Spruch:
Falls ein Gericht als Drittschuldner davon benachrichtigt wird, daß ein bei ihm erliegender Betrag (gleichgültig ob als Sicherheitsleistung gemäß § 44 Abs. 2 EO oder aus einem anderen Rechtsgrund) zugunsten eines Überweisungsgläubigers gepfändet und überwiesen wurde, hat es vor Beschlußfassung über die Ausfolgung die Wirksamkeit der Pfändung zu prüfen, insoweit als ihm diese Prüfung im Rahmen seiner Stellung als Drittschuldner obliegt, zumal die Ausfolgung keinen Akt des Exekutionsvollzuges darstellt.
§ 12 Abs. 3 KO gilt auch bei Überweisung gepfändeter Geldforderungen, weil auch hier der Grundsatz gelten muß, daß jene Gläubiger, welche ein richterliches Pfandrecht innerhalb von 60 Tagen vor Konkurseröffnung erworben haben, rechtlich nicht anders als die übrigen Konkursgläubiger gestellt sein sollen; in diesem Fall hat der Drittschuldner grundsätzlich an den Masseverwalter zu zahlen
OGH 14. September 1976, 3 Ob 129/76 (LG f. ZRS Wien 46 R 180/76, BG Mödling 4 C 256/75)
Text
Mit Beschluß vom 7. April 1975 bewilligte das Handelsgericht Wien als Titelgericht der betreibenden Partei zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 40 000 S samt Anhang Fahrnisexekution gegen den Verpflichteten Stefan K; als Exekutionsgericht schritt zu E 2179/75 das Erstgericht ein. Auf Grund einer vom Verpflichteten zu 4 C 256/75 des Erstgerichtes eingebrachten Oppositionsklage schob das Erstgericht mit Beschluß vom 6. August 1975 die angeführte Exekution gegen Erlag einer Sicherheit von 7 000 S auf. Der Ausweis über den sodann zu GBP 473/75 des Erstgerichtes eingelangten Erlag seitens des Verpflichteten wurde allerdings nicht zum Exekutionsakt E 2179/75 (in diesem Akt befindet sich lediglich ein entsprechender Amtsvermerk), sondern zu dem die Oppositionsklage betreffenden Prozeßakt 4 C 256/75 des Erstgerichtes genommen.
Nach rechtskräftiger Zurückweisung der Oppositionsklage beantragte die betreibende Partei zu E 6589/75 des Erstgerichtes gegen die verpflichtete Partei"Verlassenschaft" nach (dem am 24. September 1975 verstorbenen) Stefan K auf Grund des Vergleiches des Handelsgerichtes Wien vom 20. Jänner 1975, 26 Cg 1558/74, zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 26 013.62 S samt Anhang die Exekution durch Pfändung und Überweisung der der verpflichteten Partei als "Arbeiter oder Angestellter" gegen den Drittschuldner (Arbeitgeber) "Bezirksgericht M, Sicherheit zur Zl. E 2179/75, 4 C 256/75, von 7 000 S" angeblich zustehenden Bezüge. Mit Beschluß vom 26. November 1975 bewilligte das Erstgericht durch Stampiglienaufdruck diese Exekution "wie beantragt"; eine Ausfertigung des Beschlusses wurde laut Abfertigungsvermerk vom 28. November 1975 zum Akt 4 C 256/75 des Erstgerichtes genommen, am 2. Dezember 1975 wurde der Beschluß dem für die verpflichtete Partei bestellten Verlassenschaftskurator zugestellt, welcher dagegen kein Rechtsmittel ergriff. Unter Hinweis auf die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung vom 26. November 1975 ordnete das Erstgericht ohne weiteren Antrag mit Beschluß vom 12. Jänner 1976, 4 C 256/75- 18, die Auszahlung der zur GBP 473/75 erliegenden Sicherheit von 7 000 S an den Rechtsanwalt Dr. O (einen laut Vollmacht zum Geldempfang berechtigten Vertreter der betreibenden Partei) durch entsprechende Anweisung an den Rechnungsführer an.
Gegen diesen Beschluß erhob Rechtsanwalt Dr. E als Masseverwalter in dem mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 14. Jänner 1976 eröffneten Konkurs über das Vermögen der Verlassenschaft nach Stefan K unter Hinweis auf § 12 Abs. 2 KO Rekurs mit dem Antrag, die erlegte Sicherheit von 7 000 S der Masse zuzuweisen, allenfalls den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluß vom 12. Jänner 1976 ersatzlos auf. Es vertrat die Auffassung, die Bezeichnung des Exekutionsobjektes in dem zu E 6589/75 gestellten Antrag sei derart widersprüchlich, daß der beim Erstgericht zu GBP 473/75 erliegende Betrag davon nicht mit der erforderlichen Klarheit getroffen, die Exekution daher ins Leere gegangen sei. Das Rekursgericht führte ferner aus, derzeit komme weder eine Ausfolgung des erlegten Betrages an die betreibende noch an die verpflichtete Partei in Frage, weil erstere zufolge §§ 56 Abs. 3 ZPO, 78 EO ein gesetzliches, von der Konkurseröffnung unberührtes Pfandrecht besitze, bisher jedoch eine durch die seinerzeitige Exekutionsaufschiebung verursachte Vermögenseinbuße nicht geltend gemacht habe; eine Ausfolgung an die verpflichtete Partei setze hingegen die Anhörung und das Einverständnis der betreibenden Partei als Erlagsgegnerin voraus.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der gegen diesen Beschluß gerichtete Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil der angefochtene Beschluß inhaltlich eine abändernde Entscheidung darstellt, ferner die betreibende Partei durch die Beseitigung der erstgerichtlichen Ausfolgungsanordnung jedenfalls beschwert ist. Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht gerechtfertigt.
Zunächst war festzuhalten, daß die vom Erstgericht mit Beschluß vom 12. Jänner 1976 getroffene Anordnung die im Zuge des Exekutionsverfahrens E 2179/75 erlegte Sicherheit betraf; da in einem derartigen Fall der Erlagsnachweis richtig zum Exekutionsakt zu nehmen und auch der Ausfolgungsbeschluß in dieser "Exekutionssache", obgleich Verfügung über einen Erlagsbetrag, zu fassen gewesen wäre, sind auch die Parteien in der gegenständlichen Entscheidung dementsprechend anzuführen.
Falls ein Gericht als Drittschuldner davon benachrichtigt wird, daß ein bei ihm erliegender Betrag (gleichgültig ob als Sicherheitsleistung gemäß § 44 Abs. 2 EO oder aus einem anderen Rechtsgrund) zugunsten eines Überweisungsgläubigers gepfändet und überwiesen wurde, hat es vor Beschlußfassung über die Ausfolgung die Wirksamkeit der Pfändung zu prüfen, jedoch nur insoweit, als ihm diese Prüfung im Rahmen seiner Stellung als Drittschuldner obliegt (vgl. Heller - Berger - Stix in Neumann - Lichtblaus Komm. zur EO[4], 2294; SZ 14/164 u. a.), zumal die Ausfolgung keinen Akt des Exekutionsvollzuges darstellt (vgl. hiezu SZ 29/35 u. a.). Im Rahmen dieser Prüfung sah nun das Erstgericht die Pfändung und Überweisung laut Beschluß vom 26. November 1975 zutreffend als wirksam an, da angesichts der Bezeichnung des Exekutionsobjektes "Bezirksgericht M, Sicherheit zur Zl. E 2179/75, 4 C 256/75, von 7 000 S" kein Zweifel bestand, daß sich die betreibende Partei beim Exekutionsantrag zu E 6589/75 lediglich in der Verwendung eines falschen Vordruckes vergriffen hatte, nach ihrem Antrag aber als Exekutionsobjekt die zu E 2179/75 angeordnete und zu 4 C 256/75 erlegte Sicherheit anzusehen und daher nur diese Sicherheit Gegenstand der bewilligten Pfändung und Überweisung ist.
Dieses exekutive Pfandrecht wurde jedoch innerhalb der letzten 60 Tage vor Konkurseröffnung begrundet (zur Frage des Pfändungszeitpunktes vgl. Heller - Berger - Stix, 2293 u. a.). Es war daher zufolge § 12 Abs. 1 KO, allerdings im Sinne der herrschenden Lehre und Rechtsprechung (siehe Heller - Berger - Stix, 125 und die dort zitierte Literatur und Judikatur, insbesondere die ausführlich begrundete Entscheidung SZ 32/126) wegen der Möglichkeit eines Wiederauflebens bedingt, erloschen.
Die Bestimmung des § 12 Abs. 3 KO, wonach der bei einer exekutiv durchgeführten Verwertung erzielte Erlös mit seinem auf derartige Absonderungsrechte entfallenden Teil in die Konkursmasse einzubeziehen ist - und zwar von Amts wegen (vgl. Heller - Berger - Stix, 134; SZ 32/126 u. a.) -, gilt auch bei Überweisung gepfändeter Geldforderungen, weil auch hier der Grundsatz gelten muß, daß jene Gläubiger, welche ein richterliches Pfandrecht innerhalb von 60 Tagen vor Konkurseröffnung erworben haben, rechtlich nicht anders als die übrigen Konkursgläubiger gestellt sein sollen (ebenso SZ 32/126 u. a.); es hat daher in diesem Fall der Drittschuldner grundsätzlich an den Masseverwalter zu zahlen (ebenso Petschek, ZBl. 1932, 803; SZ 32/126, insbesondere auf 334 und 337 u. a.). Da auf jede Konkurseröffnung und deren Rechtswirkungen auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist (vgl. Heller - Berger - Stix, 115; SZ 33/62 u. a.), und deshalb die Anordnung, den Betrag von 7 000 S der betreibenden Partei auszufolgen, unzulässig wäre, andererseits nach den zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes das von der Konkurseröffnung unberührt gebliebene gesetzliche Pfandrecht der betreibenden Partei (§§ 78 EO, 56 Abs. 3 ZPO) eine Ausfolgung der erlegten Sicherheit an den Masseverwalter hindert, war dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
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