Normen
AnfO §1
AnfO §2
EO §37
Notariatszwangsgesetz §1 Abs1 litb
AnfO §1
AnfO §2
EO §37
Notariatszwangsgesetz §1 Abs1 litb
Spruch:
Die Bestimmung des § 1 Abs 1 lit b NZwG soll die Ehegatten vor Übereilung schützen und eine Klarstellung der Rechtslage bewirken. Die Gläubiger der Ehegatten werden gegen die vorgenommenen Vermögensverschiebungen durch die AnfO geschützt, die bei Verwandtengeschäften die Anfechtung erleichtert
Die vollständige Erfüllung heilt den Formmangel, also auch das Fehlen eines Notariatsaktes bei den dem NZwG unterliegenden Rechtsgeschäften zwischen Ehegatten. Hiebei genügt es, wenn nur jene Leistung erbracht wurde, deretwegen die Form vorgeschrieben ist
OGH 23. 11. 1972, 3 Ob 127/72 (KG St Pölten R 470/72; BG Amstetten C 156/72 )
Text
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 2. 5. 1972 wurde der beklagten Partei zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 129.783.- sA gegen den Verpflichteten Adolf W (Ehegatte der Klägerin) die Fahrnisexekution bewilligt. Beim Vollzug dieser Exekution wurden in der Wohnung des Verpflichteten 1 Farbfernsehgerät "Siemens Bildmeister FC 300/Color", 1 Tiefkühltruhe "IME", 1 Steuerungsgerät mit Plattenspieler und 2 Boxen "Ferguson 3413" und ein elektrischer Rasenmäher "AEG RM 350" gepfändet.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin gemäß § 37 EO die Unzulässigerklärung der Exekution in Ansehung der vorgenannten Pfandgegenstände mit der Behauptung, daß sie deren Eigentümerin sei. Sie habe nämlich diese durch Kauf von ihrem Gatten Adolf W erworben und den Kaufpreis aus ihrem Einkommen als Diplomhebamme im Krankenhaus W bezahlt.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und behauptete ihrerseits, daß der Kaufvertrag einerseits nur zum Schein errichtet worden und andererseits mangels Einhaltung der gesetzlichen Formvorschriften (Notariatsakt) unwirksam sei. Selbst bei Zutreffen der Klagsbehauptungen liege ein nach § 2 Z 3 AnfO anfechtbares Rechtsgeschäft vor.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß die Klägerin die vorgenannten Pfandgegenstände von ihrem Gatten Adolf W gekauft und übernommen habe. Der Kaufvertrag hätte jedoch als Rechtsgeschäft zwischen Ehegatten der Aufnahme eines Notariatsaktes bedurft, der nicht errichtet worden sei. Der Kaufvertrag könne wohl von den Ehegatten W nach § 1432 ABGB nicht mehr angefochten werden, sei jedoch in Ansehung Dritter nicht wirksam. Die gegenteilige Rechtsansicht würde zu einer Umgehung der Vorschriften des § 1 Abs 1 lit b NZwG führen, die eine Publizitätsform nicht zum Schutze der Ehegatten gegeneinander, sondern deren Gläubiger normieren. Das Klagebegehren sei daher schon mangels Schlüssigkeit abzuweisen.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Es war der Auffassung, daß über den gegenständlichen Kaufvertrag wohl ein Notariatsakt zu errichten gewesen wäre. Durch die vollständige Erfüllung sei jedoch dieser Formmangel geheilt und der Kaufvertrag unanfechtbar geworden. Durch Bezahlung und Übernahme sei die Klägerin trotz Verletzung der vorgenannten Formvorschrift Eigentümerin der eingangs erwähnten Pfandgegenstände geworden. Ihr Eigentum wirke absolut und daher auch Dritten gegenüber. Diese könnten nur durch Anfechtung die Unwirksamerklärung der Vermögenstransaktion ihnen gegenüber erwirken. Auf die von der Beklagten erhobene Anfechtungseinrede sei das Erstgericht im Hinblick auf seine vom Berufungsgericht nicht geteilte Rechtsansicht nicht eingegangen. Das Erstgericht werde daher die materielle Berechtigung des von der Beklagten geltend gemachten Anfechtungstatbestandes zu prüfen und dann neuerlich zu entscheiden haben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Richtig ist, daß der vorliegende zwischen Ehegatten geschlossene Kaufvertrag nach § 1 Abs 1 lit b NZwG die Aufnahme eines Notariatsaktes erfordert hätte. Wie jedoch der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt in Übereinstimmung mit der Lehre ausgesprochen hat (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 256, Weiß in Klang[2] V, 699/702) heilt die vollständige Erfüllung den Formmangel, also auch das Fehlen eines Notariatsaktes bei den dem Notariatszwangsgesetz unterliegenden Rechtsgeschäften zwischen Ehegatten (SZ 37/43, SZ 42/67, EvBl 1955/168, 1964/219). Hiebei genügt es, wenn nur jene Leistung erbracht ist, deretwegen die Form vorgeschrieben ist (Gschnitzer aaO, SZ 37/43. Die vorgenannte Bestimmung des Notariatszwangsgesetzes soll die Ehegatten vor Übereilung schützen und eine Klarstellung der Rechtslage durch Errichtung eines Notariatsaktes über die zwischen den Ehegatten geschlossenen Rechtsgeschäfte bewirken (Weiß in Klang[2] V, 698). Sind die vorgenannten Rechtsgeschäfte zwischen Ehegatten bereits vollständig erfüllt, so ist die unmittelbar vollzogene Vermögenszuwendung bereits in Erscheinung getreten und die Errichtung eines Notariatsaktes entbehrlich. Die Gläubiger der Ehegatten werden gegen die vorgenommenen Vermögensverschiebungen durch die Anfechtungsordnung geschützt (Weiß in Klang[2] V, 702), die bei Verwandtengeschäften die Anfechtung erleichtert (§ 2 Z 3 AnfO, Bartsch - Pollak I[3], 182, II[3], 548, JBl 1958, 184, 1956, 211).
Der durch eine Vermögenstransaktion zwischen Ehegatten benachteiligte Dritte (Gläubiger) kann mit der Anfechtungsklage oder durch Erhebung der Anfechtungseinrede erwirken, daß die stattgefundene Vermögensverschiebung ihm gegenüber unwirksam erklärt wird (§§ 1, 13 AnfO, Bartsch - Pollak II[3], 542). Besonders bei Exszindierungsklagen der Erwerber vom Verpflichteten anfechtbar veräußerter Sachen, wird der Gläubiger die Anfechtungseinrede erheben müssen, wenn er auf diese Sache gegen den Schuldner Exekution führt (Bartsch - Pollak II[3], 560f). Mit der von der Beklagten erhobenen Anfechtungseinrede hat sich das Erstgericht im Hinblick auf die von ihm vertretene unrichtige Rechtsansicht nicht befaßt. Zur Prüfung der materiellen Berechtigung dieser Einrede bedarf es aber der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung.
Der Rekurs der Beklagten erweist sich somit als nicht berechtigt.
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