OGH 2Ob358/67

OGH2Ob358/673.3.1969

SZ 42/33

Normen

ZPO §509 (2)
ZPO §509 (2)

 

Spruch:

Für den bloßen Verlust der Möglichkeit des Gebrauches eines Kraftfahrzeuges während der Zeit der unfallsbedingten Reparatur gebührt kein Schadenersatz.

Entscheidung vom 3. März 1969, 2 Ob 358/67.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Kläger hat am 3. Mai 1966 in Wien-Hernals als Lenker seines Personenkraftwagens einen Unfall erlitten, als er mit dem vom Beklagten gelenkten Personenkraftwagen zusammenstieß. Der Kläger macht geltend, daß dieser Verkehrsunfall durch das verkehrswidrige Verhalten seines Prozeßgegners verschuldet worden sei. Nach dem letzten Stande des erstgerichtlichen Verfahrens begehrt er den Ersatz der Kosten der Reparatur des Fahrzeugs im Betrage von insgesamt 1492 S und den Betrag von 283 S an Nutzungsentfall; die Reparatur habe 4 Tage gedauert; ein Fremdfahrzeug habe der Kläger während dieses Zeitraumes nicht gemietet; ein Ersatzfahrzeug hätte pro Tag 96 S Grundgebühr und weitere 48 S an Kilometergeld gekostet (nämlich 40 km zu 1.20 S); die Hälfte dieser Beträge werde aus dem Titel des Nutzungsentganges geltend gemacht (96 S und 48 S ergeben zusammen 144 S; die Hälfte macht 72 S aus; viermal 72 S ergäben 288 S, begehrt wird aber nur der Betrag von 283 S aus diesem Titel).

Die beklagte Partei hat die Ansprüche dem Gründe nach bestritten;

der Höhe nach sind die Reparaturkosten nicht bestritten worden, wohl aber der Anspruch auf Nutzungsausfall auch der Höhe nach;

diesbezüglich hat der Beklagte vorgebracht, daß ein immaterieller Schade vorliege; ein derartiger Ersatzanspruch bestehe nicht; auch die Berechnung dieses Anspruchs durch den Kläger sei unrichtig. Ein gerichtliches Strafverfahren ist im Zusammenhange mit diesem Verkehrsunfall nicht eingeleitet worden.

Das Erstgericht hat den Beklagten zur Zahlung des Betrages von 1775 S s. A. an den Kläger verurteilt. Dem Kläger sei ein fahrtechnisch unrichtiges Verhalten nicht anzulasten; wohl aber treffe den Beklagten ein Verschulden; dieser hätte nämlich abwarten müssen, bis ihm die im Kreuzungsbereiche befindlichen Fahrzeuge freie Bahn gegeben hätten. Damit gebühre dem Kläger der Ersatz der - der Höhe nach nicht bestrittenen - Reparaturkosten. Was aber die Frage des Begehrens wegen Nutzungsentganges betreffe, so entfalle dieser Ersatzanspruch nicht deswegen, weil es der Kläger unterlassen habe, einen Ersatzwagen zu mieten. Die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftwagens sei nach der Verkehrsauffassung als ein nach objektiven Maßstäben meßbarer Vermögenswert anzusehen; damit sei die Nutzungsvereitelung ein in Geld meßbarer Schade. Der Höhe nach sei der Betrag von 50% der fiktiven Mietwagenkosten nicht zu beanständen, weil darin bereits die weiterlaufenden Generalunkosten enthalten seien.

Der Berufung der beklagten Partei, worin das Ersturteil zur Gänze bekämpft worden war, hat das Berufungsgericht Folge gegeben: es hat

1. hinsichtlich des Teilbegehrens von 283 S das Ersturteil mit Teilurteil dahin abgeändert, daß das Klagebegehren punkto 283 S abgewiesen wurde; 2. das Ersturteil in bezug auf den Zuspruch des restlichen Betrages von 1492 S s. A. und im Kostenausspruche aufgehoben und die Rechtssache im Umfange dieser Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht war zum Ergebnis gekommen, daß die Verschuldensfrage mangels ausreichender Feststellungen zum Unfallshergang noch nicht beantwortet werden könne; das erstgerichtliche Verfahren sei ergänzungsbedürftig, damit beurteilt werden könne, ob einer der Parteien oder beiden Teilen die Übertretung von Verkehrsvorschriften zur Last liege. Den Ergänzungsauftrag hat aber die Berufungsinstanz auf das Teilbegehren von 1492 S s. A. (Reparaturkosten) eingeschränkt, weil das restliche Begehren punkto 283 S auf jeden Fall unbegrundet sei. Ersatz wegen Nutzungsentganges gebühre dem Kläger nämlich - im Gegensatz zur Beurteilung des Erstgerichtes - nicht. Denn der Gebrauch einer Sache habe keinen von der Sache selbst abtrennbaren selbständigen Geldwert. Durch den bloßen Verlust der Möglichkeit des Gebrauchs eines Kraftfahrzeuges während der Zeit der Reparatur des beschädigten Wagens trete eine Verminderung des Vermögens des Halters nicht ein. Durch den Verlust der bezeichneten Gebrauchsmöglichkeit erleide der Kraftfahrzeughalter einen bloß immateriellen Schaden, dessen Ersatz ihm mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage gegenüber dem Schädiger nicht zustehe. Ein Vermögensschade trete erst ein, wenn der Fahrzeughalter ein Ersatzfahrzeug in Anspruch nehme; erst dann nämlich werde sein Vermögen durch das Entstehen von Passiven geschmälert; nur diesen Vermögensschaden könne er vom Schädiger ersetzt verlangen. Daher sei das Teilbegehren punkto 283 S schon nach der derzeitigen Aktenlage abzuweisen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers gegen das Teilurteil nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision ist nach der dargestellten Aktenlage zulässig (vgl. JB. Nr. 56 neu sowie die Fortbildung dieses Judikats in z. B. 3 Ob 46, 47/54 vom 28. 4. 1954, SZ. XXVII 112).

Die Entscheidung über die Revision ist nach mündlicher Verhandlung, die vom erkennenden Senate im Sinne des § 509 (2) ZPO. von Amts wegen angeordnet worden war, ergangen.

Die Revision ist nicht begrundet.

Maßgeblich ist die theoretische Lösung des Problems nach den Grundsätzen des österreichischen Schadenersatzrechtes. Gemäß § 1323 ABGB. muß, um den Ersatz eines verursachten Schadens zu leisten, in erster Linie alles in den vorigen Stand zurückversetzt werden. Dabei muß die Entwicklung vom Zeitpunkt der Schädigung bis zu dem des Ersatzes berücksichtigt werden. Dies bedeutet selbst unter dem Gesichtspunkte eigentlicher Schadloshaltung (§ 1324. 2. Halbsatz des ersten Satzes, ABGB.) die Pflicht zur Wiederherstellung des Zustandes, der ohne die Schädigung im Zeitpunkte des Ersatzes bestunde, und außerdem die Verpflichtung des Schädigers zum Ersatz dessen, was dem Beschädigten dadurch entgangen ist, daß die natürliche Entwicklung vom Zeitpunkt der Schädigung an durch diese unterbunden worden war (vgl. Wolff in Klang[2] VI S. 118 f.). Der Kläger hat also - vorbehaltlich der endgültigen Lösung der Verschuldensfrage - Anspruch darauf, daß ihm die Kosten der Instandsetzung des durch den Verkehrsunfall vom 3. 5. 1966 beschädigten Kraftfahrzeuges vergütet werden, und ist auch berechtigt, vom Schädiger Ersatz für jeden Vermögensverlust zu fordern, der ihm durch den Ausfall seines Wagens während der Reparaturzeit entstanden ist. Von dieser Auffassung sind beide Vorinstanzen ausgegangen. Der Unterschied in ihrer Beurteilung aber betrifft die Frage, was als ersatzpflichtige Minderung des Vermögens des Klägers zu werten sei. Denn während das Erstgericht, die diesbezügliche Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofes - vgl. die späteren Ausführungen dazu - übernehmend, schon in der Störung der Nutzung einen Schaden angenommen hatte, hat die Berufungsinstanz - der Rechtsrüge der beklagten Partei in der Berufung folgend - die Ansicht vertreten, daß durch den bloßen Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeuges während der Reparaturdauer eine Minderung des Vermögens des Fahrzeughalters nicht eintrete. Diese Beurteilung des Berufungssenates ist richtig. Der Verlust des Gebrauches an einer Sache kann nämlich zu einem Schaden im Sinne des § 1293 ABGB. führen, ist aber an sich noch nicht ein zu ersetzender Schade, weil der Gebrauch keinen von der Sache selbst abtrennbaren selbständigen Wert hat (vgl. die spätere Übersicht der Rechtslehre). Wenn der Geschädigte nachweisen kann, daß er sein Kraftfahrzeug während der unfallsbedingten Reparaturdauer verwertet, z. B. vermietet, hätte und daß diese Verwertung durch den Unfall frustriert worden sei, dann gebührt ihm vom Schädiger Ersatz und ein Ersatzanspruch steht dem Geschädigten auch dann zu, wenn er Aufwendungen nachweisen kann, die ihm aus der Behinderung des Gebrauchs des Fahrzeuges entstanden sind (z. B. durch Miete eines Ersatzfahrzeuges) oder welche im Zusammenhange mit der unfallsbedingten Gebrauchsverhinderung ihren Wert verloren haben (z. B. die anteilsmäßigen Generalunkosten). Der in diesem Sinne zu vergütende Vermögensverlust bedeutet eine Folge des Entganges der Gebrauchsmöglichkeit, ist aber nicht mit dem Entgang der Möglichkeit der Nutzung des Fahrzeuges zu identifizieren. Nun hat die klagende Partei im erstgerichtlichen Verfahren vorgebracht, während der viertägigen Dauer der Reparatur ihres beim Unfall vom 3. Mai 1966 beschädigten Personenkraftwagens kein Ersatzfahrzeug gemietet zu haben, und sie hat - abgesehen von der Geltendmachung der Reparaturkosten - auch sonstige Auslagen oder Aufwendungen im Zusammenhange mit der Beschädigung des Kraftfahrzeugs nicht behauptet; sie verlangt vielmehr ohne Bezug auf derartige Aufwendungen aus dem Gesichtspunkte des Verlustes der Gebrauchsmöglichkeit ihres Fahrzeugs während der Reparaturdauer an sich Ersatz von 283 S, welchen Betrag sie, wie bereits dargelegt, unter anteilsmäßiger Zugrundelegung von Mietwagenkosten errechnet. In der Revision hält die klagende Partei diesen Anspruch aufrecht. Die Ausführungen ihrer Rechtsrüge sind aber nicht geeignet, die Beurteilung der Berufungsinstanz in dem entscheidenden Punkte, daß eine Vermögensminderung des Klägers in dieser Hinsicht schon nach seinem Vorbringen nicht eingetreten sei, zu widerlegen.

Ein derartiger Anspruch kann aus den oben angestellten Überlegungen den Bestimmungen und Grundsätzen des österreichischen Schadenersatzrechtes nicht entnommen werden. Aber auch die weiteren Hinweise des Revisionswerbers greifen nicht durch.

Was zunächst die Ausführungen der Revision über die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrversicherung (AKB 1940 in der derzeitigen Fassung) betrifft, so ist zwar in § 13 (4) AKB in bezug auf die Ersatzleistung bei der Fahrzeugversicherung bestimmt, daß der Versicherer Veränderungen, Verbesserungen, Verschleißarbeiten, Minderung an Wert, äußerem Ansehen oder Leistungsfähigkeit, Nutungsausfall oder Kosten eines Ersatzwagens und Treibstoff nicht ersetzt, es trifft aber nicht zu, daß die Berufungsinstanz den strittigen Ersatzanspruch aus dem Gesichtspunkte abgelehnt hätte, der Begriff des Nutzungsausfalles sei unserer Rechtsordnung fremd. Für die Erledigung der Rechtsrüge des Revisionswerbers ist festzuhalten, daß vorliegendenfalls die Frage zu beantworten ist, ob der Schädiger (dessen Haftpflichtversicherer) dem Geschädigten schon wegen des bloßen Verlustes der Möglichkeit, das Fahrzeug während der Dauer der unfallsbedingten Reparatur zu benützen, Ersatz zu leisten habe. Dieses Problem wird aber durch die in § 13 (4) AKB. vorgesehene Ablehnung der Ersatzverpflichtung des Kaskoversicherers gegenüber seinem Versicherungsnehmer in Ansehung des Nutzungsausfalls in keiner Weise berührt. Aus der bezogenen Bestimmung kann also zugunsten der Berechtigung der Rechtsrüge des Revisionswerbers nichts abgeleitet werden.

Was das österreichische Schrifttum betrifft, so hat sich zunächst (November 1962) Waldherr (Ersatz von Mietwagenkosten, ZVR. 1962 S. 281 ff.) mit der im Revisionsverfahren strittigen Frage befaßt. Waldherr führt aus (a.a.O. S. 283), daß der Nutzungsausfall einen echten Vermögensschaden zurückgelassen habe, dessen angemessene Höhe nach richterlichem Ermessen festzusetzen wäre; als unerläßliche Voraussetzung für einen solchen Ersatz müsse allerdings gelten, daß tatsächlich ein Nutzungsausfall vorliege, der Geschädigte in der Zwischenzeit also von seinem Fahrzeug hätte Gebrauch machen können; eine Entschädigung werde daher dann zu versagen sein, wenn der Geschädigte wegen der beim Unfall erlittenen Verletzungen gar nicht in der Lage war, mit seinem Wagen Fahrten zu Unternehmen. Oswald (Jänner 1964) berichtet (Ersatz für die Entziehung von Gebrauchsvorteilen, ZVR. 1964 S. 6 f.) über die in dieser Frage verschiedene Auffassung der Oberlandesgerichte München einerseits und Hamm anderseits, ohne selbständig eine Lösung zu versuchen. Hartl (Februar 1966; Zur Frage der Entschädigung bei Entziehung von Gebrauchsvorteilen, ZVR. 1966, S. 29 ff.) kommt zum Ergebnis daß die Objektivierung des Nutzungsschadens, also des Wertes der entzogenen oder unmöglich gemachten Nutzung, zu einer einschneidenden Änderung des allgemeinen Schadenersatzrechtes führen würde; der österreichischen Rechtsordnung entspreche am ehesten die Lösung von Larenz, nämlich die analoge Gleichbehandlung erheblicher Aufwendungen mit echtem Schaden; dadurch werde an der säuberlichen Scheidung zwischen materiellem und immateriellem Schaden nicht gerüttelt; in der Praxis werde also der geschädigte Halter, der die Vorteile eines eigenen Kraftfahrzeuges nicht entbehren wolle, einen Ersatzwagen mieten müssen; unterlasse er dies, stehe ihm ein Anspruch nur für die Aufwendungen zu, welche durch das Verhalten des Schädigers zwecklos und nutzlos geworden seien (in einem späteren Aufsatz - Entschädigung für Nutzungsausfall, Kraftfahrjurist vom 15. 2. 1967, Nr. 119, S. 3 ff. - bespricht Hartl die den Anspruch auf Entschädigung für Nutzungsausfall bejahende Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS. Wien vom 15. 12. 1966. 42 R 568/66, veröffentlicht auf S. 8 des bezogenen Heftes des "Kraftfahrjurist"). Unter dem 20. 8. 1966 befaßt sich Bydlinski (Der unbekannte objektive Schaden, JBl. 1966, S. 439 ff.) mit der im Revisionsverfahren strittigen Frage gelegentlich der Erörterung anderer Probleme und führt zum Gegenstande aus, daß der objektive Schadensbegriff des österreichischen Rechts keineswegs dazu zwinge, etwa den entgangenen Gebrauchsvorteil an sich als ersatzfähigen Schaden anzusehen; der Gebrauch habe keinen von der Sache selbst abtrennbaren selbständigen Wert; die Gebrauchs- und Nutzungsmöglichkeiten seien es vielmehr gerade, die den "gemeinen Wert" der Sache, also die allgemein der Sache gegenüber geübte Wertschätzung, konstituieren (§ 305 ABGB.); es gehe daher natürlich nicht an, daß man einerseits wegen der Beschädigung der Sache deren eigene Wertminderung ersetzt verlange und überdies den nach fiktiven Mietwagenkosten berechneten Gebrauchsvorteil, denn dieser sei in der Wertminderung enthalten. Schließlich hat Mayer - Maly zum Problem ausführlich Stellung genommen (November 1967; 15. Mai 1968 und Dezember 1968: Schadenersatz für Gebrauchsentbehrung? ZVR. 1967 S. 281 ff., Der entgangene Gebrauch eines Kraftfahrzeugs als Problem der Rechtsprechung zum Schadenersatzrecht, Kraftfahrjurist, Nr. 134, S. 29 ff.; Die Weiterentwicklung der Rechtsprechung zur Gebrauchsentbehrung bei der Beschädigung von Kraftfahrzeugen, ZVR. 1968 S. 309 ff.). Mayer - Maly vertritt - zusammengefaßt - die Ansicht, daß die Übernahme des deutschen Richterrechts zum Schadenersatz für Gebrauchsentbehrung entschieden abzulehnen sei. Sie werde durch die Bedeutung des objektiven Schadens im österreichischen Recht keineswegs gefordert. Gerade bei der Ermittlung dieses Schadens bilde der Gebrauchsvorteil eine Konstituante des Substanzwertes. Die dogmatische Unhaltbarkeit eines besonderen Schadenersatzes für Gebrauchsentbehrung erweise sich auch daran, daß dem Vorrang der Naturalrestitution nicht Rechnung getragen werden könne, wenn die mögliche und tunliche Anmietung eines Ersatzfahrzeuges unterbleibe. Neben der Minderung des gemeinen Wertes komme nur den frustrierten Aufwendungen sowie den durch den Gebrauchsverlust eingetretenen Gewinnminderungen Ersatzfähigkeit zu. In der bisherigen österreichischen Rechtsprechung (gemeint sind Entscheidungen in erster und zweiter Instanz) zur schadenersatzrechtlichen Behandlung der Gebrauchsentbehrung werde ein selbständiger Ersatz für Gebrauchsentbehrung immer dann abgelehnt, wenn sich die Entscheidungsgründe in erster Linie am Schadensbegriff des § 1293 ABGB. orientierten. Überdies habe sich die Einsicht weithin durchgesetzt, daß eine bloße Übernahme der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofes nicht zu einer für das österreichische Zivilrecht tragfähigen Problemlösung führen könne. Mit der deutschen Bundesrepublik hätten wir zwar die Beschaffenheit der Anlaßfälle gemeinsam, nicht aber den Stil der Judikatur im Verhältnis zum Gesetz.

Diese Übersicht zeigt, daß von allen bezogenen Autoren nur Waldherr als Stütze für die Auffassung des Revisionswerbers herangezogen werden kann, und selbst der Genannte nur mit der oben dargelegten Einschränkung. Alle anderen Theoretiker, die eine Lösung versucht haben, stehen in Widerspruch zur Ansicht des Revisionswerbers in der strittigen Frage.

Was die bisherige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes betrifft, so macht der Revisionswerber geltend, daß die Bejahung seines Anspruches auf Entschädigung für Nutzungsausfall schon aus den Gründen der hg. Entscheidung 2 Ob 220/64 vom 17. September 1964, ZVR. 1965, Spruchbeilage Nr 114, abzuleiten sei. Zutreffend nimmt der Revisionsgegner gegen diese Ansicht Stellung. In dem der Entscheidung 2 Ob 220/64 zugrunde liegenden Fall hat es sich um die Frage gehandelt, ob einem Kraftfahrer für die Zeit, während der er sein Fahrzeug unfallsbedingt nicht benützen kann, vom Schädiger die weiterlaufenden Generalunkosten (Steuern, Versicherung, Garage usw.) zu ersetzen seien. Das Revisionsgericht hat diese Frage bejaht mit der Begründung, der Schade des Klägers bestehe darin, daß seine mit dem Betrieb des Kraftfahrzeuges verbundenen Generalunkosten weitergelaufen seien, ohne daß er unfallsbedingt in der Lage gewesen sei, das Fahrzeug während der Dauer der Reparatur zu benützen; den Kosten für Haftpflichtversicherung und Kraftfahrzeugsteuer sei kein Gegenwert gegenübergestanden. Dem Argument des Schädigers, ein derartiger Anspruch sei nicht gegeben, weil den Beschädigten zusätzliche Auslagen nicht getroffen hätten, ist damals die in der deutschen Rechtsprechung gebrauchte Formulierung entgegengehalten worden, "Schade" sei kein reiner Rechtsbegriff, sondern ein auf die Rechtsordnung bezogener wirtschaftlicher Begriff (Mayer - Maly, Schadenersatz für Gebrauchsentbehrung?, ZVR. 1967 S. 283. Fußnote 14, gebraucht in diesem Zusammenhang die Formulierung "wirtschaftsbezogener Rechtsbegriff"). Die in der bezogenen Entscheidung, in der es um die Abgeltung frustrierter Aufwendungen ging, zum Ausdruck gekommene Beurteilung deckt also den Standpunkt des Revisionswerbers nicht.

Darüber hinaus ist aus der einschlägigen Rechtsprechung folgendes festzuhalten:

Die Meinungen der Erstgerichte und der Berufungsinstanzen zur strittigen Frage sind geteilt (vgl. die Hinweise bei Mayer - Maly a. a.O.). Der Oberste Gerichtshof hat diesbezüglich bisher noch nicht entschieden. Denn in 9 Os 24/67 vom 29. 2. 1968 (zu 3 b Vr 6952/66 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) ist die zivilrechtliche Vorfrage, ob demjenigen, dessen Fahrzeug beschädigt wurde, an sich berechtigte Mietwagenkosten dann gebühren, wenn ein Mietwagen tatsächlich nicht in Anspruch genommen wurde, offen gelassen worden. Die Entscheidung 2 Ob 355/66 vom 12. 1. 1967, ZVR. 1967, Spruchbeilage Nr. 167, spricht gegen die Ansicht des Revisionswerbers, weil im Falle dieser Entscheidung durch die schuldhaft herbeigeführte Unmöglichkeit der Benützung des Fernmeldekabels dem geschädigten Fiskus die Benützungsgebühren während der Dauer der Wiederherstellung des Kabels tatsächlich entgangen waren. Nach ständiger Praxis (vgl. z. B. 2 Ob 274/61 vom 8. 9. 1961, ZVR. 1962, Spruchbeilage Nr. 218; 2 Ob 139/63 vom 30. 5. 1963, ZVR. 1963, Spruchbeilage Nr. 268) hat der Besitzer eines beschädigten Kraftfahrzeugs grundsätzlich Anspruch auf einen Ersatzwagen, wenn nach der Verkehrsauffassung sein berechtigtes Interesse, auch während der Reparaturdauer ein Kraftfahrzeug zur Verfügung zu haben, zu bejahen ist; es ist dabei nicht erforderlich, daß die vom Beschädigten beabsichtigten Fahrten wirtschaftlich notwendig sind. Für die Erledigung ergibt sich im Sinne der obigen Darstellung des Schadensbegriffes, daß der Entschädigungsanspruch die Verwendung eines Ersatzfahrzeuges zur Voraussetzung hat. Schließlich steht mit den obigen Rechtsausführungen im Einklang, daß nach der Judikatur (vgl. z. B, 2 Ob 553/57 vom 30. 10. 1957, ZVR. 1958, Spruchbeilage Nr. 29) dem geschädigten Kraftwageneigentümer "merkantiler Minderwert" als damnum emergens zu vergüten ist; die Vermögensschädigung ist diesbezüglich darin zu erblicken, daß der Eigentümer des Unfallswagens dafür beim Verkauf nicht jenen Preis erzielen könnte, den er ohne den Unfall hätte erreichen können. Somit ist für den Standpunkt des Revisionswerbers aus der oberstgerichtlichen Praxis nichts zu gewinnen.

Mit Rücksicht auf das Vorbringen des Klägers in der Revisionsverhandlung ist in diesem Zusammenhange noch folgendes zu bemerken: Es ist richtig, daß in einzelnen Entscheidungen Formulierungen gebraucht wurden, die für den Standpunkt des Revisionswerbers zu sprechen scheinen; wird aber der tatsächliche Zuspruch in diesen Fällen geprüft, dann ist eindeutig zu entnehmen, daß Entschädigung jeweils nur im Sinne der oben dargelegten Grundsätze zuerkannt worden ist.

Was die vom Revisionswerber wiederholt bezogene deutsche Judikatur betrifft, so ist richtig, daß der Bundesgerichtshof in den Entscheidungen vom 30. 9. 1963, III ZR 137/62, BGHZ. 40, 345 ff., und vom 15. 4. 1966, VI ZR 271/64, BGHZ. 45, 212 ff., erkannt hat, daß der Ersatzpflichtige für den vorübergehenden Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftwagens Entschädigung in Geld auch dann zu leisten hat, wenn sich der Geschädigte für diese Zeit einen Ersatzwagen nicht beschafft hat. Die darin zum Ausdruck gekommene Beurteilung kann aber schon mangels identischer gesetzlicher Grundlagen für die Erledigung des nach österreichischem Recht zu entscheidenden Schadenersatzbegehrens des Klägers nicht übernommen werden, wie dies der Revisionswerber verlangt. Dazu kommt, daß die bezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in der deutschen Rechtslehre vielfach abgelehnt worden ist. Bötticher hat sich in einem ausführlichen Rechtsgutachten (Schadenersatz für entgangene Gebrauchsvorteile, VersR. 1966, S. 301 ff.) entschieden gegen diese Praxis des Bundesgerichtshofes ausgesprochen. Danckelmann (in Palandts - Beck'schem Kurz-Kommentar zum BGB.[27], 1968, S. 199) bezeichnet die Frage, ob der Verlust von Gebrauchsvorteilen Vermögensschade sei, als trotz der Judikatur des Bundesgerichtshofes noch sehr strittig. Geigel (Haftpflichtprozeß [13], 1967 S. 55) führt aus, daß trotz ablehnender Stellungnahmen im Schrifttum "mit der in unser Rechtssystem kaum passenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes" gearbeitet werden müsse. Selbst Sanden und Danner (Die Nutzungsentschädigung nach den Urteilen des Bundesgerichtshofs, VersR. 1966 S. 697 ff.), welche Berechnungsbeispiele nach den Grundsätzen der Judikatur des Bundesgerichtshofes verfaßt haben, machen den Vorbehalt (S. 697), daß die begrundeten Bedenken, die im Schrifttum gegen die Entscheidung des III. Zivilsenats erhoben wurden, durch die Urteile des VI. Zivilsenats nicht ausgeräumt seien; diese Entscheidungen klärten aber für die Dauer des Bestandes dieser Rechtsprechung für die Praxis, insbesondere der Versicherungsunternehmen, die bisher von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beantworteten Fragen, wann und nach welchen Maßstäben beim Ausfall eines Kraftfahrzeugs eine sogenannte Nutzungsentschädigung zu zahlen sei.

Die Hinweise des Revisionswerbers auf die deutsche Praxis sind unter diesen Umständen nicht geeignet, die den oben dargelegten Grundsätzen des österreichischen Schadenersatzrechtes entsprechende Beurteilung des Berufungsgerichtes zu widerlegen.

Es bestehen aber auch keine rechtspolitischen Bedenken gegen die Ablehnung einer Entschädigung für den bloßen Verlust der Möglichkeit des Gebrauches des Kraftfahrzeuges während der Zeit der unfallsbedingten Reparatur. Denn schon nach der bisherigen Rechtssprechung - vgl. die oben dargestellte Übersicht - kann der Geschädigte mit dem Ersatz seines Vermögensschadens in jeder Hinsicht rechnen. Es bedarf also keiner Billigkeitsentscheidung unter Außerachtlassung rechtstheoretischer Grundsätze. Das Prozeßrisiko muß der Unfallsgeschädigte wie jeder Kläger auf sich nehmen. Der Hinweis des Revisionswerbers auf das "Rechtsempfinden aller billig Denkenden" ergibt bei diesen Umständen keinen für die Entscheidung brauchbaren Gesichtspunkt.

Es ist nur noch zu bemerken, daß der Kläger punkto 283 S Entschädigung für Nutzungsentgang und auch nicht hilfsweise Ersatz für frustrierte Generalunkosten verlangt hat. Es ist nach dem Prozeßvorbringen des Klägers daher ausgeschlossen, das von ihm gestellte Begehren unter dem Gesichtspunkte zu erörtern, in welcher Höhe dem Kläger Ersatz dieser Generalunkosten gebühre; diese Aufwendungen bedeuten nicht ein Minus, sondern ein Aliud gegenüber dem gestellten Begehren von 283 S auf Ersatz von Nutzungsentgang.

Der Revisionsgrund des § 503 Z. 4 ZPO. liegt demnach nicht vor, sodaß die Revision erfolglos bleiben muß.

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