Normen
Handelsvertretergesetz §25
Handelsvertretergesetz §25
Spruch:
Die Voraussetzung des Anspruches nach § 25 HVG, daß der Handelsvertreter ausschließlich oder vorwiegend mit der Zuführung von Kunden beschäftigt war, ist erfüllt, wenn er dem Geschäftsherrn so viele neue Kunden zuführte, daß dieser daraus auch noch nach Ablauf des Vertrages erhebliche Vorteile erzielen muß. Der Berechnung des Höchstbetrages der Entschädigung sind nur jene Umsätze zugrunde zu legen, die mit vom Handelsvertreter zugeführten Kunden erzielt wurden
OGH 22. Juni 1976, 5 Ob 614/76 (OLG Graz 6 R 51/76; LG Klagenfurt 26 Cg 169/73)
Text
Der Kläger war vom 1. April 1969 bis 31. Juli 1972 als Handelsvertreter für die beklagte Partei tätig und war Gebietsvertreter für einen Teil von Niederösterreich. Ihm stand eine Provision von 5% des Umsatzes zu. Nach Ablauf des ersten Jahres war die gesetzliche Kündigungsfrist vereinbart. Mit als Kündigung bezeichnetem Schreiben vom 27. Juni 1972 teilte die beklagte Partei dem Kläger mit, daß sie sich aus gegebenem Anlaß veranlaßt sehe, das Dienstverhältnis mit ihm mit 31. Juli 1972 zu beenden. Mit der Behauptung, er hätte nach dem Gesetz erst zum 30. September 1972 gekundigt werden dürfen, begehrt der Kläger unter Zugrundelegung des Durchschnittsumsatzes in der Zeit vom 1. Jänner bis 31. Juli 1972 die Bezahlung der Provision für die Monate August und September 1972 in der Höhe von 51 976 S samt Anhang, außerdem mit der Behauptung ausschließlich mit der Kundenzuführung beschäftigt gewesen zu sein, auf Basis des Umsatzes der letzten drei Jahre, den er mit 11 227 761 S angab, eine angemessene Entschädigung nach § 25 HVG in der Höhe von 171 535 S samt Anhang, worauf die beklagte Partei 40 000 S für den ersten und 60 000 S für den zweiten Anspruch bezahlte, so daß noch ein Betrag von 123 511 S samt Anhang strittig ist.
Nachdem in einem Zwischenverfahren die von der beklagten Partei erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichtes wegen Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes rechtskräftig verneint worden war, gab das Erstgericht dem Klagebegehren auf Bezahlung vor 105 177.09 S samt Anhang statt, wies das Mehrbegehren ab und stellte im wesentlichen fest: Der Kläger habe während der Dauer des Vertragsverhältnisses, während dessen er mit Wissen der beklagten Partei für eine andere branchenfremde Firma tätig gewesen sei, in dem von ihm zu bearbeitenden Gebiet eine außerordentlich günstige Umsatzentwicklung erreichen können. Es möge zwar sein, daß die Umsatzentwicklung in anderen Gebieten noch günstiger gewesen sei doch habe die beklagte Partei weder behaupten noch beweisen können daß der Kläger Möglichkeiten von konkreten Geschäftsabschlüssen schuldhaft versäumt hätte. In den Monaten Jänner bis Juli 1972 habe der Kläger einen Umsatz von 3 638 371 S erzielt. Es sei davon auszugehen, daß er in den Monaten August und September 1972 einen Umsatz von zwei Siebenteln des in der Zeit von Jänner bis Juli 1972 erreichten erzielt hätte; 5% hievon ergäben den Betrag von 51 976 S. Dieser Betrag stunde dem Kläger als Provision für die Monate August und September 1972, während welcher die gesetzliche Kündigungsfrist noch gelaufen sei, zu. 50.4% der Kunden seien vom Kläger der beklagten Partei zugeführt, 49.6% der Kunden von ihm sonst betreut worden. Während seiner Tätigkeit für die beklagte Partei habe der Kläger einen Gesamtumsatz von 11 141 892 S erzielt, im Monatsdurchschnitt 278 547.30 S; hievon 5% seien 13 927.35 S monatlich oder 167 128.44 S im Jahr. Voraussetzung für einen Zuspruch nach § 25 HVG sei die Auflösung eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertragsverhältnisses, der Geschäftsherr dürfe keinen gegrundeten Anlaß zur vorzeitigen Vertragsauflösung gehabt haben, der Handelsvertreter müsse vorwiegend mit der Zuführung von Kunden beschäftigt gewesen sein, woraus für den Geschäftsherrn oder dessen Nachfolger Vorteile nach Vertragsende erwüchsen. Alle diese Voraussetzungen seien, auch wenn die Kundenzuführung nur geringfügig die Betreuung sonstiger Kunden überstiegen habe, gegeben. Dem Kläger stehe die Provision für ein Jahr abzüglich eines Zwölftels für das vierte Jahr und damit eine Entschädigung von 153 201.09 S zu. Unter Berücksichtigung der erfolgten Zahlungen der beklagten Partei seien dem Kläger 105 177.09 S samt Anhang zuzusprechen, das Mehrbegehren sei abzuweisen.
Über die Berufungen beider Parteien hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung auf. Das Berufungsgericht trat zunächst der Auffassung des Erstgerichtes bei, daß den Kläger an der Kündigung des Vertragsverhältnisses zur beklagten Partei kein Verschulden treffe; daß andere Vertreter noch günstigere Ergebnisse als der Kläger erzielt hätten, könnte auf verschiedene Gründe zurückgeführt werden und lasse noch kein Verschulden des Klägers erkennen. Daß der Kläger die Möglichkeit zu konkreten Geschäftsabschlüssen schuldhaft versäumt habe, sei im Verfahren nicht hervorgekommen, die Feststellung der außerordentlich günstigen Umsatzentwicklung sei unbekämpft. Nach § 19 HVG hätte das Dienstverhältnis frühestens zum 30. September 1972 gekundigt werden können. Der Entschädigung für die Monate August und September 1972 sei richtig der durchschnittliche Monatsumsatz von Jänner bis Juli 1972 zugrunde gelegt worden; gegen die Höhe des so ermittelten Betrages von 51 976 S bestunden keine Bedenken. Anders verhalte es sich bei den Ansprüchen des Klägers nach § 25 HVG. Der vom Erstgericht ermittelte Gesamtumsatz umfasse Geschäfte mit vom Kläger zugeführter, aber auch mit bereits vorhanden gewesener und von ihm betreuter Kundschaft. Als Grundlage für die Höhe der Entschädigung nach § 25 HVG könnten nur Geschäfte dienen, die der Geschäftsherr mit der vom Handelsvertreter zugeführten Kundschaft nach Lösung des Vertragsverhältnisses getätigt habe. Es sei daher von den Umsätzen mit der vom Kläger neu zugeführten Kundschaft auszugehen. Die Frage, ob dem Geschäftsherrn Vorteile erwachsen, sei nach jenen Komponenten für die Zukunft zu schätzen, die im Zeitpunkt der Auflösung des Vertragsverhältnisses bereits vorhanden gewesen seien. Dem Erstgericht sei nur darin beizupflichten, daß die Voraussetzungen für den Anspruch des Klägers nach § 25 HVG nicht schon deswegen fehlten, weil die Umsätze mit vom Kläger zugeführten Kunden nur 50.4% der Gesamtumsätze betragen hätten. Eine Jahresprovision sei jedoch die zulässige Maximalentschädigung und könnte nur in besonders gelagerten Fällen zugesprochen werden. Im fortgesetzten Verfahren werde auch noch zu klären sein, woraus sich die vom Erstgericht festgestellte Diskrepanz zwischen den vom Kläger behaupteten Umsätzen von 11 227 761 S und den vom Erstgericht festgestellten, die zur teilweisen Abweisung des Klagebegehrens geführt hätten, ergebe. Die vom Kläger angestrebte Mitberücksichtigung des Umsatzes, der lediglich zum Zweck der Ermittlung der Kündigungsentschädigung rechnerisch festgestellt worden sei, sei allerdings nicht zulässig, weil § 25 Abs. 2 HVG auf den Durchschnitt der letzten drei Jahre vor Beendigung des Vertragsverhältnisses abstelle; tatsächlich sei das Vertragsverhältnis am 31. Juli 1972 beendet worden. Der Durchschnitt der letzten drei Jahre werde vom Erstgericht noch festzustellen sein.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Kläger stellt zwei verschiedene Ansprüche. Zunächst begehrt er wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist durch die beklagte Partei noch seine Provision für die Monate August und September 1972, die das Erstgericht und das Berufungsgericht übereinstimmend mit dem Betrag von 51 976 S als berechtigt annahmen. Auch wenn das Berufungsgericht darüber kein Teilurteil fällte, erachtete es doch diesen Anspruch des Klägers für entscheidungsreif. Da die beklagte Partei keinen Rekurs erhob, ist zumindest derzeit zu diesem Teil des Anspruches nicht Stellung zu nehmen.
Was den Entschädigungsanspruch nach § 25 HVG betrifft, so ergibt sich der Grund der Aufnahme dieser Bestimmung in das Gesetz bereits aus diesem: Der Vertreter soll dafür entschädigt werden, daß dem Geschäftsherrn oder dessen Rechtsnachfolger aus der Geschäftsverbindung mit der vom Handelsvertreter zugeführten Kundschaft Vorteile erwachsen, die nach Lösung des Vertragsverhältnisses fortbestehen (§ 25 Abs. 1 HVG). Die Bestimmung des § 25 HVG wurde zwar durch das Bundesgesetz BGBl. 153/1960 zur Gänze neu formuliert und auch auf Verträge erweitert, die nach Ablauf von drei Jahren gelöst werden, war jedoch in ihrer gleichgerichteten Zielsetzung bereits im durch das letztgenannte Bundesgesetz novellierten und umbenannten Handelsagentengesetz, BGBl. 348/1921, vorhanden. Die Regierungsvorlage, 220 BlgNR, I. GP, enthielt für die Aufnahme der Entschädigungsvorschrift folgende Begründung: "Als besonders schutzwürdig sind nach den Erfahrungen jene Fälle zu bezeichnen, in denen ein mit der Zuführung von Kundschaft betrauter Agent durch die Lösung des Vertrages um die Früchte seiner Tätigkeit gebracht wird. Auf die Tätigkeit des Agenten ist es zurückzuführen, daß die Kundschaft in dauernde Geschäftsverbindung mit dem Geschäftsherrn gebracht wurde. Es kommt vor, daß, wenn der Agent von den ersten Geschäften die ihn zukommende Provision erhalten hat, das Vertragsverhältnis gelöst wird und daß erst dann zwischen dem Geschäftsherrn und der Kundschaft Geschäfte im größeren Umfang geschlossen werden, die provisionsfrei dem Geschäftsherrn zugute kommen, während es doch ausschließlich das Verdienst des Agenten bleibt, die Voraussetzungen für diese geschäftlichen Beziehungen geschaffen zu haben. In diesen Fällen tritt ein Mißverhältnis zwischen der Provision, die der Agent tatsächlich bezogen hat, und dem Nutzen zutage, der aus seiner Tätigkeit dem Geschäftsherrn erwachsen ist, ein Mißverhältnis, dessen Beseitigung im Interesse der Geschäftsmoral das Gesetz anstrebt. Keine Erläuterung gibt die Regierungsvorlage dazu, welche Bedeutung der bereits in dieser enthaltenen Bestimmung, daß der Handelsagent ausschließlich oder vorwiegend mit der Zuführung der Kunden beschäftigt gewesen sein muß, zukommt. Geht man aber von dem dargestellten Zweck der Bestimmung aus, kann damit gewiß nicht gemeint sein, daß der Handelsvertreter mehr oder weniger ausschließlich mit der Zuführung von Kunden beschäftigt gewesen sein muß; es muß vielmehr genügen, daß er so viele neue Kunden zuführte, daß der Geschäftsherr daraus auch noch nach Ablauf des Vertragsverhältnisses bedeutende Vorteile erzielen muß. In der Entscheidung SZ 44/96 vertrat der OGH allerdings die Auffassung, daß nur dann, wenn der Umsatz mit neu zugeführten Kunden jenen mit zugewiesenen Kunden eindeutig übersteigt, die nach § 25 HVG erforderliche weitere Anspruchsvoraussetzung, daß der Handelsvertreter "ausschließlich oder vorwiegend" mit der Zuführung von Kunden beschäftigt war, erfüllt sei. Auch die Entscheidung SZ 40/114 sprach aus, ob der Vertreter vorwiegend mit der Kundenzuführung beschäftigt gewesen sei, hänge von der Zahl der Geschäftsvermittlungen (Abschlüsse) mit neuen Kunden im Verhältnis zu den mit den bisherigen Kunden des Geschäftsherrn zustande gekommenen Geschäften ab; in letzterem Fall war allerdings festgestellt, daß der Umsatz mit den vom dortigen Kläger zugeführten Kunden überhaupt nicht ins Gewicht gefallen war und nach Lösung des Vertragsverhältnisses mit den zugeführten Kunden überhaupt keine Geschäfte von wirtschaftlicher Bedeutung mehr getätigt hatten werden können, so daß es sich um keinen Grenzfall handelte. Nicht unbeachtet kann nun bleiben, daß der § 25 HVG mit dem § 89b des in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Handelsgesetzbuches schon von der Zielsetzung her eng verwandt ist. Nach der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland kommt es darauf, ob der Handelsvertreter dem Geschäftsherrn neue Kunden ausschließlich oder vorwiegend zuführte, überhaupt nicht an. Der Handelsvertreter kann vielmehr vom Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat, der Handelsvertreter infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Ansprüche auf Provision verliert, die er bei Fortsetzung desselben aus bereits abgeschlossenen oder künftig zustande kommenden Geschäften mit den von ihm geworbenen Kunden hätte, und die Zahlung eines Ausgleiches unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht. Sehr ähnlich dem österreichischen Motivenbericht zum seinerzeitigen § 25 Handelsagentengesetz wird dargelegt, daß die gedankliche Grundlage der Ausgleichsregelung des § 89b HGB darin zu sehen sei, daß die während des bestehenden Handelsvertreterverhältnisses in gleicher Richtung laufenden Interessen des Unternehmers und des Handelsvertreters an der Kundenwerbung durch den Handelsvertreter mit der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses nicht mehr in gleicher Richtung laufen, so daß dem Unternehmer, wenn ihm das Aktivum "geworbener Kundenstamm" trotz der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu seinem Vorteil verbleibt, während der Handelsvertreter aus diesem Aktivum keinerlei geschäftliche Vorteile mehr erzielt, die Erbringung einer Ausgleichsleistung an den Handelsvertreter aufgegeben wird (Schlegelberger - Schröder, HGB[5] II, 692 Anm, 1). Es kommt letztlich immer vor allem auf den Umfang der dem Unternehmer erwachsenen Vorteile an, was der Gesetzgeber in der Bundesrepublik Deutschland sowohl durch den Hinweis auf die erheblichen Vorteile als auch auf die Billigkeit (vgl. dazu Schlegelberger - Schröder, 733 Anm. 18) klarstellte. Entscheidend ist es, ob durch die vom Handelsvertreter geworbenen Kunden eine Wertsteigerung des Unternehmens des Geschäftsherrn auf eine gewisse Dauer durch die Chance, den neuen Kundenstamm zu nutzen, eingetreten ist (Brüggemann in Groß-Komm HGB[3] I, 834 Anm. 10). Nicht wesentlich anders kann der im Gesetz gebrauchte Ausdruck "vorwiegend" Verstanden werden. Es wäre auch unbillig, dem Handelsvertreter, der zahlreiche neue Kunden zuführte und damit den Wert des Unternehmens des Geschäftsherrn wesentlich erhöhte, nur deswegen einen Entschädigungsanspruch zu versagen, weil der Handelsvertreter auch einen nicht unerheblichen weiteren Kundenstock vom Geschäftsherrn übernommen hatte. Dem Berufungsgericht ist daher zunächst darin beizupflichten, daß ein Entschädigungsanspruch dem Kläger auch dann gebührt, wenn nur 50.4% der Umsätze, die auf Grund seiner Tätigkeit erzielt wurden, mit Kunden erfolgten, die vom Kläger ausfindig gemacht und der beklagten Partei neu zugeführt worden waren.
Was die Höhe des Anspruches betrifft, kommt es nicht auf die Zahl der neu zugeführten Kunden, sondern auf die Steigerung des Umsatzes durch noch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Handelsvertreter abzuschließende Geschäfte mit den zugeführten Kunden an (vgl. Zedtwitz, Handelsvertretergesetz, 105; SZ 44/96; SZ 40/114). Als Maßstab für die Entschädigung hat jener Vorteil des Geschäftsherrn zu gelten, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nach Ablauf des Vertrages zu erwarten ist; dieser Vorteil ist wie der entgangene Gewinn im Schadenersatzrecht im vorhinein abstrakt zu berechnen, ohne daß die tatsächlichen Auswirkungen der eingeleiteten Geschäftsverbindungen in der Form konkreter Zahlungen abgewartet werden müßten (HS 415/36). Aus dem sowohl im österreichischen als auch im deutschen Gesetz gebrauchten Wort "angemessen" ergibt sich das gesetzgeberische Eingeständnis, daß eine kalkulatorisch genaue Ermittlung des Geschuldeten nicht möglich ist, aber auch die Ermächtigung an den Richter, im weiten Umfang von der Möglichkeit des § 273 ZPO Gebrauch zu machen (vgl. Brüggemann, 829 Anm. 1). Es ist für die Ermittlung der Entschädigung statthaft, auch die früheren und späteren Umsatzziffern zu verwerten (HS 415/36; ZBL. 1935/176; Linner, Das Recht der Handelsvertreter, Provisionsvertreter und freien Vertreter, 192). Es ist aber entgegen der Auffassung des Rekurses wohl selbstverständlich, daß die Entschädigung verschieden hoch sein muß, ob der Kläger der beklagten Partei durch seine Tätigkeit nur teilweise neue Kunden zuführte oder aber ausschließlich. Gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß es dann, wenn sich die Umsätze mit vom Kläger der beklagten Partei neu zugeführten Kunden und die Umsätze mit bereits vorhanden gewesenen Kunden trennen lassen, es sachgerecht ist, der Berechnung des Höchstbetrages der Entschädigung nur jene Umsätze zugrunde zu legen, die mit vom Kläger zugeführten Kunden erzielt wurden, bestehen keine Bedenken (Zedtwitz, 105). Wenn nämlich dann, wenn ein Handelsvertreter (z. B. beim Neuaufbau eines Unternehmens) ausschließlich neue Kunden zuführte, der Durchschnitt aller Provisionen der letzten drei Jahre als zulässiger Höchstbetrag der angemessenen Entschädigung angesehen wird (§ 25 Abs. 2 HVG), ist es gerechtfertigt, daß dann, wenn die Voraussetzungen der Zuführung neuer Kunden durch den Handelsvertreter nur teilweise zutreffen, der Durchschnitt der auf diese Umsätze entfallenden Jahresprovisionen der letzten drei Jahre als zulässiger Höchstbetrag der Entschädigung angesehen wird. Eine Einschränkung wäre nur insofern zu machen, als Umsatzsteigerungen bisweilen der Werbung eines neuen Kunden gleichzusetzen sind (SZ 40/114), doch haben sich solche Umstände imbisherigen Verfahren nicht ergeben. Der Hinweis des Rekurses auf die durch die Novelle BGBl. 153/1960 geänderte Gesetzeslage ist nicht verständlich, weil dadurch zwar die Ansprüche, vor allem zeitlich, erweitert wurden, aber die Grundsätze, welche Leistungen des Handelsvertreters für eine Entschädigung zu berücksichtigen sind, nicht geändert wurden. Dem Gesetz entspricht auch die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß der zulässige Höchstbetrag aus dem Durchschnitt der Provisionen der letzten drei Jahre vor Beendigung des Vertragsverhältnisses zu errechnen ist (§ 25 Abs. 2 Satz 2 HVG); es ist also nicht, wie es das Erstgericht getan hat, das gesamte Vertragsverhältnis von 40 Monaten zu beachten, es sind aber auch nicht, wie es der Kläger meint, die Monate August bis September 1972 und die während dieser Zeit zustehenden fiktiven Bezüge noch einzubeziehen. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß der so errechnete höchstzulässige Entschädigungsbetrag durchaus unterschritten werden kann. Die Angemessenheit der Entschädigung ist innerhalb des gesetzlich zulässigen Rahmens danach zu beurteilen, welchen Verdienstentgang der Handelsvertreter an Provisionen aus Verträgen, die mit von ihm zugeführter Kundschaft abgeschlossen werden, wahrscheinlich dadurch erlitten hat, daß sein Vertrag vor dem Ablauf von 15 Jahre aufgelöst wurde (Linner, 191).
Da die Feststellungen des Erstgerichtes zur abschließenden Beurteilung des Falles nicht hinreichen, hat das Berufungsgericht zu Recht die Ergänzung des Verfahrens erster Instanz aufgetragen. In diesem Verfahren wird der Kläger auch Gelegenheit haben, ergänzende Behauptungen zu den seiner Auffassung nach von ihm erreichten Umsätzen und zum Verhältnis der Umsätze mit neu zugeführten und von der beklagten Partei übernommenen Kunden aufzustellen und Beweise hiefür anzubieten. Mit den entsprechenden Rügen im Rekurs hat sich hingegen der OGH, der nicht Tatsachen-, sondern Rechtsinstanz ist (SZ 43/167; SZ 42/2 u. v. a.), nicht zu befassen.
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