OGH 5Ob296/70

OGH5Ob296/7024.2.1971

SZ 44/19

Normen

AnfO §2
AnfO §3
AnfO §6
AnfO §9
AnfO §2
AnfO §3
AnfO §6
AnfO §9

 

Spruch:

Die Verbücherung des Eigentumserwerbes an einer Liegenschaft kann auch unabhängig von der Anfechtbarkeit des Grundgeschäftes angefochten werden. Die Anfechtungsfrist läuft in diesem Fall ab der Verbücherung, nicht ab dem Abschluß des Grundgeschäftes oder dessen Genehmigung durch die Grundverkehrskommission

Die Anfechtung kann immer nur mit Leistungsklage geltend gemacht werden; Feststellungs- und Rechtsgestaltungsklagen sind unzulässig

OGH 24. 2. 1971, 5 Ob 296/70 (OLG Graz 5 R 92/70; LGZ Graz 15 Cg 333/69)

Text

Mit Übergabsvertrag v 28. 9. 1965 übergab Franz S den Beklagten seine Liegenschaften EZ X und EZ Y im Ausmaß von 7 ha 76 ar. In diesem Vertrag wurde festgestellt, daß er zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung durch die Grundverkehrskommission bedürfe. Diese wurde am 21. 1. 1966 erteilt. Am 19. 6. 1967 wurde der Vertrag grundbücherlich durchgeführt.

Am 18. 1. 1968 gab die Klägerin den beiden Beklagten gerichtlich bekannt, daß sie den mit Franz S abgeschlossenen und am 19. 6. 1967 grundbücherlich durchgeführten Übergabsvertrag nach Vollstreckbarkeit des Urteiles des ArbG Leibnitz Cr 29/65 nach den Bestimmungen der AnfO anfechten werde. In diesem Arbeitsgerichtsverfahren hatte die Klägerin Ansprüche gegen Franz S für getätigte Einkäufe und geleistete Arbeiten geltend gemacht. Ihrem Begehren wurde hinsichtlich eines Betrages von S 23.750.- stattgegeben. Das Urteil des OGH über dieses Begehren wurde am 2. 8. 1969 zugestellt.

In der am 4. 11. 1969 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin, die Beklagten schuldig zu erkennen, zu gestatten, daß die Klägerin zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung und Zwangsversteigerung auf die den Beklagten je zur Hälfte eigentümlichen Liegenschaften EZ X und EZ Y führe; sie begehrt weiter die Feststellung, daß die zugunsten der beiden Beklagten ob diesen Liegenschaften bestehenden Eigentumseinverleibungen gegenüber der Klägerin unwirksam seien. Die Klägerin stützt ihr Begehren auf die Anfechtungstatbestände nach § 2 Z 3 und § 3 Z 1 AnfO.

Die Beklagten behaupten insbesondere, daß nach dem Willen der Vertragspartner die Übergabe und Übernahme der Liegenschaften in das Eigentum der Beklagten unmittelbar mit Vertragsabschluß, also am 28. 9. 1965, erfolgt sei. Damit habe auch die zweijährige Frist für die Anfechtung dieses Vertrages zu laufen begonnen, so daß die Klage verspätet sei. Überdies wird das Vorliegen der behaupteten Anfechtungstatbestände bestritten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil nach dem Willen der Parteien die Übergabe der Liegenschaften bereits mit Unterfertigung des Vertrages am 28. 9. 1965 erfolgt und daher die zweijährige Frist zur Anfechtung des Vertrages, die von diesem Zeitpunkt an zu laufen begonnen habe, nicht gewahrt worden sei.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es vertrat die Auffassung, daß die Anfechtungsfrist nicht mit dem Abschluß, sondern erst mit der Verbücherung des Übergabsvertrages zu laufen begonnen habe und daher durch die am 18. 1. 1968 erfolgte gerichtliche Bekanntgabe der Anfechtungsabsicht gewährt sei. Es sei daher zu prüfen, ob die behaupteten Anfechtungstatbestände vorlägen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Für die Anfechtung des am 28. 9. 1965 abgeschlossenen Übergabsvertrages war allerdings die zweijährige Anfechtungsfrist nach §§ 2 und 3 AnfO schon abgelaufen, als die Klägerin am 18. 1. 1968 ihre Anfechtungsabsicht bekanntgab. Daß der Übergabsvertrag zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung durch die Grundverkehrskommission bedurfte, schob zwar seine endgültige Rechtswirksamkeit hinaus. Ein Vertrag, der von einer Grundverkehrskommission genehmigt werden muß, ist nämlich nach nunmehr ständiger Rechtsprechung aufschiebend bedingt. Er ist aber für die Parteien nicht bedeutungslos; diese sind vielmehr daran gebunden, bis die Genehmigung endgültig versagt ist (EvBl 1969/287; NZ 1968, 93; JBl 1966, 374; EvBl 1961/245; EvBl 1958/30; 4 Ob 519/68 ua). Erst wenn die Genehmigung versagt wird, ist die Vereinbarung rechtlich nicht zustande gekommen. Wird dagegen die Genehmigung erteilt, so ist die Veräußerung voll rechtswirksam und endgültig. Anfechtbar ist aber eine Rechtshandlung, die "vorgenommen" wurde (§§ 2, 3 AnfO, ebenso §§ 28, 29 KO), dies ist die rechtsgeschäftliche Bindung der Parteien und nicht der Eintritt der für das endgültige Zustandekommen gesetzten Bedingung, die auch vom Willen der Vertragsparteien unabhängig sein und nicht als eine von den Vertragsparteien "vorgenommene" Handlung angesehen werden kann. Wollte man die Anfechtbarkeit erst ab Eintritt der Bedingung annehmen, könnten bedingte Verträge im Konkurs dann nicht angefochten werden, wenn die Bedingung zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht eingetreten war, weil zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob das Rechtsgeschäft endgültig wirksam wird, aber anderseits nach §§ 28, 29 KO nur Rechtshandlungen angefochten werden können, die vor der Konkurseröffnung vorgenommen wurden (Bartsch - Pollak, KO I 165). Anderseits können aber auch bedingte Forderungen die Rechte der Konkursgläubiger berühren (vgl § 16 KO).

Im vorliegenden Fall begehrt die Klägerin die Duldung der Exekution in die den Beklagten bücherlich übertragenen Liegenschaften und überdies die Feststellung, daß die zu deren Gunsten bestehenden Eigentumseinverleibungen ihr gegenüber unwirksam seien. Daraus ist zunächst eindeutig ersichtlich, daß die Klägerin nicht den Abschluß des Übergabsvertrages an sich, sondern die auf Grund dieses Vertrages erfolgten bücherlichen Eigentumsübertragungen an die Beklagten anficht. Die selbständige Anfechtung einer Eigentumsübertragung ist aber auch dann zulässig, wenn die Anfechtung des Grundgeschäftes nicht oder nicht mehr möglich ist. In SZ 8/81 wurde allerdings ausgesprochen, daß für die Berechnung der Anfechtungsfrist der Tag des Vertragsabschlusses und nicht jener seiner Genehmigung durch die Grundverkehrskommission oder seiner Verbücherung maßgeblich sei, "zumal den Gegenstand der Anfechtung nach dem Klagebegehren nur der Kaufvertrag, nicht aber seine bücherliche Durchführung bildet". Der dort entschiedene Fall ist daher vom vorliegenden schon durch den Gegenstand der Anfechtung verschieden, so daß aus der Begründung dieser Entscheidung für den vorliegenden Fall nichts abgeleitet werden kann. In SZ 8/225 wurde die Ansicht vertreten, daß bei der Bestellung und Verbücherung eines Pfandrechtes die Anfechtungsfrist erst vom Tag der Verbücherung zu rechnen sei, weil die Bestellung des Pfandrechtes erst durch die Einverleibung eine praktische und für Gläubiger nachteilige Wirkung äußere und die rechtsgeschäftliche Verfügung nicht in zwei gesonderte Akte, nämlich die Bestellung des Pfandrechtes als Verpflichtungsgeschäft und dessen Einverleibung als Erfüllungsgeschäft, zerlegt werden dürfe; den anfechtbaren Tatbestand bilde daher die Gesamtheit der Handlungen, die zur Einverleibung des Pfandrechtes führten. Dagegen wird im Schrifttum (Lehmann, Komm z KO und AO 241; Bartsch - Pollak I 160 f, 166; Jaeger, Komm z KO[8], 417 f, 504 f) der Standpunkt vertreten, daß Grundgeschäft und Erfüllungsgeschäft gesondert und jedes für sich angefochten werden können; bei Bartsch - Pollak (aaO) wird allerdings auch die Möglichkeit offen gelassen, daß diese Geschäfte als Gesamtheit angefochten werden. In SZ 10/35 wurde darauf verwiesen, daß als anfechtbare Rechtshandlungen nach §§ 1 und 2 AnfO nicht nur Rechtshandlungen in Betracht kommen, durch die eine vermögensrechtliche Verpflichtung eingegangen, also das Vermögen des Schuldners vermindert wird, sondern auch Verfügungen, die zur Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten getroffen werden, durch die aber die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger vereitelt oder erschwert wird. In diesem Zusammenhang wird vor allem auf § 6 AnfO verwiesen, wonach die Anfechtung nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß für die anzufechtende Handlung ein Exekutionstitel vorliegt oder daß sie durch Exekution bewirkt wurde. Daraus müsse gefolgert werden, daß auch Rechtshandlungen anfechtbar seien, die in Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen vorgenommen wurden. Als Rechtshandlungen, durch welche die prozessuale Situation des Gläubigers hinsichtlich der Einbringlichkeit seiner Forderung verschlechtert werden kann, komme namentlich die Ausstellung einer Urkunde über einen mündlichen Vertrag oder dessen Verbücherung in Betracht. Die Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit dieser Rechtshandlungen seien nach dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem sie gesetzt wurden. Die benachteiligende Handlung müsse nicht der Schlußakt einer planmäßig angelegten, schon mit Vertragsabschluß begonnenen Gläubigerbenachteiligung sein. Es genüge daher, wenn die Benachteiligungsabsicht zur Zeit der Verbücherung des Vertrages gegeben war, um diese anfechtbar erscheinen zu lassen. In der Entscheidung RZ 1964. 221 wird allerdings ausgesprochen, daß für die Anfechtbarkeit die Benachteiligungsabsicht des Schuldners zu dem Zeitpunkt gegeben sein müsse, in dem er die ihm nach dem Rechtsgeschäft obliegende Tätigkeit in verbindlicher Weise zum Abschluß brachte, der andere Teil also ein unentziehbares Recht erworben habe. Bei einer bücherlichen Eintragung genüge daher nicht die Benachteiligungsabsicht in dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgte; maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. In SZ 38/210 wird diese Frage ausdrücklich offen gelassen, aber betont, daß auch die Errichtung einer verbücherungsfähigen Urkunde nach einem vorausgegangenen verbindlichen mündlichen Vertragsabschluß angefochten werden könne.

Mit Rücksicht auf § 6 AnfO ist der in SZ 10/35 und im angeführten Schrifttum vertretenen Auffassung zu folgen, wonach die Verbücherung eines Vertrages über eine Liegenschaft unabhängig von der Anfechtbarkeit des Vertrages selbständig angefochten werden kann und dafür die Verhältnisse zu der Zeit maßgeblich sind, zu der die Verbücherung vorgenommen wurde. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, daß die Verbücherung des Eigentums der Beklagten fristgerecht angefochten wurde, weil sie innerhalb der letzten zwei Jahre vor der gemäß § 9 AnfO vorgenommenen Mitteilung der Klägerin, daß sie den abgeschlossenen und grundbücherlich durchgeführten Übergabsvertrag anfechten werde, erfolgte. Da die Klägerin in dieser Mitteilung ausdrücklich die Anfechtung des "grundbücherlich durchgeführten" Vertrages ankundigte, war damit die nun vorgenommene Anfechtung der Verbücherung des Eigentumsrechtes der Beklagten, die auf Grund dieses Vertrages erfolgte, gedeckt.

Der Hinweis des Rekurses auf Art II des Bundesgesetzes vom 9. 6. 1968 BGBl 240, womit § 9 AnfO geändert wurde, zum Nachweis dafür, daß die Anfechtungsfrist von der Klägerin versäumt worden sei, ist verfehlt. Die Anfechtungsfrist war nämlich zur Zeit der Mitteilung der Anfechtungsabsicht noch nicht abgelaufen und die Forderung der Klägerin am 1. 7. 1968 noch nicht vollstreckbar, da die oberstgerichtliche Entscheidung über ihr Begehren im Arbeitsgerichtsverfahren erst am 2. 8. 1969 zugestellt wurde. Nach der angeführten Bestimmung ist die Wahrung der Anfechtungsfrist bereits nach den neuen Bestimmungen zu beurteilen, ohne daß es einer neuerlichen Mitteilung der Anfechtungsabsicht bedarf. Da die Klägerin innerhalb von sechs Monaten ab Vollstreckbarkeit ihrer Forderung, nämlich bereits am 4. 11. 1969. die Anfechtungsklage einbrachte, hatte die am 18. 1. 1968 gerichtlich bekanntgegebene Absicht der Anfechtung die Wirkung, daß die Frist zur Anfechtung gewahrt blieb.

Das Erstgericht hat daher zu Unrecht das Klagebegehren wegen Versäumung der Anfechtungsfrist abgewiesen; vielmehr ist die Ansicht des Berufungsgerichtes richtig, daß es noch einer Prüfung der von der Klägerin behaupteten Anfechtungstatbestände bedarf.

Das Erstgericht wird allerdings auch noch zu klären haben, ob die Klägerin, die auch festgestellt haben will, daß die zugunsten der beiden Beklagten ob den angeführten Liegenschaften bestehenden Eigentumseinverleibungen ihr gegenüber unwirksam seien, damit ein selbständiges Feststellungsbegehren stellen wollte. Sollte sie ein solches Begehren beabsichtigt haben, ist darauf zu verweisen, daß es ohne weiteres abzuweisen wäre, weil die Anfechtung immer nur durch Leistungsklage geltend zu machen ist und eine Feststellungs- oder Rechtsgestaltungsklage zu ihrer Geltendmachung unzulässig ist (§ 12 AnfO; SZ 32/56; SZ 27/12; SZ 11/262; SZ 10/6 ua). Andernfalls wäre der auf Feststellung lautende Teil bei der Fassung des Spruches zu eliminieren.

Da die Rechtssache aus den angeführten Gründen noch nicht spruchreif ist, wurde die Entscheidung des Erstgerichtes mit Recht aufgehoben.

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