OGH 2Ob361/68

OGH2Ob361/685.12.1968

SZ 41/170

Normen

ABGB §1193
ZPO §14
ABGB §1193
ZPO §14

 

Spruch:

Wird einem Gesellschafter sein Gewinnanteil nicht von der Gesellschaft, sondern von einem anderen Gesellschafter vorenthalten, so ist nur dieser passiv legitimiert und nicht sämtliche Gesellschafter als Streitgenossen.

Entscheidung vom 5. Dezember 1968, 2 Ob 361/68.

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Nach dem festgestellten Sachverhalt ist zum Betrieb der Schiliftanlage M. eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes gegrundet worden. An dieser Gesellschaft sind Rudolf K. zu einem Viertel, seine Schwiegereltern Clemens und Anna P. zu je einem Achtel und der Beklagte zur Hälfte beteiligt gewesen. Der Kläger hat die Vorarbeiten für die Errichtung der Liftanlage geleistet und es ist ihm als Entgelt vom Beklagten eine Beteiligung von 10% am Besitz und Ertrag der Liftanlage zugesagt worden. Die übrigen Gesellschafter waren mit dieser Beteiligung des Klägers an der Gesellschaft zu Lasten des 50%igen Anteiles des Beklagten einverstanden. Demnach sind nunmehr an der Gesellschaft neben den oben angeführten Personen auch der Kläger zu 10% und der Beklagte zu 40% beteiligt.

Der Kläger hat vorerst das Begehren gestellt, den Beklagten schuldig zu erkennen, 1. ihm oder einem beauftragten Sachverständigen Einsicht in sämtliche Unterlagen hinsichtlich des Betriebes des Schiliftes für das Betriebsjahr 1960/61, insbesondere in die zur Errechnung des Betriebsgewinnes notwendigen Buchungsbelege aller Art sowie in die Abrechnung mit den anderen Gesellschaftern, zu gewähren, 2. ihm in eventu Rechnung zu legen und die Einsicht in jene Unterlagen zu gewähren, aus denen sich sein 50%iger Gewinnanteil für das Betriebsjahr 1960/61 und für die folgenden Betriebsjahre bis einschließlich 1964/65 und 3. ihm 10% seines Gewinnanteiles aus dem Betriebsergebnis des Jahres 1960/61 auszuzahlen.

Der Beklagte hat den Mangel der passiven Klagslegitimation mit der Begründung eingewendet, daß die Klage gegen sämtliche Gesellschafter hätte gerichtet werden müssen. Außerdem seien ihm von den anderen Mitgesellschaftern rückwirkend für die Jahre 1961 bis 1965 Geschäftsführergehälter von jährlich 1500 DM, zusammen somit 7500 DM, zuerkannt worden. Um diesen Betrag verringere sich sein Gewinnanteil in diesen Jahren. Außerdem sei er berechtigt, von seinem Gewinnanteil die für die Aufbringung seines Kapitalsanteiles aufgewendeten Zinsen von 9223 DM für die Jahre 1961 bis 1966 in Abzug zu bringen.

Das Erstgericht hat mit Teilurteil vom 20. Mai 1966 den Beklagten schuldig erkannt, dem Kläger oder einem von ihm beauftragten Buchsachverständigen Einblick in sämtliche Unterlagen des Betriebes für das abgelaufene Betriebsjahr 1960/1961, insbesondere in die zur Errechnung des Betriebsgewinnes wesentlichen Buchungsbelege aller Art sowie in die Abrechnung mit den anderen Gesellschaftern, zu geben. Dieses Teilurteil ist vom Berufungsgericht und vom Obersten Gerichtshof bestätigt worden.

In der Folge hat der Kläger sein Begehren auf Einsichtnahme in sämtliche Unterlagen des Schiliftbetriebes auf die Jahre bis 1966/1967 ausgedehnt und das weitere Begehren gestellt, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihm 21.000 DM samt 9% Zinsen als Gewinnanteil bis zum Betriebsjahr 1966/1967 zu bezahlen.

Mit dem weiteren Teilurteil vom 11. Mai 1967 hat das Erstgericht auch dem erweiterten Begehren auf Bucheinsicht stattgegeben. Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Kläger sein Leistungsbegehren auf 5148.96 DM samt stufenweisen 8%igen Zinsen eingeschränkt.

Nunmehr hat das Erstgericht mit Endurteil den Beklagten schuldig erkannt, dem Kläger 5148.96 DM samt den außer Streit gestellten 8% Zinsen zu bezahlen. Das Erstgericht hat festgestellt, daß der Kläger mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter zu 10% an dem Unternehmen zu Lasten des Hälfteanteiles des Beklagten als Mitgesellschafter beteiligt sei. Die Ansprüche des Klägers bestehen auf 10% vom Ganzen zu Lasten des Hälfteanteiles des Beklagten. Das Begehren des Klägers gegenüber dem Beklagten auf Auszahlung des anteilmäßigen Gewinnes sei daher gerechtfertigt. Der Gewinn der Gesellschaft habe für die Jahre 1960 bis 1966 51.489.60 DM betragen. 10% hievon ergeben den vom Kläger begehrten und ihm zuerkannten Betrag.

Das Erstgericht hat weiter festgestellt, daß die übrigen Gesellschafter mit Ausnahme des Klägers dem Beklagten für die Jahre 1961 bis 1965, und zwar rückwirkend bis zur Anstellung des Betriebsleiters Peter G., ein Gehalt von jährlich 1500 DM für seine Tätigkeit als Geschäftsführer zugesichert haben. Diese Beträge seien ihm aber noch nicht ausbezahlt worden. Das Erstgericht war der Meinung, daß diese Vereinbarung keine Gültigkeit für den Kläger habe. Sie stelle nicht eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung nach § 833 ABGB., sondern eine wichtige Veränderung gemäß § 834 ABGB. dar. Mangels der Zustimmung des Klägers sei für ihn diese Vereinbarung nicht verbindlich. Außerdem seien diese Beträge an den Kläger noch nicht ausbezahlt worden, sodaß sich der Gewinn der Gesellschaft bis Ende 1966 um diese Beträge nicht vermindert habe. Schließlich wären diese Beträge vom gesamten Gewinn der Gesellschaft und nicht nur vom Gewinnanteil des Beklagten in Abzug zu bringen.

Das Erstgericht hat auch das Begehren des Beklagten, den Zinsenbetrag von 9223 DM in die Gewinnabrechnung mit dem Kläger einzubeziehen, mit Rücksicht darauf abgelehnt, daß einerseits die vertraglichen Vereinbarungen in dieser Richtung für den Kläger nicht gelten und daß es sich andererseits nicht um einen echten Zinsenaufwand für das Unternehmen handelt. Das Darlehen sei vielmehr vom Beklagten als Privatkredit aufgenommen worden. Die Zinsen für Privatkredite der Gesellschafter würden aber nicht als Betriebsausgaben der Gesellschaft vom Finanzamt anerkannt. Der Beklagte könne daher den Zinsenaufwand für seine Kapitalseinlage nicht von seinem Gewinnanteil in Abzug bringen, um auf diese Weise den Gewinnanteil des Klägers zu schmälern.

Im Berufungsverfahren wollte der Beklagte die Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles im Sinne einer Klagsabweisung erreichen. Das Berufungsgericht hat der Berufung in der Hauptsache nicht Folge gegeben und das erstgerichtliche Urteil lediglich im Kostenausspruch abgeändert.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Beklagte hält auch in der Revision seinen Standpunkt aufrecht, daß er zur Klage passiv nicht legitimiert sei. Er ist nach wie vor der Meinung, daß der Kläger sämtliche Gesellschafter hätte klagen müssen. Der Kläger sei nicht sein Untergesellschafter, sondern sei ein vollwertiger und gleichberechtigter Gesellschafter. Er verlange seinen Anteil am Gesellschaftsgewinn und müsse diesen gegen die Gesellschaft geltend machen. Er habe auch den Gewinnanteil des Klägers nicht zu Unrecht bezogen, zumal bisher kein Beschluß der Gesellschaft bestand, dem Kläger einen Gewinnanteil auszuzahlen.

Diese Ausführungen sind nicht stichhältig. Der Beklagte übersieht dabei die Feststellung der Untergerichte, daß der Kläger seinen 10%igen Anteil zu Lasten des 50%igen Anteiles des Beklagten erworben hat und daß der Beklagte, weil er sich an die mit dem Kläger getroffene Vereinbarung nicht gehalten hat, weiterhin nicht 40%, sondern 50% vom Gewinnanteil bezogen hat. Geht man von dieser Feststellung aus, dann ist auch die Ansicht des Berufungsgerichtes gerechtfertigt, daß der Kläger berechtigt ist, seinen 10%igen Gewinnanteil vom Beklagten allein zu fordern, der diesen Anteil entgegen der Vereinbarung bezogen hat. Nicht die Gesellschaft, sondern der Beklagte hat dem Kläger bisher diesen Gewinnanteil vorenthalten. Zum Bezug dieses Gewinnanteiles war der Beklagte nicht berechtigt. Die passive Klagslegitimation des Beklagten ist daher zu Recht bejaht worden. Die vom Beklagten angeführten Beispiele betreffen andere Fälle und können zur Widerlegung dieser Rechtsauffassung nicht herangezogen werden.

Es sind aber auch die Ausführungen des Beklagten in der Richtung nicht überzeugend, mit denen er versucht, die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zu bekämpfen, daß die rückwirkende Festsetzung eines Geschäftsführergehaltes für den Beklagten als eine außergewöhnliche Maßnahme im Sinne des § 834 ABGB. anzusehen sei. Außerdem seien zur Zeit der Beschlußfassung darüber die übrigen Gesellschafter nicht verpflichtet gewesen, den Kläger als Gesellschafter anzunehmen, weshalb sie diese Maßnahme auch ohne Zustimmung des Klägers beschließen konnten. Dieser habe auch keinen Widerspruch dagegen erhoben.

Der Beklagte läßt auch in diesem Zusammenhang die wichtigen Feststellungen der Untergerichte außer Betracht, daß ursprünglich die Geschäftsführung von den Gesellschaftern abwechselnd unentgeltlich geführt werden sollte und daß der Gewinn der Gesellschaft in den Jahren 1961 und 1962 zum Teil nicht einmal 1000 DM pro Jahr ausgemacht habe. Daraus ergibt sich, daß die Festsetzung eines Geschäftsführergehaltes mit rückwirkender Kraft in der Höhe von 1500 DM jährlich zeitweise einen Geschäftsverlust bedeutet hätte. Abgesehen davon kann, wie bereits das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat, eine Maßnahme, mit der für Jahre zurück eine Pauschalentlohnung für einen Geschäftsführer festgesetzt wird, nicht als eine gewöhnliche im Rahmen des Geschäftsbetriebes gelegene Maßnahme angesehen werden, die zur ordentlichen Verwaltung des Unternehmens dient (§ 833 ABGB.). Liegt aber eine solche Maßnahme nicht vor, sondern eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB., dann hätte die Beschlußfassung nur erfolgen dürfen, wenn der Kläger hiezu gehört worden wäre. Erst wenn keine Einigung erzielt hätte werden können, hätte ein Mehrheitsbeschluß gefaßt werden dürfen, dem sich auch der Kläger hätte beugen müssen (siehe Klang - Kommentar[2] V 606). Dieser Beschluß war daher für den Kläger nicht verbindlich. Zur Frage der Möglichkeit einer neuerlichen Beschlußfassung unter Beiziehung des Klägers ist hier nicht Stellung zu nehmen.

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