OGH 1Ob125/68

OGH1Ob125/6816.5.1968

SZ 41/61

Normen

ABGB §896
BAO §6 (1)
Gründerwerbsteuergesetz §17 Z4
ABGB §896
BAO §6 (1)
Gründerwerbsteuergesetz §17 Z4

 

Spruch:

Wird beim Verkauf einer Liegenschaft zwecks Verminderung der Gründerwerbsteuer in der Vertragsurkunde ein niedrigerer als der wirkliche Kaufpreis angegeben, so haften die Parteien für den nachträglich vorgeschriebenen Verkürzungsbetrag solidarisch; der Verkäufer, dem er zufolge Selbstanzeige vorgeschrieben wird, kann beim Käufer anteilsmäßig Regreß nehmen.

Entscheidung vom 16. Mai 1968, 1 Ob 125/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Lembach; II. Instanz: Landesgericht Linz.

Text

Der Kläger verkaufte den Beklagten am 27. Mai 1963 die Liegenschaft EZ. 48 und EZ. 49 KG. H. um 135.000 S; er ließ sich jedoch verleiten, in dem schriftlich niedergelegten Kaufvertrag einen Kaufpreis von 95.000 S anzuführen, um auf diese Weise Einfluß auf die Bestimmung der Höhe der zur Vorschreibung gelangenden Gründerwerbsteuer zu nehmen. Nach Abwicklung des Rechtsgeschäftes erstattete der Kläger Selbstanzeige und schilderte der Finanzbehörde die von den Vertragsschließenden vorgenommenen, auf eine Gründerwerbsteuerverkürzung abzielenden Manipulationen. Dem Kläger wurde daraufhin die Nachzahlung eines Gründerwerbsteuerbetrages in der Höhe von 2800 S vorgeschrieben und dieser Betrag wurde vom Kläger auch bezahlt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger unter Hinweis auf die in der Vertragsurkunde festgehaltene Verpflichtung der Beklagten, "alle aus diesem Vertrag entspringenden Kosten, Steuern und Gebühren samt Zuschlägen" zu leisten, von den Beklagten den Rückersatz dieses von ihm gezahlten Betrages.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt; es ging dabei von folgenden Feststellungen aus: Nach langem Handeln sei es zwischen den Parteien zur Vereinbarung eines Kaufpreises von 135.000 S gekommen; der Kläger sei auf den ihm vom Erstbeklagten gemachten Vorschlag, in die zu errichtende Kaufvertragsurkunde nur 95.000 S als Kaufpreis einzusetzen, damit die Beklagten weniger Gründerwerbsteuer zahlen müßten, eingegangen. Dementsprechend sei in dem am 27. Mai 1963 von einem Notar verfaßten Vertrag, in dem die Verpflichtung der Beklagten zur Tragung aller damit verbundenen Kosten, Steuern und Gebühren aufgenommen wurde, nicht der tatsächlich zwischen den Parteien ausgehandelte Kaufpreis von 135.000 S sondern ein solcher von 95.000 S angegeben worden. Der Kläger habe am 20. Jänner 1966 dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern diese Vorgangsweise mitgeteilt. Da die Beklagten in dem daraufhin eingeleiteten Finanzstrafverfahren die ihnen angelastete Steuerverkürzung bestritten, sei die auf den "schwarzen Kaufpreis" von 40.000 S entfallende Gründerwerbsteuer von 2800 S dem Kläger vorgeschrieben und von diesem am 9. Juli 1966 auch entrichtet worden.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß nach den Bestimmungen des Gründerwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140/1955, zwar beide am Erwerbsvorgang beteiligten Parteien Steuerschuldner geworden, im Innenverhältnis jedoch die Beklagten auf Grund der getroffenen Absprachen über die Tragung der auflaufenden Steuern verpflichtet seien, dem Kläger die diesem vorgeschriebene und von ihm bezahlte Steuer zu ersetzen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung das Klagebegehren ab. Nach den Urteilsfeststellungen sei von den Parteien mit der Angabe eines dem tatsächlichen Kaufpreis nicht entsprechenden Betrages im schriftlich festgehaltenen Kaufvertrag der Zweck verfolgt worden, Gründerwerbsteuer zu sparen, sodaß sich die Absprache über die Verpflichtung der Beklagten zur Tragung der auflaufenden Kosten, Steuern und Gebühren nicht auf den verheimlichten Differenzbetrag von 40.000 S beziehen könne. Da nach dem Gesetz beide Parteien zur ungeteilten Hand verbunden seien, die Gründerwerbsteuern zu zahlen, habe der Kläger mit der Leistung der ihm vorgeschriebenen Gründerwerbsteuer eine eigene Schuld beglichen und könne von den Beklagten keinen Ersatz fordern.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers teilweise Folge und änderte das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß er die Beklagten zur Zahlung des halben Verkürzungsbetrages verurteilte.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei der Erledigung der Rechtsrüge ist von der unangefochten gebliebenen Feststellung der Vorinstanzen auszugehen, daß die Parteien mit der einvernehmlichen Verheimlichung des den Betrag von 95.000 S übersteigenden tatsächlichen Kaufpreises beabsichtigten, den Beklagten die Entrichtung der auf den "Überpreis" von 40.000 S entfallenden Gründerwerbsteuer zu ersparen. Da der Kläger selbst ausgesagt hat, daß die Frage, wer von den Geschäftspartnern für den Fall des Mißlingens des unternommenen Widerspiels diese Quote der Gründerwerbsteuer zu tragen habe, unerörtert geblieben sei, kann aus der "Ersparungsabsicht" allein noch nicht abgeleitet werden, die Parteien hätten diesbezüglich eine einseitige Belastung der Beklagten gewollt, es kann vielmehr dem Berufungsgericht im Hinblick auf die Auslegungsregeln der §§ 863, 914 ABGB. darin beigestimmt werden, daß sich die in der Kaufvertragsurkunde festgehaltene Verpflichtung der Beklagten zur Leistung der "gesamten auflaufenden Steuern" nicht auf den nachträglich zur Vorschreibung gelangten Steuerverkürzungsbetrag bezogen hat. Dem Berufungsgericht ist aber auch darin zu folgen, daß auf Grund gesetzlicher Anordnung (§ 17 Z. 4 Gründerwerbsteuergesetz 1955 in Verbindung mit § 6 (1) BAO.) Solidarhaftung der Parteien für diesen Verkürzungsbetrag bestanden und demzufolge der Kläger mit der Zahlung des ihm vorgeschriebenen Gründerwerbsteuerbetrages keine fremde, sondern eine eigene Verbindlichkeit erfüllt hat.

Liegt - wie diesfalls - eine dem Gesetz entsprechend ausgeführte Rechtsrüge vor, dann ist bei ihrer Behandlung aber auf alle in Betracht kommenden Rechtsfragen einzugehen (JBl. 1950 S. 140 u. v. a.), auch wenn sie im bisherigen Verfahren nicht aufgerollt wurden. Das Revisionsgericht hat daher bei der Erledigung des Rechtsmittels im Hinblick auf das bestehende Gesamtschuldverhältnis der Parteien gegenüber dem Fiskus in Bezug auf den Verkürzungsbetrag von 2800 S und angesichts des Fehlens einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung dieser Schuldpost im Innenverhältnis, die im bisherigen Verfahren unberücksichtigt gebliebene Bestimmung des § 896 ABGB. heranzuziehen; darnach ist der Mitschuldner zur ungeteilten Hand, welcher die Schuld aus dem Seinigen abgetragen hat, auch ohne Rechtsabtretung berechtigt, von den Mitschuldnern Ersatz - wenn kein anderes besonderes Verhältnis unter ihnen besteht, zu gleichen Teilen - zu fordern.

Der Kläger hat zwar zur Begründung seines Anspruches wiederholt auf die von den Beklagten vertraglich übernommene Verpflichtung zur Leistung der auflaufenden Steuern verwiesen, doch läßt sich sein Gesamtvorbringen immerhin auch dahin deuten, daß er die behauptete Forderung ganz allgemein aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Kauf mit seinen Nebenwirkungen und den sich hieraus ergebenden rechtlichen Folgen herleitet. Der Kauf ist nun zweifellos die Entstehungsursache des gesetzlichen Gesamtschuldverhältnisses hinsichtlich des klagsgegenständlichen Steuerverkürzungsbetrages; unter dem aufgezeigten, dem Kläger ein Regreßrecht sichernden rechtlichen Gesichtspunkt ist aber die geltend gemachte Forderung des Klägers - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes - zum Teil berechtigt. Angesichts des zwischen den Parteien bestehenden besonderen Verhältnisses, das durch den im Zusammenhang mit dem Abschluß eines Kaufvertrages gemeinsam unternommenen Versuch, Gründerwerbsteuer zu hinterziehen, gekennzeichnet ist, kann der Kläger von den Beklagten die Hälfte des von ihm entrichteten Verkürzungsbetrages, sohin den Betrag von 1400 S, zurückfordern.

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