Spruch:
Zur Zulässigkeit eines Amtsrekurses, betreffend die Übertragung der Zuständigkeit zur Führung einer Pflegschaftssache an ein anderes Gericht nach § 111 Abs 1 und 2 JN
OGH 24. Februar 1970, 8 Ob 43/70 (OLG Linz 3 Nc 20/70)
Text
Die am 15. Mai 1888 geborene Vergine P wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 18. Februar 1969, wegen Geistesschwäche voll entmundigt. Mit Beschluß vom 9. Mai 1969 sprach das Bezirksgericht Eferding seine Unzuständigkeit zur Führung der Pflegschaft über Vergine P aus und überwies die Sache dem zuständigen Bezirksgericht Linz. Das Bezirksgericht Linz übertrug hierauf mit Beschluß vom 23. November 1969 seine Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Eferding, weil sowohl die Kurandin als auch der Kurator ihren Wohnsitz in Eferding hätten. Das Bezirksgericht Eferding übernahm jedoch die Zuständigkeit zur Weiterführung der Pflegschaftssache nicht.
Das Oberlandesgericht Linz genehmigte mit dem angefochtenen Beschluß die Übertragung der Pflegschaft vom Bezirksgericht Linz an das Bezirksgericht Eferding, weil die Pflegebefohlene ständig im Altersheim L im Sprengel des Bezirksgerichtes Eferding untergebracht sei und auch der bestellte Kurator dort seinen Wohnsitz habe; der im Interesse der Pflegebefohlenen gelegene unmittelbare Verkehr mit dem Pflegschaftsgericht sei beim Bezirksgericht Eferding gewährleistet.
Der Oberste Gerichtshof wies den Amtsrekurs des Pflegschaftsrichters des BG Eferding zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rekurs wird vor allem damit begrundet, daß sich Vermögenswerte der Pflegebefohlenen in Wien befänden, diese im Altersheim L keinen Wohnsitz habe und auch iranische Staatsbürgerin sei.
Der Rekurs ist unzulässig.
Gemäß § 15 Abs 1 AußStrG kann der Richter erster Instanz gegen die Verfügung des Obergerichtes den Rekurs ergreifen, wenn er von der obergerichtlichen Verordnung für Personen, welche sich selbst zu vertreten unfähig sind, unwiederbringlichen Nachteil besorgt. Er ist aber nur dann zur Erhebung des Rekurses legitimiert, wenn er konkrete Umstände anführt, auf die er seine Besorgnis grundet und die auch objektiv einen unwiederbringlichen Nachteil für die erwähnte Person bewirken könnten (SZ 40/99). Die Rekurslegitimation fehlt hingegen, wenn die im Amtsrekurs geltend gemachten Umstände gar nicht die Eignung haben, einen unwiederbringlichen Nachteil für die Person zu bewirken, die sich selbst zu vertreten unfähig ist (RZ 1967, 107). Die Übertragung der Zuständigkeit zur Führung einer Pflegschaftssache an ein anderes Gericht nach § 111 Abs 1 und 2 JN kann, selbst wenn sie der wirksamen Handhabung, des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich nicht sei förderlich wäre, wie es die Bestimmung des § 111 Abs 1 JN fordert, niemals die Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Amtsrekurses nach § 15 AußStrG bilden (RZ 1962, 230); es kann nicht angenommen werden, daß der Pflegschaftsrichter des nunmehr zuständigen Gerichtes die ihm übertragenen pflegschaftsbehördlichen Aufgaben so erfüllen werde, daß daraus unwiederbringliche Nachteile für den Pflegebefohlenen zu besorgen wären. Umstände, die dies im Gegenstandsfall befürchten lassen müßten, bringt der Rekurs auch nicht vor. Er ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)