedenklich bezeichneten Feststellungen zu bejahen.

Wie vorhin dargelegt, kann jedoch der Anspruch des Bürgen auf Ersatz der Kosten des von ihm mit dem Gläubiger geführten Rechtsstreites keinesfalls auf Grund seines nach österreichischem Recht gemäß § 1358 ABGB zu beurteilenden Regreßanspruches bejaht werden. Eine allfällige diesbezügliche Ersatzpflicht des Beklagten richtet sich vielmehr - bei Anwendung österreichischen Rechtes - nach dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis. Fehlt es hiebei an jeder auch nur konkludenten Vereinbarung, so bietet sich für die Frage des insoweit anzuwendenden Rechtes angesichts des Fehlens einer gesetzlichen Regelung als weitaus geeignetster Anknüpfungspunkt der Wohnort des Hauptschuldners an, und zwar unabhängig davon, ob man die Tätigkeit des Bürgen als "Geschäftsführung ohne Auftrag" ansieht oder nicht. Zur Heranziehung dieses Anknüpfungspunktes führt bereits die einfache Überlegung, daß es jeder sachlichen Rechtfertigung entbehren würde, den Hauptschuldner auf Grund einer ohne seine Kenntnis eingegangenen Bürgschaft auf der Grundlage eines ihm sonst fremden Rechtes zum Kostenersatz zu verpflichten. Infolge des auf Grund dieser Überlegung anzuwendenden österreichischen Rechtes hattet der Hauptschuldner dem Bürgen grundsätzlich nicht für jene Kosten, die durch einen ohne seinen Auftrag und nicht zu seinem klaren und überwiegenden Vorteil geführten Rechtsstreit entstanden sind (vgl. hiezu SZ 12/127; EvBl. 1963/309 u. a.).

Daß der Kläger hier ohne Auftrag des Beklagten in Italien Prozeß führte, ferner jene Prozeßkosten, welche im Zusammenhang mit seinen eigenen Einwendungen (Bürgschaft nur für die erste Lieferung usw.) dem Beklagten keinerlei Vorteil brachten, kann bereits auf Grund des festgestellten Sachverhaltes - im Sinne einer Abweisung des diesbezüglichen Teiles des geltend gemachten Anspruches - beurteilt werden. Ob dies jedoch für sämtliche im Klagsbetrag enthaltenen Kosten zutrifft, von denen übrigens nur ein Teil dem Kläger urteilsmäßig auferlegt wurde, muß erst geklärt werden. Nur in diesem Umfang ist somit die Rechtssache noch nicht spruchreif.

Aus diesem Grund hatte es bei der Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils durch das Berufungsgericht zu verbleiben, beiden Rekursen war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung grundet sich auf § 52 ZPO, da die Rechtsmittel zu einer weiteren Klärung der Rechtslage beitrugen (ebenso EvBl. 1958/28 u. v. a.)

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte