European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0050OB00145.75.1223.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 211 des Grundbuches über die Kat.Gemeinde *. Die unmittelbar daran grenzende öffentliche Verkehrsfläche (Strasse) mit der Grundstücksnummer 5558/1 der EZ 2959 desselben Grundbuches steht im Eigentum der beklagten Gemeinde. Unter diesem Straßengrundstück verläuft der Wasserleitungsstrang des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden. In diesem Bereich trat am 3. März 1974 an dem Wasserleitungsstrang ein Rohrbruch auf. Dadurch wurde die Liegenschaft der Klägerin unter Wasser gesetzt und teilweise vermurt.
Ihren mit 39.914,20 S bezifferten Schaden aus diesem Vorfall macht die Klägerin als Ausgleichsanspruch aus dem Nachbarrecht geltend. Sie erklärte, ihre Forderung nicht auf ein Verschulden der beklagten Gemeinde zu gründen, in deren Auftrag seinerzeit die Baufirma B* zwecks Verlegung von Kanalrohren einen Graben im Bereich des gebrochenen Wasserleitungsstranges ausgehoben habe.
Die beklagte Gemeinde hat die Abweisung der Klage beantragt und im wesentlichen eingewendet, der Anspruch der Klägerin sei nach dem privaten Nachbarrecht (§§ 364, 364a ABGB) nicht begründet. Das ihr gehörige Straßengrundstück habe nur zufällig als Zuleitung der Wassermassen auf das Grundstück der Klägerin gedient, die Straße selbst sei durch den Wasserrohrbruch beschädigt worden. Mit dem Wasserleitungsverband stehe sie nicht in Rechtsbeziehung. Schadenersatzansprüche müsse die Klägerin gegen den Wasserleitungsverband oder gegen die Baufirma B* richten. Zwischen den zuletzt Genannten sei beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ein Zivilrechtsstreit anhängig und der dort klagende Wasserleitungsverband erblicke – ebenso wie sie, die beklagte Gemeinde – das Verschulden der Baufirma darin, daß sie es unterließ, an jenen Stellen, an denen die Künette ganz knapp an den Wasserversorgungsstrang heranreiche, Abstützungen mit Magerbeton herzustellen, um dem Druck zu begegnen, unter dem der Wasserstrang stehe.
Das Erstgericht hat das Verfahren auf die Frage des Zurechtbestehens der Ersatzforderung der Klägerin für die Behebung von Sachschäden an ihrer Liegenschaft beschränkt und mit Teilzwischenurteil zu Recht erkannt, daß der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der durch den Wasserrohrbruch vom 3. März 1974 an ihrer Liegenschaft EZ 211 Kat. Gemeinde * verursachten Sachschäden dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es ging dabei von folgenden Erwägungen auss:
Die Klägerin behaupte, der Wasserrohrbruch sei im Zusammenhang mit den Künettengrabarbeiten der Baufirma B* aufgetreten. Diesen Standpunkt nehme auch die beklagte Gemeinde ein, die sogar ein Verschulden der Baufirma behaupte, auf welches es nach Ansicht der Klägerin nicht ankomme. Die beklagte Gemeinde habe nicht vorgebracht, daß der Wasserrohrbruch unabhängig von den Kanalisierungsarbeiten der genannten Baufirma, etwa auf Grund eines technischen Gebrechens am Wasserleitungsstrang, aufgetreten sei, sodaß in dieser Richtung kein Beweisbedürfnis bestanden habe. Es sei daher im Sinne der Behauptung der beklagten Gemeinde davon auszugehen, daß das Gebrechen an dem Wasserleitungsstrang durch ein schuldhaftes Verhalten der Baufirma B* bzw. ihrer Leute herbeigeführt worden ist. Rechtlich ergebe sich daraus folgende Konsequenz:
Der von der beklagten Gemeinde in Auftrag gegebene Bau einer Kanalisierungsanlage durch die Firma B* sei als behördlich genehmigte einmalige Unternehmung im Sinne des § 364a ABGB anzusehen. Die beklagte Gemeinde werde im Sinne dieser Vorschrift ausgleichspflichtig, ohne daß ihr ein Verschulden nachgewiesen werden müsse, denn es handle sich bei dem Ausgleichsanspruch nicht um einen Anspruch auf Ersatz eines Schadens aus einer schuldhaften Handlung. Die Klägerin habe gegen die Vornahme der den Schaden auslösenden Kanalisierungsarbeiten, die von der beklagten Gemeinde angeordnet wurden, nichts unternehmen können. Schon deshalb stünde ihr der Ausgleichsanspruch zu. Es wäre auch höchst unbillig, sie als Grundnachbarin auf eine Klage gegen die Baufirma B* zu beschränken, mit der sie in keinerlei vertraglichen Beziehungen stehe; im Falle des Verschuldens eines Gehilfen dieser Firma käme nur eine Haftung nach § 1315 ABGB in Betracht. Gegenüber dem deliktisch haftenden Gehilfen, der regelmäßig vermögenslos sein dürfte, würde eine Klageführung nur überflüssige Kosten verursachen. Es wäre auch problematisch, den Wasserleitungsverband als jenen Dritten zu klagen, der die Liegenschaft auf Grund eines Rechtsverhältnisses zum Grundeigentümer für seine eigene Zwecke benützt, weil dieser sich auf die Verursachung der Immision durch Vorkehrungen der beklagten Gemeinde berufen könnte. Da die Immision durch eine Unternehmung der beklagten Gemeinde veranlaßt worden sei, könne auch nicht von einer von einem Dritten – hier dem Wasserleitungsverband – ausgehenden Immision gesprochen werden, für die der Grundeigentümer nur bei Vorhersehbarkeit hafte, wenn durch die Unternehmung des Grundeigentümers auch eine auf seinem Grundstück mit seinem Wissen und seiner Zustimmung befindliche Anlage eines Dritten beschädigt wird und die Beschädigung dieser Anlage Ursache der Immision ist. Diese Beschränkung der Haftung des Grundeigentümers habe zur Voraussetzung, daß der Dritte, der die Liegenschaft, von der die Störung dann ausgeht, auf Grund eines Rechtsverhältnisses zum Grundeigentümer für eigene Zwecke benützt und dabei selbst – ohne Zutun des Grundeigentümers – das störende, die Immision auslösende Verhalten setzt. Es sei auch ohne Belang, ob die Trinkwasserversorgungsanlage des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden wasserrechtlich genehmigt wurde oder nicht, denn die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes seien unanwendbar, weil der Anspruch nicht gegen den „Wasserberechtigten“ im Sinne des Wasserrechtsgesetzes (d.i. der genannte Wasserleitungsverband) gerichtet ist, sondern gegen den Grundnachbarn.
Das Gericht zweiter Instanz hat der Berufung der beklagten Gemeinde gegen dieses Urteil Folge gegeben. Es hob das Urteil auf und verwies mit dem Vorbehalt der Rechtskraft dieses Beschlusses die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Die beklagte Gemeinde, führte das Berufungsgericht aus, erachte sich mit Recht dadurch beschwert, daß keine Feststellungen darüber getroffen wurden, ob der Wasserrohrbruch überhaupt im Zusammenhang mit jenen Arbeiten steht, die von der Baufirma B* durchgeführt wurden. Die Klägerin habe es unterlassen, Behauptungen über die Ursache des aufgetretenen Wasserrohrbruches aufzustellen. Deshalb konnte auch die beklagte Gemeinde kein Tatsachengeständnis abgeben, wie es das Erstgericht angenommen habe. Dem Vorbringen der beklagten Gemeinde könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden, daß sie nicht einwendete, der Rohrbruch sei nicht im Zusammenhang mit den von ihr in Auftrag gegebenen Kanalisierungsarbeiten aufgetreten, sondern unabhängig davon auf Grund eines der Wasserleitungsanlage selbst anhaftenden technischen Gebrechens. Es wäre daher die Pflicht des Erstgerichtes gewesen, darauf hinzuwirken, daß die bezüglichen Angaben der Klägerin ergänzt werden, weil der Frage nach der Ursache des Wasserrohrbruches rechtliche Bedeutung zukomme. Es hätte bei seiner Entscheidung nicht davon ausgehen dürfen, daß das Gebrechen an der Wasserleitung durch ein schuldhaftes Verhalten der Firma B* bzw. ihrer Leute herbeigeführt wurde.
In rechtlicher Beziehung führte das Berufungsgericht aus:
Die beklagte Gemeinde sei als Bauherr aufgetreten, als sie an die Firma B* den Auftrag zur Errichtung einer Kanalisation erteilte, und sie hafte daher als solcher nach den Grundsätzen des Zivilrechtes dem Grundnachbarn.
Die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes hinderten nicht die Geltendmachung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruches; § 26 Abs. 1 leg. cit. sei nicht anwendbar, weil „Wasserberechtigter“ der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder der Liegenschaft, mit der diese Rechte verbunden sind, sei, und diese Voraussetzung auf die beklagte Gemeinde nicht zutreffe.
Die Tatsache, daß sich auf dem Grundstück des Grundeigentümers die Ursache der von einem Dritten ausgehenden Immision befindet, begründe für sich allein noch nicht seine passive Klagelegitimation. Diese sei nur dann zu bejahen, wenn er die Immision geduldet hat, obwohl er sie zu hindern berechtigt und imstande gewesen wäre; dies setze jedenfalls Vorhersehbarkeit des Schadens voraus. Es genüge, daß die Beeinträchtigung von einer dritten Person ausgeht, wenn sie mit dem Eigentümer des Grundstücks in einem Rechtsverhältnis bezüglich seiner Benützung steht und bei dieser Benützung den Nachbarn beeinträchtigt. Die vom Grundstück der beklagten Gemeinde ausgehende, auf das Nachbargrundstück der Klägerin übergreifende Einwirkung sei auf einen Rohrbruch der einem Dritten (Wasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden) gehörenden, im Grundstück der beklagten Gemeinde verlegten Wasserleitung zurückzuführen. Die beklagte Gemeinde würde für den durch das ausgetretene Wasser eingetretenen Immisionsschaden nur dann haften, wenn der Rohrbruch durch das von ihr beauftragte Unternehmen bzw. durch deren Arbeiter verursacht wurde, wobei es auf ein Verschulden nicht ankomme. In diesem Falle müßte davon ausgegangen werden, daß die beklagte Gemeinde durch die von ihr betraute Baufirma eine auf den eingetretenen Schaden gerichtete Tätigkeit entwickelt hätte. Wenn aber der Wasserrohrbruch durch einen mit den Kanalisierungsarbeiten nicht zusammenhängenden Umstand, etwa einem technischen oder altersbedingten Gebrechen der Wasserversorgungsanlage, ausgelöst wurde, könne die nachbarrechtliche Haftung der beklagten Gemeinde mit Erfolg nur dann in Anspruch genommen werden, wenn für sie der Schadenseintritt vorhersehbar gewesen wäre.
Gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Der Antrag der Rekurswerberin, der Oberste Gerichtshof möge das erstgerichtliche Urteil wiederherstellen, geht zwar fehl, weil auf Grund eines Rekurses nicht eine Sachentscheidung in der Hauptsache möglich ist (Fasching IV, 414; EvBl 1962/160 uva, zuletzt 5 Ob 81, 141/75), doch hindert dieses verfehlte Begehren nicht die sachliche Erledigung des Rechtsmittels.
Die Rechtsrüge ist formell gehörig ausgeführt, sodaß die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht vom Obersten Gerichtshof nach jeder Hinsicht zu prüfen ist (Fasching IV, 323; 5 Ob 322/74 uva).
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß durch den Bruch der auf der Liegenschaft der beklagten Gemeinde verlaufenden Wasserleitungsanlage die Liegenschaft der Klägerin von ausströmendem Wasser überschwemmt und teilweise vermurt wurde. Die Ursache für den Wasserleitungsbruch lag nach dem Vorbringen der beklagten Gemeinde in einem Fehlverhalten der von ihr mit der Herstellung eines Kanals im Bereich der Wasserleitung beauftragt gewesenen Baufirma B*, die es unterlassen habe, an jenen Stellen, an denen die Künette ganz knapp an den Wasserversorgungsstrang heranreichte, Abstützungen mit Magerbeton herzustellen, um dem Druck zu begegnen, unter dem der Wasserleitungsstrang stand. Die beklagte Gemeinde hat nicht behauptet, daß der Wasserrohrbruch durch einen mit den Kanalisierungsarbeiten nicht zusammenhängenden Umstand, etwa einem altersbedingten oder technischem Gebrechen der Wasserversorgungsanlage, ausgelöst wurde. Es ist deshalb der Klägerin beizustimmen, daß Erörterungen der Sache mit den Parteien in dieser Richtung zur Entscheidung des Rechtsstreites nicht erforderlich sind, denn die Klägerin hat sich auf die objektive Rechtswidrigkeit der Beschädigung ihrer Liegenschaft durch eine Wassereinwirkung von der Liegenschaft der beklagten Gemeinde her berufen und daraus rechtsschlüssig ihren Schaden als Ausgleichsanspruch aus dem Nachbarrecht abgeleitet. Es ist nicht Sache des Prozeßgerichtes erster Instanz, gleichsam als Anwalt der Parteien zusätzliche anspruchsbegründende Tatsachenbehauptungen anzuregen (ähnlich 6 Ob 249/59, 5 Ob 77/73, 1 Ob 190/65). In diesem, nicht den Grundsätzen unseres Zivilprozesses entsprechenden Sinne hat jedoch das Gericht zweiter Instanz die Pflicht zur materiellen Prozeßleitung nach § 182 Abs. 1 ZPO mißverstanden.
Eingriffe ins Eigentum sind grundsätzlich rechtswidrig. Es ist unbestritten und auch nicht ernstlich zu bezweifeln, daß das Eigentum der Klägerin durch das von der Liegenschaft der beklagten Gemeinde ausströmende Wasser beeinträchtigt wurde. Wesentlich ist deshalb nur noch, ob rechtswidriges menschliches Verhalten Grund der Eigentumsbeeinträchtigung war, und wenn das zu bejahen ist, wessen Verhalten als rechtswidrig und damit als haftungsbegründend zu qualifizieren ist.
Es steht fest, daß nicht ein aktives Handeln, sondern ein Unterlassen, nämlich die Beobachtung notwendiger Vorsichtsmaßnahmen bei Bauarbeiten auf der Liegenschaft der beklagten Gemeinde (Kanalbau), tragender Grund des Rohrbruches der auf der Liegenschaft der beklagten Gemeinde verlaufenden Wasserleitungsanlage und der hieraus erfolgten Überschwemmung der Liegenschaft der Klägerin war. Deshalb muß geprüft werden, ob die beklagte Gemeinde gegenüber ihrer nunmehr klagenden Nachbarin eine aus diesem Sachverhalt fließende Rechtspflicht zum Handeln gehabt hat oder ob das Bestehen einer solchen sachenrechtlichen Pflicht im vorliegenden Fall zu verneinen ist.
Es ist anerkannt, daß sich das Untersagungsrecht, also das Recht, rechtswidriges Handeln oder Unterlassen zu verbieten, nicht bloß gegen den Eigentümer des Nachbargrundstückes, sondern auch gegen jeden richtet, der durch Vorkehrungen auf dem Nachbargrund unzulässige Störungen hervorruft. In Ausnahmefällen ist allerdings ein rechtswidriges Unterlassen des Liegenschaftseigentümers durch Nichthinderung eines Dritten, auf seiner Liegenschaft tätig werdenden Störers nicht anzunehmen, besonders wenn es dem Liegenschaftseigentümer unmöglich ist, die Störung durch den Dritten zu unterbinden, weil dem Liegenschaftseigentümer ein Hinderungsrecht fehlt (Klang in Klang2 II, 169; vgl. auch SZ 38/106).
Die beklagte Gemeinde hat nicht behauptet, daß die auf ihrer Liegenschaft verlaufende Wasserleitungsanlage vom Wasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden gegen ihren Willen errichtet wurde oder daß sie aus rechtlichen Gründen außerstande wäre, ihrer Verantwortung als Eigentümer der Liegenschaft nachzukommen, dafür zu sorgen, daß den Liegenschaftsnachbarn aus dem Bestehen der Anlage keine Beeinträchtigung zuteil wird. Deshalb muß im Unterlassen der Herstellung einer Abstützung des Wasserversorgungsstranges gegenüber der Künette durch Magerbeton ein rechtswidriges Verhalten der beklagten Gemeinde erblickt werden, die die Künette zur Herstellung einer Kanalanlage graben ließ. Ein Verschulden der beklagten Partei wurde von der Klägerin nicht behauptet und auch nicht festgestellt. Die Klägerin macht vielmehr einen sogenannten Ausgleichsanspruch geltend. Die herrschende Rechtsprechung gewährt solche vom Verschulden unabhängige nachbarrechtliche Ansprüche (SZ 45/7; SZ 44/140; SZ 43/139 ua; in diesem Sinne auch Klang in seinem Komm2 II 173, 178; Gschnitzer, Sachenrecht 61; Lachout in ÖJZ 1953, 590). Daß solche Ansprüche zustehen, wenn die Eingriffe in das Eigentumsrecht des Nachbarn von einer behördlich genehmigten Anlage ausgehen (§ 364a ABGB), ist unbestritten, wogegen die Anerkennung einer Erfolgshaftung bei nur aus den §§ 364, 364b ABGB abgeleiteten Ansprüchen in der Literatur zum Teil sehr heftig bekämpft wird (Koziol, österreichisches Haftpflichtrecht II, 243; Jabornegg in ZVR 1974, 324; Ostheim in JB1 1973, 576 ff; Herz in ÖJZ 1970, 432 f und in ÖJZ 1967, 6 ff; Rummel in JBl 1967, 120 ff; Steininger in JBl 1965, 418 ff; Ehrenzweig² I/2, 136). Aber selbst bei grundsätzlicher Ablehnung der reinen Erfolgshaftung anerkennen doch viele Autoren in bestimmten Fällen eine vom Verschulden unabhängige Haftung vor allem dort, wo eine analoge Anwendung des § 364a ABGB in Betracht kommt. Rummel aaO 126, konzediert die Anerkennung einer Gefährdungshaftung bei Gefährlichkeit von Handlungen, aber auch bei durch baubehördliche Genehmigung begründeter faktischer Vermutung der Gefahrlosigkeit, die eine Abwehr schwierig macht, wenn auch nicht rechtlich ausschließt; der Nachbar könne auch ohne Verschulden haftbar gemacht werden, wenn eine bestimmte Schadensfolge für ihn oder zumindest objektiv kalkulierbar war; dieser Auffassung trat auch Ostheim aaO 578, bei, aber auch die Auffassungen Jaborneggs aaO und Steiningers aaO 420, sind in diesem Sinne zu verstehen. Die Voraussetzungen für eine solche erweiterte Haftung sind in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die beklagte Gemeinde Kanalisierungsarbeiten auf ihrem Straßengrund, durch den eine Wasserleitung verläuft, in Auftrag gegeben hatte, zweifelsfrei gegeben; Grabungsarbeiten in nächster Nähe einer Wasserleitung stellen gewiß eine besondere Gefährdungslage her, Schadensfolgen auch auf Nachbargrund sind daher objektiv kalkulierbar gewesen. Bei Kanalisierungsarbeiten im Auftrag einer Gemeinde auf Straßengrund, konnte die Klägerin aber noch auf deren Gefahrlosigkeit vertrauen und eine Untersagungsklage außer Betracht lassen. Es ist dann aber auch die Rechtslage der bei behördlich genehmigten Anlagen oder Verkehrsanlagen (Koziol aaO 247) so ähnlich, daß eine analoge Anwendung des § 364a ABGB gerechtfertigt sein muß. Wer einen Eingriff in sein Liegenschaftseigentum dadurch duldet, daß ein Dritter eine Wasserleitungsanlage darauf errichtet, dem ist auch zumutbar, seine Pflicht zu erfüllen, dafür Sorge zu tragen, daß von dieser Liegenschaft aus dem Bestehen der Wasserleitung den Nachbarn kein Nachteil erwächst.
Die Entscheidung des Erstgerichtes ist aus diesen Erwägungen im Ergebnis als richtig zu bezeichnen, sodaß für das Berufungsgericht kein Anlaß bestand, sie aufzuheben. In Stattgebung des berechtigten Rekurses der Klägerin muß daher der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs. 1 ZPO.
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