OGH 6Ob71/68

OGH6Ob71/6822.5.1968

SZ 41/65

Normen

ABGB §1152
KO §125
ABGB §1152
KO §125

 

Spruch:

Der als Rechtsanwalt oder Notar tätig werdende Masseverwalter hat einen Honoraranspruch.

Entscheidung vom 22. Mai 1968, 6 Ob 71/68.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 18. April 1966 zum Masseverwalter im noch anhängigen Konkurs über das Vermögen der Feintuchfabrik P. Gesellschaft m.b.H., bestellt. Im Zuge des Verwertungsverfahrens wurde der Kläger vom Gläubigerausschuß einstimmig ermächtigt, die der Gemeinschuldnerin gehörigen Liegenschaften und Maschinen zu verkaufen.

Am 17. November 1966 schloß der Kläger als Masseverwalter für die Konkursmasse mit der Beklagten einen Kaufvertrag über die Liegenschaft EZ. 680 KG. P. um den Kaufpreis von 3.350.000 S ab.

Dieser am 14. Dezember 1966 konkursbehördlich genehmigte Kaufvertrag enthält im Punkt VII folgende Bestimmung:

"Die mit der Einrichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Kaufvertrages verbundenen Kosten, Gebühren und Abgaben, insbesondere Gründerwerbssteuer und Eintragungsgebühr, trägt die Käuferin, so zwar, daß den Verkäufer keine wie immer geartete Belastung treffen kann, mit Ausnahme allfälliger Löschungskosten, die zur Satzfreistellung im Sinne des Punktes IV dieses Vertrages notwendig sind."

Mit Kaufvertrag vom 28. bzw. 29. Dezember 1966 verkaufte der Kläger namens der Konkursmasse ferner eine Reihe von Fahrnissen um den Kaufpreis von 250.000 S an die Beklagte. Punkt VI dieses Vertrages bestimmt, daß sämtliche mit der Errichtung dieses Vertrages verbundenen Kosten, einschließlich der Stempelgebühren, die Käuferin alle n zu bezahlen habe.

Der Kläger, dessen Gebühren als Masseverwalter konkursbehördlich noch nicht bestimmt sind, stellte der beklagten Partei für die Abfassung und Durchführung der beiden Kaufverträge ein Rechtsanwaltshonorar in der Höhe von insgesamt 42.022.25 S in Rechnung, dessen Bezahlung die Beklagte ablehnte. Mit der vorliegenden, am 11. Juli 1967 überreichten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Bezahlung dieses Betrages samt 5% Zinsen ab dem Klagstag. Dieser Betrag wird, wie außer Streit steht, als Rechtsanwaltsleistung beansprucht. Die Beklagte stellte schließlich den eingeklagten Betrag der Höhe nach außer Streit, bestritt jedoch eine Zahlungspflicht gegenüber dem Kläger.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und führte aus, der Kläger als Masseverwalter habe nur einen Anspruch auf Bezahlung seiner Amtstätigkeit nach den Bestimmungen der Konkursordnung. Dieser Anspruch bestehe aber nur gegenüber dem Gemeinschuldner im Rahmen des Konkursvermögens. Der Masseverwalter habe nur einen öffentlichrechtlichen Anspruch auf Ersatz seiner Barauslagen und auf Belohnung für seine Mühewaltung aus dem Konkursvermögen. Der Kläger sei nicht als Rechtsanwalt, sondern als Masseverwalter tätig gewesen. Er habe weder behauptet, noch auch behaupten können, daß er von der Beklagten zum Abschluß der Kaufverträge beauftragt oder bevollmächtigt gewesen sei. Er habe daher für die von ihm geleistete Tätigkeit gegen die Beklagte keinen Anspruch.

Das Berufungsgericht gab der gegen das Ersturteil erhobenen Berufung des Klägers aus den folgenden Erwägungen keine Folge. Der Kläger trete zwar im vorliegenden Rechtsstreit persönlich auf, doch sei er ein anderes Rechtssubjekt als die von ihm vertretene Konkursmasse. Würde an die Stelle des Klägers nun die von ihm als Masseverwalter vertretene Konkursmasse treten, läge nicht eine einfache Berichtigung der Parteienbezeichnung vor, sondern ein unzulässiger Subjektwechsel. Es könne daher nur geprüft werden, ob dem Kläger ein persönlicher Honoraranspruch gegen die Beklagten zustehe. Die hier in Frage stehenden Verträge seien vom Kläger namens der von ihm vertretenen Konkursmasse abgeschlossen worden. Aus ihnen sei nur die Konkursmasse und die Beklagte berechtigt und verpflichtet worden. Für sich selbst habe der Kläger gegenüber der Beklagten aus diesen Verträgen keinerlei Rechte erworben. Der Kläger persönlich könne von der Beklagten eine Entlohnung weder auf Grund der Verträge noch aus konkursrechtlichen Bestimmungen oder allgemeinen Vorschriften verlangen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und änderte die Entscheidung der Untergerichte im Sinne des Klagebegehrens ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Untergerichte haben das Anwendungsgebiet des § 125 KO. unrichtig beurteilt, das nur die Ansprüche des Masseverwalters als solchen betrifft, nicht aber Ansprüche aus Verrichtungen des Masseverwalters als Rechtsanwalt oder Notar. Dort, wo der Masseverwalter als Anwalt oder Notar tätig wird, hat er die Rechtsstellung eines Rechtsanwaltes oder Notars und einen Honoraranspruch, der nicht unter § 125 KO. fällt (Bartsch - Pollak, KO. I S. 575 Anm. 3). Im konkreten Fall kann nach dem Inhalt der in Frage stehenden Verträge, deren näheren Aufbau und Gliederung sowie der dabei verwendeten Diktionen kein Zweifel darüber bestehen, daß der Masseverwalter als Rechtsanwalt tätig gewesen ist. Dem Kläger steht daher für die im Zusammenhang mit diesen Vertragserrichtungen und der Durchführung dieser Verträge entwickelten Verrichtungen der Anspruch auf Honorierung als Rechtsanwalt zu. Die Bezahlung der Kosten der Errichtung dieser Verträge und der Vertragsdurchführung aber hat die beklagte Partei ausdrücklich übernommen. Sie ist demnach verpflichtet, dem Kläger die in diesem Zusammenhang vorgenommenen anwaltlichen Tätigkeiten zu bezahlen. Da das mit 42.022.25 S samt 5% Zinsen ab Klagstag eingeklagte Honorar ziffernmäßig unbestritten ist, war sohin der Revision Folge zu geben und wie im Spruche zu entscheiden.

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