Normen
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §6
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §6
Spruch:
Der Ursprung einer Ware kann auch mittelbar durch Anbringung von Landesfarben auf der Ware oder auf der Verpackung vorgetäuscht werden, wenn die übrigen Hinweise und die übrige Ausstattung eine Täuschungsmöglichkeit des Publikums über die örtliche Herkunft der Waren nicht ausschließen.
Die bloße Verwendung einer ausländischen Flagge oder ausländischer Landesfarben allein läßt noch nicht auf die Herkunftsbezeichnung schließen; anders ist es aber dann, wenn die ausländischen Farben auf ein bevorzugtes Herkunftsland der bezeichneten Ware hinweisen
OGH 14. 9. 1971, 4 Ob 348/71 (OLG Linz 1 R 58/71; KG Ried im Innkreis 2 Cg 472/70)
Text
Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, "die Vorbereitung der unrichtigen Angabe, bei der von ihm erzeugten und vertriebenen Salami handle es sich um eine aus Ungarn importierte Salami unter gleichzeitiger Verwendung von Schleifen auf dieser Wurstware mit den Farben Rot-Weiß-Grün, ohne deutliche Kennzeichnung als inländisches Erzeugnis, zu unterlassen"; weiters wird die Berechtigung zur Veröffentlichung des Urteils in zwei österreichischen Tageszeitungen begehrt.
Der Beklagte bestritt einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und eine Wiederholungsgefahr.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest:
Die beklagte Partei habe am 9. 5. 1970 der Großhandelsfirma L in Wien eine größere Menge ungarische Salami geliefert. Die Würste seien mit Banderolen versehen gewesen, die folgendes Aussehen gehabt hätten: Zunächst einen breiten grünen Farbstreifen, anschließend einen schmalen, mit roten Quadraten versetzten weißen Farbstreifen und in weiterer Folge abwechselnd grüne, weiße, rote, weiße und grüne Farbstreifen, schließlich wieder einen schmalen und weißen Streifen mit roten Quadraten versetzt und endlich wiederum einen breiten grünen Farbstreifen. Dieser breite grüne Farbstreifen stelle jeweils den oberen und unteren Rand der Banderole dar. Die Vorderseite trage in der Mitte ein Etikett in der Größe von 7 mal
5.5 cm, in rot-weiß-roten Farbstreifen von je 1.8 cm Höhe, das etwa 1/3 der gesamten Banderole einnehme und sich der Höhe nach bis zu den Rändern der äußeren Streifen erstrecke. Im oberen Teil des Etiketts, im roten Farbstreifen, befinde sich in der Mitte ein schwarzes Rechteck in der Größe von etwa 1/5 des roten Farbstreifens, das wappenartig in einem weißen Feld zwischen einem roten und grünen Balken die Buchstaben RR trage, wovon der erste Buchstabe grün und der zweite rot sei. Neben diesem Wappenbild sei links in schwarzer Farbe in der Größe von 1 mm das Wort "Fleischwarenfabrik" und rechts "E ... OÖ" (in der Mitte des roten Farbstreifens) gedruckt. Im weißen Etikettfeld stehe in schwarzen Buchstaben mit einer Größe von 5 mm "Ungarische Salami" und schließlich darunter auf dem weißen Feld in der Größe von 9 mm in weißen Buchstaben "Rudolf R".
Rechtlich verneinte das Erstgericht eine Wiederholungsgefahr, weil die Streifen der beanstandeten Ausführung im Betrieb des Beklagten schon aufgebraucht worden seien. Die Farbstreifen Grün-Weiß-Rot seien nicht als Darstellung der ungarischen Nationalfarben, sondern als Firmenfarben des Beklagten anzusehen. Der Ausdruck "Ungarische Salami" sei keine Herkunfts-, sondern eine Gattungsbezeichnung. Die verwendete Banderole weise deutlich darauf hin, daß die Ware in Österreich erzeugt wurde. Der Gesamteindruck sei daher nicht geeignet, beim Durchschnittskäufer die Vorstellung hervorzurufen, es handle sich um eine in Ungarn erzeugte Wurst, weil die Aufschrift "Ungarische Salami" innerhalb des rot-weiß-roten Teiles der Schleife angebracht sei und auf der Schleife der Erzeugername Rudolf R und der Erzeugungsort "E ... OÖ" angeführt seien.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge; es gab dem Unterlassungsbegehren - bei teilweiser Änderung des Wortlautes - statt, wies aber das Begehren, das Urteil veröffentlichen zu dürfen, ab. Es bejahte eine Wiederholungsgefahr auch für den Fall, daß die beanstandeten Schleifen vom Beklagten tatsächlich bereits verbraucht und nicht mehr nachbestellt worden seien, weil der Beklagte sein Verhalten im Rechtsstreit verteidigt und den Standpunkt aufrechterhalten habe, er sei zur Verwendung dieser Schleifen berechtigt. Er sei auch ohneweiters in der Lage, entsprechend dieser Auffassung wieder solche Schleifen zu bestellen. Es sei auch unerheblich, ob der Beklagte durch die Verwendung der Farben Rot-Weiß-Grün nur seine Firmenfarben oder die ungarischen Nationalfarben darstellen wollte, weil für die Berechtigung des geltend gemachten Unterlassungsanspruches ein Verschulden des Beklagten nicht Voraussetzung sei; es genüge objektive Rechtswidrigkeit. Diese sei aber beim festgestellten Aussehen der verwendeten Schleifen zu bejahen. Bei der Beurteilung, ob durch die Verwendung der Schleifen eine unrichtige Angabe im Sinn des § 2 UWG gemacht wurde, komme es auf den Gesamteindruck an; wenn mehrere Auslegungen möglich seien, müsse der Beklagte die für ihn ungünstigste gegen sich gelten lassen. Die Angabe sei dann wettbewerbswidrig wenn ein nicht ganz unerheblicher Teil des angesprochenen Kundenkreises, insbesondere bei flüchtiger Betrachtung, daraus etwas Unwahres entnehmen könne. Unter Hinweis auf die in SZ 27/31 ausgesprochene Ansicht, wonach zwar die Bezeichnung "Ungarische Salami" keine Herkunfts-, sondern eine Gattungsbezeichnung sei und die bloße Verwendung einer ausländischen Flagge oder ausländischer Farben für sich allein noch nicht auf eine Herkunftsbezeichnung schließen lasse, dies aber dann angenommen werden müsse, wenn die ausländischen Farben auf ein bevorzugtes Herkunftsland der Ware hinweisen, vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß die Verwendung der im vorliegenden Fall beanstandeten Schleifen geeignet sei, den Eindruck hervorzurufen, es handle sich um eine in Ungarn erzeugte Ware. Dabei sei es nicht wesentlich, ob die Schleife dieselbe Reihenfolge der Farben Grün-Weiß-Rot aufweise wie die ungarische Nationalflagge, sondern welchen Gesamteindruck diese Farben zusammen mit der Beschriftung der Schleife auf den durchschnittlichen Käufer erwecken könne. Darnach sei zunächst die Aufschrift "Ungarische Salami" ebenso auffällig wie die Tatsache, daß auf der Schleife die Farben Grün-Weiß-Rot in wechselnder Folge aufscheinen. Einem durchschnittlichen Käufer werde regelmäßig bekannt sein, daß die ungarische Nationalflagge auch diese Farben enthält, nicht aber, in welcher Reihenfolge sie dort angeordnet sind. Bei flüchtiger Betrachtung sei auch nicht klar, ob die Farbenfolge auf der Schleife mit rot oder grün beginnt, weil der obere und untere grüne Rand nicht mehr auf dem Etikett selbst angebracht ist, sondern durch ein durchsichtiger Kunstpapier dargestellt wird. Die Verwendung der Farben Grün-Weiß-Rot könne in Verbindung mit der auffälligen Bezeichnung "Ungarische Salami" somit den Eindruck entstehen lassen, es handle sich um eine in Ungarn erzeugte Wurst. Dem stehe nicht entgegen, daß auf dem Etikett auch der Name des Beklagten (Karl R) aufscheint, weil dies auch als Hinweis auf den Importeur aufgefaßt werden könne und es auch möglich sei, daß der Erzeuger in Ungarn so heiße. Der Hinweis auf die österreichische Erzeugungsstätte (Fleischfabrik E ... OÖ) sei im Verhältnis zur Größe der Schleife und der übrigen Aufschriften so klein, daß er nur wenig auffalle. Daß auch die österreichischen Nationalfarben auf dem Etikett aufscheinen, ändere nichts daran, daß nach dem Gesamteindruck auf einen Erzeugungsort der Ware in Ungarn geschlossen werden könne. Diese vom Beklagten für eine in Österreich erzeugte Ware verwendete Schleife sei daher eine unrichtige Angabe im Sinne des § 2 UWG, die durch den Hinweis auf ein bevorzugtes Herkunftsland den Anschein eines besonders günstigen Angebotes erwecken kann. Das Unterlassungsbegehren sei somit begrundet. An einer Urteilsveröffentlichung bestehe aber kein ausreichendes Interesse der Klägerin.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens soll deswegen vorliegen, weil das Berufungsgericht entgegen der Vorschrift des § 6 UWG kein Gutachten der Kammer der gewerblichen Wirtschaft eingeholt habe. Dieses Gutachten hätte nämlich ergeben, daß nicht nur die Bezeichnung "Ungarische Salami" eine Gattungsbezeichnung geworden ist, sondern auch die Verwendung der Farben Grün, Weiß und Rot nicht geeignet sei, auf die Herkunft dieser Salami aus Ungarn hinzuweisen. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß nach der Bestimmung des § 6 Abs 2 UWG ein Gutachten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft nur darüber einzuholen ist, ob ein Name im geschäftlichen Verkehr nicht Herkunfts-, sondern Beschaffenheitsangabe ist (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht 30, Mayer - Maly, JBl 1968/60). Darüber bestehe aber ohnehin kein Streit. Auch das Berufungsgericht ist im Sinne der Entscheidung SZ 27/31 davon ausgegangen, daß die Bezeichnung "Ungarische Salami" nicht eine Herkunfts-, sondern eine Gattungsbezeichnung ist. Die Frage, ob diese Gattungsbezeichnung im Zusammenhalt mit der Verwendung bestimmter Landesfarben auf eine Herkunft der Ware aus diesem Land hindeutet, ist eine vom Gericht zu lösende Rechtsfrage, zu der die Einholung eines Gutachtens der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft im Gesetz nicht vorgeschrieben ist. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher nicht vor.
Bei der rechtlichen Beurteilung ist das Berufungsgericht zutreffend von der bereits in der Entscheidung SZ 27/31 ausgesprochenen und begrundeten Ansicht ausgegangen, daß die bloße Verwendung einer ausländischen Flagge oder ausländischer Landesfarben allein noch nicht auf eine Herkunftsbezeichnung schließen lasse, dies aber dann der Fall sei, wenn die ausländischen Farben auf ein bevorzugtes Herkunftsland der bezeichneten Ware hinweisen (ebenso Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht 29). Auch in der Entscheidung ÖBl 1961, 7 wurde ausgesprochen, daß der Ursprung einer Ware auch mittelbar durch Anbringung von Landesfarben auf der Ware oder auf der Verpackung vorgetäuscht werden kann, wenn die übrigen Hinweise und die übrige Ausstattung eine Täuschungsmöglichkeit des Publikums über die örtliche Herkunft der Waren nicht ausschließen. Ob dies zutrifft, ist nach dem Gesamteindruck zu beurteilen, den die Mitteilung auf einen nicht ganz unerheblichen Teil des angesprochenen Kundenkreises erweckt. Es entscheidet der Gesamteindruck, den der flüchtige Durchschnittsinteressent erhält. Auf aus dem Zusammenhang gerissene Einzelheiten kommt es nicht an (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht 24, SZ 38/214, ÖBl 1961, 89, ÖBl 1970, 20, 143 ua). Richtig hat das Berufungsgericht auch bereits darauf verwiesen, daß der Anpreisende die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muß (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht 41, ÖBl 1960, 7, 1956, 1, 4 Ob 303/71 ua).
Daraus folgt zunächst, daß die Reihenfolge der Farben Rot, Weiß und Grün nicht entscheidend ist, weil ein erheblicher Teil der flüchtigen Durchschnittsinteressenten beim Anblick dieser Farben auf der Verpackung einer als "Ungarische Salami" bezeichneten Wurst daran denken wird, daß es sich dabei um die Landesfarben Ungarns handelt, ohne sich zu überlegen, ob die Reihenfolge der Anordnung der Farben stimmt oder diese Farben auch von anderen Ländern als Landesfarben verwendet werden. Es ist daher entgegen der Auffassung der Revision auch unerheblich, daß diese Farben nicht nur in der Nationalflagge Ungarns, sondern auch in der anderer Länder (zB Italiens) enthalten sind. Die Verwendung dieser Farben im Zusammenhang mit der Aufschrift "Ungarische Salami" ist daher durchaus geeignet, nicht bloß bei einem als weltfremd zu vernachlässigenden unerheblichen Teil der angesprochenen Interessenten, sondern bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Kunden in der Flüchtigkeit des Geschäftsverkehrs mit Artikeln des täglichen Lebens den Eindruck zu erwecken, die angebotene Ware sei in Ungarn, somit einem bevorzugten Herkunftsland für Salami, erzeugt worden. Der Herstellungsort "E ... OÖ" ist derart klein und unauffällig angeführt, daß er dann, wenn er nicht geradezu gesucht wird, nicht auffällt. Es kann auch die Auffassung nicht geteilt werden, daß der angesprochene Kundenkreis allgemein bei einer tatsächlich in Ungarn erzeugten Salami einen Hinweis auf der Verpackung wie "echt" oder "Import" erwartet. Daß der Name "Rudolf R" keineswegs ungarisch klingt und auf der beanstandenden Schleife auch die Farben Rot-Weiß-Rot aufscheinen, steht der Möglichkeit der irrigen Annahme, die Ware sei in Ungarn erzeugt worden, nicht entgegen, weil dieser Name und diese Farben auch als ein Hinweis auf den Importeur aufgefaßt werden können. Diese Umstände können daher Mißverständnisse über das Erzeugungsland der Ware nicht ausschließen (vgl ÖBl 1961/7). Zu den Ausführungen der Revision, daß die ungarische Nationalflagge nicht nur aus den Farben Rot, Weiß und Grün, sondern überdies aus einem Emblem bestehe, ist darauf zu verweisen, daß die mittelbare Vortäuschung des Ursprunges einer Ware nicht nur durch Anbringung des Wappens oder der Flagge eines Landes, sondern auch durch die Verwendung der Nationalfarben dieses Landes erfolgen kann, wenn diese Verwendung eben nach dem Gesamteindruck der Aufmachung ein Mißverständnis über das Erzeugerland ermöglicht. Mit Rücksicht auf die Ausführungen der Revision muß auch darauf verwiesen werden, daß es sich beim geltend gemachten Anspruch nicht um einen Schutz der Nationalfarben Ungarns oder des Wappens Ungarns an sich handelt, sondern um einen Schutz der Mitbewerber des Beklagten davor, daß dieser die Farben Rot, Weiß und Grün bei der Bezeichnung der von ihm erzeugten und vertriebenen Salami in wettbewerbswidriger Weise verwendet. Dies ist aber geschehen, weil der Möglichkeit, daß angesprochene Interessenten in der Eile und Flüchtigkeit des Geschäftsverkehrs wegen der Bezeichnung "Ungarische Salami" in Verbindung mit den verwendeten Farben Rot, Weiß und Grün annehmen, die angebotene Ware stammte aus diesem bevorzugten Herkunftsland, durch die übrige Aufmachung der Verpackung nicht ausreichend entgegengewirkt wird. Die Verwendung solcher Schleifen wurde somit dem Beklagten mit Recht verboten. Dieses Verbot kann auch, wenn es vom Beklagten nicht beachtet werden sollte, nach den Vorschriften der Exekutionsordnung zwangsweise durchgesetzt werden. Die gegenteilige Behauptung der Revision entbehrt einer stichhältigen Begründung.
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