OGH 4Ob528/73

OGH4Ob528/7315.5.1973

SZ 46/50

Normen

ABGB §358
ABGB §415
ABGB §427
ABGB §428
ABGB §451
ABGB §452
ABGB §358
ABGB §415
ABGB §427
ABGB §428
ABGB §451
ABGB §452

 

Spruch:

Durch Besitzauftrag (constitutum possessorium) im Sinne des § 428 ABGB kann weder ein Pfandrecht eingeräumt noch Sicherungseigentum übertragen werden

Soll bei einer "Mengensache" ("Quantitätssache"), wie Getreide u. dgl., nur ein Teil einer größeren Menge veräußert oder verpfändet werden, dann erfordert der Eigentums- bzw. Pfandrechtserwerb des Käufers bzw. Gläubigers die vorherige Ausscheidung und abgesonderte Verwahrung der betreffenden Teilmenge zu seinen Gunsten

An einem nur nach seiner Menge oder seinem Wert bestimmten Teil einer Sache - insbesondere einer Mengensache - kann hingegen weder Besitz noch Eigentum noch Pfandrecht erworben werden

OGH 15. Mai 1973, 4 Ob 528/73 (OLG Wien 6 b R 238/72; LGZ Wien 39 b Cg 286/70)

Text

Beide Parteien sind Getreidegroßhändler. Der Landesproduktenhändler Johann M kaufte in den Jahren 1968 und 1969 von den Produzenten Getreide auf und lagerte es in seinen Silos. Ebenso wie andere Großhändler kauften auch die Parteien im Rahmen der vom Getreidewirtschaftsfonds durchgeführten Siloaktion Getreide von Johann M. Bei dieser Aktion werden die Ankäufe der Großhändler üblicherweise durch Lombardkredite finanziert, wobei die den Kredit gebende Bank ein Pfandrecht an dem Getreide erwerben soll. Das Getreide bleibt so lange in den Silos liegen, bis es von den Großhändlern weiterveräußert wird; in diesen Fällen wird dann der Lombardkredit zurückgezahlt und das Getreide von der Bank freigegeben.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von 129.972.60 S samt Anhang; die Beklagte könne sich von dieser Verpflichtung durch die Lieferung von 54.000 kg Weizen normaler Qualität franco Silo G der gleichwertigen Verladestation in Oberösterreich an die Klägerin befreien. Beide Parteien hätten 1968 und 1969 im Rahmen der genannten Siloaktion von Johann M Getreide gekauft, wobei M nach dem Verkauf nur noch Verwahrer gewesen sei. Auch andere Großhändler hätten gleichartige Geschäfte mit M abgeschlossen. Die Klägerin habe Anfang Oktober 1969 bei M 137.995 kg Weizen gelagert gehabt, die Beklagte 430.245 kg. Anfang Oktober 1969 sei M in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Hans F von der Firma M F & Söhne, welche gleichfalls bei M Getreide gelagert hatte, sei deshalb am 8. Oktober 1969 an die in Betracht kommenden Großhändler, darunter auch die Parteien, wegen einer Regelung zur Überbrückung dieser Schwierigkeiten herangetreten. Am 9. Oktober 1969 habe bei der Firma F eine Besprechung stattgefunden, bei welcher vereinbart worden sei, daß bis zur Feststellung vorhandener Fehlmengen keinerlei Verfügungen über den eingelagerten Weizen getroffen werden sollten. Diese Besprechung sei noch am selben Tag bei der Beklagten fortgesetzt und dabei vereinbart worden, daß die Fehlmengen an eingelagertem Getreide quotenmäßig auf die einlagernden Großhändler aufgeteilt werden sollten. Trotz dieser Abmachung hätten jedoch verschiedene Großhändler, darunter auch die Beklagte, sofort mit dem Abtransport von Getreide begonnen. Tatsächlich sei bei M weniger Getreide vorhanden gewesen, als er verkauft hatte. In die Berechnung der Fehlmenge seien Einlagerungen der Klägerin von 137.995 kg, der Beklagten von 380.245 kg, der Firma F von 16.650 kg, der Firma L Ges. m. b. H von 134.025 kg und der Firma Hermann O Ges. m. b. H. von 38.393 kg einzubeziehen gewesen. Da das Manko rund 14.1% betragen habe, hätte jeder der genannten Großhändler nur Anspruch auf Auslieferung einer um diesen Prozentsatz gekürzten Quote gehabt. Dennoch habe die Beklagte

381.593 kg abtransportiert, somit um 54.958 kg mehr, als ihr unter Berücksichtigung der Kürzung zugestanden wäre; andererseits seien für die Klägerin nur noch 52.695kg verblieben, was ein Manko der Klägerin von 65.680 kg ergebe. Zum Ausgleich dieses Mankos habe infolgedessen die Beklagte der Klägerin den Gegenwert von mindestens 54.000 kg Weizen zu ersetzen; unter Zugrundelegung eines Kaufpreises von 2406.90 S je Tonne ergebe dies den eingeklagten Betrag. Das Klagebegehren sei aber auch ungeachtet dieser Vereinbarung berechtigt, weil die einlagernden Großhändler Quoteneigentum am gesamten Lagergut erworben hätten, so daß bei Hervorkommen eines Mankos das Lagergut quotenmäßig aufgeteilt werden müsse; da die Beklagte einen größeren als den ihr zustehenden Anteil abtransportiert habe, hafte sie der Klägerin auch aus dem Titel des Schadenersatzes und der Bereicherung.

Die Beklagte wendete ein, daß von einem Quoteneigentum der Klägerin keine Rede sein könne; es könne sich höchstens um Mengeneigentum an dem von ihr eingelagerten Weizen handeln. Tatsächlich habe bei Johann M ein Fehlbestand von rund 175.000 kg Weizen bestanden. Zum Zeitpunkt des letzten Ankaufs der Klägerin sei schon weniger Getreide vorhanden gewesen, als die Klägerin gekauft habe; an nicht vorhandenen Gegenständen könne aber die Klägerin kein Eigentum erworben haben. Dagegen habe die Beklagte zu einem Zeitpunkt gekauft, als noch genügend Getreide vorhanden war. Das Getreide der Beklagten sei überdies gesondert gelagert und als Eigentum der Beklagten bezeichnet worden, so daß zufolge dieser Aussonderung von einer Vermengung mit anderem Getreide nicht gesprochen werden könne. Die von der Klägerin behauptete Vereinbarung sei nie getroffen worden; man habe sich am 9. Oktober 1969 nur unter der Voraussetzung, daß alle einlagernden Großhändler nichts untermehmen, dahin geeignet, daß in Zukunft eine gemeinsame Regelung ausgearbeitet werden solle. Da die Beklagte nur das erhalten habe, was ihr zustehe, könne auch von einem Schadenersatzanspruch der Klägerin oder von einer Bereicherung der Beklagten keine Rede sein. Die Klägerin könne ihr Begehren nicht aus dem Titel des Eigentums ableiten, weil sie nie Eigentum an dem Weizen erworben habe. Schließlich habe die Beklagte bei M auch Getreide gelagert gehabt, das sie selbst unmittelbar von den Produzenten erworben hatte.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Seiner Entscheidung liegen folgende wesentliche Feststellungen zugrunde:

Die Klägerin beteiligte sich in der Weise an der vom Getreidewirtschaftsfonds durchgeführten Siloaktion, daß sie bestimmte Weizenmengen, die Johann M direkt bei den Produzenten gekauft und in seinen Lagerstätten eingelagert hatte, mit Hilfe eines Kredites der Österreichischen Länderbank ankaufte, von M jeweils eine Faktura über die gekaufte Getreidemenge erhielt und den Weizen bei M eingelagert ließ. Die Beklagte hielt zum Teil die gleiche Vorgangsweise an, teilweise lagerte sie aber auch direkt bei den Produzenten oder bei anderen Landesproduktenhändlern erworbenen Weizen bei M ein. Außer den Parteien standen auch noch andere Großhändler in gleicher Weise mit M in Geschäftsverbindung. M hatte das Getreide in mehreren Silos gelagert, wobei diese Lagerung nicht nach Käufen oder Einlagerern getrennt, sondern vermengt erfolgte. Der Weizen eines bestimmten Einlagerers wurde nicht ausschließlich an einer bestimmten Stelle gelagert, sondern jeweils auf die verschiedenen Lagerstellen aufgeteilt. Eine getrennte Lagerung kam schon deshalb nicht in Frage, weil die Erhaltung des Weizens eine ständige Umschichtung erfordert. Nur bei Qualitätsgetreide kommt fallweise eine getrennte Lagerung vor, doch war bei M nur Weizen normaler Qualität eingelagert.

Im August 1969 stellte M fingierte Übernahmsscheine über 120.190 kg Weizen aus, so daß in seinem Lager papiermäßig rund 121.000 kg mehr Weizen aufschienen, als tatsächlich vorhanden waren. M fakturierte teilweise auch die nicht vorhandenen Weizenmengen an die Getreidegroßhändler. Infolge dieser und anderer Praktiken geriet M in Zahlungsschwierigkeiten, welche Anfang Oktober 1969 bekannt wurden. Daraufhin trat Hans F, der Geschäftsführer des ebenfalls bei M einlagernden Getreidegroßhandelsunternehmens F & Söhne, am 8. Oktober 1969 an die interessierten Getreidegroßhändler heran, um ein Einvernehmen über eine Abwendung des Zusammenbruches des M zu erzielen. Zu diesem Zeitpunkt waren wohl die Zahlungsschwierigkeiten des M, nicht aber das Ausmaß der Fehlmengen bekannt.

Am 9. Oktober 1969 fand in den Räumlichkeiten der Firma F eine Besprechung statt, an welcher auch Vertreter der beiden Parteien teilnahmen. Dabei wurde zunächst ein Stillhalteabkommen bis 25. Oktober 1969 vereinbart, wonach keines der beteiligten Unternehmen Schritte gegen M unternehmen und bis zur Feststellung der vorhandenen Mengen keine Verfügung über das eingelagerte Gut getroffen werden sollte. Dieses Übereinkommen wurde in einem Aktenvermerk festgehalten. Nachdem F aber durch ein Telefongespräch erfahren hatte, daß der Schuldenstand des M wesentlich größer als angenommen war und die Gefahr bestand, daß andere Gläubiger gegen M vorgehen würden, lehnte F die Einhaltung des Stillhalteabkommens als sinnlos ab.

Am selben Tag kam es dann in Abwesenheit von Vertretern der Firma F in den Räumen der Beklagten zu einer weiteren Besprechung, bei welcher erörtert wurde, auf welche Weise ein allfälliges Manko bei M abgedeckt werden könnte. Zu einer Vereinbarung über eine quotenmäßige Aufteilung der Fehlmenge auf die betroffenen Großhändler im Verhältnis der von ihnen eingelagerten Mengen kam es dabei nicht; Übereinstimmung wurde nur dahin erzielt, daß das bei M eingelagerte Getreide von den Großhändlern ab Beginn der folgenden Woche bahnverladen und abtransportiert werden sollte, um auf Grund der dadurch erworbenen bahnamtlichen Urkunden das Manko feststellen und einen Schlüssel für seine allfällige Aufteilung finden zu können.

Schon am nächsten Tag ließ jedoch die Firma F die von ihr bei M eingelagerte Getreidemenge von 16.560 kg abtransportieren; auch die Beklagte begann mit dem Abtransport von 381.593 kg Weizen mit LKW. In der Woche vom 13. Oktober bis 17. Oktober 1969 transportierten dann die Klägerin 52.695 kg, die L Ges. m b. H.97.420 kg und die Firma Hermann O Ges. m. b. H. 58.950 kg ab. Insgesamt waren Anfang Oktober 1969 bei M von der Klägerin 137.995 kg, von der Beklagten

380.245 kg, von der Firma F 16.560 kg, von der L Ges. m. b. H. 134.025 kg und von der O Ges. m. b. H. 38.393 kg gelagert gewesen. Durch die Abtransporte erhielten die Beklagte um 1.348 kg und die O Ges. m. b. H. um 20.557 kg mehr, als ihnen zustand, während die Klägerin eine Fehlmenge von 85.300 kg und die L Ges. m. b. H. eine solche von 36.605 kg hatten. Die Firma F erlitt keinen Verlust, erhielt aber auch nicht mehr, als ihr zustand. Tatsachlich ergibt diese Berechnung eine Fehlmenge von 100.000 kg.

Die als Besicherung für Lombardkredite der Österreichischen Länderbank AG in den Aufstellungen angeführten Getreidemengen dürfen erst nach Freigabe durch die Bank ausgelagert werden. Zur Ersichtlichmachung des Pfandrechtes sind Klebezettel mit dem Aufdruck "Eigentümer. Pfandgut der Österreichischen Länderbank AG."

vorgesehen, welche an den Silos, in denen das verpfändete Getreide lagert, bzw. an Zellen oder sonstigen Lagerplätzen angebracht werden sollen. An den Lagern des M waren jedoch in der Zeit unmittelbar vor dem 10. Oktober 1969 keine derartigen Klebezettel angebracht.

Am 10. Oktober 1969 kam der Angestellte der Beklagten Erwin H mit dem Angestellten der Länderbank Peter R zu M. R ließ sich zunächst von der Gattin des M Unterlagen über die verpfändeten Getreidemengen ausfolgen; hierauf bezettelte er sämtliche Lagerstätten des M, in denen sich Weizen befand, als Pfandgut der Österreichischen Länderbank und füllte die Rubrik "Eigentümer teilweise mit der Firma der Beklagten aus, teilweise ließ er diese Rubrik unausgefüllt. Unabhängig davon hatte die Beklagte das Einverständnis der Österreichischen Länderbank zur Auslagerung des bei M gelagerten Weizens erwirkt. Sie begann daraufhin mit der Auslagerung, welche vom Abend des 10. Oktober 1969 bis in die Vormittagsstunden des 11. Oktober 1969 dauerte. Während dieses Zeitraumes wurden von der Beklagten die schon erwähnten 381 593 kg Weizen abtransportiert.

Am 10. Oktober 1969 beantragte M beim Kreisgericht Steyr zu Sa 1/69 die Einleitung des Ausgleichsverfahrens: dieses Verfahren ging in der Folge zu S 1/70 desselben Gerichtes in den Anschlußkonkurs über.

Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß mangels Nachweises einer Vereinbarung über die quotenmäßige Aufteilung des Mankos die Klägerin aus diesem Titel keinen Anspruch gegen die Beklagte erheben könne. Auf das angebliche Quoteneigentum der Klägerin sei schon deshalb nicht einzugehen gewesen, weil auch andere Großhändler bei M Getreide eingelagert hätten, ohne daß die betreffenden Getreidemengen behauptet oder bewiesen worden waren; der Klägerin sei der Nachweis der quotenmäßigen Aufteilung des eingelagerten Weizens nicht gelungen.

Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht übernahm die wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes und legte sie seiner Entscheidung zugrunde. Die von der Klägerin behauptete Vereinbarung über die quotenmäßige Aufteilung der Fehlmenge auf die einlagernden Großhändler sei nicht erwiesen und scheide daher als Grundlage des Klageanspruches aus. Das Klagebegehren sei aber auch nicht gerechtfertigt, soweit es aus dem Titel des Eigentums der Klägerin abgeleitet werde: Der Erwerbstitel der Klägerin an der von ihr gekauften Getreidemenge sei unbestritten; mangels einer körperlichen Übergabe im Sinne des § 426 ABGB oder einer Übergabe durch Zeichen gemäß § 427 ABGB habe aber die Klägerin an diesem Weizen noch kein Eigentum erworben. Auch der behauptete Eigentumserwerb durch Erklärung im Sinne des § 428 ABGB scheitere daran, daß das gekaufte Geireide nicht abgesondert verwahrt wurde, wie dies bei Mengensachen notwendig sei. Die Klägerin habe somit nur gegen M einen Titel auf Ausfolgung einer bestimmten Getreidemenge, nicht aber einen Leistungsanspruch gegen die Beklagte, mit welcher sie in keiner vertraglichen Beziehung stehe. Da auch für einen Bereicherungs- oder einen Schadenersatzanspruch der Klägerin die rechtlichen Grundlagen fehlten, habe das Erstgericht das Klagebegehren zu Recht abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Schwergewicht der Revision liegt auf der Wiederholung des Rechtsstandpunktes der Klägerin, gleich den anderen Einlagerern habe auch sie an dem von ihr gekauften, bei M gelagerten Weizen Eigentum erworben, wobei am der gesamten, vermengt gelagerten Weizenmenge unter den Einlagerern eine Gemeinschaft des Eigentums entstanden sei; da die Beklagte rechtswidrig auch über den im Eigentum der Klägerin stehenden Anteil an dem Lagergut verfügt habe, habe sie ihr den eingeklagten Betrag zu zahlen. Die Klägerin spricht in diesem Zusammenhang in der Revision mehrfach vom Erwerb von "Mengeneigentum oder Quoteneigentum" an dem eingelagerten Getreide. Sie geht dabei - wie schon im Verfahren erster Instanz - offenbar von der Rechtsansicht aus, daß sie zunächst Mengeneigentümerin (Quantitätseigentümerin) des von ihr gekauften Weizens geworden und das auch so lange geblieben sei, als die betreffende Weizenmenge bei M noch tatsächlich vorhanden war. Als dann aber ein Manko eingetreten und die bei M lagernd Getreidemenge geringer geworden war als diejenige, welche die Einlagerer von M gekauft hatten, sei aus dem anfänglichen Mengeneigentum "zwangsläufig" Quoteneigentum (Miteigentum nach Bruchteilen) geworden.

Dieser Rechtsansicht vermag der Oberste Gerichtshof aus nachstehenden Erwägungen nicht zu folgen.

Zunächst müssen die beiden Begriffe des "Mengeneigentums" ("Quantitätseigentums") auf der einen Seite und des "Quoteneigentums" (Miteigentums nach Bruchteilen) auf der anderen Seite streng auseinandergehalten werden, handelt es sich doch dabei um zwei ihrem Wesen nach voneinander verschiedene Formen des Eigentums, deren Abgrenzung keineswegs, wie die Klägerin meint, ein "müßiger Streit um Worte" ist. Werden "Mengensachen" ("Quantitätssachen") - also Sachen, bei denen das einzelne Stück als Individuum überhaupt nicht mehr in Betracht kommt, weil sie im Verkehr nur nach Zahl, Maß oder Gewicht bezeichnet werden (z. B. Getreide, Sand, Flüssigkeiten usw.; vgl. dazu Klang[2] II, 35; ähnlich Ehrenzweig[2] 1/2, 19) - verschiedener Eigentümer ohne deren Zustimmung in abgegrenzten Mengen miteinander vereinigt, dann entsteht dadurch gemäß § 415 ABGB bis zur Absonderung der den einzelnen Teilhabern zukommenden Teile des Gemenges sogenanntes Mengen- oder Quantitätseigentum (Klang[2] II, 284; Ehrenzweig[2] 1/2, 212). Bruchteilseigentum (Miteigentum nach Quoten) im Sinne der §§ 825 ff. ABGB liegt dagegen dann vor, wenn das Eigentum an einer bestimmten Sache mehreren Personen ungeteilt zukommt, unter ihnen also nach Bruchteilen (Quoten) aufgeteilt ist. Daß die Klägerin von Anfang an Miteigentümerin (nach Quoten) an dem bei M eingelagerten Getreide geworden wäre, wird von ihr selbst nicht einmal behauptet, hat sie doch nach ihren eigenen Angaben von M immer nur gewichtsmäßig bestimmte mengen erworben, niemals aber bestimmte Bruchteile der bei M eingelagerten Getreidemenge. Ihre Meinung aber, das anfänglich erworbene Mengeneigentum sei mit dem Auftreten eines Mankos von selbst in quotenmäßiges Miteigentum übergegangen, findet im Gesetz keinerlei Stütze. Nur der Erwerb von Mengeneigentum (Quantitätseigentum), nicht aber von Bruchteilseigentum (Quoteneigentum) käme daher im vorliegenden Fall überhaupt in Betracht;, auch er muß aber aus folgenden Gründen verneint werden:

Gemäß § 425 ABGB gibt der bloße Titel noch kein Eigentum; das Eigentum kann vielmehr nur durch die rechtliche Übergabe und Übernahme erworben werden. Bei beweglichen Sachen kommen hiefür entweder die körperliche Übergabe (§ 426 ABGB), die Übergabe durch Zeichen (§ 427 ABGB) und die Übergabe durch Erklärung (§ 428 ABGB) in Betracht. Daß der Klägerin der bei M gekaufte Weizen niemals im Sinne des § 426 ABGB körperlich übergeben, also in eine solche Lage gebracht wurde, in der er sich tatsächlich oder doch nach der Verkehrsauffassung in der Macht der Erwerberin befand (vgl. EvBl. 1970/374; Klang[2] II, 316; Ehrenzweig[2] 1/2, 68), ist unbestritten und wird auch in der Revision ausdrücklich zugestanden. Nach den Sachverhaltsfeststellungen der Untergerichte hat die Klägerin aber auch weder durch symbolische Tradition im Sinne des § 427 ABGB noch durch Besitzkonstitut nach § 428 ABGB Eigentum an dem Getreide erworben.

Gegenstand der Eigentums - wie auch der Pfandrechtsübertragung - gleichgültig, in welcher Form die Übergabe vollzogen werden soll - kann schon begrifflich immer nur eine konkrete, individuell bestimmte Sache, nicht aber ein nur ganz allgemein mengen- oder wertmäßig bestimmter Teil einer Sachgesamtheit sein (so ausdrücklich Mühl in Soergel - Siebert, BGB[10], 254, § 930 Anm. 6; Johanssen im RGR Kommentar zum BGB[11] III/1, 418, §§ 929 f. Anm. 10; BGHZ 21.52). Soll daher bei einer "Mengensache" ("Quantitätssache"), wie es neben Sand, Flüssigkeiten u. dgl. insbesondere auch Getreide ist, nur ein Teil einer größeren Menge veräußert oder verpfändet werden, dann erfordert der Eigentums bzw. Pfandrechtserwerb des Käufers bzw. Gläubigers die vorherige Ausscheidung und abgesonderte Verwahrung der betreffenden Teilmenge zu seinen Gunsten (so ausdrücklich für den Eigentumserwerb durch Erklärung Klang[2] II, 325 Ehrenzweig [2] 1/2, 76; vgl. auch GlUNF 52; ebenso für das deutsche Recht Johanssen im RGR Kommentar zum BGB[11] III/1, 436, § 930 Anm. 15). An einem nur nach seiner Menge oder seinem Wert bestimmten Teil einer Sache - insbesondere einer Mengensache - kann hingegen weder Besitz noch Eigentum oder Pfandrecht erworben werden (vgl. ZBl. 1926/147).

Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin selbst eine Abteilung und abgesonderte Verwahrung des von ihr gekauften Weizens niemals behauptet; auch in der Revision gibt sie ausdrücklich zu, daß der Weizen bei M nicht nach Käufern oder Einlagerern getrennt, sondern vermengt und auf verschiedene Lagerstätten verteilt gelagert wurde. Daß eine getrennte Lagerung der an die verschiedenen Großhändler verkauften Weizenmengen technisch ohne weiteres möglich gewesen wäre, bedarf keiner weiteren Begründung; nach den Feststellungen der Untergerichte wird ja Qualitätsgetreide mitunter auch tatsächlich so gelagert. Auch das immer wieder notwendige Umschichten ("umziehen") des Lagergetreides steht einer solchen abgesonderten Lagerung sicherlich nicht entgegen; daß sie aber bei Weizen normaler Qualität möglicherweise unwirtschaftlich ist, kann nichts daran ändern, daß ein Eigentums- oder Pfandrechtserwerb an mengenmäßig bestimmten Teilen des eingelagerten Getreides rechtlich eben nur nach vorheriger Absonderung der betreffenden Teilmenge überhaupt möglich gewesen wäre.

Die von der Klägerin erstmals in der Revision aufgestellte Behauptung, daß die von den Untergerichten festgestellte Vorgangsweise beim Verkauf und bei der Verpfändung des von M eingelagerten Getreides "seit jeher allgemein üblich" sei und daher in wirtschaftlicher Hinsicht einem Handelsbrauch entspreche, mußte schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil das Bestehen eines Handelsbrauches nach ständiger Rechtsprechung eine Tatfrage ist (vgl. HS 5226 mit weiteren Zitaten), seine erstmalige Behauptung im Revisionsverfahren daher gegen das Neuerungsverbot (§§ 482, 504 Abs. 2 ZPO) verstößt (so auch HS 3105/5) die Frage, ob und wie weit ein solcher Handelsbrauch angesichts der zwingenden, im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs geschaffenen Bestimmungen der §§ 426., 451. ABGB über den Eigentums- und den Pfandrechtserwerb überhaupt beachtlich wäre, braucht unter Umständen nicht weiter geprüft zu werden. Daß im übrigen die Österreichische Länderbank durch den von der Klägerin und Johann M eingehaltenen Vorgang - wie er in den von Johann M unterfertigten Erklärungen laut Beilage ../J sinnfällig zum Ausdruck kommt - niemals ein rechtswirksames Pfandrecht an der von der Klägerin gekauften Weizenmenge erwerben konnte, folgt schon daraus, daß nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung durch einen Besitzerauftrag (constitutum possessorium) im Sinne des § 428 ABGB weder ein Pfandrecht eingeräumt noch ein Sicherungseigentum übertragen werden kann (SZ 27/18; SZ 38/190; SZ 41/140; EvBl. 1972/37 u. v. a.; ebenso auch Schinnerer, Bankverträge[2] II, 129.). Diese strenge Auslegung des § 451 Abs. 1 ABGB entspricht ebenso dem Erfordernis der Rechtssicherheit wie die Regelung des § 452 ABGB, wonach bei der Verpfändung durch symbolische Übergabe (§ 427 ABGB) an der Ware solche Zeichen angebracht werden müssen, "woraus jedermann die Verpfändung leicht erfahren kann". Der Vorwurf der Revision, daß die von der Klägerin abgelehnte, jedoch allein dem Gesetz entsprechende Rechtsansicht "völlige Rechtsunsicherheit sowohl für die Erwerber als auch für die Lombardgläubigerin schaffen würde, beruht daher auf einer grundlegenden Verkennung der tatsächlichen Rechts- und Interessenlage.

Alle Ausführungen der Revision über einen Eigentumserwerb der Klägerin im Wege der Übergabe durch Zeichen (§ 427 ABGB) oder durch Erklärung (§ 428 ABGB) gehen also schon deshalb ins Leere, weil die Grundvoraussetzung eines solchen Eigentumserwerbs, nämlich das Vorhandensein einer konkreten, individuell bestimmten Sache mangels jeglicher Absonderung, Kennzeichnung und getrennter Lagerung der gekauften Weizenmenge von vornherein nicht gegeben war. Gleich den anderen Einlagerern hatte somit auch die Klägerin durch den Abschluß der jeweiligen Kaufverträge wohl einen Rechtstitel zum Erwerb des Eigentums an dem gekauften Getreide erworben; solange diese Ware aber nicht im Sinne der obigen Ausführungen individualisiert und der Klägerin in der gesetzmäßigen Form übergeben war, konnte die Klägerin daran kein Eigentum - auch nicht in der Form des sogenannten Mengeneigentums (Quantitätseigentums) - erwerben. Soweit das Klagebegehren daher aus einer angeblich rechtswidrigen Verfügung der Beklagten über das Eigentum der Klägerin abgeleitet wird, mußte es schon aus diesen Erwägungen erfolglos bleiben.

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