OGH 6Ob95/69

OGH6Ob95/6923.4.1969

SZ 42/62

Normen

Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §92 (1)
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §92 (1)

 

Spruch:

Noterben kommt bei Errichtung des Nachlaßinventars Beteiligtenstellung zu, auch wenn die Noterben selbst nicht Inventarerrichtung beantragt haben.

Entscheidung vom 23. April 1969, 6 Ob 95/69.

I. Instanz: Bezirksgericht Schwechat; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Erstgericht hat das Inventar mit einem Aktivstand von 80.100 S und einem Passivstand von 6174 S somit einem Reinnachlaß von 73.926 S zu Gericht angenommen.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der Noterben, die sich dagegen wendeten, daß der Anspruch auf Herausgabe eines näher bezeichneten Grundstreifens im Wert von 80.000 S in das Inventar aufgenommen wurde, als unzulässig zurück. Wenn Noterben auch dem Verlassenschaftsverfahren beizuziehen seien, könne ihnen ein Rekursrecht doch nur zugebilligt werden, wenn sie sich auch am Verfahren beteiligt hätten. Im gegebenen Falle treffe dies insofern nicht zu, als von den Rekurswerbern kein Antrag auf Errichtung eines Inventars gestellt worden sei. Gegen die Aufnahme des Herausgabeanspruches, der sich gegen sie richte, können sie sich auch nicht in ihrer Stellung als die angeblichen Schuldner wenden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Noterben nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Rekursgericht erkennt richtig, daß auch Noterben dem Abhandlungsverfahren beigezogen werden müssen, um ihnen Gelegenheit zu geben, die ihnen zustehenden Rechte auszuüben (NotZ. 1952 S. 126). Soweit es aber meint, daß sich im gegebenen Falle die Noterben wegen Unterlassung eines Antrages auf Errichtung des Inventars an dem Verfahren nicht beteiligt hätten und daher auch nicht berechtigt seien, Rechtsmittel zu erheben, kann ihm nicht beigepflichtet werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die erblasserische Witwe eine bedingte Erbserklärung abgegeben hat. Gemäß § 92 (1) AußStrG. mußte daher schon deswegen ein Inventar errichtet werden. In diesem Falle noch einen besonderen Antrag der Noterben auf Errichtung des Inventars und Vornahme der Schätzung zu verlangen, wäre ein überflüssiger Formalismus. Entscheidend ist, daß das Inventar errichtet werden mußte, daß dies auch geschehen ist und daß insbesondere die beiden Noterben bei der Inventur durch ihren Bevollmächtigten vertreten waren und auch ihre Einwendungen vorbrachten. Davon, daß sie sich am Abhandlungsverfahren nicht beteiligt hätten, kann daher keine Rede sein.

Dennoch ist das Rekursgericht zum richtigen Ergebnis gekommen. Voraussetzung eines Rechtsmittels ist eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers durch die angefochtene Entscheidung. Ein bloß akademisches Interesse an der Lösung einer Rechtsfrage durch das Rechtsmittelgericht genügt für sich allein noch nicht (NotZ. 1929 S. 238). Was nun die Stellung der Rechtsmittelwerber als Pflichtteilsberechtigte betrifft, vermögen sie ein rechtliches Interesse an der Ausscheidung des gegenständlichen Herausgabeanspruches aus dem Inventar nicht darzulegen. Müssen sie doch selbst zugeben, daß im allgemeinen das Interesse eines Pflichtteilsberechtigten durch Aufnahme von Vermögenswerten in das Inventar nicht beeinträchtigt werden kann. Soweit sie aber meinen, daß in ihrem Falle ein rechtliches Interesse insbesondere aus abgabenrechtlichen Gründen gegeben sei, ist dies nicht richtig, zumal sie, wenn sie der Auffassung sind, daß ihnen der Pflichtteil in den unter Bedachtnahme auf diese Werte ermittelten Ausmaß nicht zustehe, nicht verpflichtet sind, ihn in diesem Umfange in Anspruch zu nehmen. Auch diese angeblichen Nachteile aus abgabenrechtlichen Erwägungen können daher nicht überzeugen.

Was aber die Stellung der Rekurswerber als die Schuldner des angeblichen Herausgabeanspruches betrifft, versuchen sie selbst nicht, daraus ein Rechtsmittelinteresse abzuleiten, und sie könnten dies aus den schon vom Rekursgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung dargelegten Gründen auch gar nicht.

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