Spruch:
Zulässigkeit eines bedingten Anerkenntnisses
OGH 12. Mai 1970, 4 Ob 535/70 (LGZ Wien 45 R 674/69; BG Purkersdorf C 174/68 )
Text
Der Kläger begehrt die Bezahlung eines Betrages von 3324.71 S samt 4% Zinsen seit 19. September 1968 und Prozeßkostenersatz und machte geltend, er habe den Beklagten rechtsfreundlich vertreten und folgende Leistungen für ihn erbracht:
Er habe mit dem Beklagten am 24. April, 17. Mai, 19. Juni und 30. Juli 1968 (oder einige Tage vorher) konferiert und für ihn die Schreiben vom 24. April, 17. Mai, 19. Juni und 30. Juli 1968 abgefaßt. Am 7. Mai 1968 habe er den Entwurf eines Vertrages für den Beklagten verfaßt, womit dieser gegen eine Abfindung von 75.000 S auf ein ihm eingeräumtes Wohnungsrecht verzichten sollte.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, er habe dem Kläger keine Vollmacht erteilt. Sämtliche Besprechungen mit dem Kläger habe seine Gattin Liliane P durchgeführt. Zu einem Vertragsabschluß sei es nicht gekommen.
Das Erstgericht hat den Beklagten zur Bezahlung eines Beträges von 2377.32 S samt 4% Zinsen seit 19. September 1968 schuldig erkannt und das Mehrbegehren von 947.39 S samt 4% Zinsen seit dem 19. September 1968 abgewiesen. Weiter hat es den Beklagten zur Bezahlung des mit 1415.03 S bestimmten Teiles der Prozeßkosten des Klägers verpflichtet.
Das Berufungsgericht verurteilte den Beklagten zur Bezahlung von 2625.39 S samt 4% Zinsen seit 19. September 1968 und zum Ersatz der gesamten Prozeßkosten von 4245.11 S, wies aber ein Mehrbegehren von 699.32 S ab.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrage, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Kläger der volle Betrag von 3324.71 S s A zugesprochen werde.
Die Revision des Beklagten hatte Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Strittig ist nur mehr, ob dem Kläger für die Verfassung eines Vertragsentwurfes der von ihm begehrte Betrag von 1715 S als angemessenes Entgelt gebührt oder ob dieses, wie die Untergerichte übereinstimmend annahmen, nur 1000 S betrage.
Vorauszuschicken ist, daß die Revision - entgegen der Auffassung des Beklagten - zulässig ist, mögen auch beide Vorinstanzen übereinstimmend das Begehren auf Zahlung des jetzt nur mehr strittigen Betrages von 699.32 S für Vertragserrichtung abgewiesen haben. Für die Zulässigkeit der Revision ist nicht der Wert des Revisionsgegenstandes maßgebend, sondern jener des gesamten Streitgegenstandes, auf den sich das Urteil des Berufungsgerichtes erstreckte (SZ 24/335 = Jud 56). Das Berufungsgericht entschied über einen Betrag von 947.39 S s A. Hievon sprach es dem Kläger den Betrag von 248.07 S zu und wies das Mehrbegehren von 699.32 S ab. Da eine vollständige Bestätigung des Urteils des Erstgerichts durch das Berufungsgericht demnach nicht vorliegt, ist die Revision zulässig.
Der Kläger machte schon in der Berufung geltend, daß das Erstgericht seinen Honoraranspruch der Höhe nach nicht mehr zu überprüfen hatte, weil der Beklagte in der Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober 1968 folgendes erklärte: "Die Höhe der geltend gemachten Forderung werde nicht bestritten, es sei jedoch zu berücksichtigen, daß er an der Konferenz vom 30. Juli 1968 nicht teilgenommen habe, wenn seine Gattin teilgenommen habe, sei auch dieser Betrag gerechtfertigt." Das Berufungsgericht hielt diesen Einwand nicht für wesentlich. Es führte dazu aus, daß in der Erklärung des Beklagten, die Forderung des Klägers nicht zu bestreiten ein Anerkenntnis des Anspruchs des Klägers schon deshalb nicht erblickt werden könne, weil der Beklagte die Abweisung des Klagebegehrens beanträgt habe. In einer solchen Erklärung könnte lediglich ein Tatsachengeständnis i S des § 266 ZPO gelegen sein. Ein solches Geständnis könne sich jedoch nur auf Tatsachen oder auf einen einem Recht oder einem Rechtsverhältnis zugrundeliegenden Tatsachenkomplex beziehen. Ein solches Geständnis bleibe jedoch schon dann wirkungslos, wenn es mit offenkundigen oder sonst dem Gericht bekannt gewordenen Umständen in Widerspruch stehe.
In der Revision bekämpft der Kläger diese Rechtsansicht. Die Untergerichte hätten ihm seinen Honoraranspruch, dessen Höhe gar nicht bestritten gewesen sei, im vollen Umfang zuerkennen müssen.
Hiezu ist folgendes zu sagen.
Die Erklärung des Beklagten in der Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober 1968, die Höhe der geltend gemachten Forderung nicht zu bestreiten, hat hier dieselbe Bedeutung wie die besonders in Schadenersatzprozessen überaus häufige Außerstreitstellung des Anspruches der Höhe nach. Dies kann verschiedenes bedeuten. Werden damit bestimmte Tatsachenbehauptungen des Klägers als richtig zugegeben, dann liegt ein prozessuales Geständnis i S des § 266 ZPO vor. In einem solchen Fall entfällt die Beweisbedürftigkeit der zugestandenen Tatsache. Im vorliegenden Falle kann der Anerkennung des Honoraranspruchs des Klägers der Höhe nach durch den Beklagten nicht die Bedeutung eines Tatsachengeständnisses nach § 266 ZPO zuerkannt werden, wie auch das Berufungsgericht richtig erkannte. Denn für die Errichtung eines Vertrages von einem Rechtsanwalt gebührt mangels Vereinbarung und mangels Regelung im Rechtsanwaltstarif ein angemessenes Entgelt (Klang[2] IV/1 803 bei Anm 8, SZ 25/33). Was angemessen ist, ist aber vorwiegend Rechtsfrage, nicht Tatfrage und nicht Gegenstand eines Tatsachengeständnisses. Auch eine Anerkennung i S des § 395 ZPO liegt nicht vor, weil der Grund des Anspruchs bestritten wurde. Trotzdem ist die Erklärung des Beklagten im Prozeß, die Höhe der geltend gemachten Forderung nicht zu bestreiten, nicht bedeutungslos, weil vom prozessualen Anerkenntnis die privatrechtliche Anerkennung zu unterscheiden ist und letztere gemäß dem das Zivilrecht beherrschenden Grundsatz der Vertragsfreiheit auch unter einer Bedingung möglich ist (Pollak, System[2], 406, Fasching, III 606; vgl auch Ehrenzweig[1] I/1 343). Im vorliegenden Fall stand zunächst die Beantwortung der Frage im Vordergrund, ob der Beklagte überhaupt Leistungen des Klägers in Anspruch genommen hat, ob er also dessen Vertragspartner bei dem dem Kläger erteilten Mandat gewesen ist. Wenn nun aus dem Mandat ein Honoraranspruch abgeleitet wird und der Beklagte im Prozeß dem Kläger erklärt, den geforderten Betrag zuschulden, falls ein Mandatsverhältnis bestehen sollte, so liegt darin die privatrechtliche Anerkennung der Forderung, bedingt durch die gerichtliche Feststellung des Zustandekommens des Anspruchs dem Gründe nach. Eine solche im Prozeß getroffene privatrechtliche Vereinbarung ist vom Gericht zu beachten und hindert dieses, die Höhe des Anspruchs selbständig zu prüfen.
Dem Kläger war daher, da der Grund des Anspruchs feststeht, der für die Vertragsrichtung geforderte Betrag von 1715 S im vollen Umfang zuzusprechen.
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