Normen
ABGB §364c
Allgemeines Grundbuchsgesetz §53 Abs3
ABGB §364c
Allgemeines Grundbuchsgesetz §53 Abs3
Spruch:
Ein im Grundbuch eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot hindert nicht die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung, sofern nur die spätere grundbücherliche Eintragung des Rechtes unter Inanspruchnahme dieses Ranges nicht schon aus anderen Gründen von vornherein ausgeschlossen ist
OGH 6. Juni 1973, 5 Ob 100/73 (LGZ Wien 46 R 98/73; BG Innere Stadt Wien TZ 4045/72)
Text
Die Liegenschaft EZ X (u. a. mit dem Grundstück Nr. 109/1) steht im Alleineigentum des Philipp G. Unter COZ 52 ist auf Grund der Vereinbarung vom 18. Oktober 1967 das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Georg G einverleibt.
Das Erstgericht hat mit seinem Beschluß vom 23. Juni 1972 auf Grund des am 21. Juni 1972 eingelangten beglaubigten Gesuches des Liegenschaftseigentümers ob dem ihm zur Gänze hörigen Grundstück Nr. 109/1 Wald die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung dieser Liegenschaft mit Rechtswirksamkeit bis einschließlich 22. Juni 1973 bewilligt und die Zustellung der einzigen Beschlußausfertigung an die Schriftenempfängerin Hildegard F verfügt.
Das Rekursgericht hat dem Rekurs des Verbotsberechtigten Folge gegeben und den Antrag auf Bewilligung der Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung abgewiesen. Unter Hinweis auf die diesbezüglich zwiespältige Judikatur und die gegenteilige Auffassung Klangs entschied es sich für die Auffassung, daß schon der unmißverständliche Wortlaut des § 53 Abs. 3 GBG gegen die Zulässigkeit der begehrten Anmerkung spreche. Zu einer einschränkenden Auslegung dieser Bestimmung bestehe zudem im Zusammenhang mit dem immer wieder betonten strengen, formellen Charakter des Grundbuchsrechtes auch kein zwingender Anlaß. Die diesbezügliche Bestimmung diene nicht nur dem Schutz des Verbotsberechtigten, sondern auch dem Schutz gutgläubiger Dritter. Es sei daher zu verlangen, daß schon dem Gesuch um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung im Fall der Belastung der Liegenschaft mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot die beglaubigte Zustimmungserklärung des Verbotsberechtigten angeschlossen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Liegenschaftseigentümers Philipp G Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Auf der Liegenschaft ist ein auf einer Vereinbarung beruhendes Veräußerungs- und Belastungsverbot einverleibt. Der Liegenschaftseigentümer beantragt nun die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung. Die hiefür maßgebliche Bestimmung des § 53 Abs. 3 GBG sieht vor, daß eine solche Anmerkung nur dann bewilligt werden kann, wenn nach dem Grundbuchsstand die Einverleibung des einzutragenden Rechtes zulässig wäre. Dem Rekursgericht ist einzuräumen, daß dieser Wortlaut eher gegen die Zulässigkeit der begehrten Anmerkung ohne bereits vorliegende Zustimmungserklärung des Verbotsberechtigten spricht. Während sich nun Bartsch, Das österreichische Allgemeine Grundbuchsgesetz[7], 478 hiezu nicht weiter äußert und Ehrenzweig[2] 1/2, 271 nicht eindeutig Stellung nimmt, hat Klang in Klang[2] II. 497 die Auffassung vertreten, daß ein Veräußerungs- und Belastungsverbot die Ranganmerkung nicht hindere, weil diese noch keine Verletzung des Verbotes bedeute und der Schlußsatz des § 53 GBG in diesem Sinne einschränkend auszulegen sei. Demgegenüber hat die Rechtsprechung seit Jahrzehnten konträre Standpunkte vertreten. Insbesondere hat eine Reihe rekursgerichtlicher Entscheidungen die Zwiespältigkeit der hier vertretenen Rechtsauffassungen erkennen lassen (zusammengestellt von Lackner, Anmerkung der Rangordnung und Belastungs- und Veräußerungsverbot, ÖJZ 1973, 66), ohne daß, soweit feststellbar, der OGH jemals zu dieser Frage direkt Stellung genommen hätte.
Bei der Auslegung des § 53 Abs. 3 GBG muß bedacht werden, daß die Anmerkung der Rangordnung der Veräußerung ein vom Liegenschaftseigentümer ausgehender Akt ist, der für sich allein noch kein Recht gibt, sondern nur im Zusammenhang mit der Urkunde über das Veräußerungsgeschäft Bedeutung erlangen kann (vgl. 5 Ob 98/63). Es kann daher dem Wortlaut dieser Gesetzesstelle keine entscheidende Bedeutung in der Richtung einer zwingenden Auslegung im Sinne der rekursgerichtlichen Auffassung zukommen, zumal auch eine klare Absicht des Gesetzgebers in dieser Richtung nicht wahrgenommen werden kann. Es muß vielmehr angenommen werden, daß vom Gesetzgeber das Vorliegen eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt worden ist und daher infolge einer unechten Lücke des Gesetzes eine berichtigende Auslegung unter möglichst umfassender Bedachtnahme auf die derzeitige Gesetzeslage erforderlich erscheint. Die auf die Rangwahrung beschränkte Wirksamkeit der Anmerkung der Rangordnung schließt eine Übergehung des Verbotsberechtigten in bezug auf das vorgesehene Veräußerungsgeschäft von vornherein aus. Es kann aber auch dem Argument des Schutzes gutgläubiger Dritter bei Erwerbung der Liegenschaft keine entscheidende Bedeutung für das vorliegende Problem zukommen, zumal das offene Grundbuch einen klaren Überblick über die gegebene Sach- und Rechtslage ermöglicht und jedem Interessenten eine Prüfung in dieser Richtung zugemutet werden kann, soweit nicht ohnehin im praktischen Rechtsleben derartige Transaktionen und insbesondere die Verwendung von Rangordnungsbescheiden überwiegend durch Personen erfolgen, die diesbezüglich von Berufs wegen über die entsprechenden Kenntnisse verfügen und zu besonderer Sorgfalt verpflichtet sind.
Kann also schon bezüglich der Sicherung der Rechte des Verbotsberechtigten und gutgläubiger Dritter im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Liegenschaftserwerb kein entscheidendes Argument für die rekursgerichtliche Auffassung gewonnen werden, so sprechen auf der anderen Seite eine Reihe von wirtschaftlichen Gründen (Erleichterung des Liegenschaftserwerbs, Gebührenersparnisgrunde bei Kreditaufnahme) für die Zulässigkeit der Ranganmerkung ohne Zustimmung des Verbotsberechtigten (vgl. Billeth in NZ 1950, 149; Sattler in Immz 1950, 147, 211). Dazu kommt noch, daß das dem Wortlaut des Gesetzes zu entnehmende strenge Prinzip durch andere gesetzliche Bestimmungen mehrfach durchbrochen erscheint (vgl. die Zusammenstellung bei Lackner). So hindert ein Vorkaufsrecht nicht die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung (Bartsch - Pollak Grundbuchsgesetz). Auf der anderen Seite wirken gesetzliche Veräußerungsverbote, wie etwa dasjenige nach § 31a WWG, auch ohne Verbücherung. Da demnach gesagt werden kann, daß § 53 Abs. 3 GBG in erster Linie die Rangwahrung zum Gegenstand hat und demgegenüber die Sicherung der Rechte eines Verbotsberechtigten oder der Liegenschaftserwerber in den Hintergrund treten, erscheint die Auffassung gerechtfertigt, daß ein Veräußerungs- und Belastungsverbot die Ranganmerkung nicht hindert, sofern nur die spätere grundbücherliche Eintragung des Rechtes unter Inanspruchnahme der erwirkten Rangordnung nicht schon aus anderen Gründen von vornherein ausgeschlossen wäre, wofür im vorliegenden Fall keine Hinweise gegeben sind.
Dem Rekurs war daher Folge zu geben und die angefochtene rekursgerichtliche Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses auf Bewilligung der Anmerkung der Rangordnung abzuändern.
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