OGH 3Ob70/68 (3Ob71/68)

OGH3Ob70/68 (3Ob71/68)3.7.1968

SZ 41/88

Normen

EO §68
EO §275
EO §278
EO §68
EO §275
EO §278

 

Spruch:

Die Erteilung des Zuschlages nach § 276 EO. kann auch mit einer Beschwerde nach § 66 EO. nicht aus dem Gründe angefochten werden, daß sich der vom Gericht bestellte Sachverständige bei der Bewertung der Pfandgegenstände verschätzt habe.

Entscheidung vom 3. Juli 1968, 3 Ob 70, 71/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Neunkirchen; II. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt.

Text

Die Verpflichtete beantragte in ihrer gemäß § 68 EO. erhobenen Beschwerde, den bei der Fahrnisversteigerung am 23. September 1967 dem Ersteher Dr. Ernst F. zum jeweils halben Schätzwert erteilten Zuschlag eines Bildes (PZ. 4 des Pfändungsprotokolls), eines Engelwandschmucks (PZ. 5), einer Truhe (PZ. 6) und eines Kastens (PZ. 7) aufzuheben sowie die neuerliche Schätzung und Versteigerung dieser Gegenstände anzuordnen. Der der Versteigerung beigezogene Sachverständige Franz M. hatte das Bild auf 400 S, den Engelwandschmuck auf 800 S, die Truhe auf 2000 S und den Kasten auf 4000 S geschätzt. Diese Bewertung sei nach Ansicht der Verpflichteten viel zu niedrig, handle es sich doch bei den in Frage stehenden Fahrnissen um Kunstgegenstände und Antiquitäten, für deren Schätzung Franz M. als Sachverständiger nicht zugelassen sei.

Das Erstgericht wies die Beschwerde und die darin gestellten Anträge mit der Begründung ab, daß Franz M., ein gerichtlich beeideter Sachverständiger für Effekten, Hausrat und Pretiosen, durch Jahrzehnte Schätzmeister des Dorotheums gewesen sei und infolge seiner hiebei gesammelten Berufserfahrung auch zur Schätzung der vorerwähnten Sachen geeignet erscheine.

Die II. Instanz gab dem Rekurs der Verpflichteten gegen diesen Beschluß Folge, indem sie in dessen Abänderung das die vier Pfandgegenstände betreffende Verkaufsverfahren einschließlich ihres Zuschlages als nichtig aufhob und dem Erstgericht im Umfang der Aufhebung die neuerliche Durchführung des Verkaufsverfahrens auftrug. Sie führte im wesentlichen aus, daß es im Falle der Fahrnisexekution der verpflichteten Partei mangels eines ihr gegen Schätzung und Zuschlag zu Gebote stehenden Rechtsmittels möglich sein müsse, Unzukömmlichkeiten im Versteigerungsverfahren mittels Beschwerde nach § 68 EO. zu bekämpfen. Gemäß § 275 EO. sei der Versteigerung ein Sachverständiger beizuziehen. Aus der Beschreibung der fraglichen Pfandsachen im Pfändungsprotokoll gehe hervor, daß es sich bei ihnen nicht um offensichtlich geringwertige Fahrnisse, aber auch nicht um Hausrat und Pretiosen handle und daß die unter P.Z 5, 6 und 7 angeführten Gegenstände Antiquitäten seien. Nun sei aber Franz M. weder für Kunstgegenstände noch für Antiquitäten, die beide nach herrschender Ansicht wie Kostbarkeiten im Sinne des § 275 (2) EO. zu behandeln seien, zum Sachverständigen bestellt; der allgemein gehaltene Hinweis des Erstgerichtes auf die berufliche Erfahrung des Genannten, die er als Schätzmeister des Dorotheums gewonnen habe, könne nicht überzeugen. Da somit ein geeigneter Sachverständiger dem Versteigerungsverfahren nicht beigezogen worden sei, sei dieses in Ansehung der vier Pfandgegenstände samt deren Zuschlag nichtig (ZBl. 1937 Nr. 243). Daran ändere auch nichts die Gutgläubigkeit des Erstehers, die nur den allfälligen Mangel des Eigentums der verpflichteten Partei, nicht hingegen Mängel des Versteigerungsverfahrens heile (JBl. 1950 S. 89).

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Erstehers Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist zunächst festzuhalten, daß die gegenständliche Exekution am 13. Feber 1968, nachdem die angefochtene Entscheidung des Rekursgerichtes bereits ergangen war, gemäß § 39 (1) Z. 6 EO. eingestellt wurde. Dies läßt jedoch das Rechtsmittelinteresse des Erstehers unberührt, weil ihm naturgemäß an der Rechtswirksamkeit des ihm teilten Zuschlages, also daran gelegen ist, daß es nicht mit dem, dessen Gültigkeit verneinenden Abänderungsbeschluß des Rekursgerichtes sein Bewenden habe. Der Revisionsrekurs ist daher zulässig. Er ist aber auch sachlich gerechtfertigt.

Nach herrschender Rechtsprechung kann die Erteilung des Zuschlages gemäß § 278 EO. mit Rekurs nicht angefochten werden (SZ. XXVII 92). Aber auch mittels der Beschwerde nach § 68 EO. kommt eine solche Anfechtung nur in Betracht, wenn es sich um ganz krasse Verstöße gegen einschlägige Verfahrensvorschriften handelt. So wurde etwa im Falle der SZ. XXVII 92 der Zuschlag an einen vom Bieten ausgeschlossenen Ersteher behoben. Was nun aber die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung ZBl. 1937 Nr. 243 anlangt, so läßt sich aus ihr keineswegs ableiten, daß das Einschreiten eines ungeeigneten Sachverständigen im Verkaufsverfahren die Nichtigkeit des Zuschlages zur Folge hätte. Vielmehr war dieser Entscheidungsfall dadurch gekennzeichnet, daß, wie dem diesbezüglichen Versteigerungsprotokoll zu entnehmen war, das Vollstreckungsorgan die Rechtswirksamkeit der Schätzung und der Versteigerung an die nachträgliche richterliche Genehmigung geknüpft hatte, die dann aber verweigert wurde. Schon in der Entscheidung SZ. VI 228 wurde sinngemaß ausgesprochen, daß niemandem zugemutet werden könne, über die Erfüllung aller gesetzlichen Erfordernisse einer öffentlichen Versteigerung Nachforschungen anzustellen, sofern nur die funktionelle Zuständigkeit des die Versteigerung anordnenden Organs gegeben ist, die bevorstehende Versteigerung ordnungsgemäß angekundigt wurde - beides wurde vorliegendenfalls von niemandem angezweifelt - und deren Vorgang ordnungsgemäß war. Von einem nicht ordnungsmäßigen Versteigerungsvorgang wird indes nur unter der Voraussetzung gesprochen werden können, daß ihm schwerwiegende Verfahrensmängel anhaften. Letzteres trifft aber jedenfalls dann nicht zu, wenn sich, wie hier, der gemäß § 275 (4) EO. vom Gericht bestellte Sachverständige bei der Bewertung der Pfandgegenstände möglicherweise verschätzt hat. Bei gegenteiliger Ansicht käme man zu dem untragbaren Ergebnis, daß das Rechtsinstitut der Fahrnisversteigerung als Eigentumserwerbsgrund in seiner Bedeutung weitgehend entwertet, wenn nicht geradezu frustriert werden würde, falls die Gültigkeit der Zuschlagerteilung unbestimmt lange in Schwebe bleibe, weil die Möglichkeit bestunde, daß die Versteigerung auch aus anderen Gründen als wegen eines gröblichen und daher nicht eben häufigen Verfahrensverstoßes irgendwann einmal mit Erfolg angefochten wird.

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