OGH 5Ob23/70

OGH5Ob23/705.5.1971

SZ 44/37

Normen

ABGB §833
Mietengesetz §7
Notariatszwangsgesetz §1
ABGB §833
Mietengesetz §7
Notariatszwangsgesetz §1

 

Spruch:

Auch dann, wenn der Mieter einen Miteigentumsanteil des Hauses erwirbt, in dem das Bestandobjekt liegt, besteht sein Mietvertrag weiter. Vereinbarungen der Miteigentümer über die Höhe des für das Bestandobjekt eines Miteigentümers zu zahlenden Mietzinses sind Mietzinsvereinbarungen iS des § 7 Abs 1 MG; sie sind daher bei der Prüfung der Frage, ob die Vereinbarung über einen erhöhten Mietzins von mehr als zwei Drittel der Mieter geschlossen wurde, zu berücksichtigen Berechnung der Zweidrittelmehrheit nach § 7 Abs 1 MG

Eine Vereinbarung zwischen Ehegatten über die Erhöhung des Mietzinses nach § 7 Abs 1 MG bedarf nicht der Form des Notariatsakts

OGH 5. 5. 1971, 5 Ob 23/70 (LGZ Wien 41 R 474/69; BG Hietzing 5 Msch 46/69)

Text

Der Antragsteller ist Mieter einer der drei Wohnungen des Hauses in W, P-gasse 2. Die zweite Wohnung dieses Hauses ist an Rudolf B vermietet. Die Antragsgegner, nämlich die Ehegatten Friedrich und Josefine K, sowie deren Tochter Gertrude, verehelichte L, erwarben im Jahre 1956 zu je einem Drittel das Haus und sind seither in diesem Verhältnis Miteigentümer. Bereits im Jahre 1954 mietete Friedrich K vom damaligen Eigentümer des Hauses die dritte Wohnung und bewohnt sie seither mit seiner Gattin. Am 26. 6. 1969 kam es zwischen den Antragsgegnern und Rudolf B zu einer Vereinbarung nach § 7 Abs 1 MG, wonach zur Deckung des Fehlbetrages für unbedingt notwendige Reparaturarbeiten ab 1. 7. 1969 für die Dauer von zehn Jahren ein erhöhter Mietzins von S 9.- pro Friedenskrone verrechnet werden könne. Als die Vermieter den erhöhten Mietzins ab 1. 8. 1969 auch dem Antragsteller vorschrieben, beantragte dieser bei der Schlichtungsstelle die Feststellung, daß durch dieses Begehren das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden sei.

Die Schlichtungsstelle entschied iS des Antrages des Mieters.

Mit dieser Entscheidung gaben sich die Vermieter nicht zufrieden und machten die Sache bei Gericht anhängig.

Das Erstgericht erkannte im gleichen Sinne wie die Schlichtungsstelle.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem Gericht die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens auf. Zugleich sprach das Rekursgericht aus, daß über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sei.

Das Rekursgericht war der Auffassung, daß Friedrich K nach wie vor Mieter der von ihm im Jahre 1954 gemieteten Wohnung sei, weil gemäß § 1445 ABGB ein Recht nur dann erlösche, wenn es mit der Verbindlichkeit zur Gänze vereint werde. Durch den Erwerb eines Miteigentumsanteils eines Hauses sei daher das Mietrecht des Friedrich K nicht erloschen. Als Mieter seiner Wohnung sei aber Friedrich K bei der Beurteilung der erforderlichen Zweidrittelmehrheit iS des § 7 Abs 1 MG zu berücksichtigen. Es sei jedoch noch zu prüfen, ob der Antragsteller durch die Vereinbarung v 26. 6. 1969 zwischen den Vermietern und Rudolf B benachteiligt worden sei, welche Prüfung das Erstgericht auf Grund einer abweichenden Rechtsansicht unterlassen habe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Antragstellers gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurswerber räumt ein, daß der Miteigentümer eines Hause Teile hievon in Bestand nehmen könne; er meint aber, daß es sich hiebei nur um ein "Quasi-Mietverhältnis" handle, das sich seiner inneren Struktur nach als Benützungsregelung darstelle.

Diese Auffassung widerspricht der herrschenden Lehre und der jüngeren einhelligen Rechtsprechung, von der abzugehen kein Grund besteht. Es liegt ein Bestandvertrag vor, wenn die Gesamtheit der Miteigentümer einem oder mehreren von ihnen den ausschließlichen Gebrauch von Teilen der gemeinsamen Sache gegen Zahlung eines Entgelts in die Ertragsmasse überläßt (vgl Klang[2] V 35 und die ebendort in FN 2 angeführte Literatur und Rechtsprechung, sowie Klang; III 1092 und ebendort FN 3). Aus § 1120 ABGB ergibt sich, daß der Erwerber des Bestandstücks mit dessen Übergabe in bestehende Mietverhältnisse eintritt (Klang[2] V 130 und die dort in FN 29 zitierte Lehre und Rechtsprechung, ferner MietSlg 15.119 ua). Es entspricht daher auch die Auffassung, daß der Mieter, der nur einen Miteigentumsanteil des Hauses erwirbt, trotz seiner Eigenschaft als Miteigentümer des Bestandobjekts auch dessen Mieter bleibt, dem Gesetz, zumal ein vernünftiger Grund für die Annahme fehlt, daß der bisherige Mieter mit dem Erwerb des Miteigentumsanteils seine unter Umständen unkundbaren Benützungsrechte aufzugeben und sich wegen der weiteren Benützung der nunmehr gemeinsamen Sache einer erst abzuschließenden Vereinbarung mit den übrigen Miteigentümern (Benützungsregelung iS des § 828 ABGB) zu unterwerfen bereit sein sollte. Es kann daher nicht ohne weiteres von einer "stärkeren Rechtsstellung" des Miteigentümers gesprochen werden, die jene des bisherigen Mieters in sich begreife. Vielmehr wird dadurch, daß ein Bestandnehmer von seinem Vermieter einen Miteigentumsanteil des Bestandobjekts erwirbt, das Bestandverhältnis nur insoweit betroffen, als nunmehr auf der Seite der Vermieter die Gesamtheit der Miteigentümer aufscheint, die insoweit eine Person vorstellen (ebenso MietSlg 4903, 19.161). Läßt man aber gelten, daß das Bestandverhältnis des Mieters fortbesteht, wenn dieser einen Miteigentumsanteil des Hauses erworben hat, dann stellen sich auch Vereinbarungen zwischen den Miteigentümern über die Höhe des für das Bestandobjekt eines Miteigentümers zu entrichtenden Mietzinses als Mietzinsvereinbarungen dar.

§ 7 Abs 1 MG idF des MRÄG BGBl 1967/281 sieht nun zur Deckung des Fehlbetrages, der sich aus dem Mehrbetrag der zur ordnungsgemäßen Erhaltung des Hauses erforderlichen Auslagen gegenüber dem für diesen Erhaltungsaufwand zu verrechnenden Betrag ergibt, eine Vereinbarung der Mieter mit dem Hauseigentümer vor, die alle Mieter bindet, wenn sie von einer Zweidrittelmehrheit der Mieter abgeschlossen wurde. Nach dem Erkenntnis des VfGH vom 3. 3. 1971, G 11/70 bestehen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift. Da nun nach den vorstehenden Ausführungen grundsätzlich Vereinbarungen der Miteigentümer über die Höhe des für das Bestandobjekt eines Miteigentümers zu entrichtenden Mietzinses als Mietzinsvereinbarungen anzusehen sind, eine solche Vereinbarung aber auch die Erhöhung des Mietzinses zur Deckung des Fehlbetrages für unbedingt notwendige Erhaltungsauslagen des gemeinsamen Hauses zum Gegenstand haben kann, ist die in einem solchen Fall zwischen den Miteigentümern abgeschlossene Vereinbarung über die Erhöhung des von einem Miteigentümer für seinen Bestandgegenstand zu entrichtenden Mietzinses bei der Prüfung der Frage, ob die Vereinbarung von zwei Dritteln der Mieter abgeschlossen wurde, zu berücksichtigen. Zum gleichen Ergebnis gelangen auch Limbek-Ruttar, Mietengesetz 32.

Bei der Feststellung dieser Zweidrittelmehrheit kommt es nur auf die Zahl der im Zeitpunkt der Vereinbarung tatsächlich vorhandenen Mieter an, wobei allerdings jedem vermieteten Objekt nur eine Stimme zukommt, auch wenn dieses von mehreren Mitmietern in Bestand genommen ist. Ob darüber hinaus noch weitere vermietbare Bestandobjekte vorhanden sind, spielt dabei ebensowenig eine Rolle wie der Jahresmietwert der einzelnen Bestandgegenstände. Hierfür gelten die gleichen Überlegungen, wie sie in SZ 36/145 = MietSlg 15.165/41 ausführlich dargelegt wurden, und von denen abzugehen kein Grund besteht. Wenngleich die zuletzt genannte Entscheidung die Frage der Legitimation zur Stellung eines Antrages nach § 7 Abs 1 MG idF vor dem MRÄG betraf, handelt es sich hier doch um ebendasselbe Problem.

Soweit schließlich der Rekurswerber meint, daß die Vereinbarung der Antragsgegner über die Erhöhung des Mietzinses, insoweit darin auch eine Vereinbarung zwischen dem Mieter Friedrich K und der Gesamtheit der Vermieter zu erblicken sei, zu ihrer Gültigkeit gemäß § 1 NZwG eines Notariatsakts bedurft hätte, weil es sich um ein Schuldbekenntnis zwischen Ehegatten handelte, kann dieser Auffassung gleichfalls nicht gefolgt werden. Es wurde bereits ausgesprochen, daß Mietverträge zwischen Ehegatten nicht der Form eines Notariatsakts bedürfen (EvBl 1959/263). Es besteht daher auch kein Grund, für die Gültigkeit einer Vereinbarung zwischen Ehegatten über die Erhöhung des Mietzinses iS des § 7 Abs 1 MG die Form eines Notariatsakts zu verlangen.

Daß unter Zugrundelegung dieser vom Rekursgericht zutreffend erkannten Rechtslage die Sache noch nicht spruchreif ist, wird vom Rekurswerber nicht in Abrede gestellt.

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