OGH 2Ob329/70

OGH2Ob329/7010.12.1970

SZ 43/230

Normen

ABGB §92
ABGB §1295
ABGB §1327
ABGB §92
ABGB §1295
ABGB §1327

 

Spruch:

Das Freiwerden der Arbeitskraft der Witwe durch den Wegfall der häuslichen Pflichten gegenüber dem getöteten Ehemann ist kein anrechenbarer Vorteil. Ein entsprechender Abzug vom Betriebsgewinn wegen Mittätigkeit der Ehefrau im Betrieb ihres Mannes ist nur insoweit vorzunehmen, als diese Tätigkeit über den Rahmen der Beistandspflicht hinausgegangen ist

OGH 10. Dezember 1970, 2 Ob 329/70 (OLG Linz 5 R 69/70; KG Wels 2 Cg 62/69)

Text

Am 4. Juni 1961 stieß der von Friedrich H, dem Gatten der Erstklägerin und Vater der anderen Kläger gelenkte und gehaltene PKW mit einem von Franz K gelenkten und von dessen Vater Karl K gehaltenen PKW zusammen. Hiebei wurden Friedrich H sowie Franz und Karl K getötet.

Die Kläger begehrten den Ersatz ihres Unterhaltsentganges für die Zeit vom 1. Juli 1961 bis 31. Mai 1964 (also für 35 Monate) u zw die Erstklägerin einen Betrag von 105.000 S (monatlich je 3000 S), der Zweitkläger und die Drittklägerin je 52.500 S (monatlich je 1500 S) und außerdem die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für künftigen Schaden.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung.

Auf Grund der im ersten Rechtsgang erflossenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 23. Juni 1967 steht die Haftung der beiden Beklagten für den ganzen Schaden der Kläger fest.

Im zweiten Rechtsgang wendeten die Beklagten Verjährung des Leistungsbegehrens der Kläger wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens ein.

Das Erstgericht sprach mit Endurteil der Erstklägerin 64.399 S sA, dem Zweitkläger 35.802 S sA und der Drittklägerin 25.302 S sA zu, wogegen das Mehrbegehren abgewiesen wurde.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Zum Unterhaltsentgang der Erstklägerin ist folgendes festzuhalten:

Nach den Feststellungen der Untergerichte arbeitete die Erstklägerin seit 1949 im Unternehmen ihres Mannes mit, wobei sie die anfallenden Büroarbeiten und den Schriftverkehr erledigte sowie die Fakturen erstellte. Sie erhielt für ihre Mitarbeit kein Entgelt. Ihr Gatte leistete ihr einen monatlichen Unterhalt von mindestens 3000 S.

Die Revisionswerber rügen, daß der Ertrag der Arbeitsleistung der Erstklägerin vor dem Tode ihres Gatten nicht berücksichtigt worden sei. Ohne die Mitarbeit der Erstklägerin hätte an ihrer Stelle eine Ersatzkraft angestellt werden müssen, wodurch der Ertrag des Unternehmens geschmälert worden wäre. Dann aber hätte Friedrich H seiner Gattin nicht einen Unterhalt von monatlich 3000 S leisten können.

Die Untergerichte haben aber zutreffend erwogen, daß die Mitarbeit der Erstklägerin im Rahmen ihrer gesetzlichen Beistandspflicht als Ehefrau erfolgte (§ 92 ABGB) und daher keinen Einfluß auf die Berechnung ihres damaligen Unterhalts und des Unterhaltsentganges habe. Die eheliche Beistandspflicht darf nämlich nicht dahin ausgelegt werden, daß sich die Gattin ihren Unterhalt solcherart zumindest teilweise selbst verdient habe und sich daher einen entsprechenden Abzug gefallen lassen müsse. Das Freiwerden der Arbeitskraft der Witwe durch den Wegfall der häuslichen Pflichten gegenüber dem getöteten Ehemann ist kein anrechenbarer Vorteil. Die gegenteilige Auffassung würde dem Wesen der Ehe nicht gerecht werden (Geigel, Haftpflichtprozeß [14], 9, 39, 40). Der in den Entscheidungen ZVR 1957/60 und 6 Ob 161/66 vertretenen Ansicht, es sei wegen der Mittätigkeit der Ehefrau im Betrieb ihres Mannes ein entsprechender Abzug vom Betriebsgewinn vorzunehmen, kann daher nur insoweit gefolgt werden, als diese Mitarbeit über den Rahmen der Beistandspflicht hinausgegangen ist. Es wurde auch stets ein Entlohnungsanspruch der dem Gatten im Haushalt und Erwerb beistehenden Ehegattin abgelehnt (SZ 6/164 ua).

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